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THEMA:   Der tugendhafte Hund

 12 Antwort(en).

Ricardo begann die Diskussion am 12.11.00 (14:14) mit folgendem Beitrag:

Hier ein Gedicht von Heinrich Heine, wir könnten mal eine Tier-Gedichtreihe beginnen ;-))))

Der tugendhafte Hund


Ein Pudel, der mit gutem Fug
Den schönen Namen Brutus trug,
War viel berühmt im ganzen Land
Ob seiner Tugend und seinem Verstand.
Er war ein Muster der Sittlichkeit,
Der Langmut und Bescheidenheit.
Man hörte ihn loben, man hörte ihn preisen
Als einen vierfüßigen Nathan den Weisen.
Er war ein wahres Hundejuwel!
So ehrlich und treu! eine schöne Seel!
Auch schenkte sein Herr in allen Stücken
Ihm volles Vertrauen, er konnte ihn schicken
Sogar zum Fleischer. Der edle Hund
Trug dann einen Hängekorb im Mund,
Worin der Metzger das schön gehackte
Rindfleisch, Schaffleisch, auch Schweinefleisch packte. –
Wie lieblich und lockend das Fett gerochen,
Der Brutus berührte keinen Knochen,
Und ruhig und sicher, mit stoischer Würde,
Trug er nach Hause die kostbare Bürde.

Doch unter den Hunden wird gefunden
Auch eine Menge von Lumpenhunden –
Wie unter uns, – gemeine Köter,
Tagdiebe, Neidharde, Schwerenöter,
Die ohne Sinn für sittliche Freuden
Im Sinnenrausch ihr Leben vergeuden!
Verschworen hatten sich solche Racker
Gegen den Brutus, der treu und wacker,
Mit seinem Korb im Maule, nicht
Gewichen von dem Pfad der Pflicht. –

Und eines Tages, als er kam
Vom Fleischer und seinen Rückweg nahm
Nach Hause, da ward er plötzlich von allen
Verschwornen Bestien überfallen;
Da ward ihm der Korb mit dem Fleisch entrissen,
Da fielen zu Boden die leckersten Bissen,
Und fraßbegierig über die Beute
Warf sich die ganze hungrige Meute. –
Brutus sah anfangs dem Schauspiel zu
Mit philosophischer Seelenruh;
Doch als er sah, daß solchermaßen
Sämtliche Hunde schmausten und fraßen,
Da nahm auch er an der Mahlzeit teil
Und speiste selbst eine Schöpsenkeul.

Moral
Auch du, mein Brutus, auch du, du frißt?
So ruft wehmütig der Moralist.
Ja, böses Beispiel kann verführen;
Und, ach! gleich allen Säugetieren,
Nicht ganz und gar vollkommen ist
Der tugendhafte Hund – er frißt!


Gerlinde antwortete am 12.11.00 (22:38):



Der Maulwurf hört
in seinem Loch
ein Lerchenlied erklingen
und spricht: wie
sinnlos ist es doch
zu fliegen
und zu singen!


Edith antwortete am 15.11.00 (09:59):

Ricardo, eine gute Idee :-)))
Nach dem tapferen Brutus und dem mit seiner Welt zufriedenen Maulwurf, ein Gedicht an eine Nachtigall:

Palmström an eine Nachtigall, die ihn nicht schlafen ließ:

Möchtest du dich nicht in einen Fisch verwandeln
und gesanglich dementsprechend handeln?
da es sonst unmöglich ist,
daß mir unternachts des Schlafes Labe
blüht, die ich nun doch notwendig habe!
Tu es, wenn du edel bist!

Deine Frau im Nest wird dich auch so bewundern,
wenn du gänzlich in der Art der Flundern
auftrittst und im Wipfel wohlig ruhst
oder, eine fliegende Makrele,
sie umflatterst, holde Philomele
(- die du mir gewiß die Liebe tust!).


Edith antwortete am 15.11.00 (10:10):

Nachtrag: Das Nachtigallen-Gedicht ist von Christian Morgenstern und das folgende über den freundlichen Umgang mit einer Maus ist ebenfalls von Morgenstern.

Die Mausefalle

I
Palmström hat nicht Speck im Haus,
dahingegen eine Maus.

Korf, bewegt von seinem Jammer,
baut ihm eine Gitterkammer.

Und mit einer Geige fein
setzt er seinen Freund hinein.

Nacht ists, und die Sterne funkeln.
Palmström musiziert im Dunkeln.

Und derweil er konzertiert,
kommt die Maus hereinspaziert.

Hinter ihr, geheimerweise,
fällt die Pforte leicht und leise.

Vor ihr sinkt in Schlaf alsbald
Palmströms schweigende Gestalt.

II
Morgens kommt v.Korf und lädt
das so nützliche Gerät

in den nächsten, sozusagen
mittelgroßen Möbelwagen,

den ein starkes Roß beschwingt
nach der fernen Waldung bringt,

wo in tiefer Einsamkeit
er das seltne Paar befreit.

Erst spaziert die Maus heraus
und dann Palmström, nach der Maus.

Froh genießt das Tier der neuen
Heimat, ohne sich zu scheuen.

Während Palmström, glückverklärt,
mit v.Korf nach Hause fährt.


Gerlinde antwortete am 17.11.00 (12:52):



Die Kröte kroch mit
grossem Schnaufen
bedächtig auf den Maulwurfshaufen
und sah sich um, von
Stolz geschwellt:
Wie gross ist doch
die weite Welt!


Ich grüße Euch herzlichst, liebe Edith und Ricardo!


Ruth Dammann antwortete am 18.11.00 (15:46):

Etwas von Eugen Roth:
Kein zweites Tier wird so geliebt;
Wo längst verschwunden Ratz u Maus,
Hält Pietät die Katz im Haus
Und alle Welt umschmeichelt sie
Und füttert sie und streichelt sie.

Wer anders als Ruth, Betzi u Hexle kann das einstellen?


Edith antwortete am 18.11.00 (17:17):

Nach Hund, Maulwurf, Nachtigall, Maus, Kröte und Katze, jetzt:

Das Huhn und der Karpfen

Auf einer Meierei,
da war einmal ein braves Huhn;
das legte, wie die Hühner tun,
an jedem Tag ein Ei
und kakelte,
mirakelte,
spektakelte,
als ob's ein Wunder sei!

Es war ein Teich dabei,
darin ein braver Karpfen saß
und stillvergnügt sein Futter fraß;
der hörte das Geschrei:
Wie's kakelte,
mirakelte,
spektakelte,
als ob's ein Wunder sei!

Da sprach der Karpfen "Ei!
Alljährlich leg ich 'ne Million
und rühm' mich des mit keinem Ton;
wenn ich um jedes Ei
so kakelte,
mirakelte,
spektakelte,
was gäb's für ein Geschrei!"

Heinrich Seidel

Allen einen ruhigen Samstag-Abend. ;-))


Gerlinde antwortete am 19.11.00 (20:50):


Ein großer Teich war zugefroren;
die Fröschlein, in der Tiefe verloren,
durften nicht ferner quaken und springen,
versprachen sich aber im halben Traum,
fänden sie nur da oben Raum,
wie Nachtigallen wollten sie singen.

Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz;
nun ruderten sie und landeten stolz,
und sassen am Ufer weit und breit
und - quakten wie zu alter Zeit.




Goethe


Ricardo antwortete am 07.12.00 (16:48):

Dieser Vers über die Schmetterlinge ist was fürs Gemüt:

Buttervöglelken sett dik
op mine Hand, op mine Hand,
I daun dik nischt tau Leide.
Et soll dik nischt tau Leid gescheihe,
will mer dine bunten Flittchen seihe,
bunte Flittchen meine Freude.


Ricardo antwortete am 08.12.00 (23:18):

Der gute Mond erhebt sich leise,
Ein alter Kauz denkt nur an Mäuse

Wilhelm Busch


Zora antwortete am 10.12.00 (10:59):

In Hamburg lebten zwei Ameisen,
die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee,
da taten ihnen die Beine weh.
Und da verzichteten sie weise
dann auf den letzten Teil der Reise.

Joachim Ringelnatz


Zora antwortete am 10.12.00 (13:13):

Ein finstrer Esel sprach einmal
zu seinem ehlichen Gemahl:
"Ich bin so dumm, du bist so dumm,
wir wollen sterben gehen, kumm!"
Doch wie es kommt so öfter eben:
Die beiden blieben fröhlich leben.

Christian Morgenstern

noch `n Gedicht:

In Hamburg lebten zwei Ameisen,
die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee,
da taten ihnen die Beine weh.
Und da verzichteten sie weise
dann auf den letzten Teil der Reise.

Joachim Ringelnatz


Zora antwortete am 10.12.00 (13:16):

Uups - da ist was schief (2 x) gelaufen. Es tut mir leid.


Katharina antwortete am 29.12.00 (18:00):

Eine Ziege
sah ich heute
ungekettet
schwarz in Weiß
Hörner wie ein Fragezeichen
vor dem Blaugrund Himmel

Und die Augen
malten Freude
in den ungewohnten Lichtraum
Freiheit

Welche Welt
in der schon Ziegen
Freiheit
nur als Wunder sehen.

Drutmar Cremer


libera antwortete am 29.01.01 (10:55):

Schreib von der Liebe! spracht ihr.- Seht ihr, als Kind
liebte ich ein klein`ungezogenes Kätzchen.
Nie ließ ichs los und wenn es im Schoße mir schlief,
bebte die Zärtlichkeit
all meines Fühlens um sie. Manchmal zur Nacht
schliefen in EINEM Bett wir. Ging ich zur Schule
machte mich Sehnsuchtsleid
sicher ganz unaufmerksam. "Döskopp du, heda!"
Ohrfeigen prasselten mir tadelnd aufs Haupt...
Liebend verwirrt jedoch
liebte ichs, Tyrannei zu leiden - denn damals
wußt um den Trost ich, der jedem Lieben entstammt,
so wie ein jeder. Doch
wurde ich manchmal grundlos schmerzüberwältigt.
Goldfaden - denn so hieß sie - schien wohl zu kennen
meinen verborgenen Schmerz,
schmeichelte, sprang und koste, streichelte, leckte,
mich zu erheitern fand sie sicher ein Mittel.
Löste sich dann mein Herz
schließlich vom Gram, setzt sie sich in Positur,
stolz, als sei alle Lust nur ihr zu verdanken -
stolz und verachtend: Hier
fing sie mit Untreu an; ich Armer, Betörter,
ihren Vergnügen und Launen gehorchend,
manchmal ertaunend schier,
bald überlegen, dann wieder töricht und gläubig-
sah ich nur unbewiesene Neigung, so glaubt ich.
Hilflos, ach,war ich ja,
immer wurd ich gekratzt, gekratzt nur gekratzt.
Schreib von der Liebe, spracht ihr. Bitte, hier ists.
Tevfik Fikret