Eine "Feuersäule" als Wegmarke?




Die "Feuersäule", die den Weg zeigt:


Ein frommer, rhetorisch eleganter Wunsch:


Rosa Luxemburgs „Geist wird der Welt leuchten wie eine Feuersäule durch die Nacht."



So formulierte der Sozialist Paul Levi in seiner Totenrede für die Freundin am 13. Juni 1919.


Jahrzehnte lag diese Totenrede unbeachtet im Archiv; jetzt ist sie erstmals veröffentlicht worden, in der ZEIT:

Die Totenrede für Rosa Luxemburg

– Wer mag an diese Wegweisung und die Wegmarke Rosa Luxemburgs als Wolke am Tag oder Feuersäule des Nachts heute glauben, nach letzten 90 Jahren, mit ihren fatal-entsetzlichen Abbrüchen an Geschichte und Geschichten und dem demokratisch-friedlichen, glückhaften Neubeginn?

"Feuersäule" - biblisch wörtlich aus der Totenrede für Rosa Luxemburg, die Paul Levi, aus bürgerlich-liberaler, jüdischer Familie, geboren im hohenzollerschen Hechingen; ein deutscher Rechtsanwalt und sozialdemokratischer bzw. sozialistischer Politiker und Geliebter Rosa Luxemburgs - eine bewegende Totenehrung, die er am 13. Juni 1919 bei Beerdigung der Ermordeten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde hielt:

„Die Völker, die sich geschändet und besudelt haben, werden dann wieder Menschenantlitz gewinnen, und das erste Lächeln wird Rosa Luxemburg gelten.
So wird ihr Geist nicht ruhen. Er wird schaffen und zeugen, er wird der Welt leuchten wie eine Feuersäule durch die Nacht.


Ein Clickblick auf die Gräber Liebknechts und Luxemburgs:

Das Grab Liebknechts und Luxemburgs

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Zur Bildlichkeit des Begriffs:

Wolke und Feuersäule (in der Sprache der Luther-Bibel von 1912):

21) Und der HERR zog vor ihnen her, des Tages in einer Wolkensäule, daß er den rechten Weg führte, und des Nachts in einer Feuersäule, daß er ihnen leuchtete, zu reisen Tag und Nacht. {2 Mose. 40,34} 40,34
Da bedeckte die Wolke die Hütte des Stifts, und die Herrlichkeit des HERRN füllte die Wohnung.{4 Mose. 9,15} 9,15
Und des Tages, da die Wohnung aufgerichtet ward, bedeckte sie eine Wolke auf der Hütte des Zeugnisses; und des Abends bis an den Morgen war über der Wohnung eine Gestalt des Feuers.{1 Korinther. 10,1} 10,1
Ich will euch aber, liebe Brüder, nicht verhalten, daß unsre Väter sind alle unter der Wolke gewesen und sind alle durchs Meer gegangen 22) Die Wolkensäule wich nimmer von dem Volk des Tages noch die Feuersäule des Nachts.



Diese Weghilfe als eine Gottesoffenbarung ist vom jüdischen Wandervolk gemeinschaftlich und existenziell erlebt worden als Theophanie (Erleuchtung duch Göttliches) in einem Wolkengebilde oder einer Feuersäule.

Sie stand über der Stiftshütte, dem zeichenhaften Gotteshaus. Und noch mehr wird Gott erkennbar in den nachlebbaren Geboten der Thora.
Denn nach Moses und nach Jesus (für die weiterwandernden Christen...) sind Mystik und Ethik im Namen des unsichtbaren Gottes untrennbar miteinander verbunden.

Paul Levi fügte in der Toten- und Weiterlebens-Ehrung den Geist, also das Wesen der politischen Ideen der Rosa Luxemburg als weitere Erfahrung hinzu; und endet in seiner Rede am 13.06.1919: „Es lebe die Weltrevolution“.

Die Redewendung "Feuersäule" aber wird schon damals kein Markierungszeichen, kein Leit-Symbol mehr gewesen sein, außerhalb der biblisch-jüdischen Offizial- oder Pflichtsprache.

So sind auch für uns - im Jahre 2009 - Wolke und Feuersäule keine Ziel-Markierungen oder Wegweisungen und Leidideen.

Sie waren nach allgemeinem, deutschem Sprachgebrauch auch keine "geflügelten Worte", wie man sie im "Büchmann" finden würde.

Ein Zeugnis für das Vergebliche solch mythologisch-verwegener Bildlichkeit mag dieser Eintrag aus dem Jahr 1858 sein:
Feuersäule
(nach 2. Mos. 13, 21 ff. 4, 14, 44.) "... begleitete die Israeliten nach ihrem Auszuge aus Ägypten am Tage eine Wolke, des Nachts eine F. als Wegweiser, die, wenn sie lagerten, über der Stiftshütte ruhte, u. in welcher Jehovah selbst gegenwärtig war."
(Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 245)


Wir können diese und andere himmlischen "Feuersäulen" als verflossene Redensart lexikalisch aufschlagen, biblisch-fromm ehren - aber nicht restaurieren, nicht renovieren.

Wir können nicht nach einer Wolke oder nach Feuersäulen wandern...


Wir brauchen historische Vorbilder und aktuelle Wahrheiten:



Rosa Luxemburg (Barbara Sukowa): über den Krieg

Ausschnitt aus der Film „Rosa Luxemburg“ (von M. von Trotta. 1985, BRD)
http://www.youtube.com/watch?v=08PuREvvWEo


Personenporträt (historische Dokumente):

http://www.youtube.com/watch?v=IMyFJQiKxCk&feature=related

Personenporträt (aus von Trottas Film):
K. Liebknecht und R. Luxemburg

http://www.youtube.com/watch?v=EFXfM40V5bQ&feature=related


Über den Film "Rosa Luxemburg" (von Magarethe von Trotta):

http://de.wikipedia.org/wiki/Rosa_Luxemburg_(Film)

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