Ruhelos
humpelte Else in ihrer kleinen Wohnung auf und ab und kramte mit ihren
zittrigen Händen mal hier mal dort in ihren Siebensachen herum, die
überall verstreut lagen. " Wo ist bloß mein Autoschlüssel?!
- Ich muss Käte anrufen, sie weiß sicher wo er ist," dachte
sie, als sie am Telefon vorbeikam. Sie hatte Glück, ihre Freundin
war zu Hause.
"Ja, hier
ist Else. Du, mein Autoschlüssel ist wieder weg. Er ist mir geklaut
worden!"
Frau Krause, die Nachbarin, kam und fand mit geübtem Blick in wenigen Minuten den Schlüssel zwischen der Wäsche im Schrank. Dann war Else wieder allein. Mit dem Schlüssel in der Hand saß sie auf der Bettkante und starrte ins Leere. Seit
sie so vergesslich und tüddelig geworden war, hatte sie nur
noch selten Besuch. Auch ihre Familie kam nicht mehr, seit sie sie hinausgeworfen
hatte.
Hin
und wieder kamen noch alte Freunde und Kollegen vorbei, die aber nur ratlos
und betroffen dem Verfall der alten Dame gegenüberstanden. Alle hatten
sie den selben Gedanken: "Wenn nur mir das nicht passiert!"
Während
Else so dasaß, dachte sie an die schwarzgekleideten Herren, die sie
jede Nacht besuchen kamen. Sie schienen eine Art Jury zu sein, der sie
Rede und Antwort stehen musste.
Tränen liefen über ihr frühzeitig gealtertes Gesicht. Wie fühlte sie sich doch allein! Sie wollte zu Käthe fahren, um ihr alles zu erzählen. Schnell warf sich Else ihren Mantel über und verließ das Haus. Zu dem Auto, das vor dem Eingang stand, passte der Schlüssel nicht. Sie versuchte es noch bei fünf weiteren. Endlich hatte sie es gefunden! Eine halbe Stunde später wurde der alte VW an einem Straßengraben am Stadtrand gefunden. Der Körper der Fahrerin, einer kleinen alten Dame, lag auf dem Lenkrad; man vermutete Herzversagen. Eine
große Schar von Trauernden hatte sich um das Grab versammelt. Von
überall waren sie gekommen, auch von weit her. Der Tod hatte sie aus
ihren Verstecken geholt - nicht die Tränen einer alten, eisamen Frau.
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