Zum Treffpunkt der Parallelen

Autor: ehemaliges Mitglied


Vielleicht ist es das Alter, das einem die Endlichkeit in unmittelbare Nähe rückt. Allerdings ist es auch völlig klar und legitim, sofort an etwas Anderes zu denken und kurz die Besorgungen für Sonntag ins Gedächtnis zu rufen, andrerseits… - Die Endlichkeit hat schon auch etwas Faszinierendes an sich, sie webt mich ein in die Gemeinschaft der Lebewesen und macht mich zu einem von all diesen zahllosen Geschöpfen. Für manche wird sich in der Endlichkeit sogar etwas Tröstliches finden, kann sein sogar Freude auf so manches erhoffte Wiedersehen.

Doch an diesem Nachmittag trieb mich etwas gänzlich Anderes: -  Unendlichkeit. – Himmel nochmal, was ist unendlich ? – Als Wort ist es völlig eindeutig: Es hat einfach kein Ende. Aber das klang so platt in meinem Kopf … - Und dann war da auch noch dieser Traum aus der Schulzeit: Parallele treffen sich in der Unendlichkeit. – Was für ein Ding ? Dort wollte ich hin. Genau dorthin, wo sie sich endlich in der Unendlichkeit treffen, nach einer unendlich langen Strecke.

Nun bin ich kein großer Bastler, aber einige Tricks mit ein wenig Geschicklichkeit ließen mich ein Ding bauen…- Ja, wie soll ich sagen ? Eine Art ÜberSuperLuxInterraumkapsel, in der es mir, - nicht ohne erheblichen Aufwand -, gelang, die Lichtgeschwindigkeit mit sich selbst zu multiplizieren und dergestalt ein ziemlich rasantes Beförderungsmittel herzustellen. Ja ich fand sogar Platz für mein kleines Notebook, für die Festplatte mit den Lieblingsfilmen, und einer nicht sehr aufwendigen Kaffeemaschine. Mit dieser Überlebensgrundausstattung gedachte ich, dem Treffpunkt der Parallelen auf den Pelz zu rücken. Keine Frage, dass ich sozusagen in NullKommaNix den Kosmos durchquert hatte und mit munteren Klängen aus den Siebzigern in die absolute Schwärze hineinraste.

Da lag sie nun vor mir… - Die Unendlichkeit.

Weder rechts noch links zogen irgendwelche Parallelen ihre Bahn. Mich plagte keine Vorstellung wohin sich die beiden verkrümelt hatten.  -   Nach meinem vierten Kaffee verernstete sich die Stimmung zusehend und auch die Schwärze schien noch eine wenig Schwarz zuzulegen. Ich hatte sicherlich schon mehrere….- wie sagt man eigentlich zu mehren Kosmos….- sagt man Kosmosen ? Oder Kosmosse ? - Jedenfalls hatte ich sicherlich schon einige Kosmos-Durchmesser hinter mich gebracht und die Umgebung wurde um nichts abwechslungsreicher. Schließlich war es auch die Müdigkeit und Monotonie, die mich auf den Gedanken brachten: Ja, Einstein hat recht. Wir schaffen, soweit wir als Objekte agieren, den Raum selbst. – Ich hoffe, er hat so etwas gesagt. Es wäre jedenfalls meinem Empfinden nach, richtig gewesen.  -  Überall wo ich hinkam, war plötzlich Raum und er nahm tatsächlich kein Ende. Und so formte sich ganz klar in mir der Gedanke: Unendlichkeit, das ist etwas, das wo beginnt und dann nie mehr aufhört. -  Es hatte daheim mit meiner Supercortemaggore-Maschine begonnen und solange ich Kohlen nachlegte, würde diese Fahrt nie enden. Das war also die Unendlichkeit.

Ich fühlte, wie sich eine angenehme Melancholie in mir ausbreitete. Ich war in gewissem Sinne an einer Station angekommen: An der Station Unendlichkeit. Und wahrscheinlich, weil ich ein Mensch bin und als solcher immer nur an einem vorläufigen Endpunkt ankomme, bildete sich der Gedanke: Das kann nicht alles sein. Da fehlt etwas….

Und nach einem weiteren Kaffee war es klar: Die Ewigkeit !  -  Das, was nie angefangen hat und nie aufhören wird, weder räumlich noch zeitlich….- die Ewigkeit.
Das war‘s.

Aber ich konnte den Anfang selbstverständlich nicht loswerden. Wie auch ?  -  Sie zog mich jedoch gewaltig an, diese Ewigkeit.  -  Und neben mir, die Melancholie, sie flüsterte mit ihrer samtenen Stimme: „ Ich weiß, was Du denkst. Es wird Dir aber nicht guttun, jetzt etwas zu übereilen“.  –  Ich antwortete ihr: „Aber es ist nur diese Raumkapsel, die mich mit dem Anfang verbindet. Wenn ich jetzt aussteige und sie alleine zum Anfang zurückschicke, dann….. Das wäre es doch, oder ?“

Sie meinte, ich solle mir keine Sorgen machen. Es wird die Zeit kommen, dass die Türe von selbst aufgeht….  Nur ein wenig Geduld….

Und seitdem sitze ich hier und versuche ein Gefühl dafür zu bekommen, wie das sein wird,  - wie sich das anspüren wird, jenseits von Anfang und Endlosigkeit… mitten in der Ewigkeit…, wobei in der Ewigkeit die Mitte ja überall ist, vor allem immer gerade hier….

Ich kuschelte mich mit meiner Melancholie zusammen und ich empfand, sie war eine glückliche Melancholie.

(hottentott)


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Kommentare (3)

Via

Sich fallen lassen, schweben, vergessen woher und nirgendwohin ...
Falls du dem Treffpunkt der Parallelen doch noch begegnen solltest, weißt du, dass die Unendlichkeit endlich ist.

ehemaliges Mitglied

Danke für Deinen Kommentar. Dein Profil ist sehr sympathisch. Ich wünsche Dir alles Liebe, hottentott
 

ehemaliges Mitglied

Eine komische Geschichte, hottentott

Dazu kann ich nur sagen: Die Mehrzahl von Kosmos ist Kosmen!

Lieben Gruss und schlaf guet, Agathe 


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