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          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


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Friedel schlug das Laken zurück. Wie jeden Morgen reckte und streckte er sich. Dann machte er

seine obligaten Turnübungen. Seit er seinen ersten Hexenschuss intus gehabt und ihm der Arzt

dringend geraten hatte, weniger im Auto zu sitzen, sondern sein Knochengestell zu fordern, damit

es ihm nicht unter und über dem Hintern verroste, stieg er nie aus dem Bett, ohne die vom Arzt

vorgemachten Übungen gewissenhaft zu exerzieren. Er setzte sich auf den Bettrand und fuhr mit

der Gymnastik fort, die er mit einem wilden Kopfschütteln beendete. So, jetzt war er endgültig

wach und konnte sich eilends anziehen. Dann wusch er sich mit blossen Händen warm und kalt

unter dem laufenden Wasserstrahl das Gesicht und das Haupt. Noch schnell den Bart mit dem

surrenden Rasierer weggefegt, ein zufriedener Blick in den Spiegel und er konnte sich ans

Frühstück machen. Dieses war ihm im Laufe der letzten Jahre zum unabdingbaren Zeremoniell

geworden, seit ihm der obgenannte Meister der Medizin unmissverständlich klargemacht hatte,

wenn er weiterhin am Morgen nur eine Tasse Kaffe in sich hinein schütte, um sich dann hinter das

Steuer zu setzen und mit 150 Sachen über die Autobahn zu jagen, dann müsse er sich nicht

wundern, wenn man ihm den halben Magen wegschneiden müsse, bevor er seinen fünfzigsten

Geburtstag feiern könne - falls es überhaupt zu einem solchen käme.


Friedel rief seinen Zwergpudel Dino, den er jeden Morgen, wenn er zur Arbeit fuhr, mit dem

Wagen mitnahm, zu sich. "Heute geht`s nicht ins Auto, nein, nein. Zum Fischen geht`s. Aber zu

Fuss." Zu Fuss, das verstand Dino gut und es gefiel ihm besser, als wenn er den ganzen Tag im

Wagen liegen musste, während sein Meister sich mit den Kunden herumschlug. Wenn dieser auch

stets dafür sorgte, dass die Scheiben genug herunter gedreht waren und der Wagen im Schatten

stand, war es doch etwas langweilig für Dino. Nur wenn hin und wieder jemand mit einem Hund

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