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THEMA:   Was tun, wenn ein Verwandter langsam "abdriftet"?

 16 Antwort(en).

carla begann die Diskussion am 21.04.04 (15:28) mit folgendem Beitrag:

Ein naher Verwandter meines Mannes zeigt schon lange Zeit "Absonderlichkeiten": keiner soll wissen, wer zu Besuch kommt, deshalb muß das Auto immer ein paar Ecken weiter geparkt werden, wenn man zu Besuch kommt. Die Post darf nur ans Postfach geschickt werden, damit keiner weiß, wer schreibt. - Seit einiger Zeit (ca. 3 Jahre)behauptet nun dieser Verwandte, daß der Nachbar schlimme Düfte ins Haus des Verwandten schickt (technisch nicht möglich), daß er einbricht, weil er Nachschlüssel habe, und alles Mögliche und Unmögliche stielt. Meistens Dinge, die nach einer Weile wieder auftauchen, weil sie nur verlegt waren. Außerdem ist der Verwandte immer vergeßlicher und vor allem: nicht ansprechbar darauf, daß sein Hirn ihm wohl "Streiche" spielt und er vielleicht mal zu einem Neurologen gehen sollte. Nein! Er ist gesund, nur der Nachbar ist sooo böse..... (sagt er).

Das Verhältnis zu diesem Verwandten ist nicht gut, und wie gesagt: er blockt mehr und mehr ab und will von irgendwelchen Tipps, die nichts mit dem Nachbarn sondern mit ihm zu tun haben, nichts hören.

Was tun?


Geli antwortete am 21.04.04 (16:09):

Erinnert mich ein wenig an meine Oma. Aber sie war damals schon über Mitte 80 (und ansonsten völlig "normal"). Sie behauptete ähnliches. Bevorzugt stahl die Nachbarin gebrauchte Seiflappen, Fischkonserven u.ä.
Das hört sich für Außenstehende vielleicht lustig an, ist aber für die Mit-Betroffenen alles andere als lustig. Man muss unter anderem auch aufpassen, dass man nicht selbst der Diebstähle bezichtigt wird.
Leider kann ich Dir keinen ernsthaften Rat geben, was man in einer solchen Situation tun sollte.


wanda antwortete am 21.04.04 (16:48):

darf ich etwas fragen ? Wie alt ist der Mann und wie lange lebt er schon allein ?


carla antwortete am 21.04.04 (16:55):

Du darfst fragen :-): Er lebt schon immer allein, ist seit etlichen Jahren in Rente und ist Jahrgang 1930, also 74...


schorsch antwortete am 21.04.04 (21:40):

Der Verwandte sollte von einer Fachperson untersucht werden - bevor er durchdreht.


carla antwortete am 21.04.04 (21:45):

Damit hast Du sicher Recht, Schorsch. Nur: wie sollen wir ihn dazu bringen, das zu tun? Er sieht sich ja als völlig gesund an (manchmal kommen Zweifel, die aber schnell wieder weggeschoben werden). Nur der böse Nachbar...
Letzten Endes müssen wir wahrscheinlich abwarten, bis etwas wirkliche Gravierendes geschieht und bis dahin hoffen, daß nichts Schlimmes passiert. Eine scheußliche Situation für alle Seiten, finde ich.


hugo1 antwortete am 21.04.04 (21:56):

,vielleicht ist es hilfreich, mal morgen abend 20:15 den WDR einzuschalten und zwar die Sendung: Rundum Gesund: Strategien gegen das Vergessen

Moderation: Alexa Iwan


pilli antwortete am 22.04.04 (00:32):

aufnahmen zu dieser sendung wurden u.a. in einer kölner Seniorenresidenz gedreht; eine der ladies, mit der ich im wöchentlichen "Altentreff" in fröhlicher runde bissi englisch trainiere, berichtete von den filmaufnahmen und ich bin schon sehr gespannt, wie das thema behandelt wird.

carla,

hattet ihr schon die möglichkeit angedacht, den Sozialpsychiatrischen Dienst der städte oder gemeinden einzuschalten?

die aufgaben, die dort wahrgenommen werden betreffen:

"- Beratung und Hilfe für psychisch kranke und suchtkranke Menschen, deren Angehörige und Bekannte

- Hilfen in Krisensituationen

- Beratungsgespräche und Hausbesuche, im Notfall auch kurzfristig"

sicher bieten auch kirchliche organisationen ähnliche hilfestellung an.

:-)


Irina antwortete am 22.04.04 (06:34):

Hat der Verwandte nicht einen Hausarzt, zu dem er gelegentlich geht?
Mit diesem würde ich sprechen ("altersbedingte paranoide Wahnvorstellungen").


Irina


carla antwortete am 22.04.04 (10:55):

Danke für Eure Tipps!
Mit dem sozialpsychiatrischen Dienst habe ich gesprochen: sie können erst dann etwas tun, wenn die betreffende Person selbst bei ihnen um Hilfe bittet.
Einen Hausarzt in dem Sinne gibt es nicht, weil sich dieser Verwandte nicht als krank empfindet. Und körperliche Beschwerden hat er wenig oder wird so damit fertig. Außerdem ist ja genau das das Problem: ein Arzt, der sagt, daß vielleicht doch etwas mit dem Patienten nicht in Ordnung ist und nicht mit dem Nachbarn, wird nicht mehr aufgesucht...
Carla


siria antwortete am 22.04.04 (11:36):

Carla, ich kenne das Problem von meiner Tante und ihrem Mann. Sie verlotterten buchstäblich, kannten die Zeit nicht mehr, schliefen in unbezogenen Betten, wuschen und pflegten sich nicht mehr.
Eine Zeitlang hat eine andere meiner Tanten sie betreut. Sie tranken auch übermässig, weil sie wahrscheinlich auch Depressionen hatten.
Als es wirklich nicht mehr ging, als die Nachbarn sich beschwerten, dass meine Tante sich auf der Treppe und aus dem Fenster (!) erbrochen hatte, auf die ausgelegten Betten der unteren Nachbarin, da griff das Sozialamt ein.
Eines Tages holten sie die beiden ab zu einer kleinen "Ausfahrt", sie brachten sie in ein Pflegeheim. Da realisierten die beiden aber schon nichts mehr.
Vielleicht müsste man mit der Vormundschaftsbehörde reden, aber so lange der Mann nichts Gefährliches oder für die andern Unzumutbares tut, kann man wohl nichts machen.

Das ist ein Schutz für Leute, deren Verwandte sie "loswerden" möchten, verhindern, dass sie ihr Geld veschleudern, oder die unbequem geworden sind. Nicht alle Leute sorgen sich echt um einen älteren Vewandten, oft sins da eben noch andere Interessen im Spiel, darum die oft unverständlichen Gesetze. So hat man es mir erklärt.


wanda antwortete am 22.04.04 (12:00):

eine Veränderung wäre sicher dann möglich, wenn sich die Person verlieben würde - oder wenigstens bereit wäre, eine Freundschaft einzugehen.


Das ganze Verhalten, was carla da schildert ist eben typisch für Personen, die über eine längere Zeit allein leben.
Das ist jetzt keine Hilfe für Dich, liebe carla, sollte uns alle aber dazu auffordern, weiter über Wohngemeinschaften im Alter nachzudenken.


Irina antwortete am 22.04.04 (14:44):

" ... Das ganze Verhalten, was carla da schildert ist eben typisch für Personen, die über eine längere Zeit allein leben. ... " (Wanda)

Dem möchte ich widersprechen, jedenfalls teilweise. Denn nicht alle allein Lebenden werden derart absonderlich. Kann sein, daß das Alleinsein die Krankheit fördert. Eine Krankheit liegt doch auf jeden Fall zugrunde, auch wenn manche der Meinung sein mögen, daß eine Arteriosklerose keine Krankheit sei.

Dieser Mann wird wahrscheinlich eines Tages auch im weiteren Umfeld auffällig werden. Er wird vielleicht sogar andere oder sich selbst gefährden. Da kann man dann schon eher etwas tun.

Ich würde als erstes die Polizei rufen und die Beamten überlegen lassen, was zu tun ist. Vielleicht einen Notarzt holen.


Irina


carla antwortete am 22.04.04 (15:34):

Ich habe heute morgen mit dem zuständigen Arzt beim Gesundheitsamt und mit einem Polizeibeamten gesprochen, die diesen Verwandten beide kennen. Der Verwandte hatte die selbst bei verschiedenen Gelegenheiten gerufen. Einmal, als er meinte, er sei bestohlen worden (das "Diebesgut" fand sich dann wieder), und einmal, weil er meinte, der Nachbar treibe es besonders toll.Uns allen ist klar, daß er krank ist. Solange er aber nicht sich und andere gefährdet(Du hast Recht, Irina), kann man gar nichts tun, nur abwarten und hoffen.
Ich fand es immerhin gut, daß Polizist und Arzt beide sehr menschlich und eher bekümmert klangen darüber, daß auch sie nichts tun können. Und ganz offensichtlich ist dieser Verwandte bei weitem nicht der einzige Fall dieser Art.

Ich glaube eigentlich nicht, daß diese Verwirrtheit daher kommt, dass er allein lebt. Ich denke, das ist eine Krankheit, die ihn einfach getroffen hat. Seine Mutter hatte übrigens Alzheimer.


mart antwortete am 22.04.04 (18:14):

Ja sehr häufig, ob Alzheimer oder "nur" Demenz kann noch nicht entschieden werden, wobei die Grenzen ja nicht scharf sind.

Gute Alterspflegerinnen und Hauskrankenhilfen sind geschult, wie am besten mit diesen Diebstahlsvorwürfen umgegangen wird.
Mit Logik kann man nicht argumentieren. Es ist ein Zeichen, daß der Mensch sich in der Umwelt nicht mehr zurechtfindet und diese Tatsache vor sich und den anderen verleugnet und rechtfertigt. Eine Strategie des Selbstschutzes sozusagen.

Ich habe in einem solchen Fall mit Psychopharmaka der Sorte "happy pills" sehr gute Erfahrungen gemacht. Wird natürlich nicht gern verschrieben, da diese die teuersten sind - aber oft ist dieser Verfolgungswahn mit Depressionen verbunden - und es wäre einen Versuch wert.
(Aber wahrscheinlich nimmt dein Verwandter in diesem Stadium keine Tabletten aus Angst vergiftet zu werden.)

Zur Demenz und zu Alzheimer finde ich diese zwei Bücher ausgezeichnet:

Dr. Hans-Eugen Schulze: Der 36-Stunden-Tag
auf
https://www.dvbs-online.de/horus/2000/5/pfluege.htm

Gümmer/Döring
Im Labyrinth des Vergessens (Hilfen für Altersverwirrte und Alzheimerkranke (Psychiatrie-Verlag): kürzer als obiges, aber gibt einen ausgezeichneten Einblick.

(Ausgezeichnete Erfahrung habe ich mit Ginseng-produkten gemacht (z.B. Ginsana), müssen allerdings mindestestens ein halbes Jahr in einer genügenden Dosis genommen werden.)


wanda antwortete am 22.04.04 (19:05):

wenn er wirklich schon verwirrt ist, ist das etwas anderes.
ich kann jedenfalls sagen, dass ich immer wieder Menschen mit Eigenarten wie zu Anfang geschildert kennen gelernt habe. Sie kümmerten sich seit Jahren überwiegend um sich selbst, d.h. ihr ganzen Denken war auf ihre eigenen Bedürfnisse zentriert.
Vielleicht wird es irgendwann Studien geben, die meine These beweisen.

"Ein Freund ist jemand, der die Melodie Deines Herzens hört und sie Dir vorsingt, wenn Du sie vergessen hast.°

Es geht nichts über gute Freunde, Partner, Mitmenschen, Nachbarn usw.


carla antwortete am 22.04.04 (22:33):

Mart: vielen Dank für Dein Posting. Ich werde mich mal nach den Büchern umschauen. Allerdings hilft das dem Verwandten wenig, weil er eben gar keine "Krankheitseinsich" hat :-(.

Gleiches gilt leider auch für happy pills oder Ginseng-Produkte. Er müßte sie nehmen wollen...

Danke!
Carla