Die Doffel-Häsin und Leichen –Großmann


Die Doffel-Häsin und Leichen –Großmann

Aus der bunten Welt der Über- und Spitznamen im Radeberger Land

Zu den Quellen kleiner Geschichten zählt die Unzahl von sogenannten Über- oder Spitznamen. Die können kurz oder lang sein, bei den meisten kennt man nicht einmal die Geschichte, die dahinter steht. Andere Geschichten sind lustig. Nicht immer spielt die Wortökonomie eine Rolle. Manches ist aus einer Alberei entstanden, Und wenn dann der Träger des Namens sich ärgerte, wurde der Name erst recht benutzt. Erzählt wurde mir vor Jahren die Geschichte um den Familiennamen Schurig. Dieser ist in Großröhrsdorf nicht selten. Und seit alters her setzen findige Mitmenschen eine Unterscheidung dazu. So hieß einer „Nussbaum-Schurig“. Sichtbar am Gartentor stand ein solcher mächtiger Baum. Den Namensträger soll es geärgert haben und so hackte er den strauchähnlichen Baum mit der Axt Stück für Stück ab. Eine Weile hielt sich der Name „abgehackter Nussbaum-Schurig“.

In alten Kirchen- oder Steuerlisten ist schon dieses Phänomen zu beobachten. So gab es in Lomnitz die „Doffel-Häsin“. Nicht das die Frau trottelig oder etwas Ähnliches war. Sie wurde über ihren Mann definiert, was damals durchaus Alltag war. Ihr Mann trug den Namen Christoph Haase. Schon fast ein kriminelles Delikt könnte man hinter dem Namen „Leichen – Großmann“ in Leppersdorf vermuten. Doch dem war nicht so. Die Ehefrau des Johann Gottlob Großmann übte die Tätigkeit der Leichenwäscherin aus und so übertrug sich das Ganze bei der Vielzahl des Vorkommens des Familiennamens Großmann eben in dieser Art. Übrigens gab es hier noch den „Großmann vor der Kirchenmauer, Großmann hinter der Kirche, Mürbel-Großmann und Großmann am Teiche“. Langebrück mit der Häufigkeit des Familiennamens Trepte ist ein gleiches Beispiel. Zu den markantesten Namen gehörten: „Knochen-Trepte, Hühner-Trepte oder Wasch-Trepte“. Dabei hatte der erstere Name nichts mit den Knochen zu tun. Der Vorbesitzer hieß Knoche und so wurden zur Unterscheidung im Dorfalltag beide Namen verbunden.

Bieten diese Familiennamen und ihre Zusätze schon Anlass zum Schmunzeln, so ist es bei den Spitznamen noch größer. Aus den mündlichen Berichten und aus Recherchen habe ich für Radeberg u. a. notiert: Forstmeister Sack, Blechherrmann, Gandhi, C- Rohr, Asch, Tischbein, Mondscheinmaler, Jodler, Schwungradmarthel, Fünfmarklise, Banka, Schwingachse, Lulatsch, Hasenpfeffer oder Elvis. Insgesamt dürften es jetzt etwa 150 solcher Namen sein. Manche davon habe ich selber noch gekannt, im Sinne, dass ich weiß wie diese Person aussah, manches habe ich im Gespräch erfahren oder aus einer Akte recherchiert. Zu den recherchierten gehört „Forstmeister Sack“. Die Person hieß Linus Beutel und war zu Beginn des 20. Jahrhunderts oft in der Gaststätte „Zur Quelle“ zu finden. Zu seinem Namen kam er, da er mindestens dreimal wegen Wilderei und Forstdiebstahl gesessen hatte. Insgesamt sollen es über vier Jahre gewesen sein. Für ein Freibier gepaart mit einem Schnaps erzählte er dann seine tatsächlich erlebten oder auch erfundenen Geschichten. Ein Übrigens damals nicht seltener Vorgang, was das Erzählen betraf. Mein Vater trug wegen des Erzählens über seinen langjährigen Aufenthalt auf einer Nordseeinsel, auch den Namen „Der Helgoländer“.
Sei noch von „Banka“ erzählt. Hier ist weniger bekannt, warum er den Spitznamen trug. Aber mit ihm erlebte ich eine lustige Episode. Er aß gern und viel. Und so wurde zu Silvester in den 1970er Jahren beschlossen ihm eine „Freude“ zu bereiten. Er sollte so viel Hackepetersemmeln essen, wie er schaffen konnte. Die Teilnehmer und Beobachter wollten dies bezahlen. Am Ende waren es 35 Semmeln. Eine treffliche Ausbeute. Es wurde natürlich bezahlt und vor allem viel gelacht.

haweger


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