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THEMA:   Von Hahnenkämpfen und dem Kaukasusbirkhuhn ...

 12 Antwort(en).

tiramisusi begann die Diskussion am 18.10.03 (10:36) mit folgendem Beitrag:

Kaukasusbirkhuhn - Tetrao mlokosiewiczi
(nicht zu verwechseln mit theatro michalowski, die ähnlichkeit ist rein zufällig)

Balzarenen und Flattersprünge
Die meiste Zeit des Jahres führen die Kaukasusbirkhühner ein ziemlich unauffälliges Leben in der bodennahen Pflanzendecke ihres hochgelegenen Lebensraums. Jeweils im Frühling verspüren sie jedoch den Drang, sich fortzupflanzen, und dann verhalten sich die erwachsenen Männchen unversehens sehr auffällig: Im April und Mai versammeln sie sich an ihren regionalen, zumeist seit Generationen benutzten Gemeinschafts-Balzplätzen, um sich dort möglichst eindrucksvoll zur Schau zu stellen - mit dem Ziel, ansässige Weibchen zu sich her zu locken und sich mit ihnen zu paaren. Zumeist sind es zehn bis fünfzehn, mitunter aber auch bis über vierzig Hähne, die an einem der weit verstreut liegenden Balzplätze um die Gunst der Weibchen buhlen.

Innerhalb der «Arenen», die sich im typischen Fall an einem grasbewachsenen Süd- oder Osthang befinden, besetzt zunächst jeder der paarungswilligen Kaukasusbirkhähne ein möglichst günstig gelegenes Kleinterritorium, das er mittels vielfältiger Imponier- und Drohgebärden sowie nötigenfalls durch Kämpfe vehement gegenüber seinen Rivalen verteidigt. Dann - sobald das territoriale Gefüge einigermassen gefestigt ist - zeigt jeder an einer ausgewählten Stelle innerhalb seines Reviers seine ritualisierten Vorführungen. Diese beginnen jeweils damit, dass der Hahn in charakteristischer Haltung - mit in den Nacken zurückgezogenem Kopf, «geschwellter» Brust und leicht gesenkten Flügeln - hangabwärts gerichtet dasitzt. Aus dieser Haltung heraus folgt dann ein Flattersprung, bei dem sich der Hahn senkrecht etwa einen Meter hoch in die Luft wirft. Während des Hochspringens schlägt er fünf- bis siebenmal kräftig mit den Flügeln, so dass ein zwitscherndes, weithin hörbares Geräusch entsteht, und fächert seinen Schwanz so stark wie möglich. Am höchsten Punkt des Sprungs angelangt, vollführt er eine 180°-Drehung und landet mit angelegten Flügeln unweit des Ausgangspunkts. Danach läuft er zum Start zurück - und ist alsbald zum nächsten Flattersprung bereit.

Meistens springt der balzende Hahn mehrmals kurz hintereinander in die Luft; anschliessend erfolgt eine kürzere oder längere Pause, bis er die nächste Serie von Flattersprüngen zeigt. Dabei regen benachbarte Hähne einander offensichtlich dazu an, das gleiche zu tun, weshalb innerhalb einer Balzarena stets eine gewisse Synchronität der Aktivitäten zu erkennen ist.


Es wäre sicher falsch, die Balzvorführungen der Kaukasusbirkhähne als besonders elegante oder akrobatisch anspruchsvolle Sache darstellen zu wollen. Die Flattersprünge haben für den menschlichen Betrachter im Gegenteil einen etwas plumpen, unbeholfenen Charakter. Dass man im Tierreich aber nicht mit menschlichen Ellen messen soll, zeigt sich daran, dass die Vorführungen der Birkhähne auf die Hennen offensichtlich sehr attraktiv wirken. Jedenfalls treffen sie nach und nach am Balzplatz ein und beobachten die Hähne aufmerksam, um abzuschätzen, welcher von ihnen wohl der «männlichste» ist und sich am besten als Vater für ihre Jungen eignet. Schliesslich trifft jedes Weibchen seine Wahl und lässt sich vom «Auserwählten» begatten.

Ich dachte, das könnte interessieren :-)


tiramisusi antwortete am 18.10.03 (10:45):

fortsetzung:
quelle des textes:
https://www.markuskappeler.ch/tex/texs/kaukasusbirkhuhn.html

ein schreibender zoologe, sehr lesenswerte berichte.


pilli antwortete am 18.10.03 (11:24):

:-))))

was wäre wohl, wenn einige der aus sicherem abstand betrachtenden kaukasusbirkhuhn-weibchen sich lachend und artfremd verhielten und beizeiten das weite suchen würden?

aussterben würden sie, die energie und phantasie einsetzenden balz-künstler und...wäre das nicht schade?

:-)


tiramisusi antwortete am 18.10.03 (11:41):

Weidewirtschaft als Störfaktor
Das Kaukasusbirkhuhn muss sich vor einer ganzen Reihe natürlicher Fressfeinde in acht nehmen. Besonders die Gelege und die Küken dürften des öfteren Mardern, Füchsen und Luchsen sowie Steinadlern und Habichten zum Opfer zu fallen.

Noch mehr als diese Fressfeinde scheinen jedoch die grimmigen und unberechenbaren Wetterbedingungen in den Hochlagen des Kaukasus auf den Bestand der Birkhühner nachteilig einzuwirken. Mit Sturmwinden, Regengüssen, Hagel, Nebel und Nachtfrost ist im Sommerhalbjahr stets zu rechnen. Treten solch missliche Bedingungen während der Frühphase der Jungenaufzucht gehäuft auf, so können sie unter den unselbständigen, wärmebedürftigen Küken erhebliche Ausfälle verursachen.


Fressfeinde und Unwetter wirken allerdings seit Urzeiten auf die Kaukasusbirkhühner ein. Durch Anpassungen in Körperbau und Verhalten haben es die Hochgebirgsvögel im Laufe ihrer Stammesgeschichte geschafft, damit zurechtzukommen, das heisst die natürliche Ausfallrate möglichst tief zu halten und ihr eine genügend grosse Nachzuchtrate gegenüberzustellen.

Ernstliche Gefahr droht dem Kaukasusbirkhuhn erst, seitdem der Mensch in seine Gebirgsheimat vorgedrungen ist. Zwar bieten die Unwegsamkeit des Geländes und das ungastliche Klima einen recht guten Schutz gegenüber dem Menschen selbst. Tatsächlich hat die Jagd auf die kaukasischen Birkhühner zu keiner Zeit eine grössere Bedeutung gehabt, obschon sie wie alle Rauhfusshühner als erstklassiges Wildbret gelten. Im übrigen steht die Art in den kaukasischen Ex-Sowjetrepubliken seit geraumer Zeit unter striktem Jagdschutz.


Schlimmer wirken sich die Störungen der Kaukasusbirkhühner durch die Weidewirtschaft des Menschen aus. Zum einen wird dadurch die Vegetationszusammensetzung oberhalb der Waldgrenze ungünstig verändert. Zum anderen zertrampelt das weidende Vieh des öfteren Gelege, und umherstöbernde Hirtenhunde erbeuten Küken. Zudem lassen sich die Kaukasusbirkhähne durch die Anwesenheit von Haustieren schnell bei ihrer Balztätigkeit stören - mit negativen Folgen für den Nachzuchterfolg der lokalen Birkhuhnpopulation.


Welche Bedeutung den verschiedenen Schadfaktoren zukommt, ist nicht genau geklärt. Nachweislich ist aber die Bestandsdichte in viehwirtschaftlich genutzten Gebieten erheblich geringer als in unberührten Gegenden. Und es gibt auch Hinweise auf einen stetig fortdauernden Rückgang der Kaukasusbirkhuhn-Population, besonders in den nördlichen Bereichen des Verbreitungsgebiets. Aus diesen Gründen wird das Kaukasusbirkhuhn, obschon keine neueren wissenschaftlich fundierten Bestandsschätzungen vorliegen, von den Fachleuten als gefährdet betrachtet.



mart antwortete am 18.10.03 (12:32):

<<Die Flattersprünge haben für den menschlichen Betrachter im Gegenteil einen etwas plumpen, unbeholfenen Charakter<<

Nicht aber für den Jäger, da gerät er erst in Rage, da ist der Augenblick des Anschleichens, da ist das Vergnügen der Jagd vollkommen. So muß Hege betrieben werden - ein Tier im Taumel der Balz zu töten, was kann es Schöneres geben.


tiramisusi antwortete am 18.10.03 (12:57):

ja mart ... "what a way to go!"

;-)


Medea. antwortete am 18.10.03 (13:17):

Dann wird wohl - trotz striktem Jagdschutz, auch das Kaukasusbirkhuhn bald zu den ausgestorbenen Arten gehören :-((


Geli antwortete am 18.10.03 (13:33):

Vom Kaukasusbirkhuhn habe ich mir nur gemerkt (hoffentlich ist das auch richtig), dass es die einzige stumme Birkhuhnart ist. Vielleicht deshalb dieses spezielle Flügelgeräusch?


tiramisusi antwortete am 18.10.03 (16:13):

oh GELI !!!!
ich pruste hier gleich meinen kaffee aus :-)))


Geli antwortete am 18.10.03 (17:22):

???
Scheint wohl doch falsch zu sein?


tiramisusi antwortete am 18.10.03 (18:28):

aber nein geli, im gegenteil...du liegst schon genau richtig, ich habe über die flügelschlagenden hühner und gockel gelacht, keinesfalls über dich.
liebe gruesse
angelika


schorsch antwortete am 18.10.03 (18:31):

Traritrara Susi. Aber das "theatro michalowski" hättest du dir eigentlich verkneifen können, oder?


tiramisusi antwortete am 18.10.03 (18:57):

ein schuft, der böses dabei denkt.