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sogar gegen die in der Ferne quietschenden Eisenkolosse gewannen registrierte Reiner heute nicht. Der strahlende Morgen war es, der ideales Wetter für den Waldlauf verhieß und der ihm die Stimmung nicht allzu sehr eintrübte.
Ein Mädchen in einem Dirndlkleid führte ihren Hund Gassi. Mit einem kurzen Blick erkannte er: zu jung. Wanderer mit Spazierstöcken in den Händen, festen Schuhen und gestrickten Strümpfen an den Beinen waren unterwegs zum ,,Steinbrüchlein" oder zum alten Kanal. Erstaunt stellte er fest, wie viele Menschen diesen Tag zu einem Ausflug nutzten, anstatt zu einer Gewerkschaftskundgebung zu gehen, es war ja schließlich der ,,Tag der Arbeit"! Vielleicht, dachte er bei sich, sind diese Leute verärgert darüber, dass der erste Mai heuer ausgerechnet ein Sonntag war. Ihren gewohnten Sonntagsausflug wollten sie sich aber nicht nehmen lassen.
Zurück bei Start und Ziel musste er feststellen, dass die ersten Teilnehmer des Waldlaufs bereits gestartet waren. Er fischte sich seinen Foto vom Tisch und ging zu der Ecke, die er sich auf seinem kurzen Spaziergang ausgesucht hatte. Er war sicher, von diesem Standpunkt aus die Atmosphäre ,,Sportler und Wald" gut einfangen zu können. Der Redakteur und die abgebildeten Läufer sollten zufrieden sein. Nachdem verschiedene Klassen an seinem Standort vorüber getrabt waren und er einen halben Film verknipst hatte, schraubte er das Teleobjektiv wieder ab und machte sich auf den Rückweg.
,,Du gehst schon?", fragte Reiners Vater, der bei Start und Ziel stand und sich mit einigen Funktionären aus anderen Vereinen unterhielt, ,,was ist mit den Siegern bei der Ehrung?" ,,Das wären ja sieben oder acht Sieger, so viele Fotos bringt der Redakteur nie unter", erwiderte Reiner, ,,und wenn nur einer oder zwei gebracht werden, protestieren die anderen. Um alle zusammen auf ein Gruppenfoto zu bringen, brauchst du ein Lasso, um sie einzufangen. Du kennst das ja! Ich habe einige Läufer beim Start und auf der Strecke geknipst - das muss reichen. Komm bitte gleich nach der Ehrung mit den Namen, ich möchte bis heute Abend alles fertig haben!" Reiner erzählte allerdings nicht, dass er schon nach Eingang der Meldungen den allgemeinen Bericht über die stattliche Teilnehmerzahl, die gute Organisation und das ideale Wetter verfasst hatte und nur noch die Siegerliste anfügen musste. Auf die übliche Art war der Film bis nach dem Mittagessen entwickelt. Nach Tisch verkroch er sich für eine knappe Stunde ins verdunkelte Bad, und während die Vergrößerungen auf der Trockenpresse lagen, tippte er die Siegerliste ab. Das war Routine seit mehr als fünf Jahren.
Unruhig und besorgt war er noch immer wegen der Band und ihrer Musik. Hoffentlich kamen alle sechs, damit ihr Sound auch so klang wie er es auf der Probe gehört hatte. Und die Musik? Was würden die älteren Gäste dazu sagen? Vor allem fürchtete er den bissigen Kommentar des bärbeißigen Kassiers. Der hatte einen großen Einfluss in der Vorstandschaft.
Obwohl es noch früher Nachmittag war, hatten die Musiker bereits begonnen, sich auf dem kleinen Podium, auf welchem früher der Altar stand, einzurichten. Sie waren alle da und offensichtlich bester Laune. Ausgerechnet ,,Harry", in Anlehnung an den berühmte Trompeter Harry James, der Typ mit der Trompete und der jüngste in der Band, fragte Reiner gleich:
,,Hast du für genügend Frauen gesorgt?" ,,Wie meinst du das, für dich, für deine Kollegen, für mich oder allgemein?", stellte sich Reiner dumm.
,,Für uns natürlich!" forderte er spitzbübisch.