Benutzerprofil von Sebifelder
Hallo,
Für meinen Opa habe ich einige speziell für ältere Leute hergestellte Smartwatches angeschaut. Er hat mich ermuntert, meine Erfahrungen hier mit weiteren Menschen zu teilen, um teure Fehlkäufe zu verhindern. Hier geht es zwar um Produkte aus der Schweiz, aber die werden bestimmt auch in Deutschland angeboten
Der Hintergrund ist folgender. Meine Oma ist 84 Jahre alt und hat leider vor einigen Jahren Alzheimer diagnostiziert bekommen. In plus.ch hat mein Opa einen Artikel gelesen über Notfalluhren, die extra für Senioren aber auch Demenzkranke hergestellt werden. Da Opa sich nicht zutraute, die Uhr selber zu konfigurieren und wegen technischen Belangen immer wieder zu mir kommt, habe ich die Produkte angeschaut und gesehen, dass Senioren in der Schweiz total abgezockt werden.
Zuerst will ich erklären, was Notfalluhren sind. Es handelt sich um Smartwatches, also elektronische Uhren, die mit Sicherheitsfunktionen ausgestattet sind. Verwandte, Freunde oder auch ein Notfallzentrum können auf Knopfdruck alarmiert werden, man kann mit ihnen telefonieren, sie zeigen an, wo sich jemand im Notfall befindet. Bei einigen der besseren Uhren sind noch zahlreiche weitere Programme integriert. Sie können feststellen, ob jemand das Haus oder Altersheim verlässt, ob jemand hingefallen ist, ob der Herzschlag gestört ist oder daran erinnern, dass man seine Medikamente nehmen soll.
Die durchschnittliche Lebensdauer einer solchen elektronischen Uhr beträgt drei Jahre. Deshalb habe ich ausgerechnet, wieviel eine solche Uhr während drei Jahren kostet. Damit lässt sich am besten zeigen, wie hier Schweizer Senioren und Seniorinnen abgezockt werden.
In der Schweiz fand ich zwei Firmen, welche Notfalluhren herzustellen: Limmex in Zürich und Smartwatcher in Basel.
Limmex bietet eine Uhr an, die 399 Franken kostet. Ohne ein spezielles Telefonabonnement läuft die Uhr aber nicht. Ein solches Abonnement kostet zwischen 275 und 385 Franken pro Jahr. In drei Jahren bezahlt man für die günstigste Variante also 1224 Franken, für die teurere 1554 Franken. Was können diese Uhren? Beim günstigeren Abonnement können die Träger im Notfall fünf Personen nach freier Wahl alarmieren. Die Alarmierten erhalten eine SMS mit der Position des Uhrenträgers und können auch mit ihm sprechen. In der teureren Variante können drei Personen und eine Notfallzentrale alarmiert werden.
Da die Uhren noch nicht im Verkauf sind, konnte ich sie auch in keinem Laden anschauen. Sie sollen ab Mitte November erhältlich sein.
Smartwatcher, der zweite Anbieter, hat drei Uhren im Sortiment. Für die Firma wurde auf plus.ch geworben, mein Opa wollte eine dieser Uhren kaufen. Zum Glück fragte er zuerst mich, sonst hätte er hier unnötig viel Geld ausgegeben.
Die erste Uhr, die auch die billigste ist, kostet in der Anschaffung 279 Franken und heisst "Pearl". Alleine nützt sie nichts. Sie braucht noch ein Handy, auf welchem ein spezielles Gratis-Programm installiert werden muss. Bei einem Notfall werden die Helfer über Handy informiert. Auf drei Jahre umgerechnet belaufen sich die Kosten für diese Uhr auf 279 Franken pro Jahr. Dazu kommen ein Handy und ein Handy-Abonnement. Das scheint auf den ersten Blick günstig. Als ich aber nach einer vergleichbaren Uhr suchte, fand ich das exakt selbe Modell auf der chinesischen Webseite Alibaba.com zu Preisen zwischen 38 und 65 US-Dollars. Versandkosten und Zoll sind nochmal etwa 12 Franken. Wer sich dieses Produkt in China bestellt, zahlt in drei Jahren also rund 65 Franken. Weil das dazugehörige Programm gratis ist, ist die Uhr von Smartwatcher also 214 Franken teurer. Mein Fazit: Nicht kaufen. Das ist totaler Abriss!
Die nächste Uhr von Smartwatcher Angebot heisst Sense und kostet 349 Franken. Dazu kommt ein Swisscom-Abonnement, das zwischen 10 und 30 Franken pro Monat kostet. Im billigsten Fall für 10 Franken (Das ist ein Aktionspreis!) können zwölf Personen alarmiert werden. Die Uhr sendet Standortinformationen und kann auch zum Telefonieren gebraucht werden. Die Uhr kostet in drei Jahren also zwischen 709 und 1429 Franken.
Die dritte Uhr heisst Chronos und kostet 499 Franken. Auch hier wird ein Swisscom-Abo benötigt. In der günstigsten Variante kostet die Uhr in drei Jahren also 869 Franken, bei der teureren Version 1579 Franken.
Das scheint auf den ersten Blick günstiger oder gleich teuer wie die Produkte von Limmex. Dann bin ich über das Kleingedruckte gestolpert. Zuerst muss man die Jahresgebühren im voraus bezahlen. Wenn man vergisst, das Abonnement bei der Swisscom zu kündigen, wird es automatisch um ein Jahr und mit Vorauszahlung verlängert. Was aber absolut unklar ist: Im Kleingedruckten steht, dass
bei einem Abonnement für zehn oder 25 Franken bis zu zehn Stunden pro Monat Datenverwendung mit aktiven Alarmen enthalten seien. Nach Verbrauch werden CHF 2.80 pro Stunde verrechnet. Ob und wieviele zusätzliche Kosten tatsächlich anfallen, konnte mir beim Verkäufer der Uhren niemand sagen. Kommt es hier nur zu Kosten, wenn jemand den Alarm auslöst? Oder wird hier automatisch immer wieder der Standort neu bestimmt und es fallen neue Kosten an? Wenn dem Kunden nicht mal das gesagt werden kann, rate ich vom Kauf sicher ab. Sonst kann es leicht sein, dass sich das Abonnement hier im Preis verdoppelt.
Weil Smartwatcher seine Kunden mit einer chinesischen Billigst-Uhr abzockt, habe ich auf Alibaba (das ist das Ricardo von China) nach anderen Produkten gesucht. Eine topmoderne Notfalluhr mit einer Top-Ausstattung erhält man dort für weniger als 100 Franken. Die Uhr "G99" der Firma EXS idea kostet 83 US$. Mit Porto, Zoll und Mehrwertsteuer kostet sie rund 100 Franken. Diese Uhr kann auch mit einer Simkarte einer Schweizer Telefonfirma ausgestattet werden. Je nach Abonnement kostet das zwischen nichts und ähnlichen Preisen wie bei Limmex und Smartwatcher. Der Preis auf drei Jahre umgerechnet liegt also zwischen 100 Franken und 1180 Franken. Wer seinen Telefonanbieter klug auswählt, kann also schon mal bis zu 1000 Franken sparen!
Auch kann die Uhr mehr als jene der Schweizer Anbieter:
Im Notfall können vorbestimmte Personen alarmiert werden, das ist klar. Auch dass die Uhr eine Ortungsfunktion hat versteht sich von selbst. Wenn jemand hinfällt, schlägt die Uhr ebenfalls mit SMS und Anrufen Alarm. Ebenso, wenn der Träger versucht, die Uhr auszuziehen. Zudem überwacht die Uhr den Herzschlag und den Blutdruck und löst bei Unregelmässigkeiten Alarm aus, überwacht den Schlaf und Geofencing kann aktiviert werden. Das heisst, wenn jemand ein bestimmtes Areal verlässt wird ebenfalls ein Alarm ausgelöst. Für meine Grossmutter ideal, da sie immer das Haus verlässt und nicht immer nach Hause findet.
Es ist hier bei allen Uhren von Vorteil, wenn man vor dem Kauf sicher stellt, dass jemand da ist, der technisch versiert ist und einem hilft.
Mein Fazit ist klar: Die Schweizer Hersteller scheinen die Kunden abzuzocken. Man hat's ja. Wenn dann noch die Krankenkassen einen Teil der Kosten übernehmen, fühle auch ich mich über den Tisch gezogen.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen ein wenig geholfen zu haben.
Sebi