Nichts geschieht
... Ein Mensch, geneigt, um Zeit zu sparen,
zu fliegen und nicht Bus zu fahren,
erreicht den Flugplatz in dem Wahn,
hier ginge es, wie sonst, nach Plan,
er käme wie im Flug davon
die Strecke Porto – Lissabon.
Bald müsste sich ein Flugzeug zeigen,
das offen steht, um einzusteigen.
Doch die Erwartung ist verfrüht.
Es zeigt sich nur, dass nichts geschieht.
... Bevor die Düsenvögel starten,
heißt´s warten, warten, warten, warten.
Er sitzt herum und langweilt sich
teils innerlich, teils äußerlich.
Die Flugbahn liegt im Schein des Lichts,
doch offensichtlich tut sich nichts,
obwohl er nach der Abflugliste
längst tausend Meter hoch sein müsste.
Das einzige, was jeder sieht,
besteht darin, dass nichts geschieht.
... Da endlich schwebt ein Flugzeug ein.
Das kann und muss und wird es sein!
Zu früh ertönt das Gloria,
es fliegt nach Südamerika.
Das aber ist, wenn´s auch gefiel,
nicht dieser Fahrt erstrebtes Ziel.
So sucht er sich im Warteräumchen
erneut ein Plätzchen und dreht Däumchen,
weil, wie viel Zeit dabei auch flieht,
nichts, überhaupt nichts mehr geschieht.
... Im Inneren des Abflugbaues
weiß selbst die Auskunft nichts Genaues.
Sofern sie´s weiß, dann hält sie dicht,
verraten darf und will sie´s nicht,
so dass, bevor der Mensch abhebt,
er längst im Ungewissen schwebt.
Die Sonne klettert zum Zenit.
Er konstatiert, dass nichts geschieht.
... Die Luft im Saal wird dick und dumpf,
und die Gesichter wirken stumpf.
Da plötzlich rennt wer durch die Halle,
darauf der nächste, schließlich alle,
weil irgendeine Stimme schreit:
„Zum Ausgang, schnell, es ist so weit!“
Die Freude ist nicht unerheblich,
doch leider absolut vergeblich.
Enttäuscht setzt er sich wieder hin.
Die Lage ist wie zu Beginn
und weiterhin das alte Lied,
dass nichts, tatsächlich nichts geschieht.
... Er übt, von Hetzerei befreit,
die südliche Gelassenheit,
was allerdings total missglückt,
weil er zo oft zur Wanduhr blickt.
Darum studiert er Portugiesisch,
was schwieriger erscheint als Friesisch,
besucht zum Spaß die Toilette,
obwohl er´s gar nicht nötig hätte.
Es wachsen Durst und Appetit,
doch bleibt´s dabei, dass nichts geschieht.
... Er würde gerne in den Ohren,
vielleicht gar in der Nase bohren.
Er möchte zwar, doch lässt er´s sein,
denn schließlich ist er nicht allein.
Er zählt die Haare auf der Glatze
des Mannes auf dem Nachbarplatze.
Es ist nicht leicht, doch ist er fleißig
und kommt dabei auf einunddreißig.
Ermüdung zieht durch sein Gemüt,
weil wieder nichts, rein Nichts geschieht.
... Allmählich schwindet im Gewühl
das sonst stets wache Zeitgefühl.
Er kauert sich ergeben nieder,
massiert die steif geword´nen Glieder,
ergreift mit schweißverklebtem Pfötchen
ein ungeschmiertes, hartes Brötchen
und kaut ergebnislos und stumm
an diesem Stückchen Brot herum.
Im Grunde beißt er auf Granit,
weil nirgends irgendwas geschieht.
... Er schließt die Augen halb und träumt,
was er eventuell versäumt
und ist, bar aller Hoffnungsfunken,
beinahe schon im Nichts versunken
wie ein antiker Eremit,
im Grunde froh, dass nichts geschieht.
... Minuten gehn, es gehen Stunden –
er hat sich damit abgefunden
und ist viel ruhiger geworden.
Die Heimat liegt im fernen Norden.
Er selbst dagegen hier im Süden
ist wunschlos glücklich und zufrieden,
ganz in sich selbst gekehrt und still.
Mag alles kommen, wie es will,
er wird sich gern und mit Vergnügen
in des Geschickes Ablauf fügen,
sobald der letzte Trotz verglüht
gerade dann, wenn nichts geschieht.
... Als irgendwann und wundersam
der grosse Vogel doch noch kam,
gab´s weder Murren noch Gebrumm.
Im Gegenteil, das Publikum
nahm dankbar und mit frohem Sinn
die Freundlichkeit des Schicksals hin.
Man kam, so sehr man vorher grollte,
am Schluss dort an, wohin man wollte.
... Christoph Hartlieb
zu fliegen und nicht Bus zu fahren,
erreicht den Flugplatz in dem Wahn,
hier ginge es, wie sonst, nach Plan,
er käme wie im Flug davon
die Strecke Porto – Lissabon.
Bald müsste sich ein Flugzeug zeigen,
das offen steht, um einzusteigen.
Doch die Erwartung ist verfrüht.
Es zeigt sich nur, dass nichts geschieht.
... Bevor die Düsenvögel starten,
heißt´s warten, warten, warten, warten.
Er sitzt herum und langweilt sich
teils innerlich, teils äußerlich.
Die Flugbahn liegt im Schein des Lichts,
doch offensichtlich tut sich nichts,
obwohl er nach der Abflugliste
längst tausend Meter hoch sein müsste.
Das einzige, was jeder sieht,
besteht darin, dass nichts geschieht.
... Da endlich schwebt ein Flugzeug ein.
Das kann und muss und wird es sein!
Zu früh ertönt das Gloria,
es fliegt nach Südamerika.
Das aber ist, wenn´s auch gefiel,
nicht dieser Fahrt erstrebtes Ziel.
So sucht er sich im Warteräumchen
erneut ein Plätzchen und dreht Däumchen,
weil, wie viel Zeit dabei auch flieht,
nichts, überhaupt nichts mehr geschieht.
... Im Inneren des Abflugbaues
weiß selbst die Auskunft nichts Genaues.
Sofern sie´s weiß, dann hält sie dicht,
verraten darf und will sie´s nicht,
so dass, bevor der Mensch abhebt,
er längst im Ungewissen schwebt.
Die Sonne klettert zum Zenit.
Er konstatiert, dass nichts geschieht.
... Die Luft im Saal wird dick und dumpf,
und die Gesichter wirken stumpf.
Da plötzlich rennt wer durch die Halle,
darauf der nächste, schließlich alle,
weil irgendeine Stimme schreit:
„Zum Ausgang, schnell, es ist so weit!“
Die Freude ist nicht unerheblich,
doch leider absolut vergeblich.
Enttäuscht setzt er sich wieder hin.
Die Lage ist wie zu Beginn
und weiterhin das alte Lied,
dass nichts, tatsächlich nichts geschieht.
... Er übt, von Hetzerei befreit,
die südliche Gelassenheit,
was allerdings total missglückt,
weil er zo oft zur Wanduhr blickt.
Darum studiert er Portugiesisch,
was schwieriger erscheint als Friesisch,
besucht zum Spaß die Toilette,
obwohl er´s gar nicht nötig hätte.
Es wachsen Durst und Appetit,
doch bleibt´s dabei, dass nichts geschieht.
... Er würde gerne in den Ohren,
vielleicht gar in der Nase bohren.
Er möchte zwar, doch lässt er´s sein,
denn schließlich ist er nicht allein.
Er zählt die Haare auf der Glatze
des Mannes auf dem Nachbarplatze.
Es ist nicht leicht, doch ist er fleißig
und kommt dabei auf einunddreißig.
Ermüdung zieht durch sein Gemüt,
weil wieder nichts, rein Nichts geschieht.
... Allmählich schwindet im Gewühl
das sonst stets wache Zeitgefühl.
Er kauert sich ergeben nieder,
massiert die steif geword´nen Glieder,
ergreift mit schweißverklebtem Pfötchen
ein ungeschmiertes, hartes Brötchen
und kaut ergebnislos und stumm
an diesem Stückchen Brot herum.
Im Grunde beißt er auf Granit,
weil nirgends irgendwas geschieht.
... Er schließt die Augen halb und träumt,
was er eventuell versäumt
und ist, bar aller Hoffnungsfunken,
beinahe schon im Nichts versunken
wie ein antiker Eremit,
im Grunde froh, dass nichts geschieht.
... Minuten gehn, es gehen Stunden –
er hat sich damit abgefunden
und ist viel ruhiger geworden.
Die Heimat liegt im fernen Norden.
Er selbst dagegen hier im Süden
ist wunschlos glücklich und zufrieden,
ganz in sich selbst gekehrt und still.
Mag alles kommen, wie es will,
er wird sich gern und mit Vergnügen
in des Geschickes Ablauf fügen,
sobald der letzte Trotz verglüht
gerade dann, wenn nichts geschieht.
... Als irgendwann und wundersam
der grosse Vogel doch noch kam,
gab´s weder Murren noch Gebrumm.
Im Gegenteil, das Publikum
nahm dankbar und mit frohem Sinn
die Freundlichkeit des Schicksals hin.
Man kam, so sehr man vorher grollte,
am Schluss dort an, wohin man wollte.
... Christoph Hartlieb
Kommentare (3)
liwo63
Die Zeilen hier sind wiedermal
man muss schon sagen....GENIAL!!!
denn immerwieder ist's bei Lesen
als wäre man dabeigewesen.
Das Hadern...Hoffen...und auch Bangen,
hält uns sofort ganz fest gefangen.
Mein Rat....die nächste Reise muss
dann sein vielleicht einmal ...zu FUSS
man muss schon sagen....GENIAL!!!
denn immerwieder ist's bei Lesen
als wäre man dabeigewesen.
Das Hadern...Hoffen...und auch Bangen,
hält uns sofort ganz fest gefangen.
Mein Rat....die nächste Reise muss
dann sein vielleicht einmal ...zu FUSS
ehemaliges Mitglied
wie viele Worte findest du,
zu einem Thema hier als Clou.
Begeistert staune ich nun wieder,
wie du ganz harmlos und so bieder,
in varianter Wortgewalt,
beschreibst den Warteaufenthalt.
Humor lugt blitztend aus den Zeilen,
wenn sie vertriebne Zeit mitteilen.
Gelassenheit hab ich entdeckt,
ist sicher auch was in dir steckt.
Hab Dank für diesen Versgenuß,
dicht weiter hier, s'ist ein MUSS!
Herzlichst
Alwite
zu einem Thema hier als Clou.
Begeistert staune ich nun wieder,
wie du ganz harmlos und so bieder,
in varianter Wortgewalt,
beschreibst den Warteaufenthalt.
Humor lugt blitztend aus den Zeilen,
wenn sie vertriebne Zeit mitteilen.
Gelassenheit hab ich entdeckt,
ist sicher auch was in dir steckt.
Hab Dank für diesen Versgenuß,
dicht weiter hier, s'ist ein MUSS!
Herzlichst
Alwite
..Sammelst du wohl, und gibst wieder mal ein Büchlein heraus?
Ich melde mich schon an, es zu bestellen.
Viele Grüße, Marianne