Ist dIst das Steuerzahlen eine Ehrensache? Kurioses aus Radebergs Steuergeschichte
Ist das Steuerzahlen eine Ehrensache?
Kurioses aus Radebergs Steuergeschichte
Umfangreiche Akten liegen im Radeberger Stadtarchiv, die sich mit dem städtischen Geldeintreiben seit der Mitte des 18. Jahrhunderts befassen. Die Stadt hatte vor allem mit dem Anwachsen der Bevölkerung im Zuge der Industrialisierung mit dem Eintreiben der Steuern, Bußgelder und weiterer Abgaben so zu tun, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter dem städtischen Steuersekretär Grützner es fast immer etwa 1000 Steuerrestanden gab. Daraufhin fasste der Stadtrat den Beschluss, dass die Gastwirte an solche vorwiegend männliche Personen kein Bier oder Schnaps abgeben durften. Um das zu kontrollieren entstanden Listen, die in den Gaststätten aufzuhängen waren. Hier waren die Namen nahezu jedes Restanden enthalten. Und dennoch erhielten diese Personen ihr Bier oder ihren Schnaps. Steuersekretär Grützner notierte für die Nachwelt einige kuriose Vorfälle. So machte Bernhard Naumann geltend, dass er eine zweijährige Gefängnisstrafe abgesessen habe und sich nun nichts mehr zu Schulden habe kommen lassen. Auf das Rathaus bestellt, erklärte er allen Ernstes „Ich verstehe nicht, warum ich zu solch hoher Steuer verurteilt werde. Ich habe doch bereits im Gefängnis gesessen. Man hat mir bei der Entlassung gesagt, so nun sind Sie von allen Lasten frei. Das habe ich auch schriftlich.“ Doch die Stadt hatte kein Einsehen, obwohl er dieses seltene Schreiben tatsächlich besaß. Neben der Steuer musste er nun noch ein Bußgeld wegen Steuersäumnis berappen. Mit beiden Bescheinigungen ging Naumann in manche Schenke und gewann eine Wette, weil viele nicht glauben wollten, dass es so etwas gebe. Damit hatte er gegen das Gaststättenverbot erneut verstoßen. Vor dem Schöffengericht erklärte er, man habe ihm doch das Bier geschenkt, das er durch die Wette gewonnen habe. Das sahen auch die Richter ein, denn ein „für den Trinkenden kostenloses Überreichen des Bieres“, war durch die Stadtordnung nicht vorgesehen. Und dennoch bereitete man dem Treiben ein Ende. Das Schriftstück, nachdem Naumann von allen Belastungen frei sei, wurde höchst richterlich eingezogen. Wodurch Naumann zum echten Steuerrestanden wurde.
Wilhelm Friedrich Müller hatte nach der Verbüßung einer längeren Haftstrafe noch die Auflage zu ertragen, drei Jahre keine bürgerlichen Ehrenrechte genießen zu dürfen. Müller sah das Steuerzahlen als Ehrenrecht an, denn im Gefängnis habe er ja auch keine Steuern zahlen müssen. Er machte geltend: „Nach der Entlassung aus dem Zuchthaus bin ich noch mit dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von drei Jahren bestraft. Diese Zeit ist noch nicht abgelaufen, weshalb ich keine Steuern zu zahlen habe“, so Müllers Meinung. Diese Bürgermeinung wurde ihm per Stadtratsbeschluss als „Einzelmeinung, die nicht mit den Gesetzen vereinbar ist“, per Einschreiben ausgeredet. Fortan ließ sich Müller in den Kneipen Radebergs einen ausgeben, da er ja einen Bürgermeisterbrief zur Steuer besaß. Obwohl das auch strafbar war, denn er blieb Steuerrestand, wurde es gerichtlich nicht verhandelt. Lediglich die Stadtgendarmerie wurde darauf hingewiesen, wenn sie Müller „in der Kneipe finde, ihn auf die Straße zu setzen!“
Aus dem Jahre 1839 ist für Radeberg überliefert, dass der Leichenbitter Friedrich Ferdinand Höfgen den Stadtrat schriftlich gebeten hatte, ihn von der Steuerzahlung zu entbinden. Er gab als Begründung an: „In Radeberg sterben zu wenig Leute. Dadurch kann ich mich nur mit Müh und Not über Wasser halten.“ Leichenbitter informierten damals die Verwandten und Bekannten des Verstorbenen über dessen Tod und luden sie zur Beerdigung ein. Da Höfgen bei diesen Rundgängen oft einen Schnaps von den Leuten bekam, beriet Radebergs Stadtrat allen Ernstes für das Leichenbitterwesen eine „Verbrauchssteuer für das Verkünden des Todes“ einzuführen. Das kam jedoch nach einem Rechtsgutachten nicht durch.
haweger
Kurioses aus Radebergs Steuergeschichte
Umfangreiche Akten liegen im Radeberger Stadtarchiv, die sich mit dem städtischen Geldeintreiben seit der Mitte des 18. Jahrhunderts befassen. Die Stadt hatte vor allem mit dem Anwachsen der Bevölkerung im Zuge der Industrialisierung mit dem Eintreiben der Steuern, Bußgelder und weiterer Abgaben so zu tun, dass zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter dem städtischen Steuersekretär Grützner es fast immer etwa 1000 Steuerrestanden gab. Daraufhin fasste der Stadtrat den Beschluss, dass die Gastwirte an solche vorwiegend männliche Personen kein Bier oder Schnaps abgeben durften. Um das zu kontrollieren entstanden Listen, die in den Gaststätten aufzuhängen waren. Hier waren die Namen nahezu jedes Restanden enthalten. Und dennoch erhielten diese Personen ihr Bier oder ihren Schnaps. Steuersekretär Grützner notierte für die Nachwelt einige kuriose Vorfälle. So machte Bernhard Naumann geltend, dass er eine zweijährige Gefängnisstrafe abgesessen habe und sich nun nichts mehr zu Schulden habe kommen lassen. Auf das Rathaus bestellt, erklärte er allen Ernstes „Ich verstehe nicht, warum ich zu solch hoher Steuer verurteilt werde. Ich habe doch bereits im Gefängnis gesessen. Man hat mir bei der Entlassung gesagt, so nun sind Sie von allen Lasten frei. Das habe ich auch schriftlich.“ Doch die Stadt hatte kein Einsehen, obwohl er dieses seltene Schreiben tatsächlich besaß. Neben der Steuer musste er nun noch ein Bußgeld wegen Steuersäumnis berappen. Mit beiden Bescheinigungen ging Naumann in manche Schenke und gewann eine Wette, weil viele nicht glauben wollten, dass es so etwas gebe. Damit hatte er gegen das Gaststättenverbot erneut verstoßen. Vor dem Schöffengericht erklärte er, man habe ihm doch das Bier geschenkt, das er durch die Wette gewonnen habe. Das sahen auch die Richter ein, denn ein „für den Trinkenden kostenloses Überreichen des Bieres“, war durch die Stadtordnung nicht vorgesehen. Und dennoch bereitete man dem Treiben ein Ende. Das Schriftstück, nachdem Naumann von allen Belastungen frei sei, wurde höchst richterlich eingezogen. Wodurch Naumann zum echten Steuerrestanden wurde.
Wilhelm Friedrich Müller hatte nach der Verbüßung einer längeren Haftstrafe noch die Auflage zu ertragen, drei Jahre keine bürgerlichen Ehrenrechte genießen zu dürfen. Müller sah das Steuerzahlen als Ehrenrecht an, denn im Gefängnis habe er ja auch keine Steuern zahlen müssen. Er machte geltend: „Nach der Entlassung aus dem Zuchthaus bin ich noch mit dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von drei Jahren bestraft. Diese Zeit ist noch nicht abgelaufen, weshalb ich keine Steuern zu zahlen habe“, so Müllers Meinung. Diese Bürgermeinung wurde ihm per Stadtratsbeschluss als „Einzelmeinung, die nicht mit den Gesetzen vereinbar ist“, per Einschreiben ausgeredet. Fortan ließ sich Müller in den Kneipen Radebergs einen ausgeben, da er ja einen Bürgermeisterbrief zur Steuer besaß. Obwohl das auch strafbar war, denn er blieb Steuerrestand, wurde es gerichtlich nicht verhandelt. Lediglich die Stadtgendarmerie wurde darauf hingewiesen, wenn sie Müller „in der Kneipe finde, ihn auf die Straße zu setzen!“
Aus dem Jahre 1839 ist für Radeberg überliefert, dass der Leichenbitter Friedrich Ferdinand Höfgen den Stadtrat schriftlich gebeten hatte, ihn von der Steuerzahlung zu entbinden. Er gab als Begründung an: „In Radeberg sterben zu wenig Leute. Dadurch kann ich mich nur mit Müh und Not über Wasser halten.“ Leichenbitter informierten damals die Verwandten und Bekannten des Verstorbenen über dessen Tod und luden sie zur Beerdigung ein. Da Höfgen bei diesen Rundgängen oft einen Schnaps von den Leuten bekam, beriet Radebergs Stadtrat allen Ernstes für das Leichenbitterwesen eine „Verbrauchssteuer für das Verkünden des Todes“ einzuführen. Das kam jedoch nach einem Rechtsgutachten nicht durch.
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