Diskussion historischer Ereignisse 20 Januar 1942 – Die Wannseekonferenz

Denjenigen, die die Bedeutung der Erinnerung nicht wahrhaben wollen, möchte ich einen Besuch der ständigen Ausstellung über die Wannseekonferenz ans Herz legen.
Ehrlich gesagt, bin ich erschüttert über einige Antworten, die von Leuten kommen, die vom Alter her ein anderes Geschichtsverständnis mitbringen müssten.
Als ich so Mitte 20 war und in der U-Bahn auf "Alte" traf, die langhaarige Jungs oder miniberockte Mädels (bestenfalls) ins Arbeitslager wünschten, hoffte ich, dieses Denken würde mit dieser Generation aussterben. Und heute begegne ich hier Menschen der Generation (circa) 60+, von der ich Lebenserfahrung und Lebensklugheit erhoffte, und sehe mich in mancherlei Hinsicht bitter enttäuscht.

Wenn man den Jahrestag der Wannseekonferenz auf die (üblichen) Aussagen den Bundespräsidenten reduziert, blendet man einen Großteil aus, nämlich diese Ungeheuerlichtkeit, die dort beschlossen wurde!

Grenzlandfrau

Für diese Denke wird es, so fürchte ich, nie eine Endlösung geben, wenn ich das mal so formulieren darf. Sie ist eines der Ventile, die von einem bestimmten Typus Menschen losgelassen werden, wenn sie mit sich und der Welt gewaltig im Unreinen sind. Sind's nicht die Juden, sind's die Türken oder die "neuen Russen", auf die man verbal losgeht. Irgendwer findet sich immer, den man für schuldig erklären kann an seiner eigenen Misere.

Es ist ein Bodensatz, den man in anderen Ländern auch kennt, sich wichtig machen lässt und dennoch links liegen lässt, d.h. nicht ernst nimmt.

Mir wäre es lieber, solche Ausbrüche würden auf andere Ziele kanalisiert. Bei den Engländern sind es die Deutschen, angeblich. Aber nur als anonyme Masse, seltens im persönlichen Gegenüber, und ohne jegliche Konsequenzen. Hübsch ist das auch nicht, aber auch nicht so ernst zu nehmen.

Wannsee war ja "nur" das Tüpfelchen auf dem i. Die Unterdrückung, Ausgrenzung und Verfolgung begann unmittelbar nach der "Machtergreifung", und die Abtransporte und Massenmorde begannen gleich nach Kriegsanfang. Sie erfassten 1942 schon viele zigtausend Menschen in vielen Lagern. Von der Endlösung wurde öffentlich ab 1941 gesprochen. Was noch fehlte, war diese perfekt preußisch durchorganisierte Zuordnung der Kompetenzen der einzelnen Behörden in Berlin, unter anderem, sowie der Mittel und Methoden, die für eine industriemäßige "Abwicklung" gebraucht wurden. Dadurch wurde ja der Holoaust noch einmal etwas einzigartiges in der gesamten Menschheitsgeschichte.

PS: Respekt vor deiner vielseitigen Tätigkeit!

Als ich so Mitte 20 war und in der U-Bahn auf "Alte" traf, die langhaarige Jungs oder miniberockte Mädels (bestenfalls) ins Arbeitslager wünschten, hoffte ich, dieses Denken würde mit dieser Generation aussterben. Und heute begegne ich hier Menschen der Generation (circa) 60+, von der ich Lebenserfahrung und Lebensklugheit erhoffte, und sehe mich in mancherlei Hinsicht bitter enttäuscht.

Wenn man den Jahrestag der Wannseekonferenz auf die (üblichen) Aussagen den Bundespräsidenten reduziert, blendet man einen Großteil aus, nämlich diese Ungeheuerlichtkeit, die dort beschlossen wurde!

Grenzlandfrau

Vielen Dank für den überaus klugen Beitrag.
Auch ich gehörte zu der jungen RebellInnen-Generation, der man empfahl, in sibirische Arbeitsläger zu gehen. Bedenken muss man dabei, dass auch damals die Mehrheit der Deutschen an alten Mustern festhielten - anscheinend bis heute. Nur so konnte der Mord an Benno Ohnesorg den Demonstranten zugeschrieben werden und der wahre Mörder, ein von der DDR entlohnter Polizist, verschont werden.
Parallel zu der wenig beachteten Wannsee-Konferenz findet in Berlin eine Abstimmung über Legalisierung von Cannabis statt - dieses Problem scheint wichtiger zu sein. Olga

Zu der Frage an arno möchte ich präzisieren:

Wie soll man ohne Kenntnis der Vergangenheit die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten?

Kenntnis erfordert/ist Erinnerung

Liebe Miriam,
als Neue hier im Forum lese ich heute Deinen Beitrag zur Erinnerung an die Wannseekonferenz.
Es kann nie genug erinnert, erzählt und berichtet werden.
Ich sage Dir ein herzliches Dankeschön für diesen wertvollen Beitrag.
Es grüßt herzlich vom Bodensee,
Libussa