Literatur Gedichte
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Die erste alte Tante sprach:
wir müssen nun auch dran denken, was wir zu ihrem Namenstag
dem guten Sophiechen schenken.
Drauf sprach die zweite Tante kühn:
Ich schlage vor, wir entscheiden uns für ein Kleid in Erbsengrün,
Das mag Sophiechen nicht leiden.
Der dritten Tante war das recht:
Ja, sprach sie, mit gelben Ranken!
Ich weiß, sie ärgert sich nicht schlecht und muß sich auch noch bedanken.
Wilhelm Busch
Die Vogelscheuche!!!!!
Die Raben rufen: "Krah, krah, krah!
Wer steht denn da, wer steht denn da?
Wir fürchten uns nicht, wir fürchten uns nicht
vor dir mit deinem Brillengesicht.
Wir wissen ja ganz genau,
du bist nicht Mann, du bist nicht Frau.
Du kannst ja nicht zwei Schritte gehn
und bleibst bei Wind und Wetter stehn.
Du bist ja nur ein bloßer Stock,
mit Stiefeln, Hosen, Hut und Rock.
Krah, krah, krah!"
Christian Morgenstern
„Bewaffneter Friede"
Ganz unverhofft, an einem Hügel, sind sich begegnet Fuchs und Igel.
»Halt«, rief der Fuchs, »du Bösewicht!
Kennst du des Königs Ordre nicht?
Ist nicht der Friede längst verkündigt, und weißt du nicht, daß jeder sündigt, der immer noch gerüstet geht? - Im Namen Seiner Majestät, geh her und übergib dein Fell!«
Der Igel sprach: »Nur nicht so schnell!
Laß dir erst deine Zähne brechen, Dann wollen wir uns weitersprechen.« Und alsogleich macht er sich rund, Schließt seinen dichten Stachelbund Und trotzt getrost der ganzen Welt, bewaffnet, doch als Friedensheld.
"Wilhelm Busch"
Wir sind nicht mehr die gleichen
Uns ätzte das Leben leer
Es gibt keine mystischen Zeichen
Es gibt kein Geheimnis mehr
Wir treiben durch luftleere Räume
Erloschenen Angesichts
Die Nächte verweigern uns Träume
Die Sterne sagen uns nichts
Wir haben den Himmel zertrümmert
Das Weltall umklammert uns kalt
Der Tod lässt und unbekümmert
Wir haben Gewalt.
Silja Walter
Uns ätzte das Leben leer
Es gibt keine mystischen Zeichen
Es gibt kein Geheimnis mehr
Wir treiben durch luftleere Räume
Erloschenen Angesichts
Die Nächte verweigern uns Träume
Die Sterne sagen uns nichts
Wir haben den Himmel zertrümmert
Das Weltall umklammert uns kalt
Der Tod lässt und unbekümmert
Wir haben Gewalt.
Silja Walter
Rotkehlchen
Rotkehlchen auf dem Zweige hupft, wipp, wipp!
hat sich ein Beerlein abgezupft, knipp, knipp!
läßt sich zum klaren Bach hernieder,
tunkt's Schnäblein ein und hebt sich wieder,
stipp stipp, nipp nipp!
und schwingt sich wieder in den Flieder.
Es singt und piepst ganz allerliebst, zipp zipp,
zipp zipp trill! sich eine Abendmelodie,
steckts Köpfchen dann ins Federkleid
und schlummert bis zur Morgenzeit.
Wilhelm Busch (1832 - 1908)