Diskussion historischer Ereignisse Wir gedenken heute der ermordeten Menschen im Holocaust
Das menschliche Gehirn ist so programmiert, dass es, wenn allzu sehr überfordert, einfach schwarz (oder auch braun) ausblendet!
Ich danke Ihnen sehr für Ihren guten und sachlichen Beitrag.
Beim Durchlesen dachte ich an Plötzensee, wo die Menschen hingerichtet wurde, die nicht konform mit diesem Nazitum gingen.
Da hängen noch heute von der Decke Haken, die an Schlachthäuser erinnern, wo man tote Tiere deponiert - nur dort waren es Menschen, die getötet wurden.
Anderswo starben sie durch Genickschuss, weil man ihnen wohlweislich nicht ins Gesicht sehen wollte.
Und in München-Stadelheim gab es das Fallbeil, das die jungen Menschen hinrichtete, die nur Flugblätter in der Uni verteilten, weil sie warnten vor allem, was auf uns zugekommen ist und uns noch heute beschäftigt - die einzige gute Nachricht zu dem Vermächtnis der Weissen Rose. Olga
Mir fiel noch ein, dass 1941/42 für polnische Arbeiter auf dem ganzen Reichsgebiet ein Sonderstrafrecht (die allgemein‘ Polenverordnung‘ genannt - Verordnung über die Strafrechtspflege gegen Polen und Juden in den eingegliederten Ostgebieten) eingeführt wurde, das ab 1943 nur noch für Polen, nicht aber für Juden (wg. Holocaust) galt. Reinste Willkür-‚justiz‘, denn jedes Handeln konnte mit dem Tode bestraft werden, wenn es als Ausdruck von „niedriger Gesinnung“ angesehen wurde wie z.B. das Ohrfeigen eines deutschen Beamten, das der ‚Täter‘ nicht überlebte. Es musste keine Vergewaltigung sein, Geschlechtsverkehr reichte schon, um erschossen zu werden. Oft wurden auch unterschiedliche Verordnungen kombiniert, Hauptsache es wurde der Schein eines als-ob Verfahrens gewahrt und der 'Täter' liquidiert, weil er aus welchen Gründen auch immer, "weg" musste.
Zuständig waren Amts-oder Sondergerichte.
Die Urteile nach dieser Verordnung (von den Nürnberger Prozessen als Kriegsverbrechen bezeichnet) wurden erst 1998 aufgehoben, Militärgerichtsurteile gegen Deserteure erst 2002. Bis dahin galten solche ‚Bluturteile‘ als ‚rechtens‘, weil nach geltendem Recht gesprochen. Wobei man wieder bei der Rechtsauffassung der Juristen bzw. dem Gewissen der Richter (das ganz sicher den Richtern an Sondergerichten abging) wäre.
Sorry für diesen Ausflug in die Rechtsgeschichte, aber ich denke es kann helfen beim besseren Verstehen, auch des Holocaust.
Wikipedia dazu: „Der Geschlechtsverkehr eines Polen mit einer Deutschen setze „das Ansehen und das Wohl des Deutschen Reiches und des deutschen Volkes“ herab und wurde wegen „deutschfeindlichen Verhaltens“ als „Rassenschande“ verfolgt.
Nach Inkrafttreten der Polenstrafrechtsverordnung stieg die Anzahl der Todesurteile stark an. In den eingegliederten Ostgebieten wurden 1942 nachweisbar 1129 Todesurteile vollstreckt. Im selben Jahr wurden 61.836 Polen verurteilt und mehr als 45.000 ins Straflager verbracht. Die Gerichte wandten die Polenstrafrechtsverordnung dabei entgegen dem strafrechtlichen Rückwirkungsverbot auch rückwirkend für Taten an, die teils lange vor dem Erlass der Verordnung begangen worden waren.“
@ aixois
Kleine Anmerkung:
Im Osten Deutschlands wurden NS-Unrechtsurteile durch die Sowjetische Militäradministration bereits 1946 aufgehoben, andere "politische Urteile" für nichtig erklärt.
Du hast völlig recht und erkennst sehr scharf, worauf es aktuell ankommt.
Nach Hannah Arendt ist die Wahrheit im politischen Meinungsaustausch notwendig, man braucht sie, um sich auf sie beziehen zu können. Sie kann weder durch Zustimmung gefestigt noch durch Leugnung erschüttert werden.
Wenn sie aber grundsätzlich angezweifelt wird („ich habe meine Meinung, du die deine“), empirisch belegbare Tatbestände einfach geleugnet und zur Ansichtssache deklariert werden, Meinungen wichtiger werden als Fakten, da geht eine gemeinsame Wirklichkeit in die Brüche, jeder lebt in seiner eigenen Welt, schafft aus der Sicht des jeweils anderen, sich „seine Fakten“ selbst.
In Bezug auf die unterschiedlichen „Ansichten“ zum Klimawandel meint z.B. Bruno Latour, dass Amerikaner auf einer anderen Erde leben.
Holocaust Leugner wissen um die faktische Wahrheit. Sie wollen sie aber nicht suchen und kennen. Arendt sagte dazu: „ Lügen erscheinen dem Verstand häufig viel einleuchtender und anziehender als die Wirklichkeit, weil der Lügner den großen Vorteil hat, im voraus zu wissen, was das Publikum zu hören wünscht“.
Solchen Lügnern kommt man, meine ich , nicht mehr bei. Es bringt nichts, sie „überzeugen“ zu wollen, sie auf Fakten hinzuweisen.
Solche „Heilsversprecher“ wollen nicht ‚weise‘ sein, sondern agitieren.
Vehement muss man aber das „Publikum“ davon abbringen, dass es sich wünscht, angelogen zu werden, um sich in eine neue (alte) Scheinwelt hineinträumen zu können (ich will "mein" Deutschland zurück), wo es sich sicher, geborgen, frei von echten oder vermeintlichen Alltags- und Zukunftssorgen fühlen darf.
Wahrheit darf nicht zur bloßen Ansichtssache verkommen – „aber das ist ja kein Selbstläufer !“
Sehr richtig ! Die Frage bleibt wie, wenn stimmen sollte, was Latour sagt : „Wir [... ] gehören nicht zu derselben Erde wie ihr. Eure mag bedroht sein, unsere nicht“
Dazu gab es einen guten Artikel in der SZ, leider kann man den nicht ohne weiteres digial lesen, aber man kann sich dafür anmelden, kostet nichts.
Zitat:
"Globuli, Impfen oder Klimawandel: Wenn die eigene Wahrnehmung zur Wahrheit wird, erübrigt sich jedes Gespräch. Es ist Zeit, Meinungen wieder stärker von Tatsachen zu unterscheiden."
Link: Die Wahrheit ist unbequem
Danke für den Hinweis.
link scheint aber ohne SZ plus abo nicht zu funktionieren ?
Mal sehen ob ich ich den Artikel noch in der "Holzprodukt" Version habe.
Keine Ahnung, ich habe den Artikel analog gelesen. Hab ein Abo fürs Wochenende. 😉
Ich wurde analog auch fündig - danke .📰
Nichts anderes war die extensive Propagandamaschinerie der Nazis, die bis ins kleinste ausgeklügelt war.
Kristine