der Gartenzaun............


.. an dem man so schön rumhängen konnte und sich mit den Leuten auf der Straße unterhalten konnte. Viele kamen auf dieser Straße nicht vorbei, denn es war die letzte Straße vor dem Wiesengrund, der zur Mulde führte. Mit den Füßen auf dem Betonsockel stehend und die Arme zwischen den Zaunlatten durchgeklemmt - das war ein Vergnügen.
Meine Mutter konnte das nun überhaupt nicht leiden und immer wieder erwischte sie mich dabei.
Doch einmal, im Winter war es, bin ich im Eis eingebrochen - bis zur Hüfte stand ich in Wasser und Eis.
Schnell nach Hause ud brav klingelte ich, so wie sich das gehörte.
Meine Mutter hörte ich schon in Gedanken schimpfen, doch der Türsummer gab keinen Laut. Ich hopste hin und her........nein mir war nicht kalt!
Ich klingelte immer wieder - verdammt, wo steckt sie nur?
Jetzt wurde es mir zu blöd, ich setzte an und schwups war ich über den "verbotenen" Zaun und raste zur Haustür hin. Als ich um die Hausecke bog, stießen wir fast zusammen. Wo warst Du nur - nun ja, auf dem Klo.
Dann sah sie, was mit mir passiert war und nun aber schnell in die Wohnung rauf. Sie zog mich aus und packte mich in Decken ein und stellte Wasser auf den Herd. Und langsam bekam ich vorgehalten, was hätte passieren können. Mein Einwurf, daß ich doch schwimmen könnte, errreichte nicht mal ihr Ohr. Ich rechtfertigte mich überhaupt nicht mehr. Sie schimpfte und maulte vor sich hin und ich tat taub.
Am nächsten Tag ging sie mit mir zu der Stelle hin und betrachtete das Gelände. Irgenwie schien sie versöhnt und fragte nach der Ursache, wieso und warum an dieser Stelle, es schien doch stabil zu sein?
Na, dann geh mal weiter......sagte ich mit voller Hinterlist.
Zwei Schritte machte sie noch und dann steckte sie auch im Wasser drin.
Kein Ton kam über ihre Lippen, doch....im nächsten Winter lernst Du Schlittschuhlaufen. Aha!!
Ganz gierig wartete ich auf den nächsten Winter, alles dauerte viel zu lange.......der Nachbarssohn, der schon in die Lehre ging, der borgte mir seine Rollschuhe. die waren natürlich viel zu groß, doch alles wurde möglich gemacht, daß sie auch an den Igelitt-Schuhen zum Halten kamen. Den ganzen Sommer und Herbst war ich am Rollern und wartete in Ungeduld auf die Schlittschuhe und den Frost.
Und dann sah ich ihn, wie er die Eisflächen nach der Herbstüberschwemmung langsam zufrieren ließ.
Irgendwelche knöchelhohen Lederschuhe kamen ans Tageslicht. Wie immer, viel zu groß. Doch Mutters Argument, daß ich mit Gerhard's Rollschuhen auch fahren konnte, wurde zum kunstvollen Objekt ausstaffiert.
Die viel zu großen Schlittschuhe von meinem Vater wurden an die Hacken angekrallt. Hackenreißer wurden sie genannt.
Und schon ging es zur Schlittschuh-Übungsstunde. Im Nu hatte ich die Technik raus und Mutter stand am Rand und schrie nur noch: nicht so schnell, langsam, du brauchst noch Übung.....
Und wie das ging, Übung, was ist denn das?
Nur über die Spitze konnte ich nicht laufen, dazu wurden "Holländer" gebraucht. Der Traum konnte nie erfüllt werden, wozu auch, mit diesen großen Dingern war ich so schnell, daß mich keiner einholen konnte.
Und wenn ich nach Hause kam, dann hingen sie am Gartenzaun und mit zwei Sätzen war ich wieder drüber und zog sie nach.
Das war ein glückseliger Winter und es folgten noch einige davon.
Der Hohlschliff in den Kufen wurde einmal nachgeschliffen und wieder eingelaufen.....ein Tempospiel!
Und der Gartenzaun stand nach wie vor auf seinen Pfosten und er hat auch überlebt.
Jahre später, als ich schon im Westen war, dort bin ich nur noch Rollschuh gefahren bis die Beläge ihren Geist aufgegeben haben.
Und die Schlittschuhe blieben dort, was man Heimat nennt.
Doch der andere Gartenzaun, der hatte Ähnlichkeit mit dem, der mein Geburtsort war.
mit rasenden Grüßen
Euer Moni-Finchen

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Kommentare (3)

finchen ich habe alles gemacht und getan, was man von mir erwartet hat - doch irgendwann begann mein eigenes Leben. Und dieses hat durchgehalten und wird auch noch länger halten. Ich betone immer wieder, daß ich ein Egoist geworden bin. Klarer kann man sich eigentlich nicht ausdrücken, oder?
Sei ganz lieb gegrüßt und weitermachen.
Dein Moni-Finchen
Traute Ich konnte Dich sehen und pudelnaß auf Einlass warten. So ist es oft im Leben, wenn andere in Not sind, waren wir zur Stelle, aber wenn es uns mal so richtig ?
Die kann sich doch alleine helfen... Ja wirklich immer ...
Am Ende doch, sonst wären wir nicht mehr da.
Die eigene Last auf dem Buckel und ein paar nahmen auch noch Platz.
Es ist ja auszuhalten, sieht man doch und die die sich immer so auf unsere Kosten geschont haben, sind schon beiseite getreten, das Training fehlte ihnen.
So in der Vergangenheit lebt es sich doch auch ganz gut.
Wie mag es denen ergehen, die heimlich unheimlich unsere Not nutzten um es sich noch besser gehen zu lassen ?
Da Denke ich an Deine Ersatzeltern und Deine Durchsetzungskraft was die Bildung betraf. Man hätte Dich viel lieber als klein Dummchen bevormunden wollen.
Ja das waren schon Zeiten und so wie Du man Gartenzaun standest und das Leben von weitem betrachten wolltest, so landeste dann im Wasser bis zum Bauch, weil, wer gibt sich denn auch Freuden hin, Schlittschuhe, wenn man zwei starke Arme hat zum Arbeiten?
Willkommen Finchen, leben Dein Leben genussvoll,
Du hast genug gerackert, damit es andere gut haben. Nun nur noch für Dich, endlich.
Mit freundlichen, weißt Du noch, Grüßen,
Traute
Syrdal [font=comic sans ms][/font][size=14][/size]
...bei solchen Erinnerungen stehen einem gleich die Bilder der eigenen Kindheit vor Augen. Wer kennt denn noch die Igelitschuhe, diese „wunderbare“ Innovation der Nachkriegsjahre... und wer kann schon heute noch nachvollziehen, mit welchem Einfallsreichtum es schließlich doch gelang, die einfach nicht passen wollenden Rollschuhe oder im Winter auch die viel zu langen Schlittschuhe irgendwie an die Schuhe zu krallen, dass man wenigstens eine kurze Zeit das rollende oder gleitende Vergnügen genießen konnte, bevor der linke oder der rechte Schuh aus den Fugen geriet und das technische Gerät darunter einfach zur Seite quitschte. Und das war dann noch die milde Variante des störrischen Versagens dieser glitschigen Ungetüme, die man „Igelitschuh“ nannte. Viel schlimmer war es, wenn an den Krallen des „eisernen Untersatzes“ ein Fetzen des soeben zu Bruch gegangenen Schuhwerkes klemmte. Denn nun wusste man, dass es erst mal für ein Weilchen Schluss war mit dem flinken Spiel, denn Ersatzschuhe hatte man ja nicht und schon gar nicht für den Fußballplatz..
Ich selbst hatte Glück, denn aus Großvaters Ledergamaschen hat mir ein findiger Schuhmacher die tollsten und schönsten Schuhe der Welt gebastelt, Schuhe, die so gediegen gearbeitet waren, dass sie etliche Jahre sowohl das Fußballspiel auf dem Bolzplatz als auch die Rollschuh- und die winterlichen Schlittschuhattraktionen brav mitgemacht haben, ganz ohne Murren. Sie blieben bei allen Belastungen unversehrt und nichts und niemand konnte ihnen auch nur ein kleinstes Lederteilchen entreißen. Diese herrlichen Schuhe hielten derart gut, dass sie, nachdem ich ihnen schlussendlich nach zwei oder drei Jahren entwachsen war, noch nachfolgender Kindergeneration über die ersten Wege halfen.

Dies alles fiel mir ein, als ich finchens schöne Erzählung „der Gartenzaun“ las, eine Erzählung voller Verständnis und Herzenswärme, derer es leider in der literarischen Szene der Moderne viel zu wenige gibt.
Danke für die schöne "Erinnerung".

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