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Gert O.E. Sattler Recklinghausen

Rügenstr. 86

 

45657 Recklinghausen

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Natur- und Menschengedichte:

 

Gert O.E. Sattler

Elfenbein

 

Es jagt der Mensch den Elefanten;

im Dunkeln; doch im grellen Werferlicht,

er schießt auf Elefantenherden

bis Tier um Tier zusammenbricht.

 

Er knallt ihn ab, den Elefanten.

und schlägt ihm beide Stoßer aus,

Kadaver können ihn nicht reizen;

doch jedes Kilo Elfenbein.

 

Die Jäger sind nur arme Schlucker,

es ist der Händler, der gewinnt,

die Elefanten müssen sterben.

weil die Zähne kostbar sind.

 

Der Mensch, der Gottes Welt bevölkert,

verändert sie  aus Geiz und Gier,

zum Himmel stänke, hol’s der Geier,

wär‘ nicht der Geier jedes Tier.

 

*

 

 

Von den Pandabären

 

Den Pandabären gibt es schon

seit abertausend Jahren,

er lebte einst in freier Bahn

im Bambuswald von Szetschuan

in kerngesunden Scharen.

 

Der Bambus stirbt, es stirbt der Wald,

die grünen Sprossen sterben,

sie faulen und sie fallen ab,

für Pandas wird das Futter knapp,

wenn Blatt um Blatt verderben.

 

Es fängt der Mensch die Tiere ein,

um ihnen Kraft zu geben;

doch  Eisenstäbe drücken schwer,

der Pandabär, der zeugt nicht mehr,

er will in Freiheit leben.

 

Die Pandabären sterben aus,

sie wollen gar nicht schlaffen.

Wer lebt schon gern in einem Zoo

trotz Bambussprossen, Heu und Stroh’

mit  Eseln, Gnus und Affen?!

 

*

 

Fischotter

 

Wo fischreich Seegewässer sind,

umrahmt von dichtem Wald,

da ist den Ottern, gut geschützt,

der beste Aufenthalt.

 

Es jagt der Mensch den Otter gern,

weil er die Fische frißt

und außerdem sein weiches Fell

besonders kostbar ist.

 

Es schimmert braun und ist wie Samt -

drum stirbt der Otter aus;

die Mode braucht den letzten Schrei;

und der will hoch hinaus.

 

Natürlich fressen Otter Fische,

Der Mensch fühlt sich da bedroht,

drum setzt er Otternhunde ein

und schlägt die Otter tot.

 

*

 

Fuchsjagd

 

Jagen um des Ansehns willen

hoch zu Roß, voran die Meute,

um zu töten, um zu killen

ist ein Sport für Edelleute.

 

Fuchs und Fähe sind in Mode

wie bei einem Mörderspiele

jauchzend hetzt man sie zu Tode;

denn der Hunde sind es viele.

 

Nein, es geht um keine Pelze,

sondern um die Lust am Töten,

um das Bild, wenn an der Quelle

sich im Wald die Gräser röten.

 

Reiter brauchen keine Büchse,

nur den Herbst mit seinen Farben

und das frische Blut der Füchse,

die durch Hundeschnauzen starben.

 

*

 

Habgier

 

Die Erde braucht zu ihrem Segen

des Himmels Weite, Sonnenlicht,

die Wärme braucht sie, Wind und Regen,

den Menschen aber braucht sie nicht.

 

Die Wasserquellen wären klarer,

die Flüsse rein in ihrer Bahn,

die Meere, als die Erdenwahrer,

erlebten nicht des Menschen Wahn.

 

Er nutzt sogar des Himmels Weiten,

um Tod zu bringen über Nacht,

bei seinen Kriegen, seinem Streiten,

da geht's um Mammon, geht's um Macht.

 

Was hilft das ewig neue Werde

durch Sonne, Regen, Mond und Wind,

wenn Menschen hier auf Gottes Erde

aus Habgier unvernünftig sind?!

 

*

 

Haie

 

Haie fängt man auf dem Meer

vor und hinter Riffen,

hievt sie über Bord an Deck

von speziellen Schiffen.

 

Ohne Flossen wirft man sie

dann zurück ins Wasser,

nur die Kraft der Flossen mag

jeder eitle Prasser.

 

Mancher denkt, die Flosse

sei echtes Lebensfeuer

und er lebe hundert Jahr‘,

deshalb ist sie teuer.

 

Männer wollen Tag und Nacht

Männlichkeit erwerben,

deshalb muß der Meereshai

ohne Flossen sterben.

 

*

 

Kiebitzeier

 

Der Kiebitz mit dem Federbusch

mag wasserreiche Wiesen,

die Eier, die das Weibchen legt,

die Menschen sich erkiesen.

 

Sie nehmen Bodennester aus

zum Feste und zur Feier;

denn große Leckerbissen sind

die kleinen Kiebitzeier.

 

Doch stiehlt man Kiebitzeier weg,

dann gibt es keine Jungen,

dann lebt der Kiebitz später nur

in Bilderinnerungen.

 

Die Menschen stehlen trotz Verbots,

weil Kiebitzeier schmecken

und Käufer sich im Frühlingshauch

die Finger danach lecken.

 

*

 

Auf der Erdbahn

 

Flög’ die Erde etwas näher

um die Sonne, um ihr Licht,

müßte jeder Wald verbrennen,

auch den Menschen gäb’ es nicht',

müßte jeder Wald verbrennen,

auch den Menschen gäb' es nicht.

 

Flög‘ die Erde etwas ferner

um den heißen Sonnenrand,

müßte jeder Keim erfrieren,

Menschen wären unbekannt.

 

Gott erschuf den Flug der Erde

auf exakter Lebensbahn,

gab den Völkern Macht und Willen,

seine Welt ist wohlgetan.

 

Doch der Mensch in seinem Wahne

glaubt, der Größte wäre er,

macht den Regenwald zur Wüste,

zur Kloake Land und Meer.

 

*

 

Robben

 

Das Packeis färbt sich blutigrot,

der März erstickt im Jammer,

die Seehundskinder schlägt man tot

mit einem spitzen Hammer.

 

Wenn nachts im Zelt bei Schnaps und Speck

die Jägersleut’ palavern,

dann hält die Mutter Totenwacht

bei ihren Kindskadavern.

 

Sie hat geboren, hat gesäugt,

sie gab den Babys Futter,

nun trauert sie und heult und klagt

wie jede and’re Mutter.

 

Es muß der Mensch trotz nackter Haut

kein Tier ums Fell erschlagen,

die Schere tut dem Schaf nicht weh,

der Mensch kann Wolle tragen.

 

*

 

Nachtigallenzeit

 

Es singt des Nachts die Nachtigall

ein Lied der Liebe, überall,

im Sommer bis zur Herbsteszeit,

dann wird aus Liebe herbes Leid.

 

Gen Süden fliegt der Vogelschwarm,

dort ist die Welt im Winter warm;

doch mancher Sänger, der da schwebt,

den Vogelzug nicht überlebt.

 

Der Rastplatz wird zum Jagdrevier,

in Netzen fängt man Tier um Tier,

man köpft sie alle, frank und frei,

die Nachtigall ist stets dabei.

 

Dann feiert man ein großes Fest

bei dem sich keiner lumpen läßt,

ein Dutzend Vögel oder mehr,

so lautet der Pro-Kopf-Verzehr.

 

Ob Heide, Jude, Moslem, Christ,

es stirbt, wer keine Nahrung ißt,

ob arm, ob reich, ob groß, ob klein;

doch müssen's Nachtigallen sein?

 

*

 

Eisblumen

 

Welch ein Wunder, alle Fensterscheiben

hat der Frost im Kälterausch bemalt,

trunken noch vor Schlaf, weil alles strahlt,

muß man morgens sich die Augen reiben.

 

Die Natur verschenkt mit Gärtnerlaunen

Zaubersträuße, schön wie ein Gedicht:

doch für Blumenvasen reicht es nicht,

Eiskristalle kann man nur bestaunen.

 

Wer gern sehen möchte ob es schneite,

haucht von innen warm ein Loch ins Eis,

sieht von drinnen, Baum und Busch sind weiß

wie die Sterne in des Himmels Weiten.

 

Wünsche werden wach, Gedanken fließen

durch die Wunderblumen, die da blüh’n

auf dem Fensterglase, keck und kühn,

wer möchte‘ nicht die Winterzeit genießen?

 

*

 

Rodelpartie

 

Wintereis auf Bruch und Bode,

zugefroren Bach und See,

weiß im Wald am Schlangenberge

lag der erste Pulverschnee.

 

Schlitten fuhren durch die Schneise

an den Bäumen schnell vorbei,

war ein Jauchzen rings im Kreise,

ein Juchhee und ein Juchhei.

 

Mädchen saßen auf dem Schlitten,

Jungen sprangen hinten drauf,

eine Fahrt mit der Erwählten

schloß die Tür zur Freundschaft auf.

 

Die Gespielin heimzubringen

nach des Rodelns Saus und Braus

war für Jungen Ehrensache,

fröhlich zog man sie nach Haus.

 

*

 

Valentinstag

 

Wenn der Lenz sich stark und stärker zeigt,

Morgensonne hoch und höher steigt,

dann verliebt sich neu so manches Paar,

Blumen schenkt der Monat Februar.

 

Diesen Brauch ersann einst Valentin,

Menschen, die sich mochten, liebten ihn;

denn er traute sie im alten Rom

frei in Freiheit unterm Himmelsdom.

 

Ihm, dem Kaiser, war das gar nicht recht,

Cäsar brauchte Männer fürs Gefecht,

wichtig war’n ihm Kriege, Krieg um Krieg

und nach allen Schlachten Ruhm und Sieg.

 

Valentin jedoch am Klosterhaus

schenkte Paaren einen Hochzeitsstrauß,

pries den Frieden als ein hohes Gut,

jede Blume tut der Liebe gut.

 

*

 

Modifikation

 

Früher tanzten Brockenhexen

auf dem mitteldeutschen Harz

zur Walpurgisnacht im Maien

mit dem Besen über Quarz.

 

Alle Orte in der Runde

war’n als mitteldeutsch bekannt

an der Ilse, an der Ecker,

an der Bode, artverwandt.

 

Wasser trägt das Bodeflüßchen

segensreich durch die Natur,

es verzaubert Egelns Wiesen,

Baum und Brücke, Feld und Flur.

 

Vieles hat die Zeit geändert

in des Schicksals Hin und Her,

hier der Osten, da der Westen:

Gold’ne Mitte gibt’s nicht mehr.

 

*

 

 

 

Balladen

 

Er war ein Pegasusverehrer

und in der Schule unser Lehrer,

wir lernten Ordnung, Fleiß und Pflicht

und jede Woche ein Gedicht.

 

Das Riesenspielzeug, Goethes Sänger,

John Maynard und der Rattenfänger,

Johanna Sebus, alter Brauch,

und Friedrich Schillers Bürgschaft auch.

 

Ob weißer Hirsch, ob edler Ritter,

des Sängers Fluch und das Gewitter,

Nils Randers und die Lorelei,

der Herr von Ribbeck war auch dabei.

 

Gedichte kann man nicht zerreiben,

sie werden gegenwärtig bleiben,

was man gelernt hat im Gedicht

vergißt man auch im Alter nicht.

 

 


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