Lebensfreude pur


Es gab eine Zeit in meinem Kindergarten, in der alle Kinder mit Begeisterung alle Schimpfwörter, die sie kannten, in die Gegend brüllten. Und sie steigerten sich noch durch das täglich Dazugelernte. So entstanden auch sehr kreative Wortschöpfungen. Die Zwerge waren nicht aggressiv, eine unbändige Lebensfreude und geballte Energie war zu spüren und immer wieder herzerfrischendes Lachen.Nach einigen Tagen wurde mir das einfach zuviel, ich ertappte mich dabei, wie ich langsam reizbar wurde, und auch die Eltern beschwerten sich inzwischen. Ich wollte es nicht verbieten, suchte aber nach einem Weg, um damit besser umgehen zu können.
Also brachte ich das Thema beim gemeinsamen Frühstück zur Sprache und bat die Kinder, gemeinsam eine Lösung zu suchen, damit es ihnen, aber auch mir damit gut geht. Die Diskussion war faszinierend und die Vorschläge auch. Lars meinte, wir könnten die schlimmen Wörter ja leise sagen, oder wenn du nicht im Zimmer bist. Andere meinten, dann macht es keinen Spaß mehr. Ein weiterer Vorschlag war, nur noch eine halbe Stunde die Wörter zu schreien, auch das kam nicht gut an, weil ich als Erzieherin dann immer sagen musste, wann sie dürfen und sie vielleicht gar keine Lust haben und lieber spielen wollten. Niklas machte den Vorschlag, dass erst die Jungen schreien und dann die Mädchen. Dann sind es nicht so viele und die Mädchen sind ja nicht so laut, wie wir. Protest kam sofort von den Mädchen. Schließlich hatte Fabian eine geniale Idee. Er meinte, wer Lust hat mit anderen zusammen diese Wörter laut zu schreien, der geht mit denen dann ins Badezimmer, macht die Tür zu und dann kann es richtig losgehen. Ich fand das einen ausgezeichneten Vorschlag und war einverstanden. Damit waren alle zufrieden und das Bad wurde sofort mit aller Energie aufgesucht.
Inzwischen hatte ich im Gruppenraum Wattebällchen zurechtgelegt und vorne ein kleines Tor aufgebaut. Als meine Zwerge lachend und verschwitzt aus dem Bad kamen, erklärte ich die Spielregeln. Immer zwei Kinder legten sich auf den Bauch und mussten das Wattebällchen, ohne die Hände zu benutzen, vorsichtig in das Tor hineinpusten. Es gab zum Tor eine Distanz von 4 Metern. Schnell merkten sie, dass dies nur klappt, wenn sie leise und behutsam sind, weil die Watte sonst ganz schnell unkontrolliert fliegt, wohin sie diese nicht haben wollten. Durch dieses vorsichtige Pusten kamen die Kinder wieder ins Gleichgewicht, ihr Adrenalinspiegel wurde wieder normal und wir hatten einen friedlichen, entspannten Nachmittag.
Das ging anfangs 2-3 Mal am Tag, aber am dritten Tag war der Spaß vorbei, es hörte einfach auf, ohne dass ich streng sein musste. Ich war zufrieden, die Kinder auch und zu Hause war es langweilig, allein ins Bad zu gehen und zu schreien. Es gibt mit Kreativität fast immer eine Lösung, wenn man es in der Gruppe thematisiert, Frust und Ärger bleiben aus, ohne dass ich sie reglementieren muss. Dabei habe ich viel von meinen Zwergen gelernt
 


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Kommentare (1)

ehemaliges Mitglied

Hallo Malina!

Meine Tochter hatte in ihrer kleinen Firma öfter mit einer Mitschülerin ihres achtjährigen Sohnes auch deren fünfjährigen Bruder dabei, dem es immer wieder einfiel, wenn es ihm passte, so laut zu schreien, wie er nur konnte. Der Kleine ging so langsam allen auf den Wecker, keiner konnte ihn dazu bewegen, mit dem Brüllen aufzuhören.

Eines Tages war meine Tochter es leid, immer wieder umsonst den Jungen dazu zu bewegen, mit dem Schreien aufzuhören. Sie brüllte noch lauter als er - und nachdem er es ein, zwei Mal probiert hatte, sie zu überschreien, ging ihm ihr Geschrei so auf den Geist, dass er selbst damit aufhörte. Auch mir gelang es, den Jungen davon zu überzeugen, dass auch ich lauter brüllen konnte als er. Damit war dann Schluss mit seinem Geschrei. Er fühlte sich nicht mehr genötigt, seinen Willen so lautstark durchsetzen zu wollen und begann jeweils, uns zu sagen, was ihm nicht passte oder gefiel. Seitdem ist meine Tochter seine Ansprechperson, wenn er Wünsche hat!

Ist schon seltsam, wie Kinder versuchen, sich durchzusetzen.

LG von Uschi


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