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THEMA:   Hausarzt - Demenzerkrankungen - Unterstützung der Pflegenden Angehörigen?

 9 Antwort(en).

Thomas Wimmer begann die Diskussion am 24.03.01 (11:15) mit folgendem Beitrag:

Guten Tag,

ich bin Allgemeinarzt aus Hannover und beschäftige mich gerade mit dem Thema "Hausärztliche Betreuung von an Demenz erkrankten Patienten (und ihrer pflegenden Angehörigen)"

Welche Möglichkeiten der Hausarzt hat hier tätig zu werden (Beratung über Pflegegesetz, über Sozialstationen , durch Moderation von Selbsthilfegruppen und so weiter...) ist nicht so schwer herauszufinden. Aus der Literatur ist auch zu entnehmen, daß enormer Bedarf hinsichtlich derartiger Beratungsleistungen besteht. Mir ist jedoch nicht klar geworden, wie hier die Realität aussieht. Gibt es hierzu Erfahrungen: Wie unterstützt Sie Ihr Hausarzt.? Welche Unterstützung würden Sie sich wünschen??? Haben Sie gute Erfahrungen mit Selbsthilfegruppen (Deutsche Alzheimer e.V. etc). Es wäre schön, wenn Sie mich durch diesbezügliche Informationen unterstützen könnten, ggf. direkt an meine E-mail Adresse: tomwimmer@hotmail.com.
Vielen Dank

T.Wimmer


Heidi antwortete am 29.03.01 (09:17):

die Unterstützung die ich mir von einem Hausarzt wünschen würde, ist eine umfassende Aufklärung über das Krankheitsbild (Ursache, mögliche Symptome, Verlauf ) und Informationen über Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen am Ort. Das setzt voraus, dass der Hausarzt selbst ausreichend über geriatrische Demenzerkrankungen informiert ist, was leider nicht immer der Fall ist. (Es kommt es auch heute noch vor, dass alte demente Menschen mit der lapidaren Diagnose "Hops" in ein Altenheim eingewiesen werden).


Thomas Wimmer antwortete am 30.03.01 (21:55):

Hallo Heidi,
da kann ich nur zustimmen!
Aber wie sieht denn die Realität aus???
Die Alzheimer Gesellschaft hat unlängst eine Umfrage gemacht, aus der hervorging, daß ein nicht unerheblicher Teil der Patienten nicht die (teuren) Medikamente erhielt, die vielleicht notwendig waren. Aber was bekommt man denn sonst von seinem Hausarzt (außer einem Rezept). Ist nicht die psychosoziale, ganzheitliche Betreuung viel entscheidender für die betroffene Familie.

Thomas Wimmer


Gerda Bruhn antwortete am 31.03.01 (13:09):

Meine Ansprüche an einen Hausarzt sind fachliche Kompetenz und menschliche Wärme. Das genügt. Nicht erwarte ich von ihm, daß er auf sämtliche Probleme eine Antwort hat. Das wäre für mich sogar unglaubwürdig und letztends bei der heutigen Überlastung des Praktikers mit Krankenschein ja gar nicht machbar.
Gruß, Gerda.


Heidi antwortete am 31.03.01 (14:41):

"..Ist nicht die psychosoziale, ganzheitliche Betreuung viel entscheidender für die betroffene Familie..."

Lieber Thomas, das wäre meine Idealvorstellung eines Hausarztes.

In meiner Kindheit gab es solche Ärzte noch, heute gibt es meist nur noch "Mediziner" mit Schlüsselzahlen und Abrechnungsdaten im Kopf, sie können sich die Leistungen, die die Kassen nicht bezahlen, nicht mehr leisten.

Die kompetente Beratung und Betreuung der Familie eines Demenzerkrankten durch den Hausarzt ist genauso wichtig wie die Behandlung des Erkrankten selber und würde sich maßgeblich auf den Verlauf der Krankheit auswirken. Diese Praxis habe ich bisher nur bei sehr wenigen, meist jüngeren Ärzten erlebt.

Leider müssen sie (die Ärzte) auch bei der Rezeptierung von Medikamenten Rücksicht auf ihr Budget nehmen und auf das, was die Kassen für notwendig halten. Geriatrische Medikamente und hier speziell die Medikamente für Demenz-Erkrankte sind, wie Du schon sagtest, zu teuer oder gar nicht erst in den Kassen-Katalog aufgenommen.

Nun - wem sage ich das. :-).


Rosmarie S antwortete am 31.03.01 (18:07):

Leichter fällt es mir zu antworten, wie ich mir den Hausarzt nicht unbedingt wünsche... Meine Mutter war wegen einer Demenzerkrankung zehn Jahre in meiner Nähe in einem Altenheim. Ich ließ den Hausarzt wöchentlich kommen, auch wenn nichts Besonderes anstand. Mutti bekam den Blutdruck gemessen, das Herz abgehört, ihre Medikamente verschrieben und vorher und nachher herzlich die Hand gedrückt. Darüber hinaus wurde auch mal ein fröhliches Wort gesprochen, was meiner Mutter die Stimmung immer sehr hob... Das Ganze war aber höchstens eine Sache von fünf Minuten, eher weniger.
Abgerechnet wurde immer auch das übliche Wegegeld, obwohl dieser Arzt mindestens weitere zehn oder zwanzig Patienten besuchte. Aber das fand ich alles noch okay.
Geärgert habe ich mich, als ich ca. dreimal in diesen zehn Jahren ein ca. zehnminütiges Sonder-Gespräch mit dem Arzt über meine Mutter geführt habe. Dieses wurde meiner Mutter als Privatpatientin mehr als saftig zusätzlich berechnet.
Meine Konsequenzen: Ich persönlich bin von diesem Arzt (sonst ein angesehener Mediziner hier am Ort) weg gegangen. Meiner Mutter habe ich ihn allerdings gelassen, weil sie ihn mochte und er ihr vertraut war.


Thomas Wimmer antwortete am 01.04.01 (21:05):

Bitte noch mehr zum Thema pos/neg. Erfahrungen:

Wer hat wie geholfen, natürlich auch andere Teilnehmer des "sozialen Netzes" (Sozialstation, Mitarbeiter der Pflegeversicherung, Gemeindeschwester [gibt´s die noch]u.s.w.)
Danke für das Verständnis zum Thema Budgetierung!
Andererseits sollten wir Ärzte uns auch nicht von Politikern oder Krankenversicherungsvertretern die Richtlinien der Therapie vorschreiben lassen.

Zur Info: Privat Patienten (die für die ärztliche Leistung angemessen bezahlen [vgl. Rechtsanwalt Gebührenordnung]) finanzieren in einer Durchschnittspraxis die anderen Patienten mit. Genauso wie in der gleichen Praxis junge Patienten (die einmal im Quartal kommen) die älteren (die vielleicht 10 x kommen) mitfinanzieren. Der Betrag pro Patient unterscheidet sich zwischen alt und jung um 10-20 DM und ist unabhängig von den erbrachten Leistungen.


Jochen Gust antwortete am 07.04.01 (09:58):

Sehr geehrter Herr Wimmer,

ich bin Mitarbeiter der sozialen Betreuung eines Seniorenheimes. Mein Schwerpnkt liegt in der Arbeit mit Alzheimerkranken.
Meine Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Hausärzten sind überwiegend positiv. Gerade bei der Alzheimerkrankheit ist die "psychosoziale" Begleitung und Betreuung durch die den Erkrankten meist seit langen Jahren vertrauten Hausärzte sehr sehr wesentlich und ein für mich unabdingbares Kooperationsfeld. Leider gibt es aber auch hier Ärzte, die zu wenig über die Krankheit wissen - und auch wenig Wert darauf legen, sich mit "kleinen Heimmitarbeitern" auszutauschen. Häufig kommen neue Klienten zu uns, deren Diagnose dann "Hops" lautet, "dementielles Syndrom" oder "cerebral-Sklerose". Eine genaue Diagnose, um welchen Typ einer Demenz es sich handelt, ist aber gerade auch für uns im Heimbereich sehr wichtig.
Wichtig finde ich auch, daß ein (Haus-)Arzt nicht nur ein somatisches Wissen zu einer Erkrankung parat hat, sondern den Angehörigen auch ganz praktische Tips für den Umgang bzw. die Bewältigung des Alltags zu vermitteln vermag. Was nach meinem Eindruck leider nicht so sehr der Fall ist. Zumindest muss in meinen Augen der Hausarzt in der Lage sein, den (pflegenden) Angehörigen anaquädate und kompetente Stellen zu verweisen, wo diese sich informieren können. Literaturtips, Adressen und regionale Selbsthilfegruppen sollte der Hausarzt nennen können. (Bzw. ein Praxiseigenes Infoblatt wäre eine feine Sache).
Auch sind gerade die Hausärzte häufig gute Vermittler im Spannungsfeld Angehörige/Heimmitarbeiter. Ebenfalls positiv kann ich bewerten, daß die Hausärzte im Allgemeinen über eine hohe Einsatzbereitschaft verfügen, sich der verschiedensten Probleme - nicht nur der somatischen - anzunehmen und diese gemeinsam mit allen Beteiligten zu lösen oder zumindest "tragbar" zu gestalten.

Einem pflegenden Angehörigen zu erklären, was sich jetzt im Gehirn des Erkrankten bis ins Detail abspielt, mag dazugehören.
Unlängst durfte ich einer solchen Erklärung für einen Angehörigen im Rahmen eines Vortrags durch einen Neurologen beiwohnen. Sehr interessant war der Vortrag in der Tat. Das Gehirn wurde sozusagen im Rahmen der Alzheimerkrankheit in seine Bestandteile zerlegt. Der Vortrag fand z.T. bei den Angehörigen (für diese war er gedacht) zunächst großen Anklang. Bis eine pflegende Angehörige schließlich sagte: "Schön und gut Herr Doktor. Ich weiß nun, was im Gehirn meines Mannes geschieht, was Esterhasehemmer sind....aber was mach ich nachher zuhause, wenn mein Mann wieder weglaufen will?".
Dies nur als Beispiel, worauf ein Arzt (dieser hier war es nicht) wenigsten etwas vorbereitet sein sollte.

freundliche Grüße

Jochen Gust
www.meome.de/alzheimer

(Internet-Tipp: https://www.meome.de/alzheimer)


VE antwortete am 25.04.01 (10:46):

Hallo Herr Wimmer,
weshalb sind Sie in den hannoverschen Ärzteverzeichnissen nicht zu finden?
Gruß VE


Ursula Trautmann antwortete am 26.04.01 (00:48):

Ich bin bereit pflegende Angehörige zu entlasten. Damit die Familie mal ganz in Ruhe einen schönen gemeinsamen Urlaub machen kann bin ich bereit den pflegebedürftigen Angehörigen zu betreuen. Ich bin Krankenschwester und habe 30 Jahre in einer Einrichtung für Demenzkranke gearbeitet und kann auf gute Erfolge hinweisen.Wer Interesse hat melde sich bitte.