Ich hätte es besser wissen müssen


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Dieser Ort, von dem ich euch nun berichten möchte, gehört nicht zu meinen Lieblingsplätzen, denn jedes Mal, wenn ich dort irgendetwas bewerkstelligen will, überkommt mich ein mulmiges Gefühl. Ich hätte es wirklich besser wissen müssen und doch begebe ich mich immer wieder in dieses feindliche Territorium. Es war und ist mir nicht wohlgesonnen, das kann ich euch sagen. Nein, das war und ist nicht meine Welt, aber nichtsdestotrotz betrat ich an diesem Tag das unangenehme Gebiet.
Also, ich ließ mein normales Handwerkszeug, das da wäre PC und Federhalter, links liegen und machte mich voller Hoffnung, dass mich etwas reineweg anderes erwarten könnte, auf den Weg in das feindliche Lager. Ich betrat die Küche. Dieses tat ich natürlich erst, nachdem ich scheu um die Ecke geblinzelt hatte und da alles ganz harmlos aussah, begann ich mit meiner Arbeit, das Backen stand heute auf dem Plan.
Ihr werdet euch jetzt vielleicht fragen: „Backen, was soll denn daran schlimm sein? Aber das Backen, Leute, das ist ein Kampf mit ganz besonderen Zutaten!“

Zu Beginn kramte ich die Backformen aus dem Schrank und diese lagen nicht gerade in Augenhöhe, also wurde mehr nach ihnen getastet, als dass ich sie genau sah, das Malheur war natürlich vorprogrammiert. Als ich eine der Springformen zu packen bekam, machten sich die dazwischen- und darunterliegenden Gegenstände selbstständig und ich konnte gerade noch zur Seite springen, sonst wäre der ganze Kram auf meinem Kopf gelandet. Fleißig sammelte ich die Gegenstände vom Boden auf, suchte mir das passende Material zusammen und legte den Rest wieder ordentlich in den Hochschrank.
Das Backrezept, vorher schon zurechtgelegt von mir, erhielt jetzt meine volle Aufmerksamkeit. „Aha“, zuerst sollte ich den Backofen auf Betriebstemperatur bringen, das wurde sofort erledigt und ich startete durch.

Kochen und Backen, das war nicht meine Welt, aber was machte man nicht alles, um die Verwandten und die Familie bei Laune zu halten. Am folgenden Tag war nämlich Geburtstagskaffee angesagt und das hieß für mich, ich müßte etwas Kuchen herstellen.
Ein Teufelchen auf meiner Schulter flüsterte mir zwar zu: „Geh in den Bäckerladen, kaufe doch einfach fertige Sachen“, aber diese Blöße konnte der Engel auf meiner anderen Schulter nicht zulassen. Er redete auf mich ein: „Das kannst du nicht machen. Bekommst du woanders auch Fertigkram vorgesetzt? Du bist des Backens mächtig, also zeige was du kannst.“
Der konnte gut reden, der Engel, wußte er denn nichts von meinen zwei linken Hausfrauenhänden?
„Ja, gut, ich kann es, aber das Drumherum, es dauert mir einfach alles viel zu lange und die Küchengeräte scheinen mich auch nicht sonderlich zu mögen.“

Die Zutaten: Eier, Margarine, Mehl, Backpulver, Vanillezucker, Rotwein, Schokostreusel und Orangensaft, natürlich frisch gepreßt, ich legte mir alles passend zurecht und danach war die olle Springform dran. Meisterlich setzte ich sie zusammen, fettete sie ein und gab etwas Paniermehl hinein, der Kuchenboden sollte nachher nicht festkleben. Damit sich nun das Paniermehl gleichmäßig an den Rändern verteilte, drehte ich die Form ein wenig im Kreis herum und das war ein nicht ganz leichtes Unterfangen. Okay, wie konnte es auch anders sein? Die Hälfte der Portion, die sich in der Backform befand, landete auf der Arbeitsplatte und auf dem Fußboden, das war ja auch nicht anders zu erwarten gewesen. Es knirschte jetzt zwar ein wenig unter den Pantoffeln, aber das entmutigte mich noch nicht sehr.
Kurz darauf wurde es erst ernst!

~Margarine und Zucker schaumig rühren und nach und nach die Eier dazugeben.~
Na klar, das war doch eines meiner leichtesten Übungen. Wer sich so einen Scheiß ausdachte, der besaß sicher drei oder vier Hände, ich jedenfalls war normal gewachsen und mußte zwischendurch, damit ich die Eier überhaupt aufgeschlagen bekam, den Mixer immer mal wieder zur Seite legen. Ja, und das war auch so ein Ding, die blöden Eier wollten nicht so, wie ich es wollte, der Rand von meiner Schüssel klebte bereits von diesem Eiweiß und die Rührbesen kleckerten Teigmasse auf die Arbeitsplatte. Ich gab aber noch immer nicht auf, dieser Kampf mußte bis zum Ende gefochten werden.
~Verrühren Sie das Mehl mit dem Backpulver.~
Alles klar, ich nahm eine Gabel aus der Schublade, tauchte sie in die Schüssel mit dem abgemessenen Mehl, schüttete das Päckchen Backpulver obendrauf und hob jenes kräftig unter. Dieser Vorgang staubte nicht schlecht.
Sagte ich schon, dass ich am Tag zuvor meine Küche abgewaschen hatte, nein? Ich wollte es auch nur mal so nebenbei erwähnen.
„Weiß ist ja eine schöne Farbe, aber ich kann sie mir woanders besser vorstellen.“
Meine Klamotten, mein Gesicht, die Arbeitsplatte, der Boden, das alles war plötzlich sehr gut eingestaubt. Ich jedoch, ließ mich nicht entmutigen. Die Teigherstellung ging in die zweite Runde, das Mehl, welches sich noch in der Schüssel befand, machte jetzt Bekanntschaft mit der Eier-Zucker-Margarine-Masse und ich war ausdauernd im Rühren, der Mixer flog nur so durch den Teig.
Tja, und dann war da noch das Viertel von dem Rotwein und der O-Saft.
~Geben sie nun abwechselnd die drei Eßlöffel Saft und den Wein zum Teig.~
Spitzenmäßig! Wie gesagt, mehr als zwei Hände besaß ich nicht, um dieses Unterfangen auszuüben.
Zuerst kam der Rotwein an die Reihe. Ich nahm die Hälfte der vorgeschriebenen Menge, danach war wieder rühren angesagt, aber vorsichtig! Wer war schon vorsichtig, wenn die Zeit drängte? Es spritzte jedenfalls nicht schlecht und ich wurde langsamer. Der O-Saft gestaltete sich etwas schwieriger, griffbereit, neben dem Wein, stakte der Löffel aus dem kleinen Becherchen der Zitruspresse. Zwei Eßlöffel voll kleckerte ich fast perfekt in den Teig. Als ich dann aber, nach dem Verrühren, wieder zum Wein griff, war wohl der Eßlöffel im Weg. Der Becher kippte um und der Saft ergoß sich über die Arbeitsplatte, in die darunterliegende Schublade, am Schrank entlang, bis er auf dem Fußboden landete.
Flugs stellte ich den Mixer aus und fluchte, wie ein Rohrspatz. Das, was ich von mir gab, wiederhole ich hier nicht, jedenfalls werden mich die Nachbarn bestimmt nicht mehr besuchen.
Erwähnte ich, dass ich Putzen genauso wenig ausstehen kann, wie Backen? Der Saft war widerspenstig, schließlich war er frisch gepreßt, es befand sich leckeres Fruchtfleisch in diesem flüssigen, klebrigen Zeugs und deswegen dauerte die ganze Säuberungsaktion auch etwas länger. Aber, ich hatte echt Glück, es war noch ein letzter Rest im Becher geblieben, er ließ sich noch verwenden und die Menge ergab exakt den noch benötigten Eßlöffel Saft.
Ganz zum Schluß schüttete ich die Schokostreusel in die Masse, es fielen auch nur einige daneben. Rühren und schütten, wer sollte damit auch klarkommen?

Nach einer geschlagenen Stunde goß ich den fertigen Teig endlich in die Springform, die zähe Mischung verteilte sich wunderbar in der Form und ich war zufrieden, also ab in den Ofen damit. So, das war geschafft, die Masse mußte jetzt nur noch eine Stunde backen.
Meine Küche sah aus, wie nach der Schlacht von Waterloo, aber das, was da im Ofen duftete, das würde alles wieder wettmachen.
Als der Kuchen fertig war, mochte er zwar ein Meisterwerk linker Hausfrauenhände sein, aber er würde köstlich sein. Ich machte mich ans Aufräumen.

Fazit: Ich hätte es besser wissen müssen, erst wenn alle Schlachten geschlagen waren, sollte man den Putzlappen schwingen, aber irgendwie war es auch einerlei, denn die Haushaltsschlacht war ja doch ein ewiger unseliger Kreislauf.


Uschi Pohl 23.02.2007- geändert 11.04.2016

Rotweinkuchen, mhhm lecker

sonstiges(uschipohl)

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Kommentare (4)

uschipohl Hallo omasigi,

da in meinem Kopf so viel herumgeistert, wozu ein Backbuch aber nicht zählt , muß ich nach Rezept backen, wenn ich mal Lust an dieser Aktivität verspüre .

Ein Asado, das mußte ich erst einmal nachschlagen, es ist eine landestypische Grillmahlzeit in Argentinien. Das klingt sehr lecker

bedanke mich für deine Lesefreude und schicke auch dir ein virtuelles Stückchen Kuchen
herzliche Grüße
uschi
omasigi auch genau nach Rezept ..... bei wievielen Versuchen bin ich gescheitert? Ich kanns nicht sagen.

Da ich 2 Freundinen habe die wahre Hobbykonditorenrinen sind, wuensch ich mir von ihnen zum Geburtstag meinen Kuchen.

Ich revanchiere mich dann mit einem saftigen Asado mit versch. Salaten.

omasigi
uschipohl Hallo Christl,

ein wenig Wahrheit steht in der Story, aber in manchen Díngen habe ich natürlich maßlos übertrieben .
Es freut mich sehr, dass du mir ein paar Zeilen geschenkt hast, dankeschön.

Und von dem Kuchen, da schneide ich dir jetzt ein Stückchen ab, laß ihn dir schmecken

herzliche Grüße
uschi
christl1953 Und das mit dem Mixen,ja da hast du vollkommen recht,dazu bräuchte man so viele Hände wie Zutaten,um das genau nach Anweisung zu machen.Und wie komplizierter die Beschreibung sämtlicher Handgriffe sich da liest,so wenig ist bekannt dass es auch ohne diese Zeitangaben für das und jenes geht. Am besten sind die Kuchen wo man alles in einer Teigschüssel vermengt,sodass flüssiges mit festen Zutaten in der Schüssel aufeinander treffen und sich da einig sind,dass sie alle etwas mit dem gut gelingen des Backwerks zu tun haben. Gut eingebröselte Backform und Backzeit eingestellt,ergeben dann auf jeden fall den besten Uschikuchen den jemals einer gegessen hat,da bin ich fest davon überzeugt.Also keine bange,aber zur Vorsicht schon mal eine Putze suchen die dir dann hilft die nicht in der Schüssel gelandeten Backzutaten wieder vom Boden und Schrank zu entfernen.Guten Appetit beim nächsten mal.christl1953

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