Zur Seniorentreff Homepage Die Foren 

Neues ChatPartnersuche (Parship)FreundeLesenReisen LebensbereicheHilfe


Archivübersicht | Impressum

THEMA:   Immer mehr Kriege und und immer mehr Zerstoerung durch immer mehr Wissenschaft und Technik

 12 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 24.07.04 (11:45) :

Diese These habe ich oft schon hier vertreten: Dass die Moderne, also die Dominanz von (Natur-)Wissenschaft und Technik, massgeblich verantwortlich ist fuer immer mehr Kriege und immer mehr (Natur-)Zerstoerung. Dass die Methoden und Mittel, die fuer Kriege und Zerstoerung stehen, nicht geeignet sind, die Probleme zu loesen, die sich aus ihnen selbst ergeben.

Ich wuerde gerne noch einmal ueber Sinn und Unsinn der neuen weltweit verbreiteten Religion 'Fortschrittsglauben' diskutieren.

Als Diskussionsgrundlage schlage ich folgenden Presseartikel vor:

FREITAG 31 - 23.07.2004
Niederlage des Intellekts
GLAEUBIGKEIT WIE IM MITTELALTER - Die neuen Kriege im Irak, in Afghanistan oder anderswo sind vom Aufstieg und den furchtbaren Chancen der Naturwissenschaften nicht zu trennen
Von HORST-EBERHARD RICHTER
https://www.freitag.de/2004/31/04310301.php

Internet-Tipp: https://www.freitag.de/2004/31/04310301.php


Karl antwortete am 25.07.04 (09:19):

@ Wolfgang,


ich habe mir den Artikel von Horst-Eberhard Richter ausgedruckt und gründlich gelesen. Er enthält manche Gedanken, die ich selbst auch schon geäußert habe. Sorge machen muss in der Tat, dass die Evolution der Instinktbasis menschlichen Verhaltens nicht dem Tempo der kulturellen Evolution folgen kann und deshalb der Knopfdruck eines Bomberpiloten ohne den Aufruf der Tötungshemmung ablaufen kann. Die gleiche Person, welche nicht in der Lage wäre, eigenhändig ein Baby zu erwürgen, kann Tausende durch die Krümmung eines Fingermuskels zerfetzen, töten und auf das Grausamste verstümmeln, ohne die geringsten emotionalen Probleme zu bekommen.

Ich folge dem lesenswerten Text deshalb durchaus soweit, als ich auch das Problem darin sehe, dass sich der Mensch moralisch nicht im Gleichschritt mit seiner Macht entwickelt hat. Der Anstieg der Machbarkeit, die Entwicklung der Technik überfordert den modernen Menschen in vielerlei Hinsicht.

M. E. muss diese Problematik deutlich thematisiert werden und Lösungsmöglichkeiten müssen diskutiert werden. Diese können nicht in einer Verneinung der Naturwissenschaften und der Ratio oder im biologischen Unterbau gefunden werden, sondern nur kulturell zu erarbeitende Strukturen auf dem Niveau internationaler Gesetzgebung und Erziehungsprogramme können helfen.

Den Schlussabschnitt von Richter, der eine Hoffnung ausdrückt, kann ich wieder ohne jeden Vorbehalt akzeptieren:
"Aber es könnte vielleicht doch noch die vorerst unterdrückte Empfindsamkeit wach werden und die Hoffnung Einsteins in Erfüllung gehen, dass den Menschen die Wahrheit offenbar würde, im Schatten der Atombombe allesamt Geschwister zu sein. Wer weiß, ob nicht Israelis und Palästinenser am Ende doch begreifen, dass sie aufeinander angewiesen sind, um das furchtbare, gegenseitig erzeugte Leiden zu beenden. Und wer weiß, ob nicht irgendwann dort, wo der islamistische Terror herkommt, und dort, wo der kriegerische Gegenterror angeheizt wird, Kräfte die Oberhand gewinnen, die auf Annäherung, auf Zuhören und Sprechen bauen anstatt auf steinzeitliche sprachlose Gewalt."


Wolfgang antwortete am 25.07.04 (13:39):

Ich freue mich ueber Deinen Beitrag, Karl. Bedauerlich ist nur, dass das Problem der Probleme nicht mehr Zuspruch findet. Es ist in der Tat dieser Mechanismus, der nicht nur mir zunehmende Sorge bereitet: Die kulturelle Entwicklung wird immer mehr auf die (natur-)wissenschaftliche und technische und wirtschaftliche Entwicklung reduziert.

Unter den Bedingungen kapitalistischer Wirtschaftsordnungen (die weltweilt vorherrschend geworden sind) aeussert sich das in der Zerstoerung der fuer Menschen guenstigen Umwelten.

Deshalb meine Einschaetzung der Lage: Nie und nimmer werden diesselben Methoden und Mittel, die die Menschheitsmisere erst verursacht haben, es fertig bringen, dieser Misere Herr zu werden.

Woher soll also eine begruendete Hoffnung kommen, wie sie der Herr RICHTER aeussert ? Ist es nicht so, dass erst vernuenftige (d. h. vor allem nachhaltig-wirtschaftliche) Strukturen geschaffen werden muessen, damit die "vorerst unterdrueckte Empfindsamkeit wach werden [kann]" ?

Woher aber soll die dafuer erforderliche Vernunft kommen ?

Hat der Mensch tatsaechlich so viel Vernunftpotential, wie es die Aufklaerer diesem sagenhafte Wesen zugeschrieben haben ?

Oder werden wir gerade Zeugen des grandiosen Scheiterns der Moderne aufgrund eines so schlichten wie folgenschweren Irrtums seiner Erfinder ?

Kurz: Darf man den Ideen KANT's (vgl. Link) noch trauen ?

P.S.: Mehr als Fragen kann ich leider nicht anbieten. Im Angesicht der real existierenden Menschheit (und nicht etwa eines Traumes von einer in der Zukunft vielleicht vernuenftigeren Menschheit) werde ich immer mutloser und kann keine Antworten geben.

Internet-Tipp: https://gutenberg.spiegel.de/kant/aufklae/aufkl001.htm


navallo antwortete am 25.07.04 (18:27):

Die Hirnrinde wird unter anderem auch benutzt, um Vorgänge in tieferen Schichten so lange zu verschleiern, bis man den dort lauernden Trieben auch gegen moralische Bedenken eine Gelegenheit zum Vollzug verschaffen kann.

Die Hoffnung auf einen globalen Sieg menschlicher Vernunft über archaische Triebe habe ich daher lange begraben. Orwells "Farm der Tiere" und der Niedergang der DDR verdeutlichen, daß mittels Erziehung und Appellen an das Bewußtsein eine "gerechtere" Gesellschaft nicht zu errichten ist; Unterweisungen, Parolen und Ermahnungen vermögen die genetischen Anlagen nicht zu ändern.

Wenn bei uns Manager kalt lächelnd mit einem Siegeszeichen ein Vielhundertfaches der Entlohnung eines Mitarbeiters für sich beanspruchen und sich um den gleichen Faktor wertvoller fühlen, sogar damit vor Gerichten Recht bekommen, dann steht dahinter die gleiche unersättliche Gier nach Macht und Besitz, die unter anderen Voraussetzungen zu immer furchtbareren Waffen und verheerenden Kriegen führt. Ohne die Beteiligung von Wissenschaftlern wäre vieles nicht möglich. Aber auch diese haben nur die gleichen Gene und sind Abhängige. Und so finden sich jederzeit welche, die dieses Spiel mitspielen oder sich hierfür mißbrauchen lassen.






Karl antwortete am 26.07.04 (07:20):

@ navallo,

auch ich glaube nicht, daß ausschließlich "mittels Erziehung und Appellen an das Bewußtsein eine 'gerechtere' Gesellschaft" zu errichten ist. Es müssen auch die (internationalen) Strukturen geschaffen werden, um Kriegstreiber und Umweltsünder zu bestrafen. Krieg darf sich nicht mehr lohnen und Ausbeutung muss erkannt und sanktioniert werden.


BarbaraH antwortete am 26.07.04 (21:30):

Die momentane Entwicklung, technischen Fortschritt vorwiegend als Machtmittel gegen (anscheinend) wehrlose Menschen weltweit einzusetzen, macht auch mich fassungslos. Es ist ja nicht einmal so, dass der Mensch in seiner moralischen Entwicklung mit der technischen Entwicklung nicht Schritt hält. Moralisch entwickelt er sich sogar in die Gegenrichtung, zurück zum 13. Jahrhundert, was auch Horst-Eberhard Richter aufzeigt:

>>So leben zum Teil die gleichen Foltermethoden wieder auf, die aus der Inquisition des 13. Jahrhunderts und aus den späteren Hexenprozessen überliefert sind. Wieder stehen die Folterer im Dienste einer Macht, die aus der Welt das Böse vertreiben will. Damals war davon die Rede, das Unkraut aus dem Garten des Herrn auszureißen. Diesmal ist die Ausmerzung des Terrorismus das Ziel.<<

Hoffnung schöpfe ich vorallem aus den vor einigen Jahren noch kaum vorstellbaren Kommunikationsmöglichkeiten durch das Internet. Die Menschen rund um unseren Globus rücken näher zusammen. Junge Menschen kommunizieren mit Menschen aus der ganzen Welt, tauschen sich aus, schicken sich Fotos. In den Firmen werden Konferenzen geschaltet, an denen Menschen in den USA, Indien, Japan, Australien und Deutschland teilnehmen. Im Urlaub besucht man sich, kommt sich näher, lernt die Familien kennen....

Auf der einen Seite versuchen Machtmenschen mit der Moral des 13. Jahrhunderts Beute zu machen, wobei Menschenleben keine Rolle spielen. Auf der anderen Seite formiert sich eine Weltöffentlichkeit, gibt Informationen weiter, kommuniziert, knüpft Netzwerke, arbeitet an einer gemeinsamen besseren Zukunft für alle.... auch attac wirkt dabei kräftig mit.

Meine Hoffnung liegt bei diesen jungen Leuten, für die Werte wie Gerechtigkeit und Umweltbewusstsein mehr zählen als Geld und Luxus.

Internet-Tipp: https://www.attac.de/material/selbst.php


Wolfgang antwortete am 26.07.04 (22:19):

Es ist richtig: Der Krieg muss geaechtet werden. Derzeit ist der Krieg fuer westliche 'entwickelte' und maechtige Laender Profitbringer Nr. 1. Mit Fug und Recht kann von einem 'militaerisch-industriellen Komplex' (D. D. EISENHOWER) gesprochen werden, der - dominierend vom amerikanischen Establishment - derzeit die Weltpolitik fest im Griff hat.

Aber andererseits erlauben die neuen Techniken (z. B. insbesondere Bio-Techniken und AI-Techniken) den Herrschern dieser Welt ihre Herrschaft noch massiver auszubauen.

Meine Hoffnung, Barbara, liegt auch bei den jungen Leuten (denn die Alten haben offensichtlich versagt). Genauer: Sie liegen hauptsaechlich bei den jungen Menschen der sogenannten '3. Welt', die noch nicht durch Geld so korrumpiert sind, und die ihre traditionellen Werte noch nicht vollstaendig ueber Bord geworfen haben. Hier ist der Zorn besonders gross, und es braut sich etwas zusammen, das den westlichen Herrschern ihre Macht nehmen koennte.

Hoffentlich kommt die Gegenbewegung gegen den Angriff westlicher Eliten auf die '3. Welt' nicht zu spaet. Wehe uns, wenn die westlichen Eliten ihr Ziel, die weltweite Herrschaft ueber Natur und Kulturen, erreichen wuerden.


mart antwortete am 27.07.04 (11:51):

Eine leise Frage:

<<Meine Hoffnung, Barbara, liegt auch bei den jungen Leuten (denn die Alten haben offensichtlich versagt). Genauer: Sie liegen hauptsaechlich bei den jungen Menschen der sogenannten '3. Welt', die noch nicht durch Geld so korrumpiert sind, und die ihre traditionellen Werte noch nicht vollstaendig ueber Bord geworfen haben. Hier ist der Zorn besonders gross, und es braut sich etwas zusammen, das den westlichen Herrschern ihre Macht nehmen koennte.<<

Diese Übernahme der Macht wird natürlich im friedlichen Wettstreit um die besseren Konzepte erfolgen, oder etwa in Anwendung von altmodischen und neumodischen Kriegsmethoden?

Wenn also die noch nicht durch Geld korrumpierten jungen Menschen der sogenannten 3. Welt die Macht auf der Welt übernommen haben, wem werden diese dann die Schuld für die immer noch nicht paradiesischen Zustände in die Schuhe schieben?

Aber ich bin sicher, es wird sich der Sündenbock "Westen" auch dann fortschreiben lassen. Z.B. Könnte argumentiert werden, daß die "westlichen Herrscher" zu wenig Geld in die Forschung investiert haben und daher das prophezeite "goldene Zeitalter" halt doch noch ein bißchen verschoben werden muß.

*grins"


Wolfgang antwortete am 27.07.04 (12:41):

Ich bin sicher, dass die weissen Kolonisatoren nicht freiwillig abtreten werden, sondern ihre Macht so lange wie moeglich halten werden - per Krieg und vielleicht noch lange Zeit dank ihrer ueberlegenen Waffentechnik.

Dagegen wehren sich aber immer mehr Kolonisierte. Sie tun das auch (aber nicht nur) per Gewalt und mit den Mitteln, die ihnen zur Verfuegung stehen (es sind wenige, ich weiss).

Gerade Du, Mart, propagierst doch laufend den unfriedlichen Weg und schmaehst diejenigen (unter anderem mich), die fuer den Dialog der Kulturen eintreten... Oder willst Du den unfriedlichen Weg etwa nur fuer den Weissen Mann alleine reservieren, waehrend die Nicht-Weissen sich friedlich ihrem Schicksal ergeben sollen ?


erwin antwortete am 28.08.04 (09:17):

hallo
alle miteinander
alles auf einen nenner gebracht
kriege und die zerstörung der welt werden so lange weiterbestehen wie die gier und die habsucht des menschen.
weniger ist mehr.
die arbeit die man ausübt sollte spass machen.
religionen wie sie auch immer heisen sind heuchler, und wollen nur eins unser geld und daraus ergibt sich die macht.

unsere politiker (bush) meinen zwar stillstand ist rückschritt. das ist nicht so.
denkt mal darüber nach.
über die 2. weltreligion die ihre weltherschft ausbauen will.
gruss
erwin


mart antwortete am 28.08.04 (10:41):

Wolfgang, ich sehe gerade dein posting vom 27.07.04 (12:41)

<<Gerade Du, Mart, propagierst doch laufend den unfriedlichen Weg und schmaehst diejenigen (unter anderem mich), die fuer den Dialog der Kulturen eintreten... Oder willst Du den unfriedlichen Weg etwa nur fuer den Weissen Mann alleine reservieren, waehrend die Nicht-Weissen sich friedlich ihrem Schicksal ergeben sollen ?<<

Da ich hier direkt angesprochen werde, eine direkte Antwort:

Ich sehe das Problem darin, daß dein Weltbild für mich sehr stark eingeschränkt ist; auf der einen Seite diejenigen, die das Böse und auf der anderen Seite diejenigen, die das Gute verkörpern. Die Verteilung der Rollen scheint für dich eindeutig zu sein und du verteidigst die "Guten" mit aller Gewalt, blendest das Schlechte aus und verurteilst die "Bösen", wobei du auch hier das Gute negierst.

Seit Zarathustra tauchen diese Konzepte eines manichäischen Weltbilds immer wieder auf und haben schon in der Vergangenheit viel Unheil angerichtet.


Deine "Bösen" sind nicht nur böse und deine "Guten" sind nicht nur gut.

Ein Dialog oder Trialog oder Quatrolog kann nur dann erfolgreich sei, wenn jeder sein Scherflein dazu beiträgt und das heißt, daß nicht nur die einen immer "mea culpa" rufen und die anderen sagen "vobis culpa", sondern daß die Analyse der Vergangenheit auf allen Seiten zu erfolgen hat.
Die Position, die sagt, alles Übel der Welt kommt von einer Seite, wird nie Erfolg haben, das Übel zu verringern und das Gute zu fördern.

Die Idee, die ich aus deinen postings herauslese, daß es den Königswegs zu einer vollkommenen Gesellschaft, zu einem vollkommenen idealen Staat, zu einer vollkommenen Harmonie zwischen Ökologie und Ökonomie gäbe, hat sich nirgends in der Vergangenheit bewahrheitet oder realisieren lassen, obwohl oft davon geträumt worden ist.

So wie Wissenschaft und Technik nicht nur Böses verursacht haben, haben die unzähligen Völker dieser Welt nicht nur Gutes o d e r Böses bewirkt.

Eine Diskussion, die diese Gegenheiten ausblendet, wird nach meiner Meinung nicht sehr erfolgreich sein.

Diese verkürzte Sicht der Wirklichkeit wird von Agiteuren präsentiert - und das ist nicht meine Sache.


mart antwortete am 28.08.04 (12:55):

Auf diesem Boden gedeihen die Verschwörungstheorien, die heute in best. Regionen einen so übergroßen Raum einnehmen und für die Erklärung von Unzulänglichkeiten und Verbrechen herhalten müssen.

Je uninformierter und je ungebildeter die Menschen, je größer die tatsächliche und die faktische Analphabetenrate, je weniger Medien (insbesondere print-medien)und Bücher und je geringer die herrschende Pressefreiheit, desto ungestümer und hartnäckiger werden Gehirne und Herzen von diesen entlastenden Verschwörungstheorien erfaßt.

Diese Tatsachen werden sehr bewußt von Politagiteuren, die sehr unterschiedliche Programme vertreten, benutzt.


Graugans antwortete am 11.09.04 (09:47):

Hallo,

die Weltbevölkerung nimmt jährlich um 80.000.000 Neubürger
zu.
Die Versorgung der heute 9 Milliarden Erdenbewohner
wäre ohne die Wissenschaft und Technik nicht möglich.
Wissenschaft und Technik sind Hilfmittel für unser
Überleben!
Wie diese Hilfsmittel letztlich eingesetzt werden,
bestimmt die Politik!
Das Thema trifft nicht den Kern unserer Schwierigkeiten!

Viele Grüße
Graugans