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THEMA:   Zwangsverheiratung - ein Tabuthema

 14 Antwort(en).

mart begann die Diskussion am 18.02.04 (10:40) mit folgendem Beitrag:

Die in Berlin lebende Rechtsanwältin Seyran Ates kämpft seit Jahren dafür, dass die Zwangsverheiratung in der deutschen Öffentlichkeit stärker wahrgenommen wird.

Ein Bericht von Sigrid Dethloff



"Für die türkischstämmige Frauenrechtlerin und Rechtsanwältin gehört Zwangsverheiratung zum Arbeitsalltag. Nahezu jede dritte Mandantin in ihrer Berliner Kanzlei ist davon betroffen. Seyran Ates‘ berufliche Erfahrungswerte decken sich auch mit einer 1996 in Berlin durchgeführten repräsentativen Umfrage, die unter türkischen Immigrantinnen durchgeführt wurde.Ich bin in Istanbul geboren, es ist eine Weltstadt", sagt Seyran Ates.

Kreuzberg sei jedoch das Gegenteil davon. "Dort haben sich türkische Familien in ihrer Immigration konserviert, die sie vor vierzig Jahren begonnen haben." Der Schein trügt oft, so Ates. Auch wenn auf der Straße "sehr modern aussehende, auch sehr sexy wirkende Frauen" zu sehen seien – so lebten viele von ihnen in extrem traditionellen Umständen. Hinter vielen Häuserfassaden gelten Menschrechte für Frauen so gut wie überhaupt nicht.

Krank vor Angst und Unterdrückung

Viele der Frauen, die man hier zur Zwangsehe gezwungen hat, werden sexuell genötigt und nicht selten auch schwer misshandelt .Viele fügen sich in ihr Schicksal aus Hilflosigkeit oder aus Solidarität mit ihren Müttern und Schwestern. Sie haben Angst vor dem Verlust der Familie, vor den Aggressionen des Vaters und der männlichen Verwandten. Unterdrückung, sexuelle Übergriffe und Gewalt führen nicht selten zu schweren körperlichen und seelischen Erkrankungen. Oft sind die Frauen vollkommen am Ende, wenn sie den Weg in die Kanzlei von Seyran Ates gefunden haben.

Sie wollen die Scheidung. Aber auch die Anwältin und ihre beiden Kolleginnen müssen oft lange und behutsam nachfragen, bis das Wort "Zwangsverheiratung" fällt. Die Scham ist groß. Seyran Ates will helfen, "nur können wir diese Zwangsheirat juristisch nicht mehr thematisieren, weil meist die Frist abgelaufen ist für die Annullierung einer solchen Zwangsehe." Die Frauen hätten ein Jahr lang das Recht, die ungewollte Heirat rückgängig zu machen – doch die meisten wüssten das nicht oder zögerten zu lange. "Ich wünsche mir, dass die Fristen für die Frauen verlängert werden", sagt Seyran Ates.

Koran betont aber die Freiwilligkeit beider Partner..."


utelo antwortete am 18.02.04 (16:33):

Es werden nicht nur die Mädchen zwangsverheiratet, sondern auch die jungen Männer. Ich habe etliche davon kennen gelernt, die sich entgegen aller Vernunft dem Zwang und Ehrenkodex der Familie unter geordnet haben. Dieser Zwang wird von ihnen dann in der Ehe an ihre Frauen weitergegeben, und somit entstehen oftmals Prügel, Vergewaltigung und Unterdrückung. Wenn die Männer anfingen, sich gegen diesen Zwang zu wehren und sich nicht mehr unterordnen, wäre schon ein großer Schritt getan. Solange aber -hauptsächlich für die Väter- die Familienehre und/oder ihr eigener Gesichtsverlust das Wichtigste ist, kann keine Besserung eintreten. Einer einer damaligen Untermieter wurde von seinen Eltern verheiratet, weil diese dringend Geld brauchten und die ausgesuchte Braut -ein trampeliges, gewalttätiges Mädchen, was froh war, einen Mann abzukriegen- schlug und beschimpfte diesen ihren Ehemann, wenn er auc nur 10 Minuten zu spät von der Arbeit nach Hause kam. Auch so herum gibts.
Nur wir Europäer haben kein Möglichkeit, da einzugreifen, auch weil wir die Mentalität nicht verstehen.


wanda antwortete am 18.02.04 (17:52):

Ich bin auch der Meinung, dass wir uns nicht in alles - vor allem nicht in andere Kulturkreise - einmischen sollten. So kenne ich zwei Inderinnen, die unbedingt heiraten mussten, vom Elternhaus her. Eine davon konnte den Ehekandidaten der Eltern ausschalten, indem sie einen anderen vorschlug. Dieser aber lebte bereits mit einer anderen Frau zusammen, was die Eltern nicht wussten. Also, die Ehepartner waren sich im Klaren darüber, dass ihre Ehe nur der Eltern wegen und auch in Indien geschlossen wurde.
Der Mann ging wieder in die USA, die Frau lebt in Deutschland. Beide haben andere Partner und sind zumindest jetzt noch glücklich. In Indien ist das nicht publik, oder vielleicht doch `?


schorsch antwortete am 18.02.04 (18:41):

Ich aber bin der Meinung, dass sich jedermann/frau, der/die in einem fremden Land wohnen will, sich dessen Gesetzen zu unterordnen habe. Die Gesetzeshüter sollten bei Kenntnis solcher Zwansgheiraten mit unerbittlicher Härte die Fehlbaren bestrafen. Wenn es sich herum spricht, dass man die Gesetze des Gastlandes nicht ungestraft verletzen oder umgehen kann, wird sich auch in diesen Ländern herum sprechen, dass man die Finger besser von Zwangsheiraten zu lassen habe. Zudem wäre mehr Druck auf z.B. die türkische Regierung auszuüben, die immer noch mit einem Auge zur Seite schaut und mit dem anderen blinzelt....


mart antwortete am 18.02.04 (18:57):

"Die Macht der Imams

"Doch für viele ihrer Landsleute gilt - so Seyran Ates - das Wort des Hodschas bzw. Imams. Er segne das Recht von Familien ab, ihre Kinder nach ihren Wünschen zu verheiraten.

Und er beanspruche für sich, Ehen nach islamischen Recht schließen zu können. Im Islam gebe es keine übergeordnete Kirchen-Stelle, die die Hodschas und Imams kontrolliere.

Doch der deutsche Staat schaue zu oft weg, klagt Seyran Ates. Dabei sei es höchste Zeit, den selbst ernannten Predigern ihre Macht zu nehmen:

"Sie sind sehr fortschrittsfeindlich und leben in einer sehr konservierten islamischen Welt." Menschenrechte für Frauen gebe es darin nicht: "Weil sie der Ansicht sind, Frauen sind weniger wert als Männer - und Männer bestimmen das Leben."

Internet-Tipp: https://www.dw-world.com/german/0,3367,1575_A_1040996,00.html


chatti antwortete am 18.02.04 (18:58):

Die deutschen Gesetze, regeln das doch wohl klar. Zwangsverheiratung ist nicht erlaubt.
Mann und Frau haben die gleichen Rechte u.s.w.
Darunter verstehe ich keine Einmischung in fremde Kulturen.
Was sich aber hinter den Türen der einzelnen Familien abspielt, bleibt oft verborgen


utelo antwortete am 18.02.04 (19:07):

Hi Schorsch,
wo lebst Du denn oder hast Du Deine Brille nicht mehr aufgesetzt. Unsere Gesetze interessieren hier keinen mehr, besonders nicht solche, die in die Familientraditionen anderer Nationen eingreifen würden. Unsere Gesetze kennt man auch nicht, weil sie unwichtig sind für bestimmte Menschen. Wenn man wie wir mitten drin wohnt, sieht und hört man viel und ist teilweise entsetzt, aber man kann´s nicht ändern. Sagt man etwas, ist man gleich rassistisch. Wahrscheinlich ist es aber so, dass Deutschland doch etwas weiter ist. Einige Länder, deren Leute hier leben, sind halt noch nicht so weit. Als ich jetzt im Krankenhaus lag, hatte ich gleich zwei junge Frauen im Zimmer, die zwangsverheiratet worden sind (Albanerinnen) und im Nebenzimmer ein Mädchen aus Äthiopien, das beschnitten wurde und eine Wahnsinnsangst vor der gynäkologischen Untersuchung hatte. Mehr als trösten konnte ich auch nicht.


Medea. antwortete am 18.02.04 (19:17):

Ständig wird gegen das "Wegschauen" hier zu Felde gezogen, aber beim Thema Zwangsverheiratung junger Türkinnen wird nicht so hingeguckt, sondern da wird dann die Tradition des entsprechenden Landes bemüht ..... :-((
Ehe oder Tod
Tausende Mädchen werden jedes Jahr in Deutschland mit Gewalt zur Heirat gezwungen. Meistens wird das in den Familien so diskret "abgehandelt", daß wenig nach draußen dringt.
Serap Cileli macht mit ihrem Buch "Wir sind Eure Töchter, nicht Eure Ehre" auf die unmenschliche Tradition der Zwangsheirat aufmerksam. Es ist ein Buch der schmerzvollen Erfahrung und der Befreiung von überkommenen Traditionen der türkischen Kultur in der Türkei - aber vor allem in Deutschland. In ihrem Buch beschreibt sie ihren Leidensweg in und aus der türkischen Tradition der Zwangsheirat und des weiblichen Gehorsams gegenüber der Familie. Nicht jede türkische Frau hat ihr Glück, Menschen zu treffen, die sie in ihrem Kampf um ihr freies Selbst so unterstützen.
Dieses Buch soll anderen Türkinnen Mut machen, mit den Traditionen zu brechen und ihr Leben so zu leben, wie es sie sich selbst wünscht.

Höchste Zeit, daß sich die deutschen Politikerinnen und Politiker dieses Tabuthemas annehmen - die Frauenrechte
hierzulande dürfen nicht durch derartiges Traditionsgehabe
ausgehebelt werden.


hl antwortete am 18.02.04 (19:33):

Das deutsche Recht kann nur greifen, wenn die vor beschriebenen Frauen und Mädchen die deutsche Staatsbürgerschaft haben, jedenfalls soweit es die "Zwangsverheiratung" betrifft!

Bei physischer Gewaltanwendung oder Misshandlung gilt naürlich unsere Rechtsprechung auch für türkische Staatsangehörige die hier leben.

Übrigens, Misshandlung und Gewalt soll es ja auch in "deutschen" Ehen geben. Siehe Frauenhäuser..

Allerdings.. wo kein Kläger, da kein Richter.


mart antwortete am 18.02.04 (20:51):

Das Folgende aus dem unten angegebenen Link:

"Die Ehe darf nur aufgrund der freien und vollen Willenseinigung der zukünftigen Ehegatten geschlossen werden." (Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, 1948)

"Zwangsverheiratung ist eine Form von häuslicher und meist auch sexualisierter Gewalt, die nicht nur einen massiven Verstoß gegen die oben zitierte Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, sondern auch gegen zahlreiche weitere Konventionen, Erklärungen und Gesetze darstellt.

Im Juni 2001 hat die UN Arbeitsgruppe zu "Zeitgenössischen Formen der Sklaverei" Zwangsverheiratung als eine der modernen Formen von Sklaverei gebrandmarkt, von der meist Frauen von ihren frühen Teenagerjahren bis zum Alter von Ende Zwanzig betroffen sind.

Auch Unicef hat 2001 dazu aufgerufen, Mädchen besser vor Zwangsheiraten zu schützen und eine Studie erstellt, aus der hervorgeht, dass Millionen Mädchen jedes Jahr bereits vor oder kurz nach ihrer Pubertät verheiratet werden. Frühe Heiraten sind häufig mit dem Verlassen der Schule verbunden und führen dazu, dass Mädchen in einem Teufelskreis von Armut, Unwissenheit und Abhängigkeit gefangen bleiben.

Nach der Hochzeit wird von Mädchen meist erwartet, dass sie ihrem Ehemann sexuell zur Verfügung stehen. Zwangsverheiratungen gehen dementsprechend mit einem hohen Risiko für die Frauen, von den aufgezwungenen Ehemännern vergewaltigt und sexuell missbraucht zu werden, einher. Fehlende sexuelle Aufklärung erschwert die Situation der Mädchen, die häufig auch keinen Zugang zu Verhütungsmitteln haben. Teenagerschwangerschaften und damit verbundene Komplikationen gehören zu den von Unicef angeprangerten Folgen von Zwangsverheiratungen.

In der öffentlichen Debatte wird Zwangsverheiratung meistens mit bestimmten Kulturen oder Religionen in Zusammenhang gebracht und häufig als (bewußtes oder unbewußtes) Argument zur Aufrechterhaltung vorhandener Stereotypien gebraucht. Diese Sichtweise wird dem komplexen Phänomen und erst recht den Betroffenen jedoch in keiner Weise gerecht. Zwar steht Zwangsverheiratung mit kulturellen Traditionen in Zusammenhang, kommt aber in unterschiedlichen religiösen und ethnischen Gruppen vor, überschreitet die Grenzen von Schichten und Kasten, betrifft reiche und arme Familien...."



Zur rechtlichen Situation:

Allgemeines

Grundsätzlich ist zu beachten, dass Ehen in der Form geschlossen werden, die die Gesetze am Ort der Eheschließung vorschreiben ("Ortsform").!!!

Die Staatsangehörigkeit der Eheschließenden spielt dabei keine Rolle.

Eine beispielsweise nach türkischem Recht geschlossene Ehe ist also hier rechtsgültig, auch wenn die Braut zum Zeitpunkt der Heirat erst 15 Jahre alt war und somit in Deutschland nicht hätte heiraten können.

Ausnahmen gegen diese grundsätzliche Regelung liegen dann vor, wenn die Rechtsnorm eines anderes Staates gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts, insbesondere gegen Grundrechte, verstoßen würde – also der Öffentlichen Ordnung ("ordre public", Art. 6 EGBGB) entgegenstehen würde. Das muss jeweils im Einzelfall geprüft werden. ..."

Aus folgendem Link, in dem auch erschütternde Beispiele aus der Praxis des Türkisch Deutschen Frauenvereins gegeben werden.

Internet-Tipp: https://www.papatya.org/veroeffentlichungen/broschuere.htm


julchen antwortete am 19.02.04 (06:27):

Also bei aller Ehre, hl, aber das klingt wirklich doof.

"Das deutsche Recht kann nur greifen, wenn die vor beschriebenen Frauen und Mädchen die deutsche Staatsbürgerschaft haben, jedenfalls soweit es die "Zwangsverheiratung" betrifft!"

Es findet auf deutschen Grund und Boden statt!
Ergo sollte deutsches Recht - und KEIN Andres -
applicabel sein. (Oder Oesterreichisches, Oder Schweizer, oder Englisches....etc).

Eine Frau muss geschlagen werden, bis das Land
in dem sie lebt, meint zustaendig zu sein?

Von der Misere vieler Muslemischen Frauen mal abgesehen, sehe ich dieses "kompartmentalisieren"
des Staates als sehr gefaehrlich, denn es erlaubt
den "Rechten" des Heimatsstaates der Einwanderer
Fuss zu fassen - irgendwann vielleicht mal bis zu dem Punkt wo Deutsches Recht als voellig machtlos daneben stehen wird.

Wie klein der Schritt dann, bis eventuell auch Deutsche beginnen den Druck zu spueren.....

...Schwarzmalerei?
Wer weiss....man hat ja bereits Pferde k..en sehen...


mart antwortete am 19.02.04 (11:03):

Zur Erinnerung:

Zur rechtlichen Situation:

Grundsätzlich ist zu beachten, dass Ehen in der Form geschlossen werden, die die Gesetze am Ort der Eheschließung vorschreiben ("Ortsform").!!!

Die Staatsangehörigkeit der Eheschließenden spielt dabei keine Rolle!!

Eine beispielsweise nach türkischem Recht geschlossene Ehe ist also hier rechtsgültig, auch wenn die Braut zum Zeitpunkt der Heirat erst 15 Jahre alt war und somit in Deutschland nicht hätte heiraten können.

Ausnahmen gegen diese grundsätzliche Regelung liegen dann vor, wenn die Rechtsnorm eines anderes Staates gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts, insbesondere gegen Grundrechte, verstoßen würde – also der Öffentlichen Ordnung ("ordre public", Art. 6 EGBGB) entgegenstehen würde. Das muss jeweils im Einzelfall geprüft werden.

Im Fall einer minderjährigen türkischen Braut ist zum Beispiel ein solcher Verstoß verneint worden."

Berichte über die rechtliche Situation in versch. Ländern und von betroffenen Mädchen unter

Internet-Tipp: https://www.papatya.org/veroeffentlichungen/broschuere.htm


chatti antwortete am 19.02.04 (22:11):

Also, ich verstehe das so, wie ich schon erwähnte, nämlich, daß es in Deutschland nicht erlaubt ist, jemanden, ob Mann oder Frau, zu einer Heirat zu zwingen.
Was nützt es aber, wenn das Einverständnis von beiden gegeben wird.
Unter welchem Druck so ein Einverständnis vielleicht manchmal entsteht, wie sollte das geprüft werden? Etwa unter 4 Augen jeden einzeln befragen? (Natürlich keine Deutschen, versteht sich ja) - - das fällt doch wohl unter Rassendiskriminierung- -
Also, welchen Vorschlag hast du denn, mart?

Ich sehe das so, dass eine Änderung von innen heraus kommen muß. Das heißt, von den Betroffenen selbst. Wir, d.h. der Staat, die Gesetze, können nur unterstützend wirken.
Genauso wie keine Frau, deutsch oder nicht, davor bewahrt werden kann, einen Schläger zu heiraten, wenn sie es will, es jedenfalls so bekundet, oder einen Versager, Trinker oder sonst was.
Sehe ich da etwas falsch?


wanda antwortete am 20.02.04 (09:53):

@chatti, m.E. siehst Du das nicht falsch - auch ich denke so - und ich kenne viele Türken, Männer wie Frauen, die in ihren Familien dafür sorgen, und glücklichweise auch mit Erfolg, dass keine Zwangsheiraten mehr geschlossen werden.

Die Ausländer, die hier in den Kindergarten oder zur Schule gehen, werden viel selbstbewusster und lernen sich durchzusetzen.

Bei der indischen "Ehe", von der ich sprach, ist es so, dass die Frau noch drei jüngere Schwestern hat. Wenn man in Indien wüsste, dass die ältere Schwester mit einem Europäer in wilder Ehe lebt, würden die Chancen der Schwestern auf eine "gute Ehe" sehr sinken. Auch die Geschäfte des Vaters würden leiden, d.h. die ganze Familie käme in Existenzangst.

Nur deshalb hat diese junge Frau sich zur Scheinehe entschlossen. ( Buchtip: eine gute Partie von Vikram Seth)


mart antwortete am 20.02.04 (20:28):

Typisch für ein Tabu ist, daß darüber nicht geredet wird. Dabei betrifft das Problem viele ethnische und religiöse . Kreise;( auch fundamentalististische Christen und Roma sind betroffen).

Typisch für ein Tabuproblem ist ebenfalls, daß es darüber praktisch keine soziologischen Untersuchungen über Ursachen und Hintergründe gibt.
Es gibt sehr wenig gesichertes Wissen – so kursieren auch sehr unterschiedliche Zahlen über die davon Betroffenen. Gemeinsam ist allen Zahlen, dass es sich um Schätzungen handelt, und von einer sehr hohen Dunkelziffer auszugehen ist. Das liegt auch an der schwierigen Definition von Zwangsheirat und der Abgrenzung zu arrangierten Ehen. (Männer sind durchaus auch betroffen, aber aufgrund ihrer anderen Geschlechterrolle sind sie in einer anderen Lage, die ihnen mehr Handlungsmöglichkeiten, besonders nach der Eheschließung, bietet.)

Änderungen müssen von innen heraus erfolgen, richtig, aber es würde einiges dazu beitragen und helfen, wenn

- eine breite gesellschaftliche Ächtung dieser Form von Gewalt an Frauen erfolgt. Dazu gehört die weitere Informations- und sensibilisierende Aufklärungsarbeit. Für eine gezielte Präventionsarbeit ist es jedoch unerlässlich, mehr über dieses Tabu zu wissen – und das ist nur möglich, wenn es eben kein Tabu mehr ist.
-
- Beratungs- und Hilfsangeboten für die Betroffenen ausgebaut werden und diese auch genügend bekannt gemacht werden.
- die ausländerrechtlichen Bestimmungen überprüft werden (Härtefallregelung, Recht auf Wiederkehr Flüchtet eine betroffenen Frau, die beispielsweise während der Sommerferien im Ausland verheiratet wurde, erst nach sieben Monaten, bleiben ihr die deutschen Grenzen verschlossen).

- Überlegungen zum Strafrecht: der Tatbestand Menschenhandel sollte wohl auch auf Heiratshandel sowie die Vermittlung in sklavenartige Arbeitsverhältnisse ausgeweitet werden. Auch das würde zu einem Bewusstmachen des Problems bei Betroffenen beitragen.