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THEMA:   'Fuer Menschlichkeit in der Altenpflege'

 29 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 30.09.03 (20:45) mit folgendem Beitrag:

Das ist das Motto einer Aktion der Konfoederation evangelischer Kirchen in Niedersachsen mit ihren Diakonischen Werken und dem Fachverband NEVAP.

Heute haben rund 2.000 AktivistInnen - SeniorInnen, Pflegekraefte, PfarrerInnen etc. - gemeinsam den Niedersaechsischen Landtag in Hannover 'eingekreist'.

Nur mehr rund 40 Minuten Zeit pro Tag bleibe den Pflegekraeften in Altenheimen fuer die gesamte Betreuung und Pflege eines Bewohners, warnt MARTIN RAABE vom Fachverband der diakonischen Altenpflege.

Hier ist der Link zur Website der Aktion 'Fuer Menschlichkeit in der Altenpflege':

https://www.menschlichkeit-in-der-altenpflege.de/

Internet-Tipp: https://www.menschlichkeit-in-der-altenpflege.de/


Mechtild antwortete am 30.09.03 (20:54):

In Köln gehen Di + Do die Mitarbeiter, Bewohner + Angehörige der städtischen Seniorenheime auf die Strasse und machen auf die mangelnde Zeit des Personals in den Heimen aufmerksam. Auch wir sind oder werden alt und brauchen vielleicht einmal Pflege.


pilli antwortete am 30.09.03 (22:44):

nun...die aktion zumindest in Köln konnte meiner meinung nach nicht schlechter, verlogener und unprofessioneller ausgeführt werden. trotz der zeitigen verkündigung in den organen der örtlichen presse fanden sich nur ca. 450 menschen bereit, die folgendes von den kameras der "Aktuellen Stunde" eingefangene szenario zeigten:

die überwiegend jungen bis mittelalten pflegekräfte schoben demenzkranke und auch weitere dem kommentar des reporters nach "sich nicht mehr zurechtfindende" in rollstühlen zur demo. eine sehr aktiv wirkende mitvierzigerin hüpfte mit pfeifchen im mund und weit ausgebreiteten armen vor dieser versammlung und pfiff sich den letzten rest ihrer ehre aus der seele.

ich konnte sehen, wie eine pflegerin immer wieder dieses pfeiflein einem sehr würdigen älteren herrn in den mund schob, das dieser aber genau so oft wieder ausspukte.
dank an den kameramann, der wortlos mit dieser aufnahme dokumentierte, watt hier eigentlich sache war.

zornig und wütend hat mich gemacht, was da heute abend geschehen ist. wer hat diesen pflegerInnen wohl erlaubt, sich mit demenzkranken zu zeigen?

nicht nur abwesend schauende menschen sah ich, auch einige wenige , die selbst die pfeife zum mund führten, aber...die wurden von dieser wie ein känguruh hüpfenden
"einpeitscherin" angespornt. hier wurde m.e. heftiger als alles, was ich je befürchtet habe, dokumentiert, wie rechtlos wir werden, sind wir dereinst auf diese art hege und pflege angewiesen...zur schau wurden sie gestellt, krank und wehrlos!

dem vorangehenden sehr aussagestarken bericht aus der sicht einer pflegeleiterin einer geschlossenen abteilung konnte ich entnehmen, daß sie die wenige pflegezeit (20min. pro patient) anprangerte. ich hätte ihr gewünscht, daß ihre aussagen besser nach aussen vermittelt worden wären...nur...
so bitte nicht!

nun....ich hoffe und bete, daß es donnerstag nicht regnen wird...die vernunft, die alten herrschaften dann in der geschützten umgebung zu lassen, traue ich nach dem heute gesehenen, niemandem dieser aktivisten zu!


pilli antwortete am 30.09.03 (22:50):

"Für Menschlichkeit in der Altenpflege" heißt das thema...

am liebsten würde ich sie anzeigen, diese besondere spezies von menschenfreunden!


mart antwortete am 30.09.03 (23:11):

Nun, wenigstens sind an diesem Tag die Herrschaften einige Zeit an die frische Luft gekommen.- = ironisch gemeint!

Nach Berichten über unseren jüngsten Pflegeskandal in Wien war der durchschnittliche Frischluftgenuß der "gepflegten" etwa 1/2 Stunde pro Monat.


tiramisusi antwortete am 01.10.03 (12:59):

pilli: liest sich fast so idiotisch wie die immer wiederkehrenden "befreiungsaktionen" von tieren aus der pelztierfarm, die dann auf der nächsten autobahn breitgefahren werden ...
schon ziemlich empörend, was du da schreibst - scheinbar geht es um die menschlichkeit bzw vorteile für das pflegepersonal und nicht für die heimbewohner.


Wolfgang antwortete am 01.10.03 (14:46):

40 Minuten taegliche Betreuungszeit pro HeimbewohnerIn ist verdammt wenig. Selbst diese kurze Zeit steht auf der Einsparliste... Vielleicht werden es in Kürze nur noch 20 Minuten sein.

Menschlichkeit braucht eine oekonomische Basis. Wenn die mutwillig zerstoert wird, hat Menschlichkeit keine Chance mehr.

Wohl dem Heimbewohner bzw. der Heimbewohnerin, die noch von Pflegekraeften einbezogen werden in ihren gemeinsamen Protest 'Fuer Menschlichkeit in der Altenpflege'.

https://www.menschlichkeit-in-der-altenpflege.de/

Internet-Tipp: https://www.menschlichkeit-in-der-altenpflege.de/


tiramisusi antwortete am 01.10.03 (18:43):

"Menschlichkeit braucht eine oekonomische Basis"

????


mart antwortete am 01.10.03 (19:00):

Ich verstehe eines nicht:

Es gibt die Definition der 3 Pflegestufen in Deutschland, (in Österreich in 7 Pflegestufen) und die Heime berechnen dementsprechend die Kosten. Diese werden aus der Rente, dem Pflegegeld, dem persönlichen Vermögen und den vorgeschriebenen Beiträgen der Kindern bezahlt. Erst wenn das alles nicht ausreicht, springt der Staat ein. Die Kosten sind wie doch allgemein bekannt ist beträchtlich, im Schnitt etwa 700 Euro pro Tag.

Und dafür bekommt man 3 Windeln, die Mahlzeiten, ein Bett, und im Schnitt 40 Minuten Betreuung!


Definition der drei Stufen für Deutschland:

"Pflegebedürftige der Pflegestufe I sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Im Tagesdurchschnitt muss der Zeitaufwand hierfür mindestens 90 Minuten betragen, hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen.


Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftig):

Pflegebedürftige der Pflegestufe II sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Im Tagesdurchschnitt muss der Zeitaufwand hierfür mindestens 3 Stunden betragen, hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens 2 Stunden entfallen.


Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftig):

Pflegebedürftige der Pflegestufe III sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Im Tagesdurchschnitt muss der Zeitaufwand hierfür mindestens 5 Stunden betragen, hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens 4 Stunden entfallen.

Härtefall:

Ein Härtefall liegt vor, wenn ein außergewöhnlich hoher Pflegeaufwand notwendig ist. Dies ist der Fall, wenn die Grundpflege auch des nachts nur von mehreren Pflegekräften gemeinsam (zeitgleich) erbracht werden kann oder Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens 7 Stunden täglich, davon wenigstens 2 Stunden in der Nacht, erforderlich ist."

In den Pflegeheimen befinden sich vorwiegend alte Leute der Pflegestufen 2 und 3! Wie ist der Widerspruch zwischen Einstufung und Bezahlung und tatsächlich geleistetem Zeitaufwand zu erklären?




utelo antwortete am 01.10.03 (20:15):

Hallo Pilli,
kannst du dir vorstellen, dass diese "Pflegerin" und auch die anderen, die dabei waren, einfach nur hilflos und verzweifelt sind? Ich habe die Leute hier in Mülheim gesehen. Sicherlich sind es vielleicht nicht die richtigen Mittel, um Aufmerksamkeit zu erreichen, aber man versucht wenigstens was, um die Aufmerksamkeit auf den Pflegenotstand zu lenken. Und der ist ja nun ohne Frage vorhanden. Also mach bitte nicht alles so runter, auch wenn solche Maßnahmen nicht unbedingt deiner Vorstellung entsprechen. Vielleicht hast du ja auch ein paar wirklich gute Ideen, die man anbringen könnte.


tiramisusi antwortete am 01.10.03 (20:36):

utelo - doch aber nicht unter zur schau stellung der hilflosen senioren ...ich bitte dich ...


pilli antwortete am 02.10.03 (01:43):

hi utelo

vorstellen ja, da kann ich mir vieles...meine großmutter wurde, wenn auch nur 6 monate, täglich in einem altenheim von meiner mutter, meiner schwestern und mir abwechselnd mit- betreut...ich kenne also die zustände und weiß, wie sehr die pflegekräfte auf die mithilfe der angehörigen angewiesen sind, damit auch nur das notwendigste machbar ist.
wir sind abwechselnd in die wäscheräume gewandert und haben versucht, aus riesigen wäschehaufen die nacht-wäsche meiner großmutter wiederzufinden; immer wieder hatte sie die fremden nachthemden an. auch nach ihrem gebiss haben wir mehrfach mit erfolg in diesen haufen gesucht und uns war bewußt, daß kann nicht erwartet werden, dazu reicht das zeitkontingent einfach nicht. ich habe eines sonntags morgen auf eigene verantwortung den notarzt und den rettungsdienst angerufen, bevor ich die diensthabende pflegerin informiert habe über das, was ich sah, als ich die bettdecke hoch hob.

auch hl hat einiges von ihrem täglichen bemühen berichtet, allem gerecht zu werden...nur...

es kann und darf nicht sein, daß menschen mißbraucht werden, egal zu wessen vorteil! das ist nicht der richtige weg...nicht nur, weil es mich entsetzt.

um was geht es denn? u.a. soll der kanzler gezwungen werden, sich der situation vor ort zu stellen.

rechtfertigt dieser bestimmt berechtigte wunsch ein solches vorgehen? ich meine mal, jede und jeder, der meint demonstrieren zu wollen...klar...aber die dreistigkeit zu besitzen, menschen, die ihnen anvertraut wurden, mit auf diesen weg zu schleifen, ohne daß sich diese menschen bewußt sind, watt da nun abgeht...neee!!!

tja, welche ideén ich habe...willste das wirklich wissen?

als erstes werde ich morgen früh das gesundheitsamt der Stadt Köln anrufen und nachfragen, wer die genehmigung dazu erteilt hat, daß diejenigen, die nicht mehr selbst entscheiden können, mitgenommen werden. ma gucken, ob ich datt nicht schaffe, daß zumindest diese menschen nicht zu was gezwungen werden, was sie nicht wirklich wollen und nur das ist wichtig für mich.

wichtiger, als der wunsch was "runterzumachen"


mart antwortete am 02.10.03 (09:44):

Das angegebene Verhältnis Pflegepersonal - Pflegende (1:20 bis 1: 40 ?)stimmt insofern nicht, als es über das Jahr gemittelt ist und Krankenstände, Urlaube, Nächte etc. miteinbezieht und Physiotherapeuten, Beschäftigungstherapie, Zivildiener, Praktikanten etc. nicht inkludiert.

Das Pflegeheim, das ich genauer kenne, hat bei Tag ein Verhältnis 1: 4 bzw. 5. Das heißt, 1 Pflegeperson betreut 4 bis 5 Pflegebedürftige (von denen ca. 2 Personen sehr zeitsparend durch Sonden ernährt werden).


pilli antwortete am 02.10.03 (19:48):

@ utelo

ich möchte gerne dir und anderen interessierten mitteilen, daß ich heute vormittag recht lange versucht habe, auskunft zu meiner frage zu erhalten, wer die erlaubnis erteilt hat, daß verwirrte und an demenz erkrankte personen anlässlich der noch geplanten demonstrationen teilnehmen dürfen.

es ist mir wichtig zu bemerken, daß alle mit denen ich mich über die sich mir gestellte problematik unterhalten habe, sehr kompetent und auch verständnisvoll reagierten.

die 7. möglichkeit verbunden zu werden, war dann der treffer.:-)

ich schilderte das in der fernseh-übertragung gesehene und auch, daß ich meine befürchtungen bereits in einem öffentlich lesbaren forum, halt dem "ST" bekannt gemacht habe. einerseits gelte meine besondere sorge den noch geplanten folgenden demos...(jeweils n u r Dienstags) und andererseits gebiete es die fairness, die mir nicht bekannten fakten dann ebenso an gleicher stelle zu veröffentlichen.

die anwort der sachbearbeiterin zeigte, daß für alle personen, die unter spezieller betreuung stehen, daß einverständnis der betreuenden person eingeholt wird. niemand würde mitgenommen, für den dieses einverständnis nicht gegeben ist. desweiteren teilte sie mir mit, daß keine fotos oder bildaufnahmen erlaubt seien.

nun...das wird nicht zu verhindern sein, entgegnete ich ihr, denn eben das sei ja der grund meines anrufes, den sie übrigens nicht als überflüssig empfand.

tja utelo, welche idee ich noch hätte? :-)

jou...mart war es, mit ihrer zeitangabe der "frischluft-zuteilung" von 1/2 stunde, die es dann leicht machte. :-)

das "Zentrum für Senioren und Behinderte der Stadt Köln" in Köln-Riehl ist die stelle, bei der erfahren werden kann,
wie und was machbar ist, damit "spaziergänge" organsiert werden können. vielleicht interessieren sich mitlesende kölner St-ler ebenfalls für diese möglichkeit und vielleicht könnten wir da gemeinsam watt tun? :-)

ich setzte die seite mal als internet-link ein, ansprechpartner ist "Herr Schmitt". gleichzeitig gebe ich meine e-mail addi an, vielleicht besteht interesse an gemeinsamen spaziergängen oder anderem tun mit den heimbewohnern im gelände der Riehler-Heimstätten.

:-)

Internet-Tipp: https://www.sbk-koeln.de/start.htm


mart antwortete am 03.10.03 (07:55):

<<die anwort der sachbearbeiterin zeigte, daß für alle personen, die unter spezieller betreuung stehen, daß einverständnis der betreuenden person eingeholt wird. niemand würde mitgenommen, für den dieses einverständnis nicht gegeben ist<<

Wenn es dich interessiert, würde ich dieser Behauptung einmal nachgehen; ich weiß leider, daß dort, wo es um senile, demente Pflegebedürftige geht, enorm ! gelogen wird --

Viele von ihnen stehen nicht unter Sachwaltschaft, da den Angehörigen der Weg einer Entmündigung nicht nötig erscheint - dann sind die Herrschaften rechtl. gesehen noch eigenberechtigt - oder sie sind durch einen amtlichen oder ehrenamtlichen Sachwalter vertreten. Die Fälle, bei denen ein Familienangehöriger die Sachwaltschaft inne hat, sind eher in der Minderzahl. Bei vielen Pflegebedürftigen wohnen die Angehörigen weit weg.


Liegt wirklich von allen ein schriftl. Einverständnis vor?


dino9 antwortete am 03.10.03 (08:46):

es ist leicht altenheime zu kritisieren,sich über die zustände auzuregen.
früher waren sie in den familien. erst als alle mehr geld brauchte-wollten wurden unsere alten mehr u. mehr abgeschoben. in den familien sieht es mit den alten nicht besser aus.


mart antwortete am 03.10.03 (09:26):

dino9

Nun, nachdem ich die Verhältnisse in 4 Altersheimen genauer kenne(darunter eine sehr teure Seniorenresidenz) und auch die Verhältnisse in diversen Familien (Ich wohne auf dem Land, wo sehr viele alte Menschen in meiner Umgebung in den Familien betreut werden, bzw. 3 konkrete Fälle in meinem Bekanntenkreis) und ich selbst kurz in einem Pflegeheim - unbezahlt - gearbeitet habe, muß ich Dir aus meiner Erfahrung heraus widersprechen.

Das Erschöpfende und psychisch belastende im Pflegedienst ist die ständige Betreuung von vielen vor allem dementer Menschen - und das bei einer normalen Arbeitsstundenzahl. Meines Erachtens unmenschlich, da der psychische Ausgleich fehlt, und z.T. einer negativen Einstellung Tür und Angel öffnet.

Die Betreuung von Pflegebedürftigen in Institutionen kommt mir so vor wie die Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern in "Anstalten" mit ähnl. Hospitalisierungseffekten.

Allein das Wohnen von alten, dementen, pflegebedürftigen Menschen in einer Familie reduziert vieles an den Problemen, die in Heimen auftreten. - Das es auch hier zu Mißständen kommen kann, ist klar -- aber die Aussage "in den Familien sieht es mit den alten nicht besser aus" ist schlichtweg falsch.

Daß dieser optimaler Weg unseren alten Menschen ein würdiges Lebensende zu ermöglichen, heute aus vielen Gründen nicht mehr verwirklicht werden kann, ist traurig.

Die Ursache dafür liegt nicht nur im Wertewandel unserer Gesellschaft, die m.E. der Leitkultur des Hedonismus folgt.

Ich glaube, wir sollten - wo immer möglich - die Alten genau so fürsorglich behandeln und betreuen wie wir das i. Allg. mit unseren Kindern selbstverständlich tun.


tiramisusi antwortete am 03.10.03 (11:28):

dino9: die arbeit und der einsatz von altenheimen kann sicher nicht genug gewürdigt werden - nachdem ich aber persönlich erlebt habe, wie erbärmlich hilflose menschen oft behandelt werden, mag ich nicht an zufälle glauben. meine mutter war einige male in kurzzeitpflege, da ich berufsmässig ins ausland musste. nachdem ihre zimmernachbarin von der pflegerin im beisein meiner mutter geohrfeigt und gezwungen wurde, ihre suppe aufzuessen und man es ihr verbot, vom tisch aufzustehen (ASB-Heim) brachte ich meine mutter beim nächsten mal in einem privaten heim unter, das entsprechend teurer war. meine mutter berichtete mir, dass man sie dort gezwungen hatte, windeln zu tragen, statt sie bei bedarf auf das wc zu begleiten und so liess man die frau den ganzen tag in der vollen windel herumlaufen (wechsel nur morgens und abends) - das waren die krassesten vorfälle, es gibt noch mehr. wie gesagt - keine zufälle, denk ich mal. das pflegepersonal ist oft komplett überfordert und erhält meiner meinung nach nur mangelnde ausbildung, weiterbildung und "coaching" im sinne von beratendene gesprächen zwecks stressabbau mit entsprechenden fachleuten. die wenigen altenpflegerInnen, die diesen beruf aus tiefster überzeugung und grossem engagement ausüben, stossen nicht selten in eine leitende funktion vor und haben zwar noch mit der organisation und abwicklung, nicht aber mehr mit dem einzelnen heimbewohner zu tun. schaut man sich an, wie bei den arbeitsämtern kanalisiert wird, dann darf man davon ausgehen, dass 60% der langzeitarbeitslosen, die nicht mehr vermittelt werden können, irgendwann zur altenpflegerin umgeschult werden - ob sie es wollen oder nicht. grad in den letzten wochen habe ich mich mit leuten unterhalten, die berufsberatung an schulen machen - ergebnis: wer auf grund mangelnder schulischer leistungen ohnehin keine chance hat, eine lehrstelle zu bekommen ( im besonderen sonderschülerinnen) - dem rät man, altenpflegerin zu werden. kann es das denn sein? wird da nicht durch das system ein berufsstand herabgewürdigt, den man eigentlich genau wie feuerwehleuten ein ganz anders ansehen verschaffen sollte und den man so attraktiv machen könnte, dass junge leute begeistert in diesen beruf gehen - und nicht, weil sie sowieso nichts anderes kriegen ...


mart antwortete am 03.10.03 (11:54):

Angelika,
ich kann vieles von dem, was Du berichtet hast, voll bestätigen!

Bezüglich junger Menschen und Pflegeberuf vertrete ich aber eine andere Meinung -- ich glaube, daß zu diesem Beruf eine persönl. Reife und Weisheit nötig ist, die bei jungen Schulentlassenen i.Allg.einfach nicht vorhanden sein kann.

Leider verhindert man bei älteren Arbeitslosen (ich kenne einige Frauen, die aus tiefem sozialem Engagement in diesem Bereich arbeiten wollen) die Beschäftigung, da ihnen die amtlichen Qualifikationen dazu im Vorfeld abgehen und man von Amts glaubt für eine bezahlte Umschulung kein Geld zu haben! Jedenfalls die Frauen, auf die ich mich hier beziehe (ca. 17)würde ich als Segen für jedes Altersheim empfinden.


Mechtild antwortete am 03.10.03 (14:51):

„Ich glaube, wir sollten - wo immer möglich - die Alten genau so fürsorglich behandeln und betreuen wie wir das i. Allg. mit unseren Kindern selbstverständlich tun.“ Leider ist das eine falsche Wahrnehmung der gesellschaftlichen Realität. Genauso wie viele Kinder liebevoll in der Familie aufgenommen werden, werden viele Kinder vom ersten Tag an misshandelt und verwahrloset. Ihr Hab und Gut, und dass was ihnen von Rechtswegen zu steht wird veruntreut und viele Kinder wachsen ohne Liebe auf. So ist das auch bei den alten Menschen. Viele leben in ihrer Wohnung oder im Heim und werden liebvoll von den Kindern und Betreuern umsorgt, andere verwahrlosen. Das passiert im Heim und in der Familie. Man sollte die Missstände im einzelnen aufzeigen aber nicht verallgemeinern.


Mechtild antwortete am 03.10.03 (14:55):

@mart
Was den jungen Schulentlassenen an Reife und Weisheit fehlt, fehlt den älteren Pflegern an Spontaneität, Leichtigkeit und Spritzigkeit. Auch ein alter Mensch braucht beides. Immer nur mit erfahrenen umsichtigen Erwachsenen zusammen sein macht depressiv.


mart antwortete am 03.10.03 (15:08):

Mechthild

Spontaneität etc. .. Du hast hier recht und ich habe schon zuvor überlegt, meinen Standpunkt zu präzisieren.

Ich habe hier nicht an die alten Leute gedacht, die Fröhlichkeit, Jugendlichkeit, Lachen etc. i. allg. schätzen, sondern vor allem an die Jugendlichen.

Kürzere Zeit im Altersheim zu arbeiten ist für sie in fast allen Fällen interessant, lehrreich und sie sind mit Begeisterung dabei.
Ich habe nur Bedenken, wenn diese jungen Menschen, die erst am Beginn ihres Erwachsenenlebens stehen, sich mit den Problemen (u. das ist auch oft Jammern, Depression, negative Einstellungen und schlechte Lebenserfahrungen..) der Menschen, die am Lebensende stehen, auf Dauer konfrontiert werden.


pilli antwortete am 04.10.03 (10:08):

@ utelo

gestern habe ich zweimal versucht, eine antwort-mail an dich zu senden und erhielt jeweils vom "Mail Delivery System" die meldung, daß die mail nicht weitergeleitet werden kann.

ich setze meine private antwort an dich jetzt einfach hier ein:

:-)
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guten morgen :-)

du hast recht, die verhältnisse und die art, wie der kräftezehrende einsatz der pflegekräfte einfach hingenommen wird, das ist genauso wenig ein weg.
und darum ist es wichtig, daß du mit deinem beitrag auch das berücksichtigt hast. liebe ute, ich habe mit stiller freude an anderer stelle gelesen, daß es dir wesentlich besser geht.

und darum hoffe ich auch, daß du, wenn es dein befinden erlaubt, nach wie vor eine angenehme contra-vertreterin bleibst! :-)

ich weiß nicht, was mich da so bewegt hat, die berichte der aktuellen stunde laufen eigentlich immer nur so neben dem abendlichen tun am pc ab...aber diesmal hat mich das bild des älteren herrn derart bewegt, daß ich geweint habe...vielleicht nicht um ihn...aber...ich dachte plötzlich daran, wie sinnlos es ist, ein leben nach bestimmten wertvorstellungen geführt zu haben und dann "geführt" zu werden.

auch von dir weiß ich aus früheren beiträgen, wie schwer es oft gewesen ist, eigene vorstellungen zu verwirklich, seelen-ballast über bord zu werfen auch wenn es gängigen vorstellungen nicht entspricht.

ich hab im ST nicht geschrieben, daß ich der mitarbeiterin angeboten habe, mich gegen diesen herrn auszutauschen :-) sie hat gelacht und hat mir versichert, daß wirklich "geachtet" wird...auch z.bsp. auf den ansonsten guten allgemeinen gesundheitszustand. :-)

also,,,nochmal s "danke" für den anstoss in die richtige richtung, mal zu überlegen, daß nicht nur im ST zeit verbracht wird, die alten "aufzumischen" :-) damit der kreislauf in bewegung gerät, sondern daß da ein weites feld von möglichkeiten besteht.

ich wünsch dir eine angenehme zeit!

pilli

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@ mart

deine bedenken teile ich in gleicher weise :-)und zum thema betreuer, ob von amt wegen bestimmt oder auch durch verwandschaft genutzt, sind die informtionen derart undurchsichtig, daß es wert scheint, daß mal zu sammeln und zu diskutieren :-)die patientenverfügung beinhaltet m.e. nicht alles zu bedenkende!

aber...den "gewünschten" :-)spaziergang, zu dem du mich angeregt hast, den möchte ich nicht gefährden, indem ich mich bereits zu anfang mit kritischen äusserungen "bekannt mache". :-)

die von mir genannte einrichtung spricht auf einer der seiten der hp von "Kunden" und nicht von "Patienten" und das gefiel mir, es zeigt mir sehr deutlich, es bewegt sich was in richtung service und dienstleistung. dazu aber braucht es das "beste" an personeller ausstattung und nicht nur liebevolle quereinsterInnen, deren qualifikation aber nicht ausreicht, einen so verantwortungsvollen job auszufüllen.

ich bin eine gegnerin des sogenannten "Ehrenamtes" und es sträuben sich mir die nackenhaare, wenn ich sehe, wie die staatlichen einrichtungen immer mehr auf diese mitarbeit bauen und damit eigene verantwortung abschieben. denn hier sehe ich wieder tür und tor weit geöffnet, das "kreti und pleti", weil ja "umsonst", sich mit lorbeer-zweigen bekränzen.

:-)


mart antwortete am 04.10.03 (10:49):

Ich habe nicht von der Anstellung Ehrenamtlicher gesprochen, sondern von der Anstellung arbeitsloser ca. 30 bis 45 jähriger, die etliche Fortbildungskurse und Praktika besucht haben aber nicht den 2 jährigen Lehrgang, dessen Abschlußzeugnis zur Anstellung erforderlich ist, den diese Frauen aufgrund der anderen Pläne des Arbeitslosenamtes für sie, nicht besuchen d ü r f e n, da sie sonst aus den Arbeitslosenregelungen herausfallen (bei uns!).

Sie müßten also um in ihrem Wunschberuf arbeiten zu können, zwei Jahre von ihrem Ersparten leben und dazu noch das nicht gerade geringe Schulgeld bezahlen!

Und das, weil sie nach der Einschätzung des Amtes zu alt oder für einen anderen Beruf geeigneter wären.

Das ganze ist aber nur eine Facette in dieser schwierigen Materie und - da gebe ich dir recht - nicht die Wichtigste.


Selbstverständlich ist es gut von "Kunden" zu sprechen als von "Patienten" oder "Betreuten" --- eine der grundlegenden Regeln für die Öffentlichkeitsarbeit. Ich hoffe, daß die äußere Form und die innere Gesinnung hier Hand in Hand gehen.


pilli antwortete am 04.10.03 (11:59):

mart,

ich habe dich verstanden und dein beispiel "zu alt" setzt da an, wo sich für mich eine weitere überlegung stellt.

es wird erwartet und ist bestimmt auch so, daß die pflege naher angehörigen im familienverband bestmögliche betreuung sichert. das entlastet die sozialen kassen, belastet aber in bestimmten fällen die dann betreuenden mit enormen problemen, die es m.e. auch wert sind zu diskutieren über die dann aber oftmals weniger nachgedacht wird.

spinnen wir das beispiel doch mal weiter :-) :

wenn ich, pilli, mit noch reichem energiepotential versehen, :-) nun morgen beschließe...okay...du bist 56, belastbar biste...haste in vielen jahren tag und nacht bewiesen...bist nicht lernunwillig...hast manches noch
angepackt und genügend ausdauer auch in schwierigen situationen gezeigt...
...und wenn ich mich, nun nur mal angedacht :-) bei einer einrichtung bewerben würde und sei es auch nur, um die einfachsten verrichtungen zu übernehmen...brote schmieren, essen austeilen, gespräche führen oder vorlesen, haare richten und vielleicht auch da, wo es noch aufgenommen werden kann, heiterkeit zu verbreiten und vieles andere mehr, daß ich leisten könnte...

...spätestens dann endet doch diese überlegung...

warum wohl? :-)klar...viel zu alt, um angestellt und bezahlt zu werden.

andererseits wird erwartet, daß ich nicht zu alt bin, unter den gleichen zuvor genannten eigenschaften, das im privaten umkreis zu leisten oder halt als "Ehrenamt" zu übernehmen.

oh...die verantwortlichen mitarbeiter der deutschen arbeitsämter liebten es in der vergangenheit und auch noch heute, die skurrilsten weiterbildung-möglichkeiten an die arbeitslosen zu vermitteln...egal, wie sinnvoll aufgrund des alters oder wie teuer sich diese maßnahmen gestalten.

erfolgreich...tja, zumindest was die nun geschönten statistiken der deutschen arbeitslosen betraf...da wurden sie nämich nicht mehr genannt...jou...so einfach ist das, zuversicht zu verbreiten...aber, auch das ist ein anderes thema!

:-)


mart antwortete am 04.10.03 (14:42):

pilli,

ich weiß nicht recht zu was es führt, wenn ich mich auf eine Diskussion mit dir einlasse, aber ich habe nachgedacht, warum ich lieber Patient oder Betreuter sage als Kunde.

"Kunde" ist für mich einerseits ein Begriff, der einen Vertrag geschlossen hat (das hat jemand im Alterheim für durchschnittlich 700 Euro pro Tag und kann daher ein entsprechendes "Service" einfordern), andererseits ist mit diesem Begriff für mich eine Person verbunden, die ihre Wünsche weiß, äußern und auch einfordern kann.

"Betreuter" deutet mir eher an, daß diese alten Menschen sich eben nicht mehr richtig artikulieren können und daher voll auf das verantwortliche Handeln des Pflegepersonals angewiesen sind.


utelo antwortete am 04.10.03 (22:40):

An Pilli,
danke für deine Antwort auf mein Mail. Leider funktioniert etwas an meinem PC gar nicht, so dass ich keine Mails empfangen kann. Werde mich morgen mal drum kümmern.
Allgemein ist zu sagen, dass ich versuchen werde -aufgrund meiner jetzigen Erfahrungen mit krank und hilflos sein- frühzeitig Vorsorge zu treffen, dass ich nicht zu lange im Siechenzustand oder Demenzzustand weiter "vegetieren" muss. Hoffe, dass das klappt und ich frühzeitig merke, wenns los geht.


trebor antwortete am 05.10.03 (01:26):

@ Mart
Zitat:
"Die Kosten sind wie doch allgemein bekannt ist beträchtlich, im Schnitt etwa 700 Euro pro Tag."

Auch weniger würde ausreichen um in einem exclusiven Hotel mit Chefarztbetreuung inkl. ständig anwesender Krankenschwester zu wohnen!

Gruß,
Trebor


tiramisusi antwortete am 05.10.03 (17:41):

Wer länger als ein Jahr ins Krankenhaus (Pflegeheim) muss, kommt billiger weg, wenn er es kauft.
Gerhard Kocher (Schweizer Ökonom (geb. 1939))


imra antwortete am 18.11.03 (18:21):

Diskussions-Beiträge in brillianter Vielfalt,
bin examinierte Pflegekraft und habe aus vielerlei von Euch angeführten Gründen und zunehmender Missstände die Institutionen verlassen und bin in den privaten Pflegebereich gewechselt.
Es ging mir um die Verantwortung, die ich für die alten Menschen tragen musste, Personal und Zeitmangel waren Kräfte zehrend, unbezahlte Überstunden waren an der Tagesordnung.
Fast alle Heime mussten nach der Neuordnung 1992 ökonomisch verwalten, Konsequenz:" Fachkräfte wurden nicht neu eingestellt, überwiegend Ungelernte und Teilzeitkräfte, dadurch wurde die Belastung für die wenigen Fachkräfte untragbar, zudem waren nur "sie" für alle Fehler der Mitarbeiter verantwortlich.
Mein Resümee:" Ich stehe immer mit einem Bein im Knast!" Team - Arbeit war unmöglich -.-Teamgeist - Zeitgeist - AUS!! Den Profit ziehen noch immer die Heimbetreiber.
Dabei ist es völlig gleichgültig, ob es private, kirchliche oder andere Organisationen sind, die ein Heim betreiben.
Private Initiative ist die einzige Lösung um diesen Mangel auszugleichen, dabei wehre ich mich gegen das Ehrenamt, wenn dadurch eine Arbeitskraft ersetzt werden soll.
Davon profitieren dann wieder die Heimbetreiber, deshalb widme ich mich lieber meinen Kindern und Enkelkindern, denn etwas Hoffnung habe ich noch in den Generationen-Vertrag, wenn nicht, dann habe ich eben Pech gehabt.