Fee Lavendelchen. Im Land der erfüllten Wünsche (1)
Lavendelchen fühlte sich einsam. Sie saß in ihrem Haus aus Lavendelzweigen und langweilte sich. Ihre Freunde waren nicht da, sie hatte alle Bücher gelesen, manche mehrmals... Was sollte sie nur tun? Die Fee öffnete die Tür und flog aus dem Haus.
Auch draußen war es nicht besser. Die leuchtenden hellen und bunten Sommerfarben waren verschwunden, alles wirkte grau und verblasst. Der Himmel war mit grauen, düsteren Wolken bedeckt. Das Gras, die Blätter der Bäume und die Lavendelzweige am Haus spürten bereits den Hauch des Herbstes und bereiteten sich auf den Winterschlaf vor.
Lavendelchen sprang auf und flog auf den Wipfel eines ungewöhnlichen Baumes, der sich neben ihrem Haus erhob. Sie ließ sich bequem auf dem obersten Ast nieder und lehnte sich mit dem Rücken an den Stamm. Die Fee vertiefte sich in Gedanken. Sie war traurig. Haben ihre Freunde sie völlig vergessen?
Das kann man gut verstehen, denn Freunde machen sich jetzt große Sorgen über den Krieg, der ihrem Heimatland so viel Kummer gebracht hat!
Darinka mit ihrem Hund Toschka, Chrystina mit ihrem jüngeren Bruder Dmitrik, die Zwillinge Lenara und Rustem... Sie bereiten sich jetzt auf die Schule vor. Sternchen erholt sich und schläft jetzt in ihrem leuchtenden Haus, um nachts am Himmel zu leuchten. Der Regenjunge Kap arbeitet mit seinen Wolkenfreunden irgendwo, gießt die Gärten oder wäscht die staubigen und schlammbedeckten Straßen und Wege. Das Meeresschäfchen ist auch sehr beschäftigt - es gibt einen Sturm auf dem Meer und alle Meeresschafwellen säubern nach der Sommersaison die Strände...
Sie alle sind Freunde, die sie in schwierigen Zeiten gerettet und ihr zum Überleben verholfen haben, mit denen sie viele Abenteuer und Erprobungen erlebt hat.
Sogar Schmetterlinge, Marienkäfer, Ameisen und Heuschrecken haben keine Zeit, um mit ihr, mit der Fee Lavendelchen, zu plaudern und zu spielen. Auch sie bereiten sich auf den Winter vor.
Alle meine Freunde sind mit wichtigen Dingen beschäftigt. Und was soll ich tun? Bücher lesen? Und wie überwintere ich in einem kalten Haus aus Lavendelzweigen?! Es ist gut, dass die Winter auf der Sonnenhalbinsel nicht sehr kalt sind und es selten schneit. Aber trotzdem wird es eine schwierige Erprobung für mich.
Ich bin eine arme, unglückliche Fee, trauerte Lavendelchen . Mein Lavendelfeld wurde von grauen Männlein entwurzelt und sie bauten dort ihre schrecklichen Kasernen. Es ist gut, dass meine Freunde mir geholfen haben und mein Haus – einen Lavendelstrauch – hierher, an einen sicheren Ort, im Park des Kinderzentrums, verlegt haben. Dieser Busch wird später dazu beitragen, das von den grauen Männlein zerstörte Lavendelfeld wiederzubeleben . Aber jetzt sind keine Freunde mehr in der Nähe. Und was werde ich hier im Winter alleine machen?
Lavendelchen flog vom Zweig in den Himmel und erstarrte, während es alles um sich herum betrachtete. In der Ferne sah es das geliebte Meer, die Promenade, einen kleinen Ferienort , der auf drei Seiten von Bergen umgeben war. Unten befanden sich das Gebäude des Kinderzentrums und ein von einem Zaun umgebener Park. Hier, in einer ruhigen Ecke, wuchs ein zauberhafter Bücherbaum, neben dem das Lavendelhaus stand.
Das Territorium des Kinderzentrums umfasste ein altes Gebäude, einen Park, einen Strand und ein Stückchen Meer. Dieser Ort war schon immer ein Lieblingsort von Lavendelchens Freunden. Früher besuchten sie hier AGs, sonnten sich im Sommer am Strand, schwammen im Meer und redeten dann in der Laube tief im Park über alles auf der Welt und träumten von der Zukunft. Doch nun ist das Kinderzentrum fremd geworden – mit einer dreifarbigen verhassten Flagge an der Fassade, mit fremden, von weit her angereisten Gruppenleitern und unhöflichen Wachen am Eingang. Nur die Ecke, in der Lavendelchen jetzt lebte, blieb ihr und ihren Freunden vertraut und nah.
Vor einigen Jahren pflanzten Lavendelchens Freunde den Samen einer ungewöhnlichen Frucht in die Erde, aus der ein zauberhafter Bücherbaum wuchs. Er versteckte sich und stand am Ende des Parks. In der Nähe des Zauns, hinter dichten Büschen und hohen Bäumen. Selbst der Gärtner erschien hier nie. Der Baum war hoch und hatte einen dicken und starken Stamm. Und die Bücher, die darauf wuchsen und reiften, halfen Freunden, ihre wohlklingenden Muttersprachen nicht zu vergessen.
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