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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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dieser Höhle zwar niemand anderes als sie. Wenn aber die Jäger zurückkämen, müsse er das Lager

mit den jüngeren von ihnen teilen. Sie umarmte ihn und sagte leise, falls er es zulasse, dass sie von

einem anderen Mann angerührt würde, werde sie sich zu wehren wissen.


Nach drei Tagen kamen die Jäger mit grosser Beute zurück. Es gab ein grosses Gebrüll, als sie den

tot geglaubten Krk sahen. Als Krk ihnen aber Suiem zeigte, kam zuerst ein betretenes Schweigen

auf. Krk sah, wie sich unter den Fellen der Kameraden etwas regte. Unheil schwante ihm. Wie

sollte er denn Suiem schützen? Die Gesetze und Gebräuche in der Onde-Sippe waren nun einmal

so, dass die Frauen fast wehrlos den Männern ausgeliefert waren. Das hatte sich in vielen, vielen

Generationen erwiesen, dass dies das beste Mittel war, Hungersnöte und Gefahren zu überstehen.

Die Frauen und Kinder aber gehörten erstens dem Anführer und zweitens allen anderen Männern

der Sippe.


Chorr hatte natürlich bemerkt, dass Suiem am Morgen nach der ersten Nacht mit Krk die Höhle

verliess. Seine Miene verfinsterte sich. Aber er war so einsichtig, der Fremden vorerst eine

Sonderstellung einzuräumen. Als aber die Jäger wieder im Lager waren, änderte sich die Situation.

Sie nahmen an, die Fremde sei bereits in der ersten Nacht von Chorr aufgesucht worden. Vielleicht

hatte er sie auch noch in der folgenden Nacht besucht. Aber Chorr war ja alt. Er würde froh sein,

wenn er nicht mehr allzu oft seine Kräfte erschöpfen musste. Als Suiem einmal in einer

Angelegenheit, bei welcher auch der Stolzeste selber hingehen muss, ins Gebüsch ging, schlich ihr

Esem nach. Nach ein paar Augenblicken ertönte ein markerschütternder Schrei aus Suiems Kehle

und gleich darauf einer von Esem. Suiem kam mit blitzenden Augen und bleckenden Zähnen ans

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