ders schimpflich und für andere ein abschreckendes Beispiel sein.
Damit war für mich das Faß übergelaufen.
Fortan ließ ich mich im Jungvolk nie mehr blicken. Weil meine Zeit
dort aus Altersgründen sowieso bald abgelaufen war und die Überwei-
sung in die reguläre Hitlerjugend kurz bevorstand, fiel meine Abwe-
senheit anscheinend nicht weiter auf. Die obendrein chaotischen Zu-
stände in der Hitlerjugend-Hierarchie kamen mir dabei entgegen. In-
zwischen war nämlich der Krieg ausgebrochen, und nun standen viel
wichtigere Dinge im Vordergrund.
Wie stellt sich nun der Komplex Hitler-Jugend aus heutiger Sicht
für mich dar? Gewiß gab es die fanatischen, von der Idee be-
sessenen Hitlerjungen. Aber sie machtennur einen ganz kleinen Pro-
zentsatz aus. Die Masse der Jugendlichen war gezwungenermaßen
Mitglied der HJ. Als 1939 die Zugehörigkeit zur Hitler-Jugend gesetzli-
che Pflicht wurde, nahm die Begeisterung immer mehr ab. Es bildeten
sich sogar Gruppen mit dem Ziel, die Jugendlichen vom Dienst abzu-
halten. In Kiel waren dafür die ,,Schauenburger Raben" bekannt. Sie
störten Versammlungen und Appelle und verprügelten sogar
HJ-Führer. Um solchen für sie unliebsamen Erscheinungen vorzubeu-
gen, führte die NS-Führung bestimmte Strafen ein, zum Beispiel den
sogenannten Jugenddienstarrest. Das bedeutete, der Übeltäter wurde
am Wochenende in ein besonderes Gefängnis bei Wasser und Brot
eingesperrt und sollte nun über sein Verhalten nachdenken. Der Erfolg
dieser Strafmaßnahme blieb meistens aus. Im Gegenteil, die Jungen,
die ohnehin schon viel von ihrer Freizeit opfern mußten, wurden da-
durch nur noch erbitterter und gingen in den inneren Widerstand.
Der NS-Grundsatz ,,Jugend soll durch Jugend geführt werden"
mochte vielleicht einiges für sich haben, doch die Nachteile überwo-
gen bei weitem. Jungen im Alter von 14 bis 18 Jahren war die Führung
von Jugendlichen anvertraut, die zum Teil älter waren als sie selbst.
Wohin sollte das wohl führen, wenn Kinder ohne wirkliche Kompetenz
und Reife mit solchen Aufgaben betraut werden? Die körperliche Er-
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