Die Sauerkrautkirmes


Als in Wachau Sauerkrautkirmes gefeiert wurde
Wer hätte das gedacht, dass man selbst rund um das Sauerkraut einst Kirmes feierte. Im Herbst des Jahres 1884 hatte der Magdeburger Sauerkrauthändler Friedrich Wilhelm Grube in Folge einer fehlerhaften Bestellung neun Zentner Sauerkraut per Bahn über Radeberg via Wachau geliefert. Das Kraut, hergestellt aus Weißkraut, in manchen deutschen Gegenden sagt man auch Weißkohl, ist seit dem 16. Jahrhundert in der deutschen Schriftsprache bekannt. Sein Ursprung der Herstellung und Haltbarmachung lässt sich bis in die Antike verfolgen.
Bekannt wurde es dichterisch durch Ludwig Uhland 1853: „Auch unser edles Sauerkraut, Wir sollens nicht vergessen; Ein Deutscher hat’s zuerst gebaut, Drum ist’s ein deutsches Essen!“ Wenn dieser Fakt auch historisch nicht sicher ist, so jedoch der umfangreiche Genuss in den Herbst- und Wintermonaten bis hinein in das Frühjahr. „Tote Oma“, jenes Gericht mit Grützwurst, Kartoffeln und Sauerkraut, vor der Kartoffel mit trocken Brot, ist in der ostsächsischen Gegend geradezu legendär. Wobei niemand genau weiß, wo der Begriff der „toten Oma“ herkommt. Vielleicht weil es viele Rezepte von Großmüttern für diese oft gegessene Speise gab? Sei es wie es sei, im Jahre 1884 hatte man in Wachau ein Problem. So entschied man sich das Kraut eben nicht nur schlechthin als Beilage zum Essen anzubieten, sondern stellte es in den Mittelpunkt der Kirmes. Da gab es viel Publikum und manche schräge Idee. Ob „Feldschlößchen“, „Unter – Gasthof“ oder „Ober-Gasthof“ überall stand das gelieferte Kraut im Mittelpunkt, zumal Grube einen deutlichen Preisnachlass gewährte. Warum sollte er die Fässer wieder zurück nehmen? Da wäre ja die „Brühe teurer geworden als das Fleisch“ wie ein Sprichwort in unserer Gegend sagt.
Und so gab es sinnige Wettbewerbe. Im „Feldschlößchen“ reimte man während es Bratwurst mit Sauerkraut gab. Der Ausgangsreim hieß: „Sauerkraut und Rüben, die haben mich vertrieben. Hätt‘ meine Mutter Fleisch gehabt, wär‘ ich bei ihr geblieben!“ Dieses seit 1874 in der Radeberger Gegend als „Sauerkrautlatein“ bekannt, sollte die Leute animieren auf der Grundlage des Eingangstextes „Sauerkraut und Rüben“ weitere Reimereien zu verfassen. So ist aufgezeichnet worden „Sauerkraut und Rüben, ich tat die Rosenkranzin lieben, hätte‘ sie ne gute Mitgift gehabt, wär ich bei ihr geblieben!“ oder „Sauerkraut und Rüben, wir ham’s gar toll getrieben, die Mädchen jetzt schon schwanger sind, ob wir sie dann noch lieben?“ Die besten Reimer erhielten Freibier und der Gesamtsieger soll ein Fass Sauerkraut sein eigen genannt haben.
Im „Unter-Gasthof“ bei Hermann Walther gab es einen kuriosen Wettbewerb. Gesucht wurden mutige Burschen, die sich auf einen Holzstuhl setzten, deren Sitzfläche mit einer dicken Schicht Sauerkraut „garniert“ war. Auch hier erhielt der Sieger neben Freibier einen ansehnlichen Preis in Form einer Kuckucksuhr. „Die Kleidung soll jedoch nach dieser martialischen Sitzung ziemlich gestunken haben“, so im Polizeibericht.
Im „Ober – Gasthof“ wurde Sauerkraut als Tanzutensil benutzt. Man hängte sich die Fäden über die Ohren und die Tanzpärchen sollten sich das Sauerkraut während des Tanzes gegenseitig wegnehmen. Jedoch musste dabei unter dem Auge einer wachsamen Jury weiter getanzt werden. Wer Sieger wurde ist nicht überliefert. Auch hier als Preis ein Fass Sauerkraut und ein Winterpaletot. Zweiunddreißig Paare hatten sich um die Sauerkrautkrone beworben. Gelacht und seinen Spaß hatte man sicher vor 130 Jahren. Eine Wiederholung gab es jedoch nie mehr.

haweger

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Kommentare (2)

ehemaliges Mitglied schöne geschichte. da meine schwiegermutter aus ditmarschen stammt,("SH") und in der weißkohlernte,verarbeitung arbeitete, wie sie sagte, mußte.
hatte sie einige geschichten über den sauerkohl an mir weitergegeben. meistens traurige. harte arbeit! von sonnenaufgang bis sonnenuntergang.
gruß helmut
comeback Hallo haweger!

Diese Geschichte über das Sauerkraut hat mich sehr fasziniert.
Dieses ist ja heute noch ein sehr beliebter Standteil in den Küchen, es lässt sich einiges damit herzustellen, das sehr mundet und schmeckt.
Außerdem ist es sehr gesund und eine Medizin, wenn man so sagen kann, für einige Wehwehchen.
Ich denke da an das Lied von Gus Backus, das wir in unserer Jugend gesungen haben: Ich esse gerne Sauerkraut und tanze gerne Polka!
Ob das Spiel, das du beschrieben hast, auch möglich sein wird beim Polkatanzen, lässt sichs eher bestreiten....lach!
Käme auf einen Versuch an!

Liebe Grüße
comeback

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