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THEMA:   Niedriger Krankenstand

 53 Antwort(en).

mechtild begann die Diskussion am 15.07.03 (22:22) mit folgendem Beitrag:

Der Krankenstand bei den ArbeitnehmerInnen ist so niedrig wie noch nie. Als Gründe wurden angegeben:
- körperlich schwere Arbeiten werden überwiegend von
Maschinen übernommen
- die Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz hat sich
verbessert udgl.
- Viele Halbtagskräfte
Nicht erwähnt wurde die Angst der ArbeitnehmerInnen vor Verlust des Arbeitsplatzes.
Was sind nach Eurer Meinung Gründe dafür, dass so wenig Arbeitstage durch Krnkheit ausfallen?


pilli antwortete am 16.07.03 (00:04):

Gründe kann ich keine nennen, aber meine überlegungen und erfahrungen biete ich gerne an; nur werden die mal wieder wenigen gefallen :-)

"krank" sein, das bedeutet m.e. arztbesuch und ein entsprechendes attest. so weit so richtig, gute besserung!

"krank machen" bedeutet, cheffe anrufen, irgendwelche jammer-geschichten erfinden, die meist mit der zusage verbunden sind: "es lohnt nicht zum arzt zu gehen, morgen bin ich wieder da".

am folgenden tag wird dann "heldenhaft" dem team berichtet, wie elend mann oder frau sich fühle, aber...das team zeigt verständnis und bedauert, schließlich, mann oder frau hätten da ja auch das eine oder andere noch zu regeln.

die zeit der " drei-tage-infektionen" ist nun wirkungsvoll
beschnitten worden, das wird sich entsprechend in den statistiken ablesen lassen.

ich finds gut, daß hier ein anderes denken eingesetzt hat,
geld sollte frau oder mann m.e. nur für tatsächlich geleistete dienste fordern oder?


pilli antwortete am 16.07.03 (00:56):

den kommentar aus der "jungen welt" zum thema biete ich als internet.tipp an.

:-)

Internet-Tipp: https://www.jungewelt.de/2003/07-16/006.php


Tessy antwortete am 16.07.03 (01:20):

Die Realität dürfte sich halbiert darstellen:
die "blauen Montage" (als Beispiel) fallen weg - ist ja auch gut so -
Grippe-,Magen-und Darminfekte usw. die ansonsten mit Hausmitteln kuriert wurden, wird nun mit Antibiotika zu Leibe gerückt - oder woher rührt es daß die Kosten des Gesundheitswesens weiter angestiegen sind obwohl(angeblich) weniger Menschen krank sind?
Klar daß Freiberufler und Arbeitgeber eine andere Position vertreten als Arbeitnehmer!

Das Ganze könnte man auch noch zynisch sehen:
Wenn die Arbeitnehmer ihre Krankheiten nicht auskurieren - werden sie schon sehen wie wenige Jahre sie ihre Rente bekommen! Gut für die Nachfolgegenerationen!


Medea. antwortete am 16.07.03 (07:56):

Ja, Tessy, immer beide Seiten einer Medaille sehen ...
Es gab Zeiten, da hatten wir in meiner Dienststelle einen ziemlich hohen Krankheitsstand. Montags waren es meistens die beiden Alkoholiker, die fehlten (sie wurden aus humanen Gründen lange mitgeschleppt, erhielten Betreuung und viele Hilfen), eine Kollegin hatte sich den kleinen Finger der linken Hand gebrochen und blieb drei Wochen weg (sie hatte keine Scheibmaschinenarbeiten zu verrichten), in die Personalstelle flatterten nur so die gelben Scheine. D a s scheint nun in der Tat weniger geworden zu sein - was ja auch im Interesse aller zu begrüßen ist. Bei wirklich Erkrankten gibt es gar keine Diskussionen, da steht auch im Kolleginnen- und Kollegenkreis der Wunsch nach guter Genesung an erster Stelle.


rolf antwortete am 16.07.03 (09:59):

In den Nachrichten wurde auch auf die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust hingewiesen, der viele davon abhält, zum Arzt zu gehen. Wer öfter krank ist als andere wird eher entlassen.
Im Bergbau hatte der Arzt übrigens die Möglichkeit - allerdings nur bei Unfällen - leichte Arbeit zu verordnen, das sparte dann BG-Beitragserhöhungen.
Jetzt hat der Arzt ja nur die Möglichkeiten arbeitsunfähig oder nicht, egal welche Tätigkeit der einzelne ausübt.


schorsch antwortete am 16.07.03 (12:58):

Es sind aber genau jene, die des Arbeitgebers stärkste Kräfte sind, die Krankheiten bagatellisieren und trotzdem arbeiten gehen. Wenn diese nun eine ansteckende Krankheit wie z.B. Grippe haben, stecken sie ihre Mitarbeiter ebenfalls damit an. Zudem tun jene, die sich trotz Krankheit zur Arbeit zwingen, sich selber - und damit ihrer Familie - einen schlechten Dienst. Denn früher oder später rächt sich diese "Heldenhaftigkeit".
Ich war etwa 30 Jahre Vorgestzter eines bis 50-köpfigen Mitarbeiterstabes. Ich kannte meine Pappenheimer. Einige meiner besten Kräfte musste ich manchmal geradezu heim schicken, wenn ich sah, dass sie mit hochrotem Kopf und triefenden Augen und Nasen zur Arbeit erschienen.


Frieder antwortete am 16.07.03 (17:46):

Wenn ich mich heute so umhöre unter Berufstätigen, so vermute ich als Hauptgrund für den Rückgang der Krankmeldungen:
Auch der Arbeitnehmer weiß um das zunehmend labile Marktgefüge für die Unternehmen.

Den einst so sichere Arbeitsplatz kann man heute schnell verlieren, da auffällige, unbeliebte Personen nicht mehr mitgezogen werden - müssen - können.


Helga B. antwortete am 16.07.03 (23:20):

Was ich als ziemlich befremdlich empfinde ist, daß wir weniger krank sein sollen, weil wir u.a. weniger körperliche Arbeiten verrichten. Ich wußte gar nicht, daß z.B. PC-Arbeit und Büroarbeit überhaupt so gesund sind. Das ist ja wohl eine weltfremde Begründung.


dutchweepee antwortete am 17.07.03 (01:53):

ich bin selbstständig, alleinunternehmer! ...dieses thema entfällt leider für mich.

WENN ICH KRANK BIN, BIN ICH KRANK!

versteht ihr das ein bisschen? wenn mir ein bein bricht, und am nächsten tag habe ich einen wichtigen termin, dann lass ich mir nen GEHGIPS machen.

P.S.: vielleicht habe ich auch deswegen keine angestellten. "keiner vertritt meine interessen so gut, ich"


Johannes Michalowsky antwortete am 18.07.03 (12:09):

Wenn ich das lese, fehlt mir eine Begründung für das Nicht-krank-sein-wollen, nämlich die Tatsache, daß Arbeit auch Spaß machen kann. Jede Erkrankung - in meinem eigenen Arbeitsleben waren es zum Glück nicht viele - hinderte mich an oder verzögerte die Erfüllung einer Aufgabe und wurde daher, so weit es ging, verdrängt oder überspielt. Dabei stand für mich meine eigene Interessiertheit im Vordergrund und nicht die Motive eines Arbeit- oder Auftraggebers.

Damit stand ich keineswegs alleine, ich habe mehrfach erlebt, daß Kollegen, wenn es praktisch ging, noch vom Krankenbett und sogar vom Krankenhaus aus ihren Aufgaben nachgingen. Da ging es nicht um Angst um einen Arbeitsplatz - niemand wird wohl verlangen, daß jemand noch Stunden vor einem Op-Termin im Krankenbett Listen und Schriftstücke wälzt -, sondern um die Motivation zur Erfüllung einer Aufgabe.


pilli antwortete am 18.07.03 (21:43):

ich trau mich einfach mal...lach

jou..."freude empfinden",...schon sonntag nachmittag vorfreude auf montag spüren...erst drei wochen vor dem errechneten geburtstermin wehmütig den schreibtisch leer-räumen...alles erinnerungen auch an nicht selbständiges arbeiten...

einzug ins krankenhaus zur hüft-op mit laptop und rechenmaschine...hihi...wenn ett wirklich spaß macht...ich glaube oft, datt is der grund, warum ich mich so pudelwohl fühle.

hoffentlich noch gaaaanz gaaaanz lange :-)



Frieder antwortete am 19.07.03 (13:45):

19.03.03
Lieber Jo. Ich verstehe Deinen Beitrag so, daß du meinst, die "Motivation zur Erfüllung einer Aufgabe" - wie Du schreibst - muß allem voran gesetzt werden. Ist theoretisch sicherlich richtig.
Doch wie zeitfremd bei täglich tausend Arbeitnehmer-Entlassungen und ihren Folgen.
Doch wie isoliert, "daß Arbeit auch Spaß machen kann" in einem Wettbewerb mit Hauen und Stechen und Mobbing als Druckmittel.
Gruß Frieder




schorsch antwortete am 19.07.03 (13:50):

@ Dutchweepee: "...P.S.: vielleicht habe ich auch deswegen keine angestellten...."

Bist du dir da ganz sicher? Aber nein - du hast ja immerhin das Wörtchen "vielleicht" vorangestellt....


pilli antwortete am 19.07.03 (14:56):

@ Frieder

magst du mir erklären was "freude" an der arbeit mit "wettbewerb" zu tun hat?

meiner ansicht nach ist die empfundene freude doch nach wie vor existent?


Medea. antwortete am 19.07.03 (16:32):

Paßt auch zum Thema:

Die Rechtsschutzversicherung "Arag" in Düsseldorf macht darauf aufmerksam, daß ein Chef nicht in jedem Fall automatisch zustimmen muß, daß Arztbesuche während der Arbeitszeit stattfinden; zwar werden sie meist geduldet, sie sind aber keine Selbstverständlichkeit.
Grundsätzlich ist jeder Arbeitnehmer dazu verpflichtet, einen Arzttermin außerhalb seiner Dienstzeit zu bekommen, es sei denn, er ist akut erkrankt oder braucht eine Spezialuntersuchung. Die Versicherung rät, den Arbeitgeber frühzeitig um Freistelung zu bitten, falls die Arztpraxis nur einen Termin während der Arbeitszeit anbieten kann. Sie verweist dabei auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Aktenzeichen: 5 AZR 365/89).


pilli antwortete am 19.07.03 (17:05):

eigentlich auch selbstverständlich oder?


Frieder antwortete am 19.07.03 (17:37):

An pilli. Wenn Arbeit - und hier geht es um die Arbeit bei Arbeitnehmer und Arbeitgeber - Spaß macht, dann stellt sich dies bei Arbeitnehmern nur ein, wenn ein gerüttelt Maß an Selbstentscheidung, eine persönlich erträglicher Leistungdruck, Anerkennung der Leistung und das Wichtigste,
das Gefühl, ich schaffe es, lebendig ist.
Ich bin mir sicher, daß dies °heute° nur selten ein Arbeitgeber möglich macht. Nicht aus Unfähigkeit, sondern, Sie kennen den Slogan: "Entlassungen erhöhen den Börsenkurs"

Beim Arbeitgeber muß ein gerüttelt Maß an Erfolg sich einstellen, d.h. er muß erfahren, daß er das Gespür hat, was zum Erkennen und Reagieren auf den Markt notwendig ist. Aber die oft mächtigere, kapitalstarke Konkurrenz bringt z.B. beim Einzelhandel um die Ecke sicher Tausende in Existensangst. Glauben sie mir, Tausende existieren nur, weil mit dem Aufgeben sofort unbezahlbare Schulden von der Bank eingefordert werden.
Grüße von Frieder





Angelika antwortete am 19.07.03 (18:02):

mir fällt da immer Khalil Gibran ein...
"ihr arbeitet, um mit der erde und der seele der erde schritt zu halten. denn muessig sein, heisst, den jahreszeiten fremd zu werden und auszuscheren aus dem lauf des lebens, das in wuerde und stolzer ergebung der unendlichkeit entgegenschreitet.
wenn ihr arbeitet, seid ihr eine floete, durch deren herz sich das fluestern der stunden in musik verwandelt.
wer von euch waere gern ein rohr, stumm und still, wenn alles andere im einklang singt?

es ist euch immer gesagt worden, arbeit sei ein fluch und muehsal ein unglueck.aber ich sage euch, wenn ihr arbeitet, erfuellt ihr einen teil des umfassendsten traums der erde, der euch bei der geburt dieses traums
zugeteilt worden ist, und wenn ihr muehsal auf euch nehmt, liebt ihr das leben wahrhaft, und das leben durch muehsal zu lieben, heisst mit dem innersten geheimniss des lebens vertraut zu sein. aber wenn ihr in euerem schmerz die geburt ein leid nennt und die erhaltung des fleiches einen fluch, der euch auf der stirn geschrieben steht, dann erwidere ich, dass nur der schweiss auf eurer stirn das
wegwaschen wird, was geschrieben steht.

es ist euch auch gesagt worden, das leben sei dunkelheit, und in eurer erschoepfung gebt ihr wieder was die erschoepften sagten.
und ich sage, das leben ist in der tat dunklheit, wenn der trieb fehlt.
und aller trieb ist blind, wenn das wissen fehlt.
und alles wissen ist vergeblich, wenn die arbeit fehlt.
und alle arbeit ist leer, wenn die liebe fehlt.
und wenn ihr mit liebe arbeitet, bindet ihr euch an euch selber und an einander.
und was heisst, mit liebe arbeiten?
es heisst, das tuch mit faeden weben, die aus euren herzen gezogen sind, als solle euer geliebter dieses tuch tragen.
es heisst, ein haus mit zuneigung bauen, als solle eure geliebte in dem haus wohnen.
es heisst, den samen mit zaertlichkeit saeen und die ernte mit freude einbringen, als solle euer geliebter die frucht essen.
es heisst, allen dingen, die ihr macht, einen hauch eures geistes einfloessen und zu wissen, dass die selig verstorbenen um euch stehen und zusehen.
oft habe ich euch sagen hoeren, als spraechet ihr im schlaf: "der mit marmor arbeitet und im stein die gestalt seiner seele wiederfindet, ist edler als der, der den boden pfluegt. und der den regenbogen ergreift, um ihn auf einer leinwand zum ebenbild des menschen zu machen, ist mehr als der, der die sandalen fuer unsere fuesse macht."
aber ich sage, nicht im schlaf, sondern in der ueberwachheit der mittagsstunde, dass der wind zu den riesigen eichen nicht suesser spricht als zum geringsten aller grashalme; und der allein ist gross, der die stimme des windes in ein lied verwandelt, das durch seine liebe noch suesser wird.

arbeit ist sichtbar gemachte liebe.
und wenn ihr nicht mit liebe, sondern nur mit widerwillen arbeiten koennt, lasst besser eure arbeit und setzt euch ans tor des temples und nehmt almosen von denen, die mit freude arbeiten. denn wenn ihr mit gleichgueltigkeit brot backt, backt ihr ein bitteres brot, das nicht einmal den halben hunger des menschen stillt. und wenn ihr die trauben mit widerwillen keltert, traeufelt euere
abneigung ein gift in den wein.
und auch wenn ihr wie engel singt doch das singen nicht liebt, macht ihr die ohren der menschen taub fuer die stimmen des tages und die stimmen der nacht.


pilli antwortete am 19.07.03 (20:39):

liebe Angelika :-)

heute scheint der tag der lobpreisungen zu sein...ich habe eben im liegestuhl darüber nachgedacht, wie ich Frieder diese freude erklären kann. und lese nun den wunderschönen text...

@ Frieder, du schreibst so allgemein als gelte das geschriebene nicht nur für dich sondern als "gesetz". und damit habe ich ein problem :-)

erinnerst du dich vielleicht nicht mehr der freude, die auch in der erledigung kleiner alltäglicher dinge so oft deutlich zu spüren ist?

für Angelika:

"Der Trieb zum Arbeiten, zu schaffenden Leistungen ist so hohen Ursprungs wie die Liebe und läßt sich ebensowenig erzwingen."
Carl Maria von Weber

für Frieder:

"Arbeit als Freude-unzugänglich den Psychologen"
Franz Kafka


Geli antwortete am 19.07.03 (22:46):

Wir scheinen ja mehr oder weniger alle in der glücklichen Lage zu sein, mit unserer Arbeit Freude zu haben.
Doch ich frage mich, wie das wohl jemand sieht, der einfach IRGENDEINE Arbeit/einen Job machen muß, nur um seine/ihre Miete zahlen zu können - also z.B. eine der so gerne zitierten Billa-Kassiererinnen (in D vielleicht: Aldi)?
Ob die auch so eine Freude mit den schönen Versen von Khalil Gibran hat?


Angelika antwortete am 19.07.03 (23:08):

hallo geli - als ich vor 13 jahren aus einem sehr erfolgreichen job ausstieg, den ich sehr geliebt habe, um die pflege meiner noch mehr geliebten mutter zu übernehmen, musste ich nach einem jahr einfach zwischendurch unter die leute - da habe ich für eine freundin kräuter und tee in der markthalle in frankfurt und auf dem wochenmarkt in wiesbaden verkauft, ich hab an einer wurst- und käsetheke in einem grossen supermarkt gearbeitet, habe pferdeboxen vermietet und sämtliche stall- und pflegearbeiten selbst gemacht, inklusive heu einfahren und auf den schober bringen, ich bin mit begeisterung nachts taxi gefahren - in frankfurt und später in berlin - und hab als floristin gejobt - alles hat spass gemacht und alles musste ich aber auch machen, da sonst die kasse nicht gestimmt hätte. es mat immer freude gemacht, mitten im getümmel zu sein - aber ich geniessse es so wie jetzt auch, die ruhe für meine arbeit zu haben und manchmal tagelang keinen menschen zu sehen oder zu sprechen. da kann man wirklich etwas wegschaffen und daas schönste dabei - kein mensch geht einem auf den geist :-) ich leite sogar tagelang mein telefon um - einfach weil ich keine lust habe mit jemandem zu reden und fühle mich dabei sehr wohl - bis ich dann ins nächste extrem falle und tagelang das haus voller leute habe .-))
eigentlich arbeite ich immer irgendwie in einer weise - und ich hoffe, dass ich das auch noch mit 80 kann, falls ich so alt werde. nicht weil ich muss, sondern weil es mir einfachein bedürfnis ist.


dirgni antwortete am 19.07.03 (23:30):

hallo angelika,

ich denke, geli meinte ganz normale Menschen und nicht solche Ausnahme-Erscheinungen wie dich. Manche Menschen müssen sich nämlich ganz schön plagen, um den Alltag im Job zu bewältigen, dann ist Arbeit nun einmal Last und Stress. Die Super-über-drüber-Menschen können das nun mal nicht verstehen.


Mart antwortete am 20.07.03 (01:11):

Wenn ich die Biographie von Khalil Gibran lese und mir überlege, auf welche Weise er sein Geld verdient hat, könnte ich mir vorstellen, daß er die Arbeit eines durchschnittlichen Menschen wenig gekannt hat.

Hat er jemals regelmäßig gearbeitet von ... Uhr bis ... Uhr? Hat er jemals eine Stechuhr bedienen müssen? Hat er sowohl Familie als auch Beruf unter einen Hut bringen müssen? Hat er unter dem Damoklesschwert einer drohenden Entlassung seine volle Leistung erbringen müssen? War er jemals vom Mobbing betroffen? Kannte er das Burn out Syndrom überhaupt?

Seine lyrische Lobpreisung der Arbeit erinnert mich an das Hohelied der Liebe. Schön, aber für mich unrealistisch.


pilli antwortete am 20.07.03 (02:49):

vieles das geschildert wurde, kann ich mir gut vorstellen, aber ich kann halt nur von meinem erleben schreiben. vielleicht noch von freunden oder bekannten...aber alles andere wäre meiner meinung nach nur eine annahme.

ich kann mir aber durchaus vorstellen, daß ich morgens wach werde und munter und fröhlich, so ich denn gesund bin, zu meiner arbeitsstelle gehe. angenommen es sei die aldi.kasse...habe ich mir eh früher immer gewünscht...weil die ladies brauchten nur zu scannen und abends ist das tagwerk halt "erledigt". also nix, was noch im kopf oder auf dem schreibtisch bleibt und nix worüber noch nachzudenken wäre.

jeden kunden freundlich anlächeln, mal ein späßchen mit den rentnern und mal ein halloo zu den kiddies. unfreundliche mitarbeiter einfach mal in den arm nehmen und lächeln. irgendwann ist feierabend und vielleicht habe ich irgend jemand helfen können. ich habe also mein geld "gutgelaunt" verdient. selbst probleme sind doch dazu da, daß mann oder frau dann weiter nachdenkt, welche lösung helfen kann.

und nur von dieser freude schrieb ich und die ist doch eine persönliche empfindung. ich lass mich halt nicht runterziehen von ´sinnloser jammerei oder gar schwarzmalerei. :-)

warum ist es nicht möglich von selbsterlebter freude zu berichten und vielleicht anzuregen, das am Montag mal zu testen?


Medea. antwortete am 20.07.03 (08:43):

Auch ich bin gerne zu meiner Arbeit gegangen, habe mit Freude den vollen Einsatz gebracht, die vielen Überstunden nicht gezählt und wenn es nicht anders ging, auch noch den Sonntag drangehängt.....
Und als ich dann die Möglichkeit hatte, in den Vorruhestand zu gehen, habe ich dieses Angebot angenommen, denn jetzt sollte die Zeit kommen, die nur mir, meinen Katzen und dem Gärtchen gehört - und mir meinen Herzenswunsch nach einem Hundetier erfüllen ....
Und dann das Phänomenale: ich habe auch nicht einen Tag mein langjähriges Arbeitsleben vermißt - und das noch Komischere: ich muß wieder anfangen, (nicht immer, aber doch häufiger) meinen Tag zu strukturieren, damit ich überhaupt mit meiner - jetzt doch unendlichen Zeit ;-) )überhaupt über die Runden komme. :-)


Angelika antwortete am 20.07.03 (09:16):

@mart: nun, Karl Markx hat "Das Kapital" auch mit vollem Bauch geschrieben und ich denke, man muss nicht Huhn sein, um die Qualität eines Omeletts oder die Anstrengungen eines Eierlegens beurteilen zu können.
Wer seinen Job lustlos und ohne Freude macht, der soll sich bei Zeiten darum bemühen, sich etwas anderes zu suchen - das ist immer noch möglich aber meist weicht der Frust über "unfröhliche Arbeit" der Bequemlichkeit und Bodenständigkeit und der Leidensdruck ist vielleicht nicht hoch genug. Manch einer ist auf absolute Sicherheit bedacht und kann sich auch keine Experimente leisten, wegen Kindern usw. Aber trotzdem bin ich der Überzeugung, dass im Zweifelsfall ein Wechsel die bessere Alternative ist. Aber irgendwie haben die leute auch in jungen Jahren schon so schrecklich viel vorausgeplant - ich erinnere mich mit Grausen an einen Freund, der beim Bundesgrenzschutz war, in einer sogenannten Zugriffshundertschaft - und er war kurz vor einer Versetzung zur GSG9, für die er bereits alle Voraussetzungen und Aufnahmetests bestanden hatte. Dann machte er kurzfristig Vertretung für den Fahrdienstleiter seines Standortes und nach dessen Rückkehr bot man ihm die Stelle des Stellvertreters an, der dann in einigen Jahren Chef wird. Ach, wie seine Beamter-auf-Lebenszeitäugelchen funkelten! Die Träume vom heroischen Diest bei der GSG9 waren verflogen und aus meinem drahtigen, abenteuerlustigen "Bullen" wurde in kürzester zeit ein Sesselpupser, der sich mit 30 jahren schon ausrechnen konnte, an welchem Tag er in Rente geht. Es hat ihn immer sehr verwundert, dass ich mich blitzartig für einen Job im Ausland entscheiden konnte und nie Probleme hatte, immer wieder etwas Neues anzufangen. Aber ich merkte auch, dass er mir gegenüber unsicher wurde - ok ja, ich habe ihn mal bedauert und gefragt, ob es das denn wirklich ist, was er sich erträumt hatte ... statt wirklich Politist zu sein nun die Autos für die Kollegen bereitzustellen, das richtige Funkgerät und die richtige Ausrüstung reinpacken und bei Einsätzen den Verspflegungswagen an die hintere Linie zu kutschieren, damit die Kollegen was zu essen haben ... vielleicht hat ihn der Ausdruck "Gulaschkanonenbulle" doch mehr getroffen als ich ahnen konnte .. Tatsache ist, er ist unzufrieden und meckert nur noch - aber er will in jedem Fall jede weitere Beförderung aussitzen ... für manche bestimmt ein sicherer hafen - ich fänd es tötlich


Mart antwortete am 20.07.03 (10:48):

Man muß sehr wohl Huhn sein, um die Anstrengungen beim Eierlegen nachvollziehen zu können.

Man muß sehr wohl selbst Schmerzen verspürt haben, um den Schmerz eines anderen mitfühlen zu können.

Man muß sehr wohl aus Mangel gehungert haben, man muß sehr wohl gedürstet haben, man muß sehr wohl Tag für Tag, Woche um Woche, Jahr für Jahr am Fließband gestanden haben, man muß sehr wohl im Akkord die Schuhsohlen an die Sandalen geklebt haben, um die Gefühle der Betroffenen im eigenen Herzen zu spüren.

Ein Eunuch kann über die Freuden der körperlichen Liebe phantasieren, aber sie nicht nachempfinden.


Lösungsvorschläge können rational – im Hirn- erarbeitet werden – Aber jemand, der niemals in diesen drangvollen Situationen war, kann den Leidenden sagen, wie sie zu empfinden und zu fühlen haben.


Die Maxime „wenn ihr arbeitet, seid ihr eine floete, durch deren herz sich das fluestern der stunden in musik verwandelt“ an einem in der Zwangsmühle des modernen Arbeitsprozeß befindlichen durchschnittlichen Menschen, empfinde ich wie den Ratschlag an einen Hungernden„Wenn Du hungerst und dürstest, reinigst Du Körper und Geist und eröffnest damit neue Perspektiven für Geistes und Seele“.

Ich stimme aber natürlich zu, dass Berufsarbeit Freude machen kann und soll, und es das Ziel sein sollte, d e n Brotberuf auszuüben, der die bestmöglichste Erfüllung meiner persönlichen Neigungen gewährleistet.
Ich stimme auch zu, daß oft mehr persönlicher Wagemut gefragt ist.


Angelika antwortete am 20.07.03 (11:29):

den Schmez nicht, mart - aber die Anstrengungen.
Und ich muss mir auch nicht den Arm brechen, nur um zu wissen, dass es weh tut. genau so wenig muss ich nicht am Fliessband gestanden haben um zu wissen, dass man sich dort nur über Wasser hält, wenn man freude - welche auch immer - dabei empfindet.


Geli antwortete am 20.07.03 (13:30):

@ Mart
Ja, so meinte ich es. Und nicht nur einen Tag oder meinetwegen ein Praktikum lang "Huhn" sein, sondern wirklich ein (Arbeits-)Leben lang, Tag für Tag, Jahr für Jahr.

@ Angelika
Ja, Freude über den (wann endlich??!!) kommenden Feierabend, Urlaub oder Rente!

Seien wir alle glücklich, die sich durch ihre Arbeit "selbstverwirklichen" konnten und können. Aber urteilen wir nicht über die Befindlichkeit derer, denen das - aus dem einen oder dem anderen Grund - nicht möglich war oder ist. Das könnte vielleicht zynisch sein.


Mart antwortete am 20.07.03 (14:20):

Es ist bekannt, daß die sogenannte "Managerkrankheit" die untersten Ränge in einem Betrieb stärker betrifft als die obersten.

Diejenigen, die sich oben befinden, können sich genügend Freiräume (Arbeitsessen, Besprechungen, Termine außerhalb des Betriebs, Dienstreisen) schaffen; denjenigen, die unten in der Hierachie sind, sind diese Möglichkeiten versperrt.

"Blaumachen" ist auch eine Möglichkeit, sich Luft zu machen. Da aber leider auch bei uns Hire and Fire (mit allen Problemen mit den Arbeitsnehmern, die sich immer weniger mit dem Betrieb identifizieren) um sich greift, und der Wert eines Personalchefs und einer Firma zunehmend an der Reduktion der Arbeitsplätze gemessen wird, ist dieser "Ausweg" versperrt.

Wenn es sein muß, können Krankheiten ignoriert werden und ein schlechter Zustand irgendwie mit Pulvern überwunden werden. Mit Willen und dem Muß angesichts der Buchhaltung der Personalabteilung und den Gerüchten um Reduktionspläne, ist vieles möglich.

Um auf die anfängliche Frage zurückzukommen, meine ich, daß auch die Angst um den Arbeitsplatz eine wesentliche Rolle spielt.


Medea. antwortete am 20.07.03 (14:42):

@ Angelika: :-) damit Karl Marx mit vollem Bauch schreiben konnte und nicht Not leiden mußte, dafür haben seine Frau und sein Freund Engels gesorgt ...
Es wäre ja auch zu kleinbürgerlich gewesen, wenn sich ein solches Genie mit so profanen Dingen wie Überlebenstrainung hätte befassen müssen ... ;-)
(Bitte nicht als besserwisserisch verstehen, sonder nur der guten Ordnung halber .... ;-) )


pilli antwortete am 20.07.03 (14:58):

mal klicken :-)?

Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/430/3427/


Angelika antwortete am 20.07.03 (15:31):

Nun - Marx ist weissgott kein Vorbild und das, was Wagner in der Musik war, war Marx in der Ideologie: Man schätzt und vergöttert ihn oder finet ihn einfach schlecht und nicht durchführbar, beide haben ihr Leben lang schmarotzert und vom Geld anderer gelebt, grosse Töne gespuckt, Wasser gepredigt und Wein getrunken - und gerade Marx mit seinem verquerten Verhältnis zu Frauen sollte nach dem Zusammenbruch seines Bauwerks, das auf dem Plan und in der Theorie nicht mal schlecht war, bei dem er aber das Baumaterial "Mensch" völlig falsch eingeschätzt hat - denn das taugt für seine kommunistischen Ziele nicht ... endgültig mal vom Sockel gestossen werden. In seinem privaten Umfeld machten auffallend viele Frauen Selbstmord - liest sich nicht wie ein Zufall.
Ich habe ihn hier auch nur genannt, weil einiges, was er geschrieben hat, ja durchaus stimmt - auch wenn er es selbst nicht ausprobiert hat.


jako antwortete am 20.07.03 (17:05):

Nun, auch mein Arbeitsleben war mehr vom Muss als vom Erfüllen eigener Wünsche geprägt. Aber ein Erlebnis, das ich mit 17 hatte, war für mein ganzes Leben und meine Einstellung zur Arbeit wegweisend.

Es war Krieg und mein Jahrgang musste on der Schulbank weg in den Arbeitsdienst. Ich konnte wählen zwischen Waffenfabrik und Landdienst. Ich wählte letzteren und kam auf einen norddeutschen Bauernhof. Die Bauersleute waren Nazis und, da sie mir wohl ansahen, dass ich nicht zu den ihrigen gehörte, behandelten sie mich wie ihre ausländischen Zwangsarbeiter (junge Polen und Letten). Also nur gröbste Drecksarbeit war angesagt. Ich war das einzige deutsche Mädchen, das mit den Ausländern aufs Feld musste.

Es war Herbst - Schmuddelwetter, erste Bodenfröste und sogar Schneetreiben. Richtige Schuhe besaß ich nicht (nur Holzpantinen) und auch keine Strümpfe. Aber das interessierte niemanden. Wir mussten von Hand felderweise Rüben und Möhren aus dem Boden ziehen und wehe, wenn man zu langsam war. Keiner von uns war an solche Arbeit unter diesen Bedingungen gewöhnt und alle schimpften nur über den Bauern, dieses Nazischwein.

Plötzlich, als ich vor Erschöpfung und Kälte meinte, nicht durchhalten zu können, kam mir die Idee, diese Fron mit Freude auszuführen. Und siehe da, mit einem Schlage wurden die Arbeit und die Schmerzen erträglich und ich schaffte auch mein Soll.

Meine jungen Leidensgenossen wunderten sich über meine plötzliche gute Laune und mein wesentlich schnelleres Tempo. Ich sagte ihnen, was ich erkannt hatte und sie machten es mir nach. Wir wurden plötzlich ein fröhliches Team, obwohl die Arbeit und die Nazis dieselben geblieben waren.

Seither habe ich jede Arbeit, egal wie schwer, dreckig oder sonst ungeliebt mit Freude gemacht.


mechtild antwortete am 20.07.03 (18:21):

"Seither habe ich jede Arbeit, egal wie schwer, dreckig oder sonst ungeliebt mit Freude gemacht." hört sich gut an. Eine Gebrauchsanweisung dazu wäre nicht schlecht.
Gute Idiologien werden jedoch trotzdem nicht überflüssig.


jako antwortete am 20.07.03 (19:53):

Gebrauchsanweisung??? Wenn ich etwas für mich richtiges erkannt habe, setze ich es um - so einfach ist das.


Mart antwortete am 21.07.03 (17:25):

Kluge Leute haben hier eine Marktnische entdeckt und helfen dabei, Freude zu empfinden:

"Freude an der Arbeit bringt mehr Lebensqualität, Kreativität und Arbeitseffizienz, das verspricht das 3 tägige Seminar „Mehr Freude an der Arbeit“"

https://www.wendezeit.ch/arbeitsfreude.html

"Freude an der Arbeit wirkt ansteckend bei Kollegen, Kunden und Lieferanten. Für den einzelnen Mitarbeiter bringt mehr Freude an der Arbeit vor allem mehr Lebensqualität und für die Firma garantiert sie eine h o h e A r b e i t s e f f i z i e n z und Kreativität. Das Ziel des dreitätigen Seminars ist die Arbeitsfreude zu steigern oder wieder zu finden. Zuerst werden zusammen mit den Teilnehmern mögliche Ursachen und Gründe für eine weniger freudvolle Arbeit aufgezeigt, welche als Ausgangspunkt für konkrete und praxisnahe Lösungsmöglichkeiten dienen.
Wie die Arbeitsfreude vergrössert werden kann ist sehr individuell, je nach Persönlichkeit des Einzelnen, und wird anschliessend mit jedem Teilnehmer in einem Einzelcoaching erarbeitet. Die 2 Follow-up Tage im Abstand von ca. 1 Monat sichern die Umsetzung der vorzunehmenden Veränderungen."


Angelika antwortete am 21.07.03 (18:06):

:-) herrlich... der bereich seminare, beratung und kurse ist tatsächlich zur zeit eine der wenigen branchen, in denen man mit wenig kapitaleinsatz guten erfolg haben kann. dabei liegt das freudeanderarbeit-defizit nicht mal an den arbeitnehmern sondern an der mangelnden bereitschaft der arbeitgebern, ihren leuten mehr verantwortung und selbständigkeit zu geben. oder doch zu mindest ein wenig mehr imagepflege nach innen zu betreiben - man nehme nur das beispiel lufthansa, da empfinden die angestellten sogar noch so etwas wie stolz, für diese firma zu arbeiten und tragen auch in ihrer freizeit shirts mit firmenlogo....das ist doch auch im kleinen möglich.


pilli antwortete am 21.07.03 (18:08):

hehe...ich las in den foren auch schon von
"Lach-Seminaren" ...

glaubst du, Mart, daß ein solches Seminar dir helfen könnte?

Zitat des Tages :

"Glaube mir, wirkliche Freude ist eine ernste Angelegenheit."
(Seneca)


Mart antwortete am 21.07.03 (18:34):

An Angelika:

Da bin ich wirklich mit Dir einer Meinung. Allerdings muß das Tragen von Firmenlogos auf Kleidung aus dem Stolz und der Verbundenheit mit dem Arbeitsgeber stattfinden und kann nicht verordnet werden.

Wäre interessant, wie in Firmen, die noch so "altmodisch" sind, daß sie ihre Angestellten und Arbeiter als Menschen schätzen und nicht nur als Kostenfaktor sehen, die Zahl und die Dauer der Krankenstände im Vergleich mit denen in "modernen" Firmen sind.


Angelika antwortete am 21.07.03 (18:43):

Also noch mal das Beispiel Lufthansa: Da werden die Autoaufkleber von den Angestellten sogar in der ganzen Familie verteilt - und keiner muss in der Freizeit müssen :-)

Hier muss man auch mal die amerikanische Personalpolitik zaghaft loben - wenngleich ich persönlich so nie hätte arbeiten wollen: Da wird ganz viel Imagepflege nach Innen betrieben - die Angestellten identifizieren sich mit ihrem Arbeitgeber. Und auch "kleine Angestellte" haben einen Kompetenzrahmen, in dem sie frei entscheiden können. Das beste beispiel sind diverse amerikanische Hotelketten: Wenn der gast da das Zimmermädchen ruft und sich über eine kaputte Glühbirne, ein fehlendes Handtuch oder sonst irgend etwas beschwert, haben die Zimmermäden alle ein "Budget" von Kulanzmöglichkeiten - vom Obstkorb über einen Abend freies Pay-TV bis zur Flasche Sekt. Sie muss nicht wegen jeder kleinen Beschwerde erst bei der Gouvernante Rückfragen sondern entscheidet selbst - und der Kunde ist sofort zufrieden. Das Zimmermädchen liefert nur einen Rapport mit Zimmernummer, Datum, Grund und Kulanz ab. Die Zufriedenheit der Kunden ist optimal, die des Personals auch.

Es liessen sich unzählige neue Arbeitspläötze schaffen, wenn man in Deutschland das Wort "Qualitätsmanagement" endlich mal richtig umsetzen würde -


Barbara antwortete am 22.07.03 (00:12):

Ob weniger Kranke wirklich neue Arbeitsplätze bringen?

Vielleicht können wir bald beobachten was passiert, wenn Kranke in den Streik treten. Die anstehende Gesundheitsreform wird manchen vom Arztbesuch abhalten, vor allem auch Rentner. Die Umsätze der Arztpraxen und der Pharmaindustrie werden einbrechen.... von denen der Zahnärzte ganz zu schweigen.

Ich befürchte, dass aus diesem riesigen Wirtschaftszweig die nächsten Arbeitslosen kommen werden.


Tessy antwortete am 22.07.03 (00:47):

Die Gesundheitsreform: eine neue Methode Geld locker zu machen?
Niemand kann gezwungen werden mehr zu konsumieren als er will - aber wenn der Schmerz genug schmerzt wird der Gang zum Arzt angetreten werden, auch wenn es kostet.

Daß eine Änderung sein muß ist klar, gäbe es auch einen gerechteren Weg? Ich weiß ehrlich gesagt keinen, wer von uns hat den Durchblick in diesem Dschungel?


Mart antwortete am 22.07.03 (11:44):

"...dabei liegt das freudeanderarbeit-defizit nicht mal an den arbeitnehmern sondern an der mangelnden bereitschaft der arbeitgebern, ihren leuten mehr verantwortung und selbständigkeit zu geben. „

Dazu ein für die üblichen Manager neuer/alter Ansatz von Fredmund Malik, Verwaltungsratspräsident des MZSG Management Zentrums St. Gallen. Ich habe schon etliche Vorträge von ihm gehört und schätze ihn sehr; nicht nur, weil er in derselben Stadt aufgewachsen ist wie ich.

https://www.manager-magazin.de/koepfe/mzsg/0,2828,194969-2,00.html

Soll Arbeit Freude machen?
Von Fredmund Malik

Im Management, besonders in der Seminarszene und in der einschlägigen Literatur, gibt es Dogmen, die umso hartnäckiger und emotionaler vertreten werden, je falscher sie sind.

Die meisten werden die oben gestellte Frage mit Ja beantworten. Was denn sonst? So plausibel diese Antwort erscheinen mag, sie ist höchst problematisch, denn sie wird in der Regel nicht als Wunsch, sondern als Forderung und Anspruch verstanden.

Genau dieser Anspruch ist zu einer dominierenden Vorstellung im Management und im Management-Training geworden - und er hat desaströse Auswirkungen. Dadurch sind Erwartungen entstanden, die kein Unternehmen erfüllen kann. Diese Forderung gehört in jene Kategorie von Irrlehren, die eine vernünftige Motivation von Mitarbeitern unmöglich macht. Sie setzt einen Teufelskreis in Gang.

Manipulativer circulus vitiosus

Die von Führungskräften und Trainern produzierten Erwartungen werden enttäuscht, die Mitarbeiter sind frustriert; darauf wird mit Motivationsprogrammen und "motivierendem" Verhalten geantwortet. Dies kann von den Betroffenen aber nur als ein Versuch der Manipulation verstanden werden und nicht selten als eine besonders raffinierte Form von Zynismus, weil ja die Arbeit selbst im Regelfall nicht verändert wird, und der Anspruch auf Freude und Spaß daran noch immer aufrecht ist. Die Frustrationen werden nur umso größer, weil die Leute sich nun zusätzlich auch noch verschaukelt fühlen.

Ein Ausweg aus diesem circulus vitiosus ist nur möglich, wenn man den Mut zu einem neuen Realismus aufbringt und anfängt, die Dinge beim Namen zu nennen. Selbstverständlich soll man alles tun, um mit Arbeit verbundenes Leid zu beseitigen, wo immer das möglich ist; und ebenso selbstverständlich hat man einen sehr großen Fortschritt erzielt, wenn es gelingt, dass immer mehr Arbeit gelegentlich auch Spaß und Freude machen kann. Aber man muss eben auch unmissverständlich klarstellen, dass kein Job immer nur Freude machen kann und dass jeder Job Elemente aufweist, die nie und niemandem Freude machen können. Alles andere ist Romantik und Naivität.


Mart antwortete am 22.07.03 (11:50):

Fortsetzung:

Wider die Sozialromantik der New Economy
Auch in Zukunft wird es Müllmänner geben

Selbst jene Tätigkeiten, von denen die meisten Leute glauben, dass sie zu den idealen, spannenden und faszinierenden Berufen gehören, wie Flugzeugpilot oder Orchesterdirigent, haben ihre langweiligen Seiten. Auch hier entsteht mit der Zeit ein erhebliches Maß an Routine und Mühsal.

Außerdem muss doch klar sein, dass auch jene Jobs getan werden müssen, die nicht nur beschwerliche Elemente aufweisen, sondern die als Ganzes niemandem und niemals Freude und Spaß machen können. Es werden auch in Zukunft Toiletten zu putzen sein, es wird Müllkutscher brauchen und es wird zahlreich Hilfsarbeiten geben, die selbst jenen Leuten keinen Spaß machen, die an sich auch mit niedrigsten Maßstäben zufrieden sind. Was sollen diese mit der Maxime anfangen, dass Arbeit Freude machen soll?

Elend der Arbeit, Arbeit gegen das Elend

Ebenso fragwürdig muss sie für Menschen sein, deren Berufe sie täglich mit dem Elend dieser Welt konfrontieren: Flüchtlingshelfer, die nicht wirklich helfen können; Sozialarbeiter, die weder Drogensucht, Prostitution noch Obdachlosigkeit beseitigen können; Lehrer und Priester in den Slums der Großstädte; Ärzte und Schwestern, die auf den Intensivstationen oder Krebsstationen einen nur zu oft aussichtslosen Kampf führen. Sie tun ihre Arbeit nicht wegen der Freude, sondern weil sie getan werden muss, aus Pflichtbewusstsein - auch wenn das für viele altmodisch klingt.




Nicht die Arbeit ist wichtig, sondern die Leistung

Die Forderung, dass Arbeit Freude und Spaß machen soll, führt aber nicht nur zu unüberwindbaren Motivationsproblemen. Sie hat noch eine zweite, desaströse Folge. Sie lenkt vom Wichtigsten ab, das mit Arbeit verbunden sein muss - von den Ergebnissen der Arbeit. Sie konzentriert das Denken der Menschen auf die Arbeit als solche, statt sie auf die Resultate ihrer Arbeit auszurichten.

Nicht die Arbeit ist wichtig, sondern die Leistung - nicht der Input, sondern der Output. Es ist daher auch wichtig, nicht nur über die Arbeitslosigkeit zu reden, sondern auch über die Leistungslosigkeit.

Freudvolle Arbeit ist ein Privilieg

Die Forderung muss also lauten: Nicht die Arbeit soll Freude machen, sondern ihre Ergebnisse. Und das ist erstaunlicherweise auch dann noch möglich, wenn die Arbeit selbst diese Forderung nicht erfüllen kann. Falls die Arbeit Freude macht, ist das selbstverständlich gut, und in Wahrheit ist es ein großes Privileg, eine Arbeit zu haben, die das tut.

Aber selbst wenn das nicht möglich ist, können noch immer die Resultate Freude machen und sie können mit jenem wohlverstandenen Stolz verbunden sein, der auch bei Menschen, die niedrigste Hilfsarbeiten zu verrichten haben, zu jenem Minimum an Selbstrespekt führt, das sie brauchen, um Menschen zu sein


mechtild antwortete am 22.07.03 (16:19):

Die Forderung muss also lauten: Nicht die Arbeit soll Freude machen, sondern ihre Ergebnisse.
Wenn das Ergebnis der Arbeit nämlich der Lohn in Ordnung sind, arbeiten die meisten gerne d.h. mit Freuden. Habe ich mich jedoch den ganzen Tag geplagt und kann nach getaner Arbeit nur gerade meine Miete zahlen und habe dann keinen Euro mehr, um mir Dinge zu kaufen, die meine Lust befriedigen, macht Arbeit keinen Spass. Ist der Lohn in Ordnung, macht auch das Toilette schrubben „Spass“.


Mart antwortete am 22.07.03 (18:33):

Wenn das Ergebnis der Arbeit (nicht finanzielle) Anerkennung ist, dürfte die Arbeit auch befriedigender sein.

Und zufriedene Menschen sind, das ist bekannt, weniger krank.


pilli antwortete am 22.07.03 (22:34):

- mit großem vergnügen nehme ich geld an für eine freudig ausgeübte tätigkeit....

- mit noch größerem vergnügen lehne ich geld ab, wenn sich innerhalb des tätigkeitsbereiches die möglichkeit bietet, kenntnisse und erfahrungen zu erhalten, die weit über die vereinbarten zu leistenden dienste hinausgehen.

d.h. wenn "cheffe" dazu beiträgt, daß ich meine fähigkeiten verbessern kann und mir zeit und gelegenheit schenkt, die meiner weiterbildung dient, werde ich diese zeit bestimmt freudig nicht "berechnen". ich betrachte das als glück und "glück" ist bekanntlich nicht käuflich!

:-)


Mart antwortete am 23.07.03 (07:14):

"mit noch größerem vergnügen lehne ich geld ab......"
Bist du dir da sicher?!


pilli antwortete am 23.07.03 (08:37):

@ Mart :-)

ja !


Mart antwortete am 25.07.03 (16:43):

Laß mich einmal logisch denken:


Du sprichst offenbar von einem Werkvertrag oder von einer stundenweise Beschäftigung, wenn du von der Verrechnung deiner Zeit sprichst.

Du bildest dich demnach also in deiner Freizeit fort, . – warum solltest du diese Fortbildung, g l e i c h ob sie dir die erhofften Fähigkeiten verleiht und die Weiterbildung bringt oder auch nicht, verrechnen.

Oder verrechnest du die Zeit nur, wenn die Fortbildung nicht die versprochene Bereicherung bringt.


pilli antwortete am 25.07.03 (17:43):

und du hast offensichtlich zu wenig ahnung...lach...

hast du nun lange genug drumrumgerätselt ...mal gucken, ob ich dich schlau mache...lach...


Mart antwortete am 25.07.03 (23:43):

Ich bitte darum!