„Ist am ganzen Körper blau angelaufen“
„Ist am ganzen Körper blau angelaufen“
Entsetzt stellten Vertreter des Radeberger Kirchenvorstands fest, „Menschenfleisch in richtiger Farbe gibt es fast nicht mehr zu sehen“. Hintergrund dieser Aussage war ein Besuch von Radeberger Kirchenvertretern auf der Dresdener Kunstausstellung des Jahres 1912. Hatte doch ein christlich gesinnter Vater Einspruch bei der für das Schulwesen zuständigen Stelle in der Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt erhoben. Sein Sohn wäre mit dem freidenkerischen Lehrer Oßwald in Dresden gewesen und hätte von der Besichtigung einer Aktmalerei berichtet. Zu sehen wäre eine junge Dame, die sich am Morgen mit einem Badeschwamm frisch macht, „ist am ganzen Körper blau angelaufen“.
Das Bild des Dresdener Malers Fritsch wurde nun Objekt des Streites, hatte doch Bürgermeister Bauer den Einspruch des Vaters mit der „neuerlichen Diskussion um die künstlerische Freiheit“ zurückgewiesen. Nun sollte Radebergs Kirchenvorstand als Vertreter der Schulaufsicht das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Doch wahrscheinlich war man sich der Sache nicht so sicher, zumal Bürgermeister Bauer auf das Presseecho verwies. „Ich lasse mich nicht noch einmal in der Berliner Presse und den Arbeiterzeitungen als provinziell hinstellen“. Einige gingen von allein in die Ausstellung und berichteten „Entsetzliches“. Es ging u. a. um den Österreicher Kliemt. „Das sind keine Bilder, das sind einfach Schmierereien“, so ein Radeberger Lehrer, der jedoch anonym bleiben wollte. Radebergs Deutschlehrer nannte das Ganze im Königlich-Sächsischen Militärverein „Wer das Kunst nennt, ist reif für …-die Sommerfrische. Seinen Apfelbaum (bezogen auf Kliemt, d. V.) würde ein ABC –Schütze nicht schlechter malen.“. Ein anderer monierte auf den Dresdener Künstler Müller-Gräfe bezogen „er hat große Wandflächen mit Badegruppen bemalt, doch kann man vor lauter Verwaschenheit, Wasser und Menschen kaum unterscheiden.“
Radebergs Lehrer Adler hatte eine Idee um die Gemüter zu beruhigen. Er ließ im Unterricht verschiedene Klassen „Männel malen unter freier Verwendung von Farbe“. Das Ergebnis war eindeutiger als es sich die Erwachsenen vorstellen konnten. Praktisch alle denkbaren Farben waren vertreten, die Hauptsache – „in Blau!“ Einige hatten „schwarze Männel“ gemalt. Radebergs Lehrerkonferenz entschied, die Sache nicht weiter voran zu treiben. Die Empfehlung nahm man an, selbst Radebergs Kirchenvorstand entschied nichts. Die Anfrage des besorgten Vaters wurde stets mit der Antwort beschieden „Man habe sich noch kein abschließendes Urteil gebildet“.
Treppenwitz der Geschichte, heute erzielen Bilder der Kunstausstellung von 1912 teilweise Rekordsummen. Man hätte vielleicht „künstlerische Freiheit“ in den Schulunterricht aufnehmen sollen. Doch das wäre wohl zu viel des Guten.
haweger
Entsetzt stellten Vertreter des Radeberger Kirchenvorstands fest, „Menschenfleisch in richtiger Farbe gibt es fast nicht mehr zu sehen“. Hintergrund dieser Aussage war ein Besuch von Radeberger Kirchenvertretern auf der Dresdener Kunstausstellung des Jahres 1912. Hatte doch ein christlich gesinnter Vater Einspruch bei der für das Schulwesen zuständigen Stelle in der Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt erhoben. Sein Sohn wäre mit dem freidenkerischen Lehrer Oßwald in Dresden gewesen und hätte von der Besichtigung einer Aktmalerei berichtet. Zu sehen wäre eine junge Dame, die sich am Morgen mit einem Badeschwamm frisch macht, „ist am ganzen Körper blau angelaufen“.
Das Bild des Dresdener Malers Fritsch wurde nun Objekt des Streites, hatte doch Bürgermeister Bauer den Einspruch des Vaters mit der „neuerlichen Diskussion um die künstlerische Freiheit“ zurückgewiesen. Nun sollte Radebergs Kirchenvorstand als Vertreter der Schulaufsicht das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Doch wahrscheinlich war man sich der Sache nicht so sicher, zumal Bürgermeister Bauer auf das Presseecho verwies. „Ich lasse mich nicht noch einmal in der Berliner Presse und den Arbeiterzeitungen als provinziell hinstellen“. Einige gingen von allein in die Ausstellung und berichteten „Entsetzliches“. Es ging u. a. um den Österreicher Kliemt. „Das sind keine Bilder, das sind einfach Schmierereien“, so ein Radeberger Lehrer, der jedoch anonym bleiben wollte. Radebergs Deutschlehrer nannte das Ganze im Königlich-Sächsischen Militärverein „Wer das Kunst nennt, ist reif für …-die Sommerfrische. Seinen Apfelbaum (bezogen auf Kliemt, d. V.) würde ein ABC –Schütze nicht schlechter malen.“. Ein anderer monierte auf den Dresdener Künstler Müller-Gräfe bezogen „er hat große Wandflächen mit Badegruppen bemalt, doch kann man vor lauter Verwaschenheit, Wasser und Menschen kaum unterscheiden.“
Radebergs Lehrer Adler hatte eine Idee um die Gemüter zu beruhigen. Er ließ im Unterricht verschiedene Klassen „Männel malen unter freier Verwendung von Farbe“. Das Ergebnis war eindeutiger als es sich die Erwachsenen vorstellen konnten. Praktisch alle denkbaren Farben waren vertreten, die Hauptsache – „in Blau!“ Einige hatten „schwarze Männel“ gemalt. Radebergs Lehrerkonferenz entschied, die Sache nicht weiter voran zu treiben. Die Empfehlung nahm man an, selbst Radebergs Kirchenvorstand entschied nichts. Die Anfrage des besorgten Vaters wurde stets mit der Antwort beschieden „Man habe sich noch kein abschließendes Urteil gebildet“.
Treppenwitz der Geschichte, heute erzielen Bilder der Kunstausstellung von 1912 teilweise Rekordsummen. Man hätte vielleicht „künstlerische Freiheit“ in den Schulunterricht aufnehmen sollen. Doch das wäre wohl zu viel des Guten.
haweger
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