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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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Die Stammtischrunde konnte sich vor Lachen kaum retten. Der Gast aber, der eben geredet hatte,

wurde vom Wirt vorsichtig über die Eigentümlichkeit des Lügentisches aufgeklärt. Er bekam rote

Ohren und rief nach der Serviererin. "Bringen Sie den Herren noch eine Runde auf meine

Rechnung," sagte er und verschwand ins Klo.


Als sich die Lügentischrunde auflöste, stand der Wirt an der Türe und verabschiedete jeden der

Fischerkollegen mit Handschlag. Friedel ging als Letzter. Der Wirt hielt ihn bei der Hand, bis die

anderen sich etwas entfernt hatten. Dann flüsterte er Friedel zu: "Sag mal, da war doch vor ein paar

Jahren tatsächlich so ein Fall, der so ziemlich identisch war mit deiner Geschichte. Man hat den

Sachverhalt damals nicht endgültig klären können. Hast du nun diese Geschichte als Vorbild für

die deinige genommen, oder hattest du damals etwas damit zu tun? Mir kannst du es ja sagen. Ich

bin doch schliesslich so etwas wie ein Geheimnisträger und wie ein Arzt unter Schweigepflicht!"


Friedel zog seine Hand aus derjenigen des Wirtes, beugte sich zu Dino hinunter, kraulte ihn am

Hals und fragte: "Was meinst du, Dino, können wir ihm trauen?"


Dino guckte verständnislos von einem zum anderen empor. Dann gähnte er laut und streckte sich.

"Siehst du," sagte Friedel zum Wirt. "Er traut dir nicht so recht. Und ohne Dinos Einwilligung

werde ich mich hüten, die volle Wahrheit zu sagen. Nicht mal in Anwesenheit eines Anwaltes!"

Sprach`s, nahm Dino auf den Arm und liess den verdutzten Wirt in der Türe stehen. Nach einigen

Schritten blieb er aber stehen und drehte sich um. Der Wirt stand immer noch in der offenen Tür.

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