DUMM GELAUFEN

DUMM GELAUFEN

Was für ein Glück im Unglück ich doch hatte, denn die Werkstatt hat mein defektes Auto tatsächlich noch vor Weihnachten reparieren können. Heute Nachmittag kam dann der erlösende Anruf: “Ihr Auto ist fertig und kann abgeholt werden. Bitte, bringen Sie Bargeld mit, denn unser EC-Gerät ist leider defekt.“ „Ja gut, das ist kein Problem.“ erwiderte ich.

Der Weg zur Werkstatt dauert nur 20 Minuten, und führt an einer langen und gut befahrenden Straße entlang. Allerdings gibt es dort, bis auf das alte Försterhaus, keine Wohnhäuser, nur den großen Park mit der Minigolfanlage, einen Bach und den vielen Schrebergärten.
Die größere Geldsumme hatte ich gut in der Innentasche meiner Jacke verstaut. Jetzt laufe ich natürlich nicht gerne mir Bargeld durch die Gegend, deshalb blieb ich nur auf dem Fußweg der Straße, und verzichtete sogar auf eine Abkürzung durch den Park.

Fast war ich schon an der großen Straßenkreuzung angekommen, die linker Hand zur Werkstatt führt, als mir ein junger Mann entgegen kam. Er war dunkel gekleidet und trug eine Kapuze über den Kopf, was ihn nicht gerade harmlos aussehen ließ. Konnte er etwa hellsehen und wusste von meinem größeren Geldbetrag? 
Er sprach mich aber freundlich an, und erkundigte sich zuerst nach einem Dönerimbiss in der Nähe. Ich erklärte ihm, dass sich nur 200m links, gegenüber der Autowerkstatt, einer befände.

Daraufhin erzählte er mir ganz viele wirre Sachen: Moslem, Hunger, Ramadan, den ganzen Tag gearbeitet, noch nichts gegessen...und ob ich mal vier Euro für einen Döner hätte.
Aha! Na, das hatte ich doch schon geahnt.
Obwohl ich ärmeren Menschen, egal welcher Nationalität, bestimmt gerne etwas gebe, bin ich auf dieses „Gesülze“ nicht hereingefallen, und auf gar keinen Fall hätte ich vor ihm meine Geldbörse gezückt. Außerdem war Ramadan schon lange vorbei.

„Ach, so einen Döner könnte ich jetzt auch mal wieder essen. Die sind dort drüben echt lecker! Kommen Sie doch mit und ich gebe Ihnen einen aus,“ schlug ich einfach mal vor.

Er starrte mich zuerst ganz fassungslos an.
Dann wand er sich plötzlich wie ein Aal und wurde nervös. Nein, das ginge nicht, denn dann würde er sich ganz fürchterlich schämen. „Nun, dann können Sie auch gar keinen so großen Hunger haben!“ stellte ich laut, aber sachlich fest. Der junge Mann entfernte sich darauf hin ganz schnell.
Ziemlich dumm gelaufen.

Rosi65