Forum Kunst und Literatur Literatur Neuwörter 9 "Das Traumrabatt-Korsett!"

Literatur Neuwörter 9 "Das Traumrabatt-Korsett!"

longtime
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Neuwörter 9
geschrieben von longtime
„Korsett!“
„Traumkorsett!“
„Traumrabatt-Korsett!"

Ist das nicht die ideale, adäquat billige, für Bauch und Busen attraktive Struktur-Steigerung, die für jeden Frauenkörper in rhetorischer Steigerung versprach und was sie nicht halten kann? ("Damals", in den Fünfzigern?)

Der Schreihals, der das Korsett mit Lustgewinn verkaufen will: Wer als Unter-Verkäufer so viel Fein- oder Leib- oder Weiberwäsche anbieten kann in der männerfreien Küche des Proletenheimes, hat eine feine Filmrolle zu gestalten:

Dieser Traum-TV-Rolle genügt in vollendeter Komik Harald Schmidt in einer Gastrolle als „Wäschemann“, mit zwei vollen Handkoffern im 50er-Jahre-Idyll.

So fesselnd authentisch, so heimelig und schrecklich zugleich entfaltet sich das Kleineleute-Drama, dass selbst ein Gastauftritt des berüchtigten Nebendarstellers Harald Schmidt ("Das Traumschiff", "Unser Charly") als schmieriger (Unter-)Wäschevertreter problemlos darin aufgeht.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,540072,00.html

Ulla Hahns kollektiver Generationsroman „Das verlorene Wort“ bot eine Stofffülle für den Zweiteiler "Teufelsbraten", die gar nicht voll ausgeschöpft werden konnte.

Sendetermin:
ARD: Mittwoch/Donnerstag, 12./13. März, 20.15 Uhr

TIPP:
Informationen bei der ARD:

Teufelsbraten "Hildegard", "Hildje", "Hille" oder "Hilla" ist die Antwort eines phantasievollen udn ehrgeizigen Mädchens aus dem katholischen Mief des Rheinlands (... auch auf die Korsett-Einlage...) – in zwei TV-Portionen.

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longtime
enigma
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Re: Neuwörter 9
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 10.03.2008, 09:59:20
“Dat Hildejard”(Anna Fischer) und Ulrich Noethen als “Prolli-Papp” werde ich mir auf keinen Fall entgehen lassen . Auch auf den “Wäschevertreter” bin ich gespannt und auf Corinna Harfouch, von der ich auch viel halte - ach, eigentlich auf den ganzen Film und die Darsteller.

Danke für den Hinweis.



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enigma
Re: Neuwörter 9
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf enigma vom 10.03.2008, 10:25:15
Ich habe den Film schon am Freitag bei arte gesehen, er ist unbedingt sehenswert. Ausgezeichnet auch die Kinder, die nacheinander in verschiedenen Altern den "Teufelsbraten" verkörpern. Und Harald Schmidt legt einen loriotmäßigen Auftritt hin, es ist zum Brüllen im wahrsten Sinne des Wortes. Ich glaube, dass er ein bisschen den Staubsaugervertreter in einem Loriot-Sketch im Sinn hatte, denn genauso kommt er rüber, aber noch viel komischer.
Also unbedingt sehen, aber nicht nur wegen Harald Schmidt! Sehr gut waren auch alle anderen SchauspielerInnen.
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marina

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longtime
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Re: Neuwörter 9
geschrieben von longtime
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.03.2008, 11:45:52
Außerhalb des TV-Films:

Korsett - update:


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longtime
Re: Neuwörter 9
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf enigma vom 10.03.2008, 10:25:15
Kleine Anmerkung noch, Enigma. Corinna Harfouch, die ich auch ganz besonders mag, spielt in dem Film leider nicht mit. Aber Margarita Broich, die die Mutter spielt, ist auch sehr, sehr gut. Und sie beherrscht den rheinischen Dialekt überzeugend. Bei manchen anderen wirkte der doch ein bisschen angelernt.
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marina
eleonore
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Re: Neuwörter 9
geschrieben von eleonore
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.03.2008, 14:43:04
corinna harfouch ist die sekretärin in werk, wo hildegard ihre ausbildung beginnt.
die dame, die frau harfouch spielt, ist eine frustzicke, die hildegard immer nach ihre erlebnisse, mit vorliebe mit jungs , ausfragen möchte.

ich hab es auch auf arte gesehen, und fand es großartig.


*Wann immer die Handlung zwischen der Lektüre von "Romeo und Julia auf dem Dorfe" und einer kurzen verzweifelten Fabrik-Lehrzeit Hillas unter der Fuchtel ihrer Ausbilderin Frau Wachtel (furios: Corinna Harfouch) ein wenig zu zerfasern droht,..............zitat aus der spon kritik.
eleonore

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Re: Neuwörter 9
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf eleonore vom 10.03.2008, 14:50:59
Ach so, ich hatte nur den ersten Teil gesehen, weil ich den zweiten am Donnerstag in der ARD sehen wollte. Da habe ich die C. Harfouch nicht mitgekriegt, dann verstehe ich das (und bei den aufgeführten Schauspielerinnen fand ich sie nicht). Ich dachte, Enigma hätte gemeint, sie spielte die Mutter.
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marina
enigma
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Re: Neuwörter 9
geschrieben von enigma
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.03.2008, 14:54:07
Ja, ich hatte es in dem Artikel in Spiegel-Online gelesen, den Longtime und später Eleonore eingegeben haben.

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enigma
longtime
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Re: Neuwörter 9
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 10.03.2008, 15:28:20
Ja, genau - zur Ergänzung:

Die Harfouch spielt in beklemmend-drakonischer, pedantischer Weise „Frau Wachtel“, die zynische kettenrauchende, Fuchtel, die als Büro-Vorgesetzte versucht, das Mädchen Hildegard zur Bürosklavin abzurichten, an deren erotischen Erlebnissen sie aber schmarotzend-frech Anteil nehmen will.

TIPP:
Erinnerung an den Roman, in guten Besprechungen:


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longtime
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Vom Vor-Korsett am Adamskostüm
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 10.03.2008, 17:23:24
Noch was zum Korsett- yeah, als Aufhänger…

Nämlich vom „Korsett der Gewohnheit“:

Eine Pastorin spricht von „Adams- oder Evas Kostüm“ und kommt auch auf inneren und äußeren Verfestigungen und Panzerungen zu sprechen:

Sich in Adams oder Evas Kostüm sehen lassen, wer traute sich das schon?

Wir leben nicht mehr im Paradies. Aber manchmal, manchmal, da öffnet sich für einen Moment der Weg dorthin. Wenn wir mutig sind und ablegen, womit wir unsere Menschlichkeit verhüllen: Den Schleier der Furcht zum Beispiel. Das Korsett der Gewohnheit. Den Panzer der Härte. Die Nadelstreifen der Arroganz. Wer das kann, der erfährt: auf dem Weg zum Paradies gibt es nichts zu verlieren als die Angst.

Der ganze Text:
Morgentext vom 10.03.08, Pfarrerin Silke Niemeyer:
"Das Adamskostüm"

Das seien die drei großen Menschheitsfragen, spottete mal jemand: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ziehe ich dazu an?
Wer hätte sich auch noch nie vor dem Spiegel verausgabt, um das passende Outfit für die Party zu finden? Wer hätte nie in der Umkleidekabine die Schmach erlitten, dass der schicke Fummel aus dem Schaufenster am eigenen Körper aussieht wie eine synthetische Wurstpelle? Und wer hätte nie unter dem Tisch die eleganten neuen Schuhe ausgezogen, um den gemarterten Füßen Luft zu verschaffen?
Aber weil Kleider ja Leute machen, hat uns die Mode fest im Griff. Eine Modenschau, der etwas anderen Art präsentiere ich Ihnen diese Woche. Und womit anders könnte ich anfangen als mit dem Kostüm des ersten Menschen, dem Adamskostüm. Das biblische Paradies ist ja eigentlich das Gegenteil eines Modeparadieses. Im Garten Eden kennen die Menschen nämlich noch keine Kleidung. Scham ist ihnen fremd. Erst recht Scham wegen ihres Körpers.
Das könnte heute kaum jemand von sich behaupten. Wie sehr werden unsere Körper beschämt. Konfektionsgrößen und Designerkleidung bringen den meisten bei, dass irgendetwas falsch an ihnen sein muss: die Hüften zu dick oder die Beine zu kurz oder die Schultern zu breit. Sie geben dir das Gefühl: du bist falsch und nicht etwa die Hose, die du anziehen willst. Da ist das Paradies endgültig verloren.
Sich in Adams oder Evas Kostüm sehen lassen, wer traute sich das schon. Ohne Schamlosigkeit das Wort reden zu wollen: Aber hüllenlose Körper haben makellos zu sein, um sich zeigen zu dürfen. Denn als „Problemzonen“ werden nicht etwa die Kriegs- und Hungergebiete der Erde betitelt, sondern jene kleinen Gebiete an Po, Hüfte und Bauch. Und Probleme sieht keiner gern. Aber wer sagt eigentlich, dass Adams Kostüm nicht mit einem Bauch ausgestattet ist.
Menschen, wie Gott sie gedacht hat, die zeigen sich wie sie sind. Sie brauchen keine Kleider, um Leute zu werden, keine Marken, kein Styling als nötige Rüstung für den Alltag. Dafür stehen Adam und Eva in ihrer Nacktheit. Sie haben es weder nötig sich zu schützen, noch sich zu verhüllen. Das nennt die Bibel paradiesisch.
Doch dann entfremdet sich der Mensch – von sich selbst, vom anderen, von Gott. Er verhüllt sich, legt sich eine fremde Haut an. Die Bibel erzählt damit zeichenhaft, wie der Mensch sein Urvertrauen verliert. Adam und Eva werden gewahr, dass sie nackt sind, mit verletzlicher Haut. Sie haben Angst gesehen zu werden. Sie verstecken sich vor Gott. Sie fürchten sich schutzlos zu sein. Vertrauen weicht der Angst! Sie rüsten sich mit Schurzen aus Feigenblättern: Die Erfindung des ersten Panzers.
Wir leben nicht mehr im Paradies. Aber manchmal, manchmal, da öffnet sich für einen Moment der Weg dorthin. Wenn wir mutig sind und ablegen, womit wir unsere Menschlichkeit verhüllen: Den Schleier der Furcht zum Beispiel. Das Korsett der Gewohnheit. Den Panzer der Härte. Die Nadelstreifen der Arroganz. Wer das kann, der erfährt: auf dem Weg zum Paradies gibt es nichts zu verlieren als die Angst.



Der Voradam, der noch kein Kostüm trug:


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longtime

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