Liebesäpfel in Eierkuchenteig


Liebesäpfel im Eierkuchenteig
„Liebesäpfel im Eierkuchenteig“ war ein gastronomisches Angebot im Jahre 1907 in Radeberg. Und wer ins „Roß“ an der Pulsnitzer Straße ging, wollte wahrscheinlich eine Art Süßspeise haben und wurde enttäuscht. Denn es war bisher durchaus üblich beim Angebot von frischen Plinsen rotbäckige Äpfel mit Karamel überzogen mit anzubieten. Was jetzt angeboten wurde, machte schnell die Runde in der Bierstadt. Curt Hauswald der damalige Gastwirt, immer mal wieder etwas Neues kreierend, führte die Tomate ein. Schon Jahre zuvor war er mit dem kostenlosen Kaninchenfleischessen aufgefallen. Kaninchen wurden um diese Zeit nur von wenigen gegessen. Und mit dem kostenlosen Angebot schaffte es Hauswald, dass sich das Kaninchenfleisch im Angebot durchsetzte. Er wurde auch für zwölf Jahre Vorsitzender der Radeberger Kaninchenzüchter.
Doch zurück zum Liebesapfel. Als 1907 die Tomate auf dem Speisezettel stand, hieß sie in unseren Breitengraden noch „Liebesapfel“ und war praktisch relativ unbekannt. Im 17. Jahrhundert in Europa eingeführt, hatte die auch als Perunischer Apfel bezeichnete Frucht, ihre Verbreitung vor allem in Italien gefunden. In Deutschland war sie höchstens in Ziergärten des Adels zu finden und wurde bestaunt, aber nicht gegessen. Als „pomum amoris“, dem lateinischen Ausdruck für „Liebesapfel“ wurde die Frucht medizinisch eingesetzt, wenn Männer Potenzschwierigkeiten hatten. Aber selbst diese Medizin war nur den wenigsten bekannt. Die Wiener Weltausstellung von 1873 zeigte die Tomate und ihren Anbau. Und in Süddeutschland gab es dann die ersten Nachahmer. In Sachsen war das eher nicht der Fall, auch wegen der kurzen Hauptvegetationszeit und natürlich getreu der Devise, „Was der Bauer nicht kennt, frisst er auch nicht!“
Curt Hauswald hatte 1906 für etwa vier Monate einen italienischen Koch „um mal was Neues zu bieten“. Und so gab es hier im „Roß“ immer mal wieder „italienische Küche“. Die Tomate wurde als Soße und in Suppen verarbeitet. Anlässlich einer Herrengesellschaft im Mai 1907 gab es „Tomatensalat“. So wie man ihn heute klassisch kennt, mit Zwiebel, Essig und Öl. Unter den Gästen der legendäre Dr. Ferdinand Dillner, der die Frucht aus seinem botanischen Wissen heraus kannte, jedoch auch noch nicht verzehrt hatte.
Vermutlich schlug er zu Hause im Lexikon nach und entdeckte den Zusammenhang mit dem Begriff „Liebesapfel“. Und schon war die Idee des Verzehrs geboren. Curt Hauswald selbst schmeckten die Tomaten als Salat nicht besonders gut und so probierte er es eben mit dem Eierkuchenteig. Praktisch in vier Schichten wurde der Teig verwendet, dazwischen immer wieder in Scheiben geschnittene Tomaten. Das Gericht kostete 60 Pfennig, dafür bekam man damals auch Kalbsbraten oder vergleichbare Speisen. Und dennoch, Curt Hauswald wurde zu einer Quelle, die zur Verbreitung der Tomate im Radeberger Land führte. Ideen hatte er genug. Denn den Namen „Liebesapfel“ nutzend, ließ er junge Leute auch mit den runden Früchten spielen. Man setzte sich um einen langen Tisch und musste die Tomate anstoßen. Wer die auf der Tischdecke aufgemalten Zahlen traf, hatte gute Chancen eines der Preise zu gewinnen. Die höchste Zahl in der Addition von sieben Versuchen erhielt einen Preis. War es eine junge Frau, gab es Aussteuerwäsche für die Hochzeit. In den Gärten angebaut wurde die Tomate jedoch sozusagen flächendeckend erst nach 1925. Hierzu hatten auch Radebergs Gärtnereien durch den Verkauf von Setzlingen beigetragen.

haweger

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Kommentare (3)

finchen es gibt wohl kaum ein Gemüse, daß warm oder kalt so herrlich schmeckt. Die Pflege und Hege von Tomaten, habe ich von meinem Opa gelernt. In der Sonne stehend und trotzdem kein Wasser von oben tropfend auf die Pflanze drauf, nur den Erdboden wässern und die Zwischenblätter, diese kleinen zwischen Stammblatt und Stengel ausbrechen.
In jungen Jahren - ca. 10 Jahre alt - hatte ich meine eigene Tomatenplantage..............
Meinen eigenen Garten mit Tomaten und ganz viel Dahlien.
Dazu gehörten auch noch Schwertlilien, die mich mit ihrer blauen Farbe und dem goldgelben Innenleben faszinierten.
Ein Leben unter Apfelbäumen und ein Birnbaum im eingezäunten Hühner-Gehege.
Lieben Gruß an Euch
ich sitze gerade recht bequem - denke ich mal so....
Dann bis zum nächsten Mal
Euer Moni-Finchen
velo79 Danke für die nette Geschichte. Es war für mich sehr interessant zu lesen, denn mir schmecken diese roten
"Kugeln" wunderbar zu Frischkäse oder im Rührei.

Liebe Grüße velo79/Hanni
finchen in Österreich heißen diese Tomaten:
Paradeiser, was irgendwie nach im Paradies klingt.
Es paßt genau zu Deiner Geschichte - und schon lächelt mich ein Liebesapfel oder Paradeiser-Salat mit Bratkartoffeln liebeshunrig an.
Noch ein Ei über die Kartoffeln geschlagen und schon schmeckt die Geschichte ganz wundervoll .
Mit fröhlichen Tomatengrüßen
das Moni-Finchen

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