Literatur Lyrik/Gedichte für Liebhaber
@ Pummel #11622661
Die kleine Schrift in solch hereinkopierten Gedichten ist für mich leider kaum lesbar!
Allegra
SEELIED
Wenn an der kimm in sachtem fall
Eintaucht der feurig rote ball:
Dann halt ich auf der düne rast
Ob sich mir zeigt ein lieber gast.
Zu dieser stund ists öd daheim ·
Die blume welkt im salzigen feim.
Im lezten haus beim fremden weib
Tritt nie wer unter zum verbleib.
Mit gliedern blank mit augen klar
Kommt nun ein kind mit goldnem haar ·
Es tanzt und singt auf seiner bahn
Und schwindet hinterm grossen kahn.
Ich schau ihm vor · ich schau ihm nach
Wenn es auch niemals mit mir sprach
Und ich ihm nie ein wort gewusst:
Sein kurzer anblick bringt mir lust.
Mein herd ist gut · mein dach ist dicht ·
Doch eine freude wohnt dort nicht.
Die netze hab ich all geflickt
Und küch und kammer sind beschickt.
So sitz ich · wart ich auf dem strand
Die schläfe pocht in meiner hand:
Was hat mein ganzer tag gefrommt
Wenn heut das blonde kind nicht kommt.
(Stefan George)
Ein Gedicht über eine einsame Frau, deren einzige Freude der Anblick eines regelmäßig an ihrem Haus vorbeikommenden fremden Kindes ist.
Ich stelle das hier ein, weil in letzter Zeit einige Mitglieder dieses Portals hier teils sehr private (und mich sehr berührende) Beiträge über die Einsamkeit im Alter veröffentlicht haben.
Sehnsucht
O könnt' ich jene Töne wiedergeben
Und jene purpurroten Farben malen
Von Abendglocken und von Abendstrahlen
Aus meiner Jugend erstem Liebeleben!
O könnt' ich wieder durch die Gärten schweben –
Die Abendnebel dampfen aus den Thalen
Und einen Bund, beglückt von süßen Qualen,
Umspinnen Elfen, die im Mondschein weben.
Ich höre manchmal wie aus weiter Ferne
Ein Glöcklein wieder mit bekanntem Schalle
Und märchenhafter glüh'n die Abendsterne –
Dann sag' ich wild, von innrer Kraft gedrungen:
Ich will euch wieder, ihr Erinnerungen!
Sie zucken wohl, doch bald verstummen alle.
Karl Gutzkow (1811 - 1878), deutscher Schriftsteller und Journalist
Die singende Muschel
Als Kind sang eine Muschel
mir das Meer.
Ich konnte träumelang
an ihrem kühlem Munde lauschen.
Und meine Sehnsucht wuchs
und blühte schwer,
und stellte Wünsche und Gestalten
in das ferne Rauschen.
Francisca Stoecklin
KORN UND ROSEN
Wie oft geschah es, daß im späten Schreiten
Durch Roggenfeld, an schmal bemeßner Kante,
Ein Duft aus Rosenäckern plötzlich bannte
Den Schritt und der Gedanken stetes Gleiten!
Die grüne Ähre, schwer vom heiligen Brote,
Hing offnem Wunder schwebend zugebogen,
Die nichts als Nährende wie hingezogen
Von Glut, die an sich selbst zu sterben drohte..
Wandernde wir: Kämpfer und Täter: große
Sehnsüchtige nach Frucht: was hilft das Mühen,
Wenn uns nicht Dinge sind, die nichts als blühen?
O Götter-Botin: ewiges Sinnbild: Rose!
(Albert Heinrich Rausch)
Matthias Politycki - Das Unglück
Wenn es dann schließlich eintritt, ist ja alles
schon tausendmal durchdacht und längst besprochen,
hast du dich schon so oft mit deiner Angst verkrochen
und alles durchgerechnet für den Fall des Falles,
dass nun, wo's wirklich ernst wird, nicht einmal ein Pochen
im Hals dir zeigt, wie es mit Urgewalt
dich überkommt. Mit einem Herz aus Glas, ganz kalt,
tust du und lässt, was du dereinst versprochen,
und lebst ansonsten einfach weiter. Erst nach Wochen
fällt dir ein Wimmern auf, wie es ununterbrochen
ans Ohr dir dringt. Doch nebenan der Raum ist leer,
und wie du schließlich merkst, du selbst bist es, der
ganz leis' zu hören ist, da wird dir jählings schwer
ums Herz, und erst in diesem Augenblick ist es gebrochen.
Quelle: http://www.meltzow.de/blog/wp-content/uploads/2014/02/Politycki_DasUnglueck.pdf
Tag-Gesang III
An dem wasser das uns fern klagt
Wo die pappel sich lind wiegt
Sizt ein vogel der uns gern fragt
Der im laube sich dem wind schmiegt.
Und der vogel spielt leis auf:
Flur und garten sind vom blühn tot
Jedes weiss sich schön im kreislauf ..
Sieh die gipfel vor dir glühn rot!
Nur erinnrung lässt als traumsold
Der zu glücklichern seinen zug lenkt
Seiner hand entrieselt traumgold
Das er früh und nur im flug schenkt.
Heb das haupt das sich bang neigt
Ob aus tiefen ein gesicht winkt –
Und so warte bis mein sang schweigt
Und so bleibe bis das licht sinkt.
(Stefan George; aus: Der Teppich des Lebens, Die Lieder von Traum und Tod)