Es war einmal
ein kleiner Maulwurf der, wie alle Maulwürfe dieser Welt, gelernt
hatte, sich Straßen unter der Erde zu bauen, aber er war immer traurig,
denn seine Gänge, die er sich schaufelte, brachten ihn nie ans Tageslicht,
sondern führten ihn immer wieder zu seiner Höhle zurück.
Und so verlief sein ganzes Leben. Unzählige Schächte hatte er schon gebaut und seine Wohnung jedesmal gewechselt, wenn er sie mit seiner Traurigkeit gefüllt und mit seinen Tränen ganz durchnässt hatte. Eines Tages überkam ihn eine große Verzweiflung, denn sein Bau war durch einen starken Regen überschwemmt worden und drohte einzustürzen. Der kleine Maulwurf war aber zu schwach, um die Höhle zu retten oder sich eine neue Wohnung zu suchen und sagte zu sich selbst: "Es ist doch alles sinnlos. Es war immer dunkel um dich herum und so wird es auch bis an dein Lebensende bleiben". Als er so ziellos in seinen Gängen herumkroch, traf er auf zwei junge Maulwürfe, die etwas seltsam aussahen. Sie hatten nämlich Flügel. Die beiden waren sehr nett und versprachen ihm, den Weg zu einem Ausgang zu zeigen, von dem aus er eine ganz andere Welt kennenlernen würde. Sie sei strahlend hell und es gäbe dort viele gute Sachen zu essen. Der Maulwurf machte sich gleich auf den Weg, und als er zum Ausgang kam und seinen Kopf hinausstreckte, sah er einen großen Garten, der von einem hellen, warmen Licht überflutet war. Vor einem Beet sah er einen alten Gärtner stehen, der seine Pflanzen zärtlich streichelte. Plötzlich drehte der alte Mann sich zu ihm um und begrüßte ihn mit einem sanften Lächeln, das sein kleines Herz erfüllte. Aber, da er immer nur in der Dunkelheit gehaust hatte, ertrug er die hellen Sonnenstrahlen nicht und kroch schnell wieder zurück unter die Erde. Nun sah er sich
seine Umgebung aber genauer an und fragte sich, was er eigentlich bisher
getan hatte in seinem Leben. Sein Bau war am einstürzen, weil er nicht
auf einem soliden Fundament stand, und die Schächte waren eng und
schmutzig und große Dreckhaufen versperrten den Ausgang zu dem schönen
Garten, auf den er nun nicht mehr verzichten wollte. Er hatte nämlich
sehr gut verstanden, dass es die Liebe des alten Gärtners war, die
den Maulwürfen die Flügel wachsen ließ. Wenn sie sich von
den Köstlichkeiten des Gartens ernährten, verwandelten sie sich
im Laufe der Zeit in wunderschöne Vögel, die immer darauf bedacht
waren, sich nicht mehr ihre weichen, bunten Federn zu beschmutzen.
Nach jahrelanger Schufterei erschien der Maulwurf wieder an dem Ausgang, aber der Gärtner war verschwunden. Stattdessen sah er einen prachtvollen König auf einem weißen Thron und alle Vögel waren zu ihm gekommen, um für ihn zu singen. Der König lud den Maulwurf ein, sich ihnen anzuschließen, aber dieser schämte sich so sehr für sein graues Fell, dass er es vorzog, am Ausgang stehen zu bleiben, um von dort aus alles zu betrachten. Er sah sich gut um und erkannte, dass der Garten des großen Herrn Sein Reich war und sich die "Liebe" nannte, die Wege, die zu ihm führten, das "Wissen" waren und die Blumen und Früchte Seine "Wahrheiten". Von dem Augenblick an wusste er, dass auch er kein blinder Maulwurf mehr war, sondern alles klar unterscheiden konnte, und so entschloss er sich, in einem neuen Kleid vor seinen Herrn zu treten. |