Großmütterchens Salon-Ländler Gesellschaft
Großmütterchens Salon-Ländler Gesellschaft
Witz und Gaudi anno 1880 in Radeberg
„Im Rathaus am Markte, da scheißt man schön klug, wir sitzen im Wirtshaus und leeren den Krug“. Dieses kurze Lied war die Eingangsmelodie der „Großmütterchens Salon-Ländler Gesellschaft“, die es mindestens seit 1856 in Radeberg gab. Von den ehemals über vierzig Gesellschaften in Radeberg ist heute praktisch nichts mehr bekannt. Sie gründeten sich im Zuge der missglückten Revolution von 1848/49 und des darauf bis 1859 im Dresdener Umland herrschenden Belagerungszustands. „Großmütterchens Salon-Ländler Gesellschaft“ zog mit Eröffnung des „Albertsalons“ in der Fabrikvorstadt aus der Innenstadt in diese. Und im Zuge der Industrialisierung und des 1878 einsetzenden Sozialistengesetzes besann man sich wieder auf die Traditionen der Spottgedichte und des dabei herrschenden Gaudis. Mitgebracht hatten diese Neuerung Glasmacher aus der österreichisch-ungarischen Monarchie, die in der Bierstadt Lohn und Brot fanden. Die vorher zwar auch kritische aber gut bürgerliche Gesellschaft, hieß bis etwa 1880 „Großmutters Salon-Gesellschaft“. Ihr ursprüngliches Ziel war die Erinnerung an die gute alte Zeit. Doch jetzt kam ein neuer Schwung auf, ehe sich unter den Nach-Sozialisten-Gesetz-Zeiten“ solche Gesellschaften auflösten und in einen der zahllosen Vereine überwechselten.
Das Rathausliedlein war eines von über zweihundert damals in einem Gesellschaftsbuch erfassten Spottlieder. Leider ist das Buch nicht erhalten geblieben. Einzelne Texte zeigen aber durchaus an, wie lustig es zuging.
So: Nu biste de verheirat, jetzt bisste ein Mann! Jetzt guckt Dich ‚nen Lebtag, kein Weibchen mehr an!“
Oder: „Mein Vater tut gar nichts, meine Mutter guckt zu, mein Bruder reißt die Gusche auf und ich will meine Ruh!“
Auch die heute noch bekannten Texte von „Da oben uffm Berge“ hatten schon damals viele Variationen. In Radebergs Gesellschaft sang man: „Da oben uffm Berge, da geht der Schnee weg, da heirat‘ meine Liebste und ich hab den Dreck!“ Diese Bergetexte waren bis in die Neuzeit bekannt, z. B. sangen wir als Kinder „Da oben uffm Berge, da steht ein Gerüst, da werden die Mädchen elektrisch geküsst“. Dieser Text ist aber erst in den 1920er Jahren entstanden. Der Dresdner Kabarettist und Volksliedersänger Hans Rüdiger belebte die Bergetexte nach 1920 neu.
Viele Reime soll es auch auf die Wirte und Pastoren gegeben haben. Der seriöseste dürfte sein: „Der Wirt und der Pastor, das sind gar liebe Leut‘, der eine gibt’s Bier aus, der andere uns von Sünde befreit!“
Ein Jäger namens Bergmann war in der Gesellschaft. Über ihn habe ich folgenden Vierzeiler gefunden. „Der Bergmann is e Jäger, ein recht guter, sagt er, doch geht er aus mit der Büchs, heem bringen tut er nix!“ Und nahezu allen Versen folgte das krachende „Holladrihija – Holladriho“.
Die gereimten und gesungenen Improvisationen hießen in unserer Gegend „Schlumperliedlein“ oder „schlumpsche Gesänge“. Vielleicht stand gar im Gesellschaftsbuch die Brentanosche Anmerkung zum „Schlumpern“: Bei uns geht es zu wie immer: bequem, schlumprig, gutmütig und leichtsinnig.
haweger
Witz und Gaudi anno 1880 in Radeberg
„Im Rathaus am Markte, da scheißt man schön klug, wir sitzen im Wirtshaus und leeren den Krug“. Dieses kurze Lied war die Eingangsmelodie der „Großmütterchens Salon-Ländler Gesellschaft“, die es mindestens seit 1856 in Radeberg gab. Von den ehemals über vierzig Gesellschaften in Radeberg ist heute praktisch nichts mehr bekannt. Sie gründeten sich im Zuge der missglückten Revolution von 1848/49 und des darauf bis 1859 im Dresdener Umland herrschenden Belagerungszustands. „Großmütterchens Salon-Ländler Gesellschaft“ zog mit Eröffnung des „Albertsalons“ in der Fabrikvorstadt aus der Innenstadt in diese. Und im Zuge der Industrialisierung und des 1878 einsetzenden Sozialistengesetzes besann man sich wieder auf die Traditionen der Spottgedichte und des dabei herrschenden Gaudis. Mitgebracht hatten diese Neuerung Glasmacher aus der österreichisch-ungarischen Monarchie, die in der Bierstadt Lohn und Brot fanden. Die vorher zwar auch kritische aber gut bürgerliche Gesellschaft, hieß bis etwa 1880 „Großmutters Salon-Gesellschaft“. Ihr ursprüngliches Ziel war die Erinnerung an die gute alte Zeit. Doch jetzt kam ein neuer Schwung auf, ehe sich unter den Nach-Sozialisten-Gesetz-Zeiten“ solche Gesellschaften auflösten und in einen der zahllosen Vereine überwechselten.
Das Rathausliedlein war eines von über zweihundert damals in einem Gesellschaftsbuch erfassten Spottlieder. Leider ist das Buch nicht erhalten geblieben. Einzelne Texte zeigen aber durchaus an, wie lustig es zuging.
So: Nu biste de verheirat, jetzt bisste ein Mann! Jetzt guckt Dich ‚nen Lebtag, kein Weibchen mehr an!“
Oder: „Mein Vater tut gar nichts, meine Mutter guckt zu, mein Bruder reißt die Gusche auf und ich will meine Ruh!“
Auch die heute noch bekannten Texte von „Da oben uffm Berge“ hatten schon damals viele Variationen. In Radebergs Gesellschaft sang man: „Da oben uffm Berge, da geht der Schnee weg, da heirat‘ meine Liebste und ich hab den Dreck!“ Diese Bergetexte waren bis in die Neuzeit bekannt, z. B. sangen wir als Kinder „Da oben uffm Berge, da steht ein Gerüst, da werden die Mädchen elektrisch geküsst“. Dieser Text ist aber erst in den 1920er Jahren entstanden. Der Dresdner Kabarettist und Volksliedersänger Hans Rüdiger belebte die Bergetexte nach 1920 neu.
Viele Reime soll es auch auf die Wirte und Pastoren gegeben haben. Der seriöseste dürfte sein: „Der Wirt und der Pastor, das sind gar liebe Leut‘, der eine gibt’s Bier aus, der andere uns von Sünde befreit!“
Ein Jäger namens Bergmann war in der Gesellschaft. Über ihn habe ich folgenden Vierzeiler gefunden. „Der Bergmann is e Jäger, ein recht guter, sagt er, doch geht er aus mit der Büchs, heem bringen tut er nix!“ Und nahezu allen Versen folgte das krachende „Holladrihija – Holladriho“.
Die gereimten und gesungenen Improvisationen hießen in unserer Gegend „Schlumperliedlein“ oder „schlumpsche Gesänge“. Vielleicht stand gar im Gesellschaftsbuch die Brentanosche Anmerkung zum „Schlumpern“: Bei uns geht es zu wie immer: bequem, schlumprig, gutmütig und leichtsinnig.
haweger
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