Salmoxisbote

Si tacuisses ... Der Salmoxisbote ist zweierlei – der arme Kerl, den die alten Geten sich aussuchten, um mit ihrem Gott Salmoxis in Kontakt zu treten: die Geten sagten einem aus ihrer Mitte, was sie Salmoxis mitzuteilen gedachten, warfen dann den Boten in die Luft und versuchten ihn im Rücksturz mit Lanzen zu töten. Starb der Bote, war er bei Salmoxis und konnte alles ausrichten, überlebte er, war Salmoxis ungnädig und mochte seine Getenkinder nicht anhören. Das hieß aber ganz bestimmt nicht, dass Überleben für den Boten vorteilhaft gewesen wäre. Alles in allem: ein vorbildliches Kommunikationsmodell.

1993 wurde ich übermütig. Ich machte ein kleines Antiquariat auf und gönnte mir ein hauseigenes Periodikum, das nach den armen Geten benannt ist und pünktlich zu jeder Jahreszeit erscheint. Ein wesentlich dokumentarisches Organ, das sich dem Verspotten Gottes, der Verachtung Goethes und so manchem überraschenden Brief-Fund, der Büchern entrieselte (etwa Benn), verpflichtet wusste. Dann wurd’s schlimm, denn dann kamen die Kunden. Viele meinten, schreiben zu müssen. Einige wenige hatten damit auch recht. Die wollte ich ermuntern, denen bettelte ich im Namen des Boten ein paar Sächelchen ab. Der Niedergang des Antiquariats im September 2001 konnte dem Boten nichts anhaben. Er erscheint ungebrochen, wenn auch im Untergrund und gar nicht mehr öffentlich. Bis heute.

Quelle... http://www.fluter.de/de/globalcitizenship/literatur/4873/?tpl=1260