Wie weit muss Verständnis gehen.










Vor jahren bekam ich einen neuen Kollegen.Es war ein Junger Mann,der seine Ausbildung zum Krankenpfleger nicht abschließen konnte in dem damaligen Jugoslawien,weil dort der Krieg ausbrach.

Er kam nun, nachdem er im Krieg aktiv eingesetzt war, als Flüchling nach Deutschland.Seine Heimat war Sarajewo,im heutigen Bosnien.Er konnte nicht dorthin zurück,weil er ein Kroate war und auch auf Seiten der Kroaten gekämpft hatte.

Ich schätzte ihn sehr ,sein Umgang mit den Patienten war sehr zugewandt und von Wertschätzung geprägt,auch sein Fachwissen war sehr groß und er konnte es gut umsetzten.

Er schaffte die Krankenpflege Schule mit Links.

Nie erzählte er etwas von sich,oder seiner Vergangenheit .Ein für sein Alter, er war 25 Jahre, sehr introvertierter Mensch.Aber wir mochten uns und arbeiteten gut zusammen.

Irgendwann bekamen wir eine neue Kollegin. Eine junge Bosnierin.Es ging eine merkwürdige Veränderung in dem jungen Mann vor.Er wurde immer stiller ,machte Fehler antwortete nur noch einsilbig.

Eines Tages kam ich zum Dienst,die beiden hatten zusammen eine Schicht gearbeitet.Es war ein schreckliches Chaos.Ich hörte sie schon schreien ,verstand die Sprache aber nicht.

Auf meine Frage was los sei brach es aus ihm heraus,seine Familie und er wurden in Sarajewo als Kroaten durch die Strasse getrieben jeder zweite wurde erschossen,so verlor er seine Mutter einen Bruder und zwei Schwestern,Er hasse alle Bosnier.

Er ging dann nach Kroatien ,war 18 Jahre alt und kämpfte im Krieg mit,er sagt er habe alles getötet was bosnisch war ,er beschrieb in allen Einzelheiten und nicht ohne Stolz was er getan hatte.

Ich war so geschockt,auf der einen Seite fand ich das Schicksal seiner Familie schrecklich ,auf der anderen Seite stieß mich die Schilderung seiner Greueltaten dermaßen, ab und es wurde mir auch ganz schlecht,hatte sowas noch nie aus dem Mund eines Menschen gehört.

Ich betrachtete ihn aus ganz anderen Augen,sagte ihm er müsse sich Hilfe holen ,so ein Hass auf völlig Unbeteiligte ,die ja selbst Opfer des Krieges waren, ...damit könne er nicht weiter durch Leben gehen.Er sah mich an ,und sagte der Hass wäre sein Leben..

Er kam nicht mehr zu Arbeit habe ihn nie wiedergesehen.Damals war ich erleichert,er hat es mir erspart den richtigen Umgang damit zu finden.

Heute denke ich oft ,wie ist da die richtige Reaktion.Wahrscheinlich war er ein traumatisierter Mensch der keine Hilfe erhielt oder wollte,aber kann man darüber hinweg sehen das er Kinder getötet hat nur weil sie bosnisch waren und vieles mehr.


Lessalina

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Kommentare (3)

Karl Heute jährt sich zum 18. Mal das schreckliche Massaker von Srebenica, bei dem über 8000 bosnische Knaben und Männer (12-77 Jahre alt) umgebracht wurden. Diese Taten sollten vor Augen führen, wohin Religionshass und Fremdenhass führen können.

Dein junger Mitarbeiter braucht eine Psychoanalyse, um sich von seinem Hass zu befreien. Aber niemand darf ungestraft unschuldige Zivilisten töten und ungeschoren davon kommen.

Karl
ehemaliges Mitglied das ist eine schreckliche Wandlung, die Du miterleben musstest. Ich finde Deinen Rat an den jungen Mann, sich Hilfe zur Verarbeitung seines Kriegstraumas zu holen, richtig. Nur war er vermutlich nicht mehr imstande, mit einer Kollegin aus dem "gegnerischen Lager" friedlich zusammenzuarbeiten. Jedwede Beurteilung seiner Kriegstaten sollten wir uns nicht gestatten, denn keiner weiß, wie er unter solchen Umständen reagiert hätte.
LG Uschi
Maritt Es ist sehr schwer zu urteilen für uns, die Krieg nur aus den Schulbüchern kennen. Ich war in Bosnien in der Stadt Mostar in dem Jahr als diese berühmte Brücke wieder eröffnet wurde, 2004 glaube ich.

Es sollte gleichzeitig eine schlimme Wunde aus dem Bürgerkrieg von 1993 geschlossen werden. Ein muslimischer Bürger von Mostar zeigte uns die Stadt und berichtete voller Hass vom Angriff der Kroaten. Das Wasser der blaugrünen Neretva war vom Blut vieler unschuldiger Kinder getränkt.

Wenn ein Mensch diese schlimmen Sachen gesehen hat, denke ich, kann er es nicht so einfach los werden.

Und für uns ist es einfach nicht nachvollziehbar.

So ist leider die Welt. Und wer von uns will schon Richter sein?

Maritt

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