Geisteswissenschaft / Philosophie Mut zu Veränderungen,

Malinka
Malinka
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RE: Mut zu Veränderungen,
geschrieben von Malinka
als Antwort auf Zaunkönigin vom 12.02.2024, 17:47:44

Liebe Zaunkönigin.
vielleicht kurz zur Erklärung: ich sehe in dem Begriff Egoist zunächst einmal nichts negatives -  wenn wir es als Eigennutz und Selbstliebe verstehen. Mir fällt da immer die Geschichte mit den zwei Kollegen ein, die zusammen zum Mittagessen gehen und sich Schnitzel bestellen - nun wird das Essen nicht als fertige Portion für jeden auf einem Teller serviert sondern es wird eine Schüssel mit Kartoffeln, eine Mit Salat, eine andere mit Pilzgemüse und dann eine Platte mit 2 Schnitzeln serviert. Das eine der Schnitzel ist fast doppelt so groß wie das andere. Man bedient sich und der eine der beiden greift gleich zu dem größeren Schnitzel.
Der andere entrüstet sich, ja wieso der andere denn einfach so ohne zu fragen das größere Schnitzel nehmen könne!
Der andere, etwas verdutzt, fragt: Ja ok, welches hätten SIE denn genommen, wenn Sie sich zuerst bedient hätten?
"Natürlich  das Kleinere!" 
"Ja, dann ist doch aber alles ok, das haben Sie nun doch auch ...


💗
 

olga64
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RE: Mut zu Veränderungen,
geschrieben von olga64
als Antwort auf Zaunkönigin vom 12.02.2024, 18:02:57
 
 
man gibt auch sehr viel Autonomie auf. Das ist nicht einfach nur ein Wohnungswechsel. Je nachdem eigenen Gesundheitsstand gibt es keine geschlossenen Türen mehr, keine Intimsphäre, keine Nagelschere mehr im Nachttischkästchen... 

Wäre damit nur der räumliche Wechsel verbunden und die Anpassung an den üblichen Essensrhythmus, dann fände ich persönlich das weniger problematisch. Aber der Gedanke, dass da plötzlich Pfleger oder Mitbewohner im Raum stehen können, dass ich, um meine Nägel pflegen zu können mir die Schere bringen lassen muss, dass noch nicht einmal der Toilettengang privat bleibt (selbst dann nicht, wenn man das noch alleine erledigen kann)..... der lässt mich schaudern.

Du hast Recht, der bewusste Schritt in so eine Unterkunft kann nur mutig gegangen werden. 
Woher kennen Sie denn solche Heime?

Meine Mutter lebte 10 Jahre in einem gutgeführten Altenheim in München. Sie bewohnte dort ein abschliessbares Appartement mit Balkon und Blick zum Park.
Wenn Essen gebracht wurde oder PflegerInnen ihre Hilfsdienst absolvierte, wurde geklingelt; nur in ausgesprochenen Notfällen durften die einfach in die Wohnung eintreten.

Aber solche Heime, wie Sie sie schildern, können drohen, wenn man sich nicht vorher schon mal mit dem Gedanken vertraut macht, dass es eine Lebensphase geben wird, wo man auf ein Heim angewiesen ist.
Das nützt dann nichts mehr, wenn man aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit kein grosses Mitspracherecht mehr hat, sondern eine Art Zwangseinweisung droht, weil man allein nicht mehr zurechtkommt.
Ich kann jedem nur empfehlen, sich frühzeitig und wenn man auch noch geistig fit ist, umzusehen und vor allem auch mit der Pflegeversicherung und den eigenen finanziellen Möglichkeiten zu überprüfen, was möglich ist und was nicht.
Meine Mutter lebte übrigens sehr gerne in diesem Heim, wo sie auch verstarb. Da war sie 92 Jahre alt. Olga
Zaunkönigin
Zaunkönigin
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RE: Mut zu Veränderungen,
geschrieben von Zaunkönigin
als Antwort auf Malinka vom 12.02.2024, 19:21:52
Liebe Zaunkönigin.
vielleicht kurz zur Erklärung: ich sehe in dem Begriff Egoist zunächst einmal nichts negatives -  wenn wir es als Eigennutz und Selbstliebe verstehen. Mir fällt da immer die Geschichte mit den zwei Kollegen ein, die zusammen zum Mittagessen gehen und sich Schnitzel bestellen - nun wird das Essen nicht als fertige Portion für jeden auf einem Teller serviert sondern es wird eine Schüssel mit Kartoffeln, eine Mit Salat, eine andere mit Pilzgemüse und dann eine Platte mit 2 Schnitzeln serviert. Das eine der Schnitzel ist fast doppelt so groß wie das andere. Man bedient sich und der eine der beiden greift gleich zu dem größeren Schnitzel.
Der andere entrüstet sich, ja wieso der andere denn einfach so ohne zu fragen das größere Schnitzel nehmen könne!
Der andere, etwas verdutzt, fragt: Ja ok, welches hätten SIE denn genommen, wenn Sie sich zuerst bedient hätten?
"Natürlich  das Kleinere!" 
"Ja, dann ist doch aber alles ok, das haben Sie nun doch auch ...


💗
 

Ja ja, der ewige Zwiespalt 😃

Das passt m.E. nur nicht so ganz zur Ursprungsfrage. Wir haben da einen kleinen aber feinen Unterschied. Das was zur Disposition steht ist bereits Eigentum von Schorsch. Beim Schnitzel klärt sich das erst.

Mir persönlich ist es schon wichtig mich nicht Egoist zu nennen wenn ich etwas tue/nehme was mir gehört und keinem etwas weg nimmt. Also über mein Eigentum verfüge. Anders würde ich das sehen, wenn ich nur schneller wäre - wie in dem Beispiel von Dir und über etwas verfügen würde was nicht eindeutig mir gehört.

Da gesamtgesellschaftlich das Wort "Egoist" in der Regel negativ belegt ist und kaum jemand darunter "Eigenliebe" versteht bringe ich diese Deutung erst gar nicht ins Spiel weil.... die verstehen sowieso die wenigsten. 

Ich verwahre mich auch deshalb dagegen, weil besonders uns Frauen gerne suggeriert wird egoistisch zu sein (und damit böse), wenn wir etwas tun was uns zusteht, das aber gegen die Vorstellungen anderer geht. Ich habe lange, viel zu lange gebraucht um auf so etwas aus tiefstem Herzen zornig und nicht betroffen zu reagieren. 

 

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Zaunkönigin
Zaunkönigin
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RE: Mut zu Veränderungen,
geschrieben von Zaunkönigin
als Antwort auf olga64 vom 12.02.2024, 20:23:07
 
man gibt auch sehr viel Autonomie auf. Das ist nicht einfach nur ein Wohnungswechsel. Je nachdem eigenen Gesundheitsstand gibt es keine geschlossenen Türen mehr, keine Intimsphäre, keine Nagelschere mehr im Nachttischkästchen... 

Wäre damit nur der räumliche Wechsel verbunden und die Anpassung an den üblichen Essensrhythmus, dann fände ich persönlich das weniger problematisch. Aber der Gedanke, dass da plötzlich Pfleger oder Mitbewohner im Raum stehen können, dass ich, um meine Nägel pflegen zu können mir die Schere bringen lassen muss, dass noch nicht einmal der Toilettengang privat bleibt (selbst dann nicht, wenn man das noch alleine erledigen kann)..... der lässt mich schaudern.
 
Woher kennen Sie denn solche Heime?

Meine Mutter lebte 10 Jahre in einem gutgeführten Altenheim in München. Sie bewohnte dort ein abschliessbares Appartement mit Balkon und Blick zum Park.
Wenn Essen gebracht wurde oder PflegerInnen ihre Hilfsdienst absolvierte, wurde geklingelt; nur in ausgesprochenen Notfällen durften die einfach in die Wohnung eintreten.

Aber solche Heime, wie Sie sie schildern, können drohen, wenn man sich nicht vorher schon mal mit dem Gedanken vertraut macht, dass es eine Lebensphase geben wird, wo man auf ein Heim angewiesen ist.
Das nützt dann nichts mehr, wenn man aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit kein grosses Mitspracherecht mehr hat, sondern eine Art Zwangseinweisung droht, weil man allein nicht mehr zurechtkommt.
Ich kann jedem nur empfehlen, sich frühzeitig und wenn man auch noch geistig fit ist, umzusehen und vor allem auch mit der Pflegeversicherung und den eigenen finanziellen Möglichkeiten zu überprüfen, was möglich ist und was nicht.
Meine Mutter lebte übrigens sehr gerne in diesem Heim, wo sie auch verstarb. Da war sie 92 Jahre alt. Olga

keine Bange. Nicht aus München und nicht vom See und einen Parkblick hatte auch keines davon. Sie können sich also beruhigt zurück lehnen und weiterhin darauf vertrauen, dass Ihre Wahl eine gute ist.

Sie sollten dabei allerdings nicht vergessen, dass die Qualität eines Heimes mit den darin arbeitenden Menschen steht und fällt. Und das bedeutet: was heute gilt, kann morgen schon ganz anders sein. So hat das jedenfalls unsere Nachbarin erlebt die im Abstand von einem Jahr nach einem Krankenhausaufenthalt zur Kurzzeitpflege war. Beim ersten Mal war sie sehr zufrieden. Beim zweiten Mal brach sie den Aufenthalt nach 3 Tagen ab. Details erspare ich Ihnen.

Was ich skizziert habe sind Erlebnisse von Menschen die mir nahe standen und die genau das, und noch einiges mehr, in den unterschiedlichsten Pflegeheimen im Zeitraum der letzten 6 Jahre erlebt haben. Da waren auch hochpreisige dabei. Das Beste war übrigens das zweit günstigste. Der Preis sagt nicht zwingend etwas darüber aus wo man gut, höflich, taktvoll und freundlich betreut wird wenn man kaum noch aus dem Bett kommt. 

Ihnen ist aber auch sicherlich bewusst, dass frühzeitiges umsehen und anmelden noch lange nicht gewährleistet, dass man einen Platz hat wenn man ihn dringend benötigt.

Ich wünsche Ihnen aber sehr, dass Sie bei ihrer Wahl ein gutes Händchen hatten und hoffe für Sie, dass Sie dort auch einmal probegewohnt haben. 

Zwangseinweisungen gibt es übrigens keine. Wenn Sie das nicht wollen und man nicht belegen kann, dass sie nicht mehr geschäftsfähig sind, dann bringt man sie auch nach Hause und organisiert einen Pflegedienst - gleichgültig wie gut Sie damit zurecht kommen. In unserem Land hat jeder das Recht darauf zu verwahrlosen. Und nein, das ist keine Ironie meinerseits. Das ist Rechtslage.
olga64
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RE: Mut zu Veränderungen,
geschrieben von olga64
als Antwort auf Zaunkönigin vom 13.02.2024, 01:08:04


Ihnen ist aber auch sicherlich bewusst, dass frühzeitiges umsehen und anmelden noch lange nicht gewährleistet, dass man einen Platz hat wenn man ihn dringend benötigt.

Ich wünsche Ihnen aber sehr, dass Sie bei ihrer Wahl ein gutes Händchen hatten und hoffe für Sie, dass Sie dort auch einmal probegewohnt haben. 

Zwangseinweisungen gibt es übrigens keine. Wenn Sie das nicht wollen und man nicht belegen kann, dass sie nicht mehr geschäftsfähig sind, dann bringt man sie auch nach Hause und organisiert einen Pflegedienst - gleichgültig wie gut Sie damit zurecht kommen. In unserem Land hat jeder das Recht darauf zu verwahrlosen. Und nein, das ist keine Ironie meinerseits. Das ist Rechtslage.
Als unsere Mutter nach einem Sturz mit 82 Jahren nicht mehr fähig war, allein zu leben, begaben mein Bruder und ich uns auf die Suche nach einem geeigneten Heim, vor allem mit freien Plätzen.
Wir fanden dann eines in München und unsere Mutter konnte dort zuerst 4 Wochen probewohnen. Solange lösten wir auch ihren Haushalt nicht auf.
Aber es klappte gut und der Umzug erfolgte dann zügig. Ein Problem waren die Kosten. Meine Mutter hatte nur einen minimalen Rentenanspruch; unser Vater starb mit 53 Jahren zu früh und bedingt durch lange Dienste in derNazi-Wehrmacht usw. hatte auch der nur wenig Rentenanspruch.

Mein Bruder und ich teilten uns also die Mehrkosten, die nicht mit Pflegeversicherung und Renten abgedeckt waren. Auf eine Auseinandersetzung mit den Sozialämtern hätten wir es nicht ankommen lassen wollen.

Seit dieser Zeit habe ich ERfahrung mit solchen Heimen und habe mir auch schon einige angesehen, mich mit den Leuten unterhalten, mich nach den Kosten erkundigt und auch nach freien Plätzen. Bei zwei infragekommenden Heimen stehe ich auf der Warteliste. Aber da die sehr lang sind, ist es natürlich mit zunehmendem Alter sehr ungenwiss, ob "man" das selbst erlebt.

Natürlich gibt es Zwangseinweisungen. Wenn jemand allein lebt und schwer dement wird, also die Gefahr besteht, dass sie oder er Unfälle verursacht, einen Herd brennen lässt, nachts nur leicht bekleidet durchs Haus und auf die Strasse läuft - also sich und andere gefährdet, wird die gerufene Polizei umgehend zuständige Behörden informieren, die dann - gerichtlich - über eine solche Zwangseinweisung urteilen.

Ein Pflegedienst in der eigenen Wohnung nützt bei einem Demenzkranken nicht mehr viel, u.a., weil Pflegedienste nur stundenweise kommen und in der Zwischenzeit, wo sich niemand kümmert, schlimmste Dinge geschehen können.
Das betrifft übrigens auch Menschen, die einen Herzinfarkt erleiden und z.B. durch Lähmung oder andere Beeinträchtigung nicht mehr in der Lage sind, allein ein Leben zu führen.
In jedem Fall werden Betreuungesgerichte und Gutachter eingeschaltet, auch um herauszufinden, in welcher Einrichtung jemand unterkommen muss, damit ihm oder ihr geholfen werden kann.
Wenn Angehörige vorhanden sind, die sich um solche Menschen kümmern können, ist das sehr hilfreich, wird aber immer seltener.
Andererseits finde ich es gut ,dass wir in einem Land leben, wo hilflose alte Menschen nicht ihrem unlösbaren Schicksal überlassen werden, sondern dass ihnen geholfen wird. Olga

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