Diskussion historischer Ereignisse Wir gedenken heute der ermordeten Menschen im Holocaust
@Kristine
Ja es hat sie gegeben, solche Möglichkeiten des 'Protests'. Meist wurden solche (sehr selten vorgekommene) Richter aus dem Dienst entfernt und mit oder ohne Bezüge in den Ruhestand versetzt.
Die Mehrzahl der Richter aber waren Mitglied der NSDAP, Überzeugungstäter und daher nicht nur Wegbereiter (Erosion der Weimarer Demokratie), sondern auch aktive Stützen des NS Regimes das - davon bin ich überzeugt - mit einer neutralen, dem Recht verpflichteten Richterschaft , so nicht hätte überleben können.
Sie hielten sich weitgehend an die Richtlinien (1936), die sie anhielten, Recht in Übereinstimmung mit der NS Ideologie zu sprechen. Dabei war der Antisemitismus schon früh als "bindende Entscheidungsgrundlage" für die Urteilsfindung akzeptiert worden.
Wie unmenschlich diese Justiz sein konnte zeigte sich an der entsetzlich hohen Zahl von Todesurteilen gerade in der Kriegszeit, wo z.B. eine Mutter bei der Winterhilfesammlung Kleidungsstücke für ihre vier Kinder im Wert von 30 RM entwendet hatte, ebenso ihr Leben lassen musste wie ein Mann, der sich bei einer Metallsammlung einen Löffel im Werte von 75 Pfennig angeeignet hatte.
So konnten nur politische Richter aus Überzeugung urteilen, keiner musste es.
Deshalb hast Du recht und das gilt nicht für die Justiz, auch für Erzieher usw. : ".. wichtig und notwendig [ist], ganz klare Positionen zu beziehen ..."
Ich denke, wir können diese "Grundlage" überhaupt nicht nachvollziehen, dazu fällt einem nichts ein, das ist unfassbar, für mich sogar eine Grundlage dafür, dass etwas ähnliches sich nie mehr wiederholen kann.
Diese "Grundlage" wurde in Paragrafen gemeißelt und somit waren sie geltendes (damaliges) Recht !
Somit waren Richter u.a. die ausführenden Organe, die dieses "Recht" durchsetzten.
Sie waren Staatsdiener/Beamte, wussten genau, dass sie sich daran halten mussten, wohl wenig bis gar keinen... Spielraum hatten, es vielleicht auch gar nicht wollten...
Kristine
Hinzuzufügen wäre allerdings, dass eine solche Instrumentalisierung der Justiz auch in einem totalitären Regime nicht vollständig gelang bzw. daran kein Interesse bestand.
Eine solche, auf Hitler bzw. der NS-Politik und -Ideologie ausgerichtete Rechtsauslegung galt vor allem im sog. Maßnahmenstaat , d.h. den Bereichen, die vom Regime im machtpolitischen Sinne als wichtig und "gestaltbar" erachtet wurden. Sie galt weniger bzw. nicht im sog. Normenstaat, also in anderen Bereichen der Rechtsprechung wie Privatrecht oder in der Wirtschaft im weitesten Sinne, von derem reibungslosen Funktionieren das Regime abhängig war.
Richter waren auch im 3. Reich "unabhängig",d.h. das Gerichtsverfassungsgesetz galt weiter. Eine unmittelbar durchsetzbare Weisung der Obrigkeit gab es nicht, d.h. Richter mussten nicht gegen ihr persönliches "Rechtsgefühl" urteilen bzw. ein Gesetz anwenden, von dem er annehmen konnte, dass es "Unrecht" war. Man musste nicht hart, brutal und unmenschlich sein, es wurde aber erwartet, dass so gegen die Nicht Linientreuen vorgegangen wurde.
Anders gesagt ein mutiger 'anständiger' Richter konnte 'Milde' walten lassen. Nur gab es viel zu wenige, die das wollten. Das siehst Du ganz richtig.
Dieses "Richterprivileg" diente ja als Ausrede nach dem Krieg, um selbst die fiesesten Urteile zu rechtfertigen: man konnte den "Blutrichtern" nicht nachweisen, dass ihr Rechtsgefühl eine harte Todesstrafe nicht befürwortete, oder dass fiese Nazi-Gesetze im rechtspositivistischen Sinne gar nicht Recht, sondern "Unrecht" waren.
Erst vier Jahre vor der Wende kam der Bundestag schließlich (und viel zu spät) darauf, dass die Urteile des Volksgerichtshofs ungültig, weil nicht rechtens waren.
Auch hier dürfte das Karrierestreben dieser braunen Richter eine grosse Rolle gespielt haben, die sich natürlich darin ausdrückte: je grausamer, je besser.
Man kann sie ja heute noch hören, die keifende Stimme des Blutrichters Roland Freisler,der auch die "Angeklagten" auf primitivste Art und Weise vor Gericht demütigte, in dem er ihnen z.B. den Gürtel der Hose wegnahm. Und da die "Angeklagten" in der Haft so stark abgenommen hatten, mussten diese befürchten, ohne Hose dazustehen, wenn sie die Hände bewegten.
Aber er selbst kam dann bei einem Luftangriff kurz vor Kriegsende ums Leben, wobei er noch eine Akte eines Angeklagten in der Hand hielt, den er vermutlich in den Tod schicken wollte.
Ich hätte ihm sehr vergönnt, vor dem Nürnberger Gericht zu stehen, wenngleich auch diese mörderischen Angeklagten dort eine anständigere Behandlung erfuhren als es bei einem früheren Blutrichter in seiner Berufsausübung möglich war.
Man denke nur an die VErurteilungen der Gruppe um die Geschwister Scholl,die nach ihrer Aktion der Verteilung von Flugblättern in der Münchner Uni schon nach wenigen Stunden zum Tode verurteilt wurden. Olga
Und es wurde auch lange verschwiegen inder früheren DDR, dass die Kommunisten (und übrigens die notorischen Kriminellen) in den KZ`s Vorzugsbedingungen hatten. Sie arbeiteten dort als sog. Kapos und hatten einen Grossteil der Drecksarbeit bei Juden, Sinti, Roma, Homosexuellen, politischen Gefangenen zu erledigen, für die sich sogar die Nazis zu schade waren.
Das ist leider ein Ammenmärchen, den aus politischen Gründen Ermordeten, den Kommunisten, galt der höhere Respekt und die Ehre, und entschuldigt bei den Juden hat sich die DDR erst kurz vor der Wiedervereinigung, 1990!
Edita
Sie bekamen dadurch auch mehr und besseres Essen und andere Vorzugsleistungen, um besser überleben zu können. Das ist alles mittlerweile geschichtlich gut geklärt und wurde in der früheren DDR bis zur Wende geflissentlich unerwähnt gelassen.
Mich hat aber aktuell sehr beeindruckt, welch einen Freund Deutschland im israelischen Staatspräsidenten Rivlin hat. Verdienen wir ein solches Geschenk überhaupt? Viele glauben ja, dass Geschichte irgendwann abgeschlossen sein müsste. ABer das ist ein Trugschluss - es gibt kein Ende der Geschichte und keinen Schlussstrich. Es gibt nur die immerwährende Frage, ob eine Gesellschaft immer wieder neu gewillt ist, aus der Geschichte zu lernen.
Ob diese Gesellschaft weiss, was zu tun ist, wenn hierzulande Juden angegriffen, Minderheien attackiert, Menschen angefeindet und Gruppen pauschal ausgegrenzt werden.
Es gab eine Zeit, wo man in Deutschland das Gefühl hatte, dass dies verinnerlicht ist und es gab auch eine lange Phase, wo man gehofft hatte, dass die Geister von einst besiegt wurden. Angefangen mit dem Auschwitz-Prozess in Frankfurt in den60er Jahren, die das kollektive Erinnerungen formte.
Aber das scheint vorbei zu sein; es zeigt sich ,dass viele von uns wieder verführbar sind und bleiben und wieder Hass verbreiten. Wenn von "Vogelschiss" und "vom Denkmal der Schande" gesprochen wird, brechen wir mit der Erinnerung und verweigern unsere Verantwortung.
Wir dürfen nicht wegsehen, wenn jüdische Schüler bespuckt werden, nicht mitmachen, wenn Flüchtlinge mal eben mit Verbrechern und Islamisten gleichgesetzt werden. Mit diesen Stigmatisierungen hat alles angefangen und auch mit denen, die Nationalismus und Ausgrenzungen bis hin zu hoch stilisierten Zukunftsängsten dem Volk verkauft haben. Olga
Das Karrierestreben mag sicher eine wichtige Rolle gespielt haben, denn als "zu weich" angesehene Richter riskierten versetzt oder gar in den Ruhestand geschoben zu werden.
Beförderungen nach der Anzahl der grausamsten Strafen oder Todesurteile sind aber so nicht bekannt, wichtiger waren Parteizugehörigkeit oder der Grad der Akzeptanz der politischen Beeinflussung oder der Abweichung von der Rechtsordnung.
Es wird sogar von Richtern berichtet, die Anweisung von der NSDAP bekamen, etwas "kürzer zu treten", weil deren zu harte Strafen zu einem Rückgang des Denunziantentums führten.
Die brutalsten Richter wurden nicht befördert, wenn sie noch grausamer richteten. Freisler war ganz oben, er hätte sich mässigen können ohne was zu verlieren. Leute wie Filbinger hatten keine Karriere im Auge als sie noch in den letzten Kriegswochen es nicht abwarten konnten, für junge Kerle noch Todesurteile durchzubekommen.
Das waren Überzeugungsrichter, die daran glaubten was sie taten. Und später sich feige verleugneten und gegenseitig Persilscheine ausstellten, damit sie nach dem Krieg weiter ungeschoren Karriere machen konnten. Dazu gehörten auch die vielen die den Holocaust möglich machten und von denen die wenigsten zur Rechenschaft gezogen wurden.
(aus Diss. Dr. Scheib, OberStA, Ulm 2012):
R.v.Weizsäcker, Rede zum 8/5/1985:
...Bis in die 1980er Jahre also war der Völkermord an den Juden in der DDR ein «gänzlich unterdrücktes Thema». So viel Desinformation macht sprachlos. Ich habe es genau umgekehrt wahrgenommen: Die DDR-Kultur hat dieses Thema früher und häufiger als in der Bundesrepublik aufgegriffen, kontinuierlich über die Jahre verfolgt, und das in einem Umfang, der bei vielen Menschen Überdruss auslöste.
Ich empfinde solche Desinformation auch als persönliche Kränkung. Ich hätte nicht in einem Land leben wollen und können, in dem über den industriell betriebenen Völkermord, das perfideste Verbrechen seit Menschengedenken, nicht gesprochen werden sollte.
Die Ostdeutschen als duldsame und unreflektierte Herde ohne Mitgefühl: An dieser Fiktion westliche Schuld- und Versagensgefühle abzuladen kann auf die Dauer nicht gutgehen. Neben der sozialen hat es seit dem Beitritt immer auch die intellektuelle Demütigung gegeben. Der entkommt man durch kräftezehrenden Widerspruch oder durch kräfteschonende Teilnahme am Belasten der Herde, was einen selbst über sie stellt. Die meisten, so fürchte ich, entkommen ihr nicht. Sie werden still, krank oder aggressiv.
Was gab es doch unlängst für einen Hype um den 40. Jahrestag der Sendung der US-Serie Holocaust, durch die 1979 das deutsche Publikum, und zwar das gesamtdeutsche, angeblich erstmalig eine Ahnung vom Ausmaß des den Juden zugefügten Leids bekommen habe. Was für ein Armutszeugnis! Nirgends war ein Hinweis darauf zu hören, dass im DDR-Fernsehen bereits sieben Jahre vor der Hollywood-Serie eine vierteilige Folge über eine jüdische Familie gesendet wurde, die nach Auschwitz deportiert wird.
Erstmalig durfte dafür ein deutscher Filmstab im Lager Auschwitz drehen. Die Authentizität des Films rührte aber nicht nur vom schwer zu verkraftenden Originalschauplatz, sondern von dem Wissen, dass es sich hier um die Verfilmung des autobiographischen Romans des Juden Peter Edel handelt, der all diese Schrecken in Auschwitz selbst erlebt hat...
Quelle: Holocaust in der DDR angeblich verschwiegen
Daniela Dahn, geboren in Berlin, studierte Journalistik in Leipzig und war Fernsehjournalistin. 1981 kündigte sie und arbeitet seitdem als freie Schriftstellerin und Publizistin. Sie war Gründungsmitglied des «Demokratischen Aufbruchs» und hatte mehrere Gastdozenturen in den USA und Großbritannien. Sie ist Trägerin unter anderem des des Fontane-Preises, des Kurt-Tucholsky-Preises für literarische Publizistik, der Luise-Schroeder-Medaille der Stadt Berlin und des Ludwig-Börne-Preises.
Ein Ergebnis wie 5÷5=12 so wie auch jedes andere Ergebnis ist immer entweder falsch oder richtig.
Aber jeder darf eine eigene MEINUNG haben. Diese mag sich von anderen unterscheiden ...
Also ist sie dann einfach nur ANDERS aber nicht FALSCH auch meine nicht.