Die Geschichte eines Düsseldorfer Hafenkindes und ihrer Zeit..


1. Fortsetzung.

Nun hatte sie das alles hinter sich gelassen und sah jetzt auf Tante Helene hinunter, die trotz großer Anstrengung, ein paar Tränen nicht unterdrücken konnte. Hatte doch das kleine Marjellchen etwas Leben in ihren Alltag gebracht. Elena tröstete sie mit „du kommst uns bald besuchen“ und „wir sehen uns bestimmt bald wieder“....

Tante Helene hat als Einzige aus einem Sechs-Familienhaus die Schrecken des Kampfes um Königsberg und den Einmarsch der Russischen Armee überlebt. Sie hat tote Soldaten (deutsche und russische) begraben müssen.
Deutschen Gefallenen oder Getöteten waren oft die Geschlechtsteile abgeschnitten.

Später hatte sie in einem russischen Lazarett Arbeit gefunden.
Täglich hat sie mit ihren Händen die anfallende Wäsche gewaschen und nachts auf dem Boden geschlafen - sie ist zigmal vergewaltigt worden –
sie hat geschuftet und geklaut, um zu überleben.
Wer nicht arbeiteten konnte, weil er zu krank oder zu alt war, und deshalb keine Arbeit bekam, verhungerte.

Nur der Gedanke an ihre Geschwister, hatte ihr die Kraft gegeben,
durchzuhalten.
Aber das wussten die Beiden damals noch nicht.

Nun stand sie da und zwang sich zu einem Lächeln :“ Ganz bestimmt komme ich Euch bald besuchen.“ - zu beider Erleichterung fuhr der Zug pünktlich ab. Elena schaute ihr so lange nach, bis ihr der Zug bei einer Biegung den Blick versperrte.

Dann nahm sie ihren Koffer und klemmte die kleine Handtasche, die ihr der Vater noch aus Frankreich geschickt hatte, fest unter den Arm. Sie ging den Zuggang entlang und fand bald ein Abteil mit lauter freundlichen Menschen, die ganz erstaunt waren, dass ein so kleines Mädchen, alleine, eine so weite Reise machen wollte - in diesen unruhigen Zeiten mit Luftalarm und überfüllten Zügen, und das kurz vor Ostern, wo viele Urlauber zu ihren Familien fuhren. Aber auch viele zurück zu ihren Einheiten mussten.

Das war übrigens Elenas großes Glück auf dieser Reise, aber auch das wusste sie erst später.


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Kommentare (2)

sarahkatja Gauleiter Koch hatte Königsberg zur Festung erklärt.
Groß waren die Verluste auf beiden Seiten. Dazu Stalins Aufforderung Rache an deutsche Frauen zu nehmen.

Tante Lene hatte nach unzähligen Vergewaltigungen bei einem neuen Versuch, im Garten des Krankenhauses, sich geweigert, worauf der russische Soldat sie mit einem Messer bedrohte. Zufällig sah, von einem Fenster aus, ein russischer Offizier das Ganze und pfiff den Soldaten zurück.
Auch das hat es gegeben.
Keine Tante, keine Cousine meiner Verwandtschaft, blieb verschont. Die kleinen Säuglinge und die Alten starben als erste.
Ja, ich habe Glück gehabt. Die erste richtige Entscheidung.

Mit ganz lieben Grüßen
Sarahkatja
Traute Die Zustände, die Deine Tante durchleben musste, kann ich bestätigen.
Auch meine Mutter war im Lazarett beschäftigt.Die Menschen sind beeinflussbar, dessen sollten wir uns immer gewiss sein.
Zum Guten wie zum Bösen.
Als die Rache über die Grenze in Ostpreußen kam, war es Spätherbst hoher Winter und als alles verloren war, war es Frühling. Die Zeit war ein ganzes Leben, so lang zog sich das Elend, dass über die Leute kam.All der Zorn der Überfallenen wurde dort abgeladen und aus getobt. Kein Erbarmen mit Greisen Kindern und schwangeren Frauen, das Erbarmen war mit getötet worden.
Gut, dass Du vorher in letzter Minute weg kamst, so blieb Dir erspart, was auch Kindern zugedacht wurde.
Mit ganz freundlichen Grüßen,
Traute

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