Sprachlos

Autor: ehemaliges Mitglied

Alleine zieht der einsame Passagier seine Runden auf dem Oberdeck der 'Titanic'. Es ist neblig, kalt. Eisberge sind nahe. Er hatte das dem Kapitän gemeldet und später sicherheitshalber auch dem 1. Offizier. Die winkten ab. Das sei bekannt. Kein Grund zur Sorge. Alles sei im grünen Bereich. Man werde schneller fahren, den Eisbergen davon. Nein, man werde nicht mit aufs Oberdeck kommen. Man habe Instrumente. Man wisse alles.

Der einsame Passagier weiß um die Gefahr. Er ist der einzige auf dem Oberdeck. Er weiß, dass die Eisberge zum Greifen nahe sind. Er weiß, dass die Instrumente falsch geeicht sind und nicht die wahren Positionen anzeigen - weder die der Eisberge noch die des Schiffes.

In den Zwischendecks jagt ein Fest das andere. Jubel, Trubel, Heiterkeit. Niemand ist mehr nüchtern. Der einsame Passagier ist dort nur noch zu den Mahlzeiten und zum Schlafen.

Ab und zu verirren sich andere Passagiere aufs Oberdeck. Doch sind die schnell wieder weg, wenn sie spüren, wie kalt es dort ist.

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Wolfgang

Die Menschheit hat als Spezies vor allen anderen Spezies versagt. Wir haben uns in unserer todbringenden Dominanz so weit gebracht, dass aufrechten Individuen nur noch eines bleibt. Ohne Illusionen zapfe man das letzte Kraftreservoir an, das Reservoir der Selbstachtung. Bald wird auch dieses Rinnsal versiegen. Es ist bereits aller Tage Abend.

aus... Gregory Fuller, Das Ende. Von der heiteren Hoffnungslosigkeit im Angesicht der ökologischen Katastrophe, III Untergang und Ungehorsam, S. 111-125, Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1996


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