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THEMA:   Zwischen Ausbildung und Beruf ein Jahr im Dienst für die Gemeinschaft?

 11 Antwort(en).

Medea. begann die Diskussion am 19.01.04 (14:54) mit folgendem Beitrag:

Wie kann eine Alternative für den Wehr- und Zivildienst aussehen? Es geht um die Einführung eines sozialen Pflichtjahres in Deutschland. SPD-Politiker plädieren dafür, in der CDU gehen die Meinungen auseinander und die Grünen setzen auf Freiwilligkeit. Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) sagte: "Ich halte das soziale Pflichtjahr für Männer und Frauen für erwägenswert, weil darüber nicht zuletzt Gemeinsinn und Veranwortung für unsere Gesellschaft gestärkt würden". Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) wies darauf hin, "daß junge Menschen durch ein Pflichtjahr auch die Probleme des Lebens aus anderer Sicht kennenlernen würden." Andere wenden sich gegen einen Zwang und sind dafür, die freiwillige Bereitschaft zu fördern, als staatliche Pflichten aufzuerlegen. Die Grünen setzen auf ein freiwilliges soziales Jahr sowohl für junge Leute als auch für Arbeitnehmer, die am Ende ihrer Berufslebens stehen.
Nach einer Umfrage von "Forsa" sind 70 Prozent der Deutchen für ein soziales Pflichtjahr und nur 27 Prozent dagegen.


schorsch antwortete am 19.01.04 (17:57):

Entweder obligatorsich für alle - oder sein lassen.

Früher hatten reiche Söhne die Möglichkeit, einen Stellvertreter in den Krieg zu schicken, den sie bezahlten. Das sollte im angesprochenen Fall jedenfalls nicht möglich sein.


maedel antwortete am 19.01.04 (22:04):

Sag auch JA zur Einführung eines freiwilligen sozialen Jahres für *alle jungen Leute*, die von der Schule kommen .... aber nicht für die Arbeitnehmer, die am Ende ihres Berufslebens stehen.

Diejenigen, die am Ende des Berufslebens stehen, suchen sich eh ehrenamtliche Tätigkeiten, mit denen sie ihre Freizeit ausfüllen.

Das freiwillige soziale Jahr muss ja nicht unbedingt der Tätigkeit der Zivildienstleistenden gleichgestellt werden. Es gibt genügend andere Tätigkeiten, die man in diesen Begriff einordnen kann.

@schorsch
Wahrscheinlich liegst gar nicht mal so arg daneben. Die, die es sich leisten können, werden wahrscheinlich rechtzeitig eine Hintertür finden - wie heisst es so schön *sich freikaufen von der Verpflichtung*.

Ist alles schon mal dagewesen.


dirgni antwortete am 19.01.04 (22:04):

Hallo Medea,

interessant wäre die Altersstruktur dieser Umfrage: nämlich wieviel Prozent von denen ein soziales Pflichtjahr befürworten, die davon betroffen wären.


kleinella antwortete am 19.01.04 (23:29):

Wenn ich das lese, dann erinnere ich mich häufig daran, daß meine Mutter, Jahrgang 1925, häufig von ihrem "Landjahr" und vom "Arbeitsdienst" erzählt hat. Ich frage mich, was der Sinn eines solchen Jahres sein soll. Ersatz für die Bundeswehr? Halte jedenfalls nichts davon, egal für welchen Jahrgang.


Medea. antwortete am 20.01.04 (07:19):

Hallo dirgni

Aus der ap/dpa-Mitteilung geht noch hervor, daß auch bei den unter 30jährigen mit 61 Prozent eine Mehrheit für den Pflichtdienst ist.

Für die FDP ist ein soziales Pflichtjahr nicht mit der Verfassung unter einen Hut zu bringen. Sie kündigte "entschiedenen Widerstand" gegen diese Pläne an.
"Ein Pflichtjahr wäre ein Zwangsdienst und ist mit den Grundsätzen unserer Verfassung nicht vereinbar", erklärte der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Ernst Burgbacher.


schorsch antwortete am 20.01.04 (09:30):

Das allergrösste Argument für ein solches Pflichtjahr wäre, dass es auf einen Schlag ein paar Hunderttausend Arbeitlose weniger gäbe. Ich würde sogar befürworten, dieses "Jahr" nach Bedarf ausweiten oder verengen zu können.


dirgni antwortete am 20.01.04 (09:54):

schorsch,

meinst Du damit, man könnte Pflichtarbeit (das Wort Zwangsarbeit möchte ich nicht verwenden) als Konjunkturregulator einsetzen?

Würde das nicht dazu führen, daß die billigen Pflichtarbeitskräfte weitere reguläre Arbeitsplätze wegnehmen und in der Folge mehr Arbeitslose da sind. Damit entstünde ein ebenso unerwünschter Kreislauf wie mit der Einführung der Mindestbeschäftigten.


Horst antwortete am 20.01.04 (10:19):

Meine Söhne haben ihren Zivildinst in sozialen Einrichtungen gemacht (Altersheim, Notfallklinik). Zunächst nur weil sie "mussten". Es war sehr hart, körperlich und mental sehr belastend. Aber sie haben in der kurzen Zeit eine ungeheuere Entwicklung in ihrer Persönlichkeit gemacht, haben sich engagiert, haben eine Ahnung vom "Ernst des Lebens" bekommen. Und in einem Fall ist inzwischen sogar ein Beruf draus geworden.
Darum bin ich für ein soziales Jahr für alle ohne Ausnahme.


mart antwortete am 20.01.04 (17:38):

Ich bin eindeutig dafür.

Einer meiner Söhne war beim Roten Kreuz und ich kann Horsts Worte nur bestätigen (auch mein Sohn äußert sich wiederholt in diesem Sinn - und ihr könnt euch nicht vorstellen, wie verantwortungsvoll er Auto fährt!)

Bei uns kann man den Zivildienst (noch) bei Friedensorganisationen an bestimmten Standorten auf der Welt leisten - wenn die Familie dazuzahlt, da ansonsten mit dieser Bezahlung wirklich nichts geht.

Und die Ungerechtigkeit, daß jungen Männern ein Jahr gestohlen wird, Mädchen aber nicht wäre ausgeräumt. (Und was lernen die jungen Männern beim Heer? - nichts, was ihnen oder anderen im Leben hilft.)


schorsch antwortete am 20.01.04 (18:20):

dirgni

was glaubst du, dass schädlicher ist, ein Zivildienstjahr oder ein Herumhängejahr, beei dem sich die Jugendlichen als absolut nutzlos vorkommen müssen?


dirgni antwortete am 20.01.04 (21:44):

nein schorsch,

ich habe damit auf Deine Bemerkung reagiert, daß man dieses Jahr nach Bedarf ausweiten oder verengen könnte.

Auch ich bin gegen das Herumhängen (das ja oft nicht auf ein Jahr beschränkt ist). Ich glaube aber nicht, daß man mit einem Pflichtjahr wirtschaftliche Probleme wie Arbeitslosigkeit lösen kann; bestenfalls verschiebt man sie kurzfristig.