Herr Dompfaff nach der Scheidung

Herr Dompfaff sitzt im Futterhaus
Und schaut nach hübschen Mädchen aus.
Er reckt die Brust, zeigt seine Farben,
es lenzt und er will nicht mehr darben.
Er sehnt nach Liebe sich und Nähe,
er ist ein Gimpel, keine Krähe,
kann prächtig singen, sieht gut aus,
doch seine Frau verließ das Haus.
Er war nur etwas barsch gewesen
und hatt` Leviten ihr gelesen.
Sie zog beleidigt Konsequenzen
nur wegen ein paar Differenzen.
Jetzt wollte er sich recht bemühen,
Ein junges Weibchen an sich ziehen,
das ihm die Kinderchen erzog
und ihn verwöhnte, nicht betrog.
So eine unscheinbare Kleine,
die nimmt er also als die Seine
und fliegt mit ihr zum Futterhaus,
pickt ihr die besten Häppchen raus,
zeigt sich als Mann und als Galan
und bietet ihr die Ehe an.
Sie fühlt natürlich sich geschmeichelt.
Ihr Köpfchen seine Federn streichelt.
Sie folgt ihm willig in sein Nest
und Schweigen ist der ganze Rest.
Es wiederholt sich das Geschehen.
Im nächsten Winter wird sie sehen,
die Liebe hielt nicht auf die Dauer,
Nun gut, jetzt ist sie eben schlauer.

(A.2020)