Gert O.E. Sattler Recklinghausen Rügenstr. 86 45657 Recklinghausen o2361/43071 ** Natur- und Menschengedichte: Gert O.E. Sattler Elfenbein Es jagt der Mensch den Elefanten; im Dunkeln; doch im grellen Werferlicht, er schießt auf Elefantenherden bis Tier um Tier zusammenbricht. Er knallt ihn ab, den Elefanten. und schlägt ihm beide Stoßer aus, Kadaver können ihn nicht reizen; doch jedes Kilo Elfenbein. Die Jäger sind nur arme Schlucker, es ist der Händler, der gewinnt, die Elefanten müssen sterben. weil die Zähne kostbar sind. Der Mensch, der Gottes Welt bevölkert, verändert sie aus
Geiz und Gier, zum Himmel stänke, hol’s der Geier, wär‘ nicht der Geier jedes Tier. * Von den Pandabären Den Pandabären gibt es schon seit abertausend Jahren, er lebte einst in freier Bahn im Bambuswald von Szetschuan in kerngesunden Scharen. Der Bambus stirbt, es stirbt der Wald, die grünen Sprossen sterben, sie faulen und sie fallen ab, für Pandas wird das Futter knapp, wenn Blatt um Blatt verderben. Es fängt der Mensch die Tiere ein, um ihnen Kraft zu geben; doch Eisenstäbe
drücken schwer, der Pandabär, der zeugt nicht mehr, er will in Freiheit leben. Die Pandabären sterben aus, sie wollen gar nicht schlaffen. Wer lebt schon gern in einem Zoo trotz Bambussprossen, Heu und Stroh’ mit Eseln, Gnus und
Affen?! * Fischotter Wo fischreich Seegewässer sind, umrahmt von dichtem Wald, da ist den Ottern, gut geschützt, der beste Aufenthalt. Es jagt der Mensch den Otter gern, weil er die Fische frißt und außerdem sein weiches Fell besonders kostbar ist. Es schimmert braun und ist wie Samt - drum stirbt der Otter aus; die Mode braucht den letzten Schrei; und der will hoch hinaus. Natürlich fressen Otter Fische, Der Mensch fühlt sich da bedroht, drum setzt er Otternhunde ein und schlägt die Otter tot. * Fuchsjagd Jagen um des Ansehns willen hoch zu Roß, voran die Meute, um zu töten, um zu killen ist ein Sport für Edelleute. Fuchs und Fähe sind in Mode wie bei einem Mörderspiele jauchzend hetzt man sie zu Tode; denn der Hunde sind es viele. Nein, es geht um keine Pelze, sondern um die Lust am Töten, um das Bild, wenn an der Quelle sich im Wald die Gräser röten. Reiter brauchen keine Büchse, nur den Herbst mit seinen Farben und das frische Blut der Füchse, die durch Hundeschnauzen starben. * Habgier Die Erde braucht zu ihrem Segen des Himmels Weite, Sonnenlicht, die Wärme braucht sie, Wind und Regen, den Menschen aber braucht sie nicht. Die Wasserquellen wären klarer, die Flüsse rein in ihrer Bahn, die Meere, als die Erdenwahrer, erlebten nicht des Menschen Wahn. Er nutzt sogar des Himmels Weiten, um Tod zu bringen über Nacht, bei seinen Kriegen, seinem Streiten, da geht's um Mammon, geht's um Macht. Was hilft das ewig neue Werde durch Sonne, Regen, Mond und Wind, wenn Menschen hier auf Gottes Erde aus Habgier unvernünftig sind?! * Haie Haie fängt man auf dem Meer vor und hinter Riffen, hievt sie über Bord an Deck von speziellen Schiffen. Ohne Flossen wirft man sie dann zurück ins Wasser, nur die Kraft der Flossen mag jeder eitle Prasser. Mancher denkt, die Flosse sei echtes Lebensfeuer und er lebe hundert Jahr‘, deshalb ist sie teuer. Männer wollen Tag und Nacht Männlichkeit erwerben, deshalb muß der Meereshai ohne Flossen sterben. * Kiebitzeier Der Kiebitz mit dem Federbusch mag wasserreiche Wiesen, die Eier, die das Weibchen legt, die Menschen sich erkiesen. Sie nehmen Bodennester aus zum Feste und zur Feier; denn große Leckerbissen sind die kleinen Kiebitzeier. Doch stiehlt man Kiebitzeier weg, dann gibt es keine Jungen, dann lebt der Kiebitz später nur in Bilderinnerungen. Die Menschen stehlen trotz Verbots, weil Kiebitzeier schmecken und Käufer sich im Frühlingshauch die Finger danach lecken. * Auf der Erdbahn Flög’ die Erde etwas näher um die Sonne, um ihr Licht, müßte jeder Wald verbrennen, auch den Menschen gäb’ es nicht', müßte jeder Wald verbrennen, auch den Menschen gäb' es nicht. Flög‘ die Erde etwas ferner um den heißen Sonnenrand, müßte jeder Keim erfrieren, Menschen wären unbekannt. Gott erschuf den Flug der Erde auf exakter Lebensbahn, gab den Völkern Macht und Willen, seine Welt ist wohlgetan. Doch der Mensch in seinem Wahne glaubt, der Größte wäre er, macht den Regenwald zur Wüste, zur Kloake Land und Meer. * Robben Das Packeis färbt sich blutigrot, der März erstickt im Jammer, die Seehundskinder schlägt man tot mit einem spitzen Hammer. Wenn nachts im Zelt bei Schnaps und Speck die Jägersleut’ palavern, dann hält die Mutter Totenwacht bei ihren Kindskadavern. Sie hat geboren, hat gesäugt, sie gab den Babys Futter, nun trauert sie und heult und klagt wie jede and’re Mutter. Es muß der Mensch trotz nackter Haut kein Tier ums Fell erschlagen, die Schere tut dem Schaf nicht weh, der Mensch kann Wolle tragen. * Nachtigallenzeit Es singt des Nachts die Nachtigall ein Lied der Liebe, überall, im Sommer bis zur Herbsteszeit, dann wird aus Liebe herbes Leid. Gen Süden fliegt der Vogelschwarm, dort ist die Welt im Winter warm; doch mancher Sänger, der da schwebt, den Vogelzug nicht überlebt. Der Rastplatz wird zum Jagdrevier, in Netzen fängt man Tier um Tier, man köpft sie alle, frank und frei, die Nachtigall ist stets dabei. Dann feiert man ein großes Fest bei dem sich keiner lumpen läßt, ein Dutzend Vögel oder mehr, so lautet der Pro-Kopf-Verzehr. Ob Heide, Jude, Moslem, Christ, es stirbt, wer keine Nahrung ißt, ob arm, ob reich, ob groß, ob klein; doch müssen's Nachtigallen sein? * Eisblumen Welch ein Wunder, alle Fensterscheiben hat der Frost im Kälterausch bemalt, trunken noch vor Schlaf, weil alles strahlt, muß man morgens sich die Augen reiben. Die Natur verschenkt mit Gärtnerlaunen Zaubersträuße, schön wie ein Gedicht: doch für Blumenvasen reicht es nicht, Eiskristalle kann man nur bestaunen. Wer gern sehen möchte ob es schneite, haucht von innen warm ein Loch ins Eis, sieht von drinnen, Baum und Busch sind weiß wie die Sterne in des Himmels Weiten. Wünsche werden wach, Gedanken fließen durch die Wunderblumen, die da blüh’n auf dem Fensterglase, keck und kühn, wer möchte‘ nicht die Winterzeit genießen? * Rodelpartie Wintereis auf Bruch und Bode, zugefroren Bach und See, weiß im Wald am Schlangenberge lag der erste Pulverschnee. Schlitten fuhren durch die Schneise an den Bäumen schnell vorbei, war ein Jauchzen rings im Kreise, ein Juchhee und ein Juchhei. Mädchen saßen auf dem Schlitten, Jungen sprangen hinten drauf, eine Fahrt mit der Erwählten schloß die Tür zur Freundschaft auf. Die Gespielin heimzubringen nach des Rodelns Saus und Braus war für Jungen Ehrensache, fröhlich zog man sie nach Haus. * Valentinstag Wenn der Lenz sich stark und stärker zeigt, Morgensonne hoch und höher steigt, dann verliebt sich neu so manches Paar, Blumen schenkt der Monat Februar. Diesen Brauch ersann einst Valentin, Menschen, die sich mochten, liebten ihn; denn er traute sie im alten Rom frei in Freiheit unterm Himmelsdom. Ihm, dem Kaiser, war das gar nicht recht, Cäsar brauchte Männer fürs Gefecht, wichtig war’n ihm Kriege, Krieg um Krieg und nach allen Schlachten Ruhm und Sieg. Valentin jedoch am Klosterhaus schenkte Paaren einen Hochzeitsstrauß, pries den Frieden als ein hohes Gut, jede Blume tut der Liebe gut. * Modifikation Früher tanzten Brockenhexen auf dem mitteldeutschen Harz zur Walpurgisnacht im Maien mit dem Besen über Quarz. Alle Orte in der Runde war’n als mitteldeutsch bekannt an der Ilse, an der Ecker, an der Bode, artverwandt. Wasser trägt das Bodeflüßchen segensreich durch die Natur, es verzaubert Egelns Wiesen, Baum und Brücke, Feld und Flur. Vieles hat die Zeit geändert in des Schicksals Hin und Her, hier der Osten, da der Westen: Gold’ne Mitte gibt’s nicht mehr. * Balladen Er war ein Pegasusverehrer und in der Schule unser Lehrer, wir lernten Ordnung, Fleiß und Pflicht und jede Woche ein Gedicht. Das Riesenspielzeug, Goethes Sänger, John Maynard und der Rattenfänger, Johanna Sebus, alter Brauch, und Friedrich Schillers Bürgschaft auch. Ob weißer Hirsch, ob edler Ritter, des Sängers Fluch und das Gewitter, Nils Randers und die Lorelei, der Herr von Ribbeck war auch dabei. Gedichte kann man nicht zerreiben, sie werden gegenwärtig bleiben, was man gelernt hat im Gedicht vergißt man auch im Alter nicht. |