Diskussion historischer Ereignisse Selbstverortung
Stanley Milgrams Experiment wurde später ja mannigfach repliziert. Heute gilt es als unethisch, damit nicht mehr möglich (in DE zumindest). Es gibt Ersatz dafür.
Wohl auch um 1970 rum in München, denn wir hatten den 'Versuch' damals mit unserer Psychologieprofessorin (Verhaltensforschung) intensiv diskutiert (ich glaube auch, dass die Münchner Probanden noch weniger als die in New Haven 1962 das Experiment abbrachen).
Damals ging es auch um den Eichmann Prozess, damit verbunden, Hannah Arendts Banalität des Bösen, die Theorie des Schmerzes (wie sehr kann sich einer in den Schmerz des anderen hineinversetzen und unter welchen Bedingungen).
Dass Autoritäten in hierarchisch strukturierten Gesellschaften es schaffen, dass seine Mitglieder bereit sind im Interesse der Ordnung, des vermeintlichen Gesamtinteresses bis zum äußersten zu gehen (zu strafen, zu töten), ist wohl von der Evolution her ein Vorteil gewesen , d.h. es war - bes.in Gefahr-/Notlagen gut, wenn alle 'gehorchen' und tun, was einem gesagt bzw. von einem erwartet wird.
Es hatte sich gezeigt, dass etwa 3/4 aller Probanden quer über alle Kulturen hinweg, bereit waren, die Höchststrafe anzuwenden .
Ich hatte mir damals vorgestellt (Pazifismus hatte Hochkonjunktur , auch die Gewissensprüfungen der Kriegsdienstverweigerer, was ja auch eine Art Test der 'Selbstverortung' des Verweigerers), was wohl wäre, wenn Soldaten nicht über so ein evolutionäres "Gehorsams- Gen" verfügten ... und ob wohl die Deutschen ein in dieser Hinsicht besonders ausgeprägtes Gen hätten ...
Ich vermute, Edita, du hast 2 Dinge mißverstanden. Zum einen hat Bias "gegendert" und die Erweiterung von Beamt-Innen mit Großbuchstaben begonnen, so dass männliche wie weibliche Beamte gemeint waren.Hallo, Syka,
Zum anderen bezog sich die Anwort auf den von Mareike dargestellten Vergleich der Niederlande mit Belgien und dort war erst einmal der niederländische Verwaltungsapparat angesprochen.
@Bias
Das Video konnte ich öffnen, habe aber vor Beginn der Schülerabfrage das Video abgebrochen. Wie weit der "Lehrer" gegangen ist und der Zuschauer in seiner Kabine das Experiment nicht abgebrochen hat weiß ich nicht, kann es aber ahnen und das will ich nicht mitansehen!
Experimente dieser Art gibt es und sie sind so erschreckend, dass ich mir wünschte, dass sie nie in der Praxis umgesetzt werden. Sie werdens aber und das in vielen Ländern, in denen Menschen, die sich gegen Machthaber auflehnen, gefoltert und getötet werden. Wobei "Machthaber" auch Menschen sind, die sich z.B. an Kindern vergehen.
Das ist so gruselig und trotzdem muss es Menschen geben, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, sich um die Aufklärung zu kümmern, manchmal unter Einsatz ihres Lebens, manchmal unter Einsatz ihres Seelenheils. Ich könnts nicht, mir dreht es schon bei der Vorstellung den Magen um.
geschrieben von Syka
schön, dass Du hier auch wieder mal mitmischst.
Angeregt durch das was Du Edita mitteilst, habe mir jetzt noch einmal meinen Beitrag durchgelesen.
Für das was mir darin wichtig gewesen ist, ist es völlig egal welcher Nationalität die Frauen und Männer gewesen sind. Egal ist auch ob es sich um Frauen oder Männer gehandelt hat.
Gemeint waren halt ganz gewöhnliche Menschen.
Alltagsmenschen die tagsüber ihrer Arbeit in den Verwaltungen nachgingen und unter Umständen dabei an einer Aufgabe mitgewirkt haben, die wir heute zu recht monströs und menschenverachtend nennen.
Gute Väter, gute Mütter; kluge und weniger kluge Menschen, Karrieristen, Wichtigtuer und eher Bescheidene, Moralapostel und Hallodris, etc.
Was die Milgram-Experiment angeht:
Damit versuchten die Wissenschaftler u.a. nachzuvollziehen wie es gelingen konnte, Menschen zur Teilnahme an den Grausamkeiten im III. Reich zu bewegen.
Nachzuvollziehen wie weit Menschen bereit sind im Dienste einer vermeintlich guten Sache mitzugehen, wenn eine Autorität (die Vertreter einer Uni, ein Arzt als Experimentierleiter, gekennzeichnet durch 'nen weißen Kittel) es anordnen.
Dr. Erb erklärt als Mitglied einer Ethikkommission im zweiten Video, dass dieses oder ein ähnlich gestaltetes Experiment im heutigen Deutschland nicht durchführbar wäre (ethisch nicht vertretbar, er legt die Gründe dafür dar).
Das sollte uns jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass - würde es mit einer veränderten Versuchsanordnung wieder durchgeführt werden - es vermutlich zu einem ähnlichen Ausgang führt wie dem bei den Milgram-Experimenten damals.
Das Böse ist banal, wie Hannah Arendt damals in Israel erkannt hat.
Glaube doch niemand, dass sich Adolf Eichmann nicht eines mächtigen Verwaltungsapparats bedient hat, in welchem ganz normale Mitarbeiterinnen, Mitarbeite und Diverse ihrer Aufgabe nachgingen.
Unter Umständen war ihnen nicht bekannt an was sie mitwirkten (vielleicht hat das auch einige gar nicht interessiert, sie hatten halt Arbeit).
Sie waren kleine Rädchen in einem Getriebe mit größeren Rädern wie Adolf Eichmann
und
kleineren Rädern wie eine Büroleiterin oder die Schreibkraft im Reichssicherheitshauptamt, im Transportwesen, in einem lokalen Ordnungsamt oder sonst wo.
Adolf Eichmann habe sich bis zuletzt darauf berufen, lediglich seiner dienstlichen Aufgabe nachgekommen zu sein, schrieb Hannah Arendt.
Wie auch immer, Syka - keep on country und halte Dich senkrecht.
@ Bias
Schön, dass Du den Ausschnitt aus dem "Milgram-Experiment" eingestellt hast.
Interessante Quintessenz der Ergebnisse ab ca. 15:40
" Das würde also bedeuten, dass auch in einem zivilisierten Land mit einer liberalen und demokratischen Verfassung ⅔ der Bevölkerung ohne zu fragen und ohne zu überlegen alle Befehle ausführen würden, die sie von einer übergeordneten Macht bekämen."
Erinnert mich an das bedingungs- und kritiklose mitmachen eines Großteils der Bevölkerung bei allen corona-Maßnahmen, die der elitäte Zirkel aus BK, MP's und den bekannten Experten alle paar Wochen dem Volk verkündet.
Hier in West-DE musste doch damals der Ehemann noch seine Einwilligung geben, wenn Frau berufstätig sein wollte.
" Eine Erwerbstätigkeit von Ehefrauen war nicht verboten, doch von 1958 bis 1977 hieß es in § 1356 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): " Sie [die Frau] ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist." Und ob dies so war, hatte der Ehemann zu entscheiden: Er musste die Erlaubnis zum Arbeiten geben und konnte Arbeitsverträge ohne die Zustimmung seiner Ehefrau eigenständig kündigen. Das änderte sich erst 1977. Seitdem heißt es unverändert: "Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein."
Nix 17 Jhdt, nix Ostpreussen.
Meine beiden Grundschullehrerinnen (BaWü Mitte 1950-er Jahre) ) waren mit 'Fräulein' anzureden, weil nicht verehelicht. De facto galt das Zölibatsgebot von 1880 für Lehrerinnen nach dessen Abschaffung 1950/1951 weiter. Logischerweise waren deshalb sehr viele, um nicht zu sagen, die meisten Lehrerinnen nicht verheiratet und hatten deshalb alle Zeit der Welt, ihre Zuneigung ungeteilt uns Lausbuben zugute kommen zu lassen (was aber auch manchmal hiess, wen das Fräulein Lehrerin liebt, den züchtigt sie ....).
" Das würde also bedeuten, dass auch in einem zivilisierten Land mit einer liberalen und demokratischen Verfassung ⅔ der Bevölkerung ohne zu fragen und ohne zu überlegen alle Befehle ausführen würden, die sie von einer übergeordneten Macht bekämen."Keine Macht, Wandersmann.
geschrieben von wandersmann_1
Es genügt eine tatsächliche oder vermeintliche Autorität.
In den Experimenten hatten die Teilnehmer die Freiheit der Einladung zu folgen,
daran teilzunehmen oder nicht
und auch die Freiheit, die Versuche zu jeder Zeit abzubrechen.
Aus meiner Sicht eine Möglichkeit über das Wesen von "Macht" nachzudenken.
Dazu brachte ich den Vergleich mit den Niederlanden, Belgien und Frankreich.
Für das was mir darin wichtig gewesen ist, ist es völlig egal welcher Nationalität die Frauen und Männer gewesen sind. Egal ist auch ob es sich um Frauen oder Männer gehandelt hat.
Gemeint waren halt ganz gewöhnliche Menschen.
Alltagsmenschen die tagsüber ihrer Arbeit in den Verwaltungen nachgingen und unter Umständen dabei an einer Aufgabe mitgewirkt haben, die wir heute zu recht monströs und menschenverachtend nennen.
Gute Väter, gute Mütter, kluge und weniger kluge Menschen, Karrieristen, Wichtigtuer und eher Bescheidene, etc.
Es war der überaus effektiv organisierte Verwaltungsapparat, der für den sehr hohen Prozentsatz der inhaftierten und abgeführten Juden in den Niederlanden ursächlich war. Es war da wesentlich schwieriger Schlupflöcher zu finden, als z B in Belgien oder Frankreich. Zusätzlich ist es schon auch von Land zu Land, oder Gegend zu Gegend, unterschiedlich, wie folgsam, gehorsam, pflichtbewusst die Bevölkerung ist.
Häufig spielt(e) da auch das Eigeninteresse, Karriere oder Bereicherung eine wesentliche Rolle.
Ja, das Böse ist häufig banal.
Zum Holocaust bleibt die Frage: Wieviele wußten oder konnten ahnen, dass die "ehrenwerte Gesellschaft" eine "Endlösung" plante und letztlich auch in Angriff nahm. Dieses Geschehen ist doch so unmenschlich, dass es immer noch nicht wirklich vorstellbar ist.
Das gilt jedoch auch für den Einsatz von Atombomben und Chemiewaffen. Der Unterschied dabei ist, dass die Verantwortung für dieses Handeln auf Regierung und Militair begrenzt bleibt.
Ja, es waren ganz normale Mitarbeiterinnen, und dann gab es auch die, die genau wussten, was passierte, wenn sie eine Transportliste anfertigten. Im Netz kann man die Deportationslisten aufrufen, digitalisiert, akribisch geführt, woher und wohin und wann gestorben, meistens auch noch woran, was allerdings in der Regel eine Lüge war.
Das Böse ist banal, wie Hannah Arendt damals in Israel erkannt hat.
Glaube doch niemand, dass sich Adolf Eichmann nicht eines mächtigen Verwaltungsapparats bedient hat, in welchem ganz normale Mitarbeiterinnen, Mitarbeite und Diverse ihrer Aufgabe nachgingen.
Unter Umständen war ihnen nicht bekannt, an was sie mitwirkten. Unter Umständen waren sie kleine Rädchen in einem Getriebe mit größeren Rädern wie Adolf Eichmann
und kleinen Rädern wie die Schreibkraft im Reichssicherheitshauptamt, im Transportwesen, in einem lokalen Ordnungsamt oder sonst wo.
Eichmann habe sich bis zuletzt darauf berufen, lediglich seiner dienstlichen Aufgabe nachgekommen zu sein
geschrieben von Bias
Wen es interessiert, der kann mal diesen Namen bei wikipdedia aufrufen: Stella Goldschlag ... das gab es auch.
Das war in der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht so wichtig.
Viele Frauen waren verwitwet bzw. ohne Ehemann (vermisst oder noch in Kriegsgefangenschaft).
Erst als Frauen Arbeitsplätze für die zurückgekehrten Männer frei machen mussten, und es um die Gründung oder die Fortsetzung bestehender Familien ging, durften sich die Frauen freuen, wenn ihnen ein Staubsauger oder eine Küchenmaschine (Weihnachtsgeschenk des Ehemanns !) die Tätigkeit an ihrem, von der Natur bestimmten Arbeitsplatz etwas erleichterte.
Ganz rechtlos war die Frau aber nicht, sie konnte vor Gericht gehen, theoretisch, um gegen einen rein willkürlichen Entschluss des Mannes , dass sie ihre "Pflichten in Ehe und Familie" vernachlässigte. Wie gross die Chancen vor Gericht waren, kann man nur vermuten, wenn überhaupt eine Frau versuchte, vor Gericht zu ziehen, da stand dann ohnehin die Scheidung im Raum.
In jedem Fall war sie aber verpflichtet, im Gewschäft/Betrieb des Mannes (unentgeltlich) mitzuarbeiten, ganz ohne Arbeitsvertrag.