Psychischer Tiefschlag – gewollte Kränkung
Es ist schon 11 oder 12 Jahre her, dass ich meinen Angetrauten habe sitzen lassen. Der Grund war damals, dass er mir auf einem Urlaubsspaziergang auf Borkum an einem Freitagnachmittag verbal einen psychischen Tiefschlag verpasste. Seitdem bin ich auf dem rechten Ohr ertaubt, verstehe und höre – zum Glück doch – nur noch auf dem linken Ohr! Seine boshafte Behauptung füllte augenblicklich mein rechtes Ohr gefühlt mit einer immensen und wachsenden Menge Watte! Es schmerzte keineswegs, aber das rechte Ohr hörte einfach nichts mehr! Die Nerven in meinem Kopf schienen verrückt zu spielen! Ich hatte augenblicklich das Gefühl, die rechte Kopfhälfte sei in eine feste Klammer eingespannt, durch die sich in meinem Ohr die nicht vorhandene Watte immer weiter ausbreitete!
Und da wir bis einschließlich dem Wochenende gebucht hatten, die Rückfahrkarten für Tage später vorgesehen waren, ließ ich mich darauf ein, die drei Tage noch auf meiner Lieblingsinsel zu ver-bringen, zumal mein HNO-Doc sowieso auch wohl erst am Montag wieder in seiner Praxis sein würde – und auf der Insel gab es keinen HNO-Doc, der Allgemeinpraktiker war ebenfalls erst wieder am folgenden Montag da – traf ich meine „Fehlentscheidung. Ich hätte ins Inselkrankenhaus gehen können, wohl müssen, aber für einen Aufenthalt dort hielt ich mein „Empfinden für zu unwichtig“! Ein böser Irrtum!
Es war eine Fehlentscheidung, die ich leider erst anderthalb Wochen später – nach einer 7-tägigen Infusionstherapie zuhause – akzeptieren lernen musste! Hätte ich umgehend Hilfe bekommen, hätte der Hörsturz vielleicht rückgängig gemacht werden können. Aber so nahm ich meine körperliche Reaktion auf seine verbale Kränkung – lange voller Empörung – mit in mein Alter …
Ich lernte, andere darum zu bitten, sie darauf aufmerksam zu machen, mir nur ins Gesicht oder ins linke Ohr etwas zu sagen, keinesfalls mir etwas ins rechte Ohr zu flüstern. Das linke war sowieso „mein Hör-Ohr“! Das Gehör des rechten Ohres nahm und nimmt seither nichts mehr auf!
Gestern war ich mal wieder beim HNO, um einen tiefen Unterton beim Hören abzuklären. Es nutzte nichts, meine Ohren mal wieder „tiefenzusäubern“, der „Unterton“ blieb! Das linke Ohr überliefert mir nur noch zu 60 %, was in meinem Umfeld gesprochen wird, zu hören ist.
Ich bin froh, dass der Rest meiner Hörfähigkeit mir noch das Autofahren gestattet, sonst wäre ich in meinem täglichen Leben aufgeschmissen! Zu Fuß oder mit dem Fahrrad einzukaufen ist nicht möglich, ich brauche dazu den Pkw. Und auch, um ein wenig Kontakt nach draußen aufrecht zu erhalten, ist mein Hören sowie das Autofahren notwendig. Ich würde hier zuhause – 5 km oder mehr zur nächsten Ortschaft in jede Richtung von Kontakten abgeschnitten – langsam aber sicher vorzeitig vertrocknen!
Ich wohne nun ja auf dem Land im Haus meiner Tochter, aber die kommt erst abends von der Arbeit, mein Enkel geht nach der Schule zu ihr ins Büro und dort findet sich nach seinem Tagewerk auch ihr Mann ein. Die Nachbarin zur Linken ist berufstätig, die alte Dame zur Rechten ist eher keine Kontaktperson, die mir zusagt, weil sie für ihre Streitsucht bekannt ist.
Da begnüge ich mich halt damit, einen Spaziergang durch das auf der anderen Bundesstraßenseite liegende Dorf, wo neben einem gelegentlichen Gruß sehr gut das neu bewohnte Storchennest auf einem der Häuser zu sehen ist, leider nicht wirklich einsehbar, ob sich da schon „Jungvolk“ aus den Eierschalen befreit hat … Aber die Eltern-Störche fliegen fleißig Nahrung herbei, die Aller oder die Weser sind nicht weit! Dort werden sie sicherlich Frösche und andere „Leckereien“ finden.
Ich erinnere noch sehr gut, dass zu Anfang meiner Zeit hier unsere große Gartenwiese von Jungfröschen regelrecht überschwemmt war, die sich aus dem Laich im benachbarten Gartenteich entwickelt hatten und nun ein neues Zuhause suchten! Ich unterließ damals recht schnell den Gang durch den langgestreckten Garten zum Sandkasten, dem „Spielplatz“ meines seinerzeit noch kleinen Enkels, um keine Tiere zu zertreten. An dem Tag war für den vierjährigen Max und die gleichaltrige Lotte der Nachbarn kein „im Garten spielen“ angesagt. Wir fuhren nach Verden, wo sie auf dem Spielplatz im Allerpark herumtollen durften.
Es hat sich für mich seither ein recht friedliches Altendasein daraus entwickelt …
Kommentare (2)
@reflex
Danke Jochen!
Mit der Zeit gewöhnt man sich an vieles! Und wer weiß, ob meine Schwerhörigkeit nicht auch ererbt oder zusätzlich gekommen sein könnte? Meine Großeltern mütterlicherseits erreichten zwar ein biblisches Alter (Oma 88 und Opa 102), aber leider die letzten 20 oder 30 Lebensjahre recht schwerhörig. Sollte ich ebenfalls noch diese Altersgrenze erreichen, weiß ich eben heute schon - ich muss mir nicht alles anhören, was meine Umgebung so von sich gibt!
Ich habe meinen Opa noch vor Augen, wie er mit einem hölzernen Stetoskop (von einer Nichte, die als Hebamme arbeitete) besser zu verstehen suchte, was seine Umgebung so von sich gab. Eine umsichtige Planung ihres Sohnes beim Hausbau gab einem Lebensmittel-Kaufmann eine ausreichende Fläche für einen großen Markt, wo sich die Nachbarschaft inklusive meiner Großeltern gut versorgen konnten! Da bin ich froh, dass ich heutzutage mit Hörgeräten versorgt doch noch am Alltagsleben teilnehmen kann! Allerdings kann ich das rechte Hörgerät eigentlich vergessen, denn das Ohr bleibt hartnäckig, wohl durch den erlittenen Hörsturz, taub! Ist eher ein vergeblicher Versuch, es doch noch mithören zu lassen ... Doch klar ist, dass die Taubheit rechts seit dem Vorfall im Urlaub besteht.
Aber ich nehme einen angenehmen Vorteil dadurch gern wahr, wenn ich zu Bett gegangen bin: Hörgerät raus und schon stört mich kein einziges Geräusch mehr, ein- und durchzuschlafen!!
Gerade seit einigen Minuten fährt der Nachbar mit seinem Aufsitzrasenmäher seiner Mutter die große Garten-Rasenfläche mähen. Ein doofes, störendes Brumm-Geräusch, das ziemlich nerven kann, da es keine kleine Fläche ist! Aber das zu hören muss ich ja nicht hinnehmen! 😉😉😃
Ich war seinerzeit noch berufstätig, brauchte mein Gehör. Doch nach Phono-Diktat zu schreiben wurde durch mein nur noch einseitiges Hören zum Glück nicht gestört! Ich konnte auch weiterhin die Telefon-Zentrale für meine Arbeitsstätte, eine HNO-Klinik bedienen. Auch der vierwöchentliche Patientenwechsel machte mir keine Schwierigkeiten. Nur meine private Seite änderte sich: ich zog aus meinem Haus aus, um keinen weiteren verbalen Genickschlägen mehr ausgesetzt zu sein.
Ich hätte stattdessen auch meinen GöGa aus meinem Haus werfen können, aber er hätte vermutlich versucht, mir als Vermögensanteil durch einen Hausverkauf sein Leben auf eine höhere Einkommensstufe zu stellen. Immerhin bauten wir das Haus aufgrund meines von den Eltern geerbten Geldes. Ich ließ ihn dort bis vor 5 Jahren wohnen. Er verstarb. Mein Sohn verkaufte sein Elternhaus und ich drittelte den Erlös - für meine beiden Kinder und mich.
Damals war ich in meiner Berufstätigkeit im Alter von Mitte 50 zum Glück nicht eingeschränkt. Es wäre für mich im Rentenalter sonst recht böse geworden! Und es hatte noch einen Vorteil: wegen fehlender Scheidung geht es mir heute gut ...
schreckliches Erlebnis - alles Gute dir liebe Grüße jochen