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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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Brüche gegangen, weil sie keine Kinder hatten bekommen können. Und dass dies so war, das war

seine Schuld, das hatte er sich bei der Gerichtsverhandlung anhören müssen. Als ob es da eine

Schuld geben würde, wenn der Körper nicht so funktioniert wie er sollte. Aber seine Frau Silvia

hatte ihm zu verstehen gegeben, dass sie sich ein Leben ohne Kinder nicht vorstellen könne. Und

auch ihre Eltern hatten lange genug auf ihm herum gehackt, bis er sich endlich zu einer

Untersuchung hin bemühte, bei der die volle brutale Wirklichkeit festgestellt wurde: Er sei

zeugungsunfähig!


Friedel schleppte sich mehr als dass er ging, nach Hause. Er nahm sich gar nicht erst die Mühe,

seine Fischerutensilien zu versorgen, was doch sonst nie passierte, denn Friedel war im Zeichen

der Jungfrau geboren und diesen Menschen ist jede Unordnung zuwider. Kaum dass er noch die

Kraft hatte, seinem Hund das Abendbrot in die Schüssel zu geben. Dann wollte er sich duschen,

vergass es aber auf halbem Weg und liess sich in der Stube auf das Sofa plumpsen. Sogleich

schlief er ein. Seine Träume waren wirr. Eine riesige Höhle sah er und eine riesige

Menschenmenge, die in dieser wohnte und arbeitete. Er lag auf einem Felsband in dieser Höhle

und schaute fasziniert dem emsigen Treiben zu. Dann hörte er eine Sirene, wie er sie in

Kriegsfilmen gehört hatte. Die Menschen in der Höhle verwandelten sich in Tiere. Aber auch die

Höhle selber verwandelte sich in einen riesigen Garten, worin die Tiere friedlich ästen und sich

vergnügten. "Das Paradies...," entfuhr es Friedel und an diesen seinen eigenen Worten erwachte er.

Sein Kopf war wirr. Er spürte eine Migräne aufziehen. Taumelnd erhob er sich und begab sich ins

Bad, wo er sich endlich duschte. Als er an sich hinunter sah, kam ihm blitzartig die Szene im

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