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THEMA:   Tun wir genug gegen die Verherrlichung von Hass und Gewalt??

 34 Antwort(en).

Chris begann die Diskussion am 27.06.03 (20:30) mit folgendem Beitrag:

Heute habe ich folgendes beobachtet:
Ich war zum Einkaufen und ein Vater betrat mit seinem ca 2 1/2 j. alten Sohn das Geschäft. Der Junge hatte ein Plastikschwert bei sich und schlug um sich, so als müßte er sich gegen einen Feind verteidigen.

Ich beobachtete erschreckt den Jungen, der nur "wow" und "boah"
und "zack" sprach. Offensichtlich bemerkte der Vater das und sagte zum dem Jungen, er möge doch leise sein, darauf wurden
die Angriffsattacken des Jungen noch größer!

Nun frage ich mich, muss ein 3 j. Kind schon Filme im TV sehen, in denen Hass und Gewalt als Beispiel gezeigt werden,
wenn du nicht machst, was ich will, dann töte ich dich??

Sollten wir nicht alle auf die Barikaden deswegen gehen??

Wird unserer Jugend nicht Hass und Gewalt als etwas
ganz normales vorgegaukelt?

Als ich mich mal nach einer Flugreise in die USA beschwert
hatte, dass während des ganzes Fluges nur "schiess - bum-bum-
Filme gezeigt wurden, da bekam ich die labidare Antwort:
"Unsere Fluggäste wollen so was sehen" "Sie müssen ja nicht
hinschauen!"

Wie kann eine Jugend, der in Science-Fiction Filmen eine
fremde Welt,als normal vorgegaukelt wird, noch lernen, dass
man auch in Frieden miteinander leben könnte?

Es würde mich interessieren, wie ihr darüber denkt!

Chris


dirgni antwortete am 27.06.03 (22:44):

Nein Chris,

wir tun nicht genug gegen Hass und Gewalt, niemand kann genug dagegen tun. Hass und Gewalt waren auch in unserer Kindheit und Jugend präsent, nur in anderer Form. Wir können Kinder und Enkelkinder nicht davor schützen, ständig damit konfrontiert zu werden. Wir können nur versuchen, ihnen zu helfen, damit umgehen zu lernen.

Und wir können in unserem kleinen unmittelbaren Bereich zeigen, daß ein Leben auch ohne Gewalt möglich ist.

Und selbst da stellt sich die Frage, wo fängt Gewalt an. Ist nicht auch ein "wortgewaltiger" Mensch in der Lage, ohne Preil und Bogen, anderen Gewalt anzutun?

Hast Du eine Idee, was man real tun kann, um den Kreis der Gewalt, der uns das ganze Leben begleitet, zu durchbrechen?


kleinella antwortete am 27.06.03 (23:12):

Mein Enkelsohn wird demnächst fünf Jahre alt.
Seine Eltern besitzen kein Fernsehgerät und er sieht nur ab und zu bei Verwandten ein kindgerechtes Video.
Aber er ist ganz begeistert von Rittern. Wenn er uns besucht, kommt er mit Schwert und Schild oder Pfeil und Bogen. Er kennt vieles aus den Märchenbüchern.
Ich denke, das steckt auch oft in den Kindern drin und ist gar nicht so böse gemeint wie es vielleicht aussieht.


pilli antwortete am 28.06.03 (00:13):

boah :-) ein sportliches kerlchen meine ich mal...ein bischen wild aber doch nett.

ich liebe kinder die sich frei entwickeln dürfen, ohne so ein entsetzliches hin-und-her-gezerre von den eltern bzw. großeltern veranstaltet wird :-) ein gesundes kind schreit dann sehr schnell sehr laut und schwupps, wissen alle na...ja..:-)))

magst du mir erklären wie ein so kleines leckeres kerlchen gewalt und hass ausstrahlen kann...lach...der fällt doch noch um, wenn der nur an gewalt denkt...hihi

denkst du eine demo an? nicht wirklich oder? :-) oder möchtest du eine protestaktion gegen plastik-schwerttragende zweijährige andenken?

science-fiction film geprägte zweijährige? gibt es die denn?

soviel wie ich weiß, sind ritterspiele sehr beliebt und in der gegend um köln hats viele burgen mit sommerlichen ritter-events. die familien besuchen diese ritterspiele sehr zahlreich und dort werden natürlich auch ritter-spiele vorgeführt. es gibt viele stände und leckere köstlichkeiten.

ich fänds schade, wenn das nicht mehr stattfinden sollte.:-(
darf ich dich fragen, ob der vater dir erzählt hat, daß datt kerlchen solange vor dem fernseher hockt oder ist es vielleicht nur eine vermutung von dir?

wobei science-fictions nicht immer brutal sind; meinst du vielleicht horror-filme?

nun gekämpt wird auch bei den pfadfindern...im sportverein wird gerungen...und die fechter kämpfen mit dem florett...sogar auf der olympiade...

vielleit entwickelt sich aus dem kerlchen ein jung-olympionike...möglich wärs lach

hass, liebe Chris, der entsteht auf ganz andere art und weise, meine ich mal und da sollten wir mal auf die barrikaden gehen. :-)


Felix antwortete am 28.06.03 (00:51):

Ein interessantes Thema .... da könnte ich einiges beitragen.
Wir haben an der Uni Basel mehrere fächerübergreifende Kolloquien über dieses Thema durchgeführt.
Aggressionsbereitschaft ist nicht nur negativ zu interprätieren. Bis zu einem gewissen Grad gehört sie auch zur aktiven Lebenstüchtigkeit.
Mir ist im Moment nicht klar ... wie weit ich ausholen soll. Ich kann nur vor Schlagworten und Simplifizierungen warnen. Der Sachverhalt ist äusserst komplex und setzt einige Kenntnisse über das menschliche Verhalten voraus.
Geschichtlich gesehen hat die Gewalt nicht unbedingt zugenommen .... aber die Erscheinungsformen haben sich geändert.
Ich warte vorest ab, um zu erfahren, in welcher Richtung die Interessen der andern Forenteilnehmer/innen liegen.


Chris antwortete am 28.06.03 (07:45):

Mich erschreckt die Zunahme der Gewalt, sicher müssen Kinder
lernen, sich auch zu verteidigen. Sicher müssen sie auch
wissen, dass später im Berufsleben nicht alles Honigschlecken ist. Auch meine Kinder und mein Enkel waren begeistert für Ritterspiele..... ich denke das ist auch in Ordnung....

Mich erchreckt die Zunahme der Gewaltbereitschaft, wenn du nicht tust, was ich will, dann.......
Wenn ich lese, was in Großstädten passiert, Gewalt wo man
hinschaut? Da kann ich nicht sagen, das ist in Ordnung.

In Fussballstadien, wo sinnlos alles niedergeschlagen wird,
was nicht die gleiche Vereinsfarbe trägt...... ...das ist das
was mir Angst macht.

Auch in den Schulen, wo der stärkste der Klasse mit einem
Stock in der Hand, schwächere willenlos macht?

Oder bei Demonstrationen, alles was auf dem Weg liegt, wird
sinnlos zerstört??

Nein, diese Gewaltbereitschaft kann ich nicht gut finden.
Ich bin der stärkere und ich bestimme, was du denken und
tun darfst?

chris


pilli antwortete am 28.06.03 (08:32):

@ christa :-)

das kleine kerlchen mit dem plastik-schwert bringt dich auf die idee, das was du "gelesen" hast

- hier nachzufragen?

oder möchtest du nur feststellen, was du vermutest und ich soll das unterschreiben?

liebe Chris, biite hilf mir, ich verstehe nicht was du meinst :-) sorry

@ Felix

wenn du magst...:-) ich möchte dich bitten, deine "schätze" bekanntzumachen. gerade die gegensätzlichkeit verschiedener diskussions-argumente ist m.e. eine gute basis, vielleicht mitzuhelfen, daß der begriff "agressionsbereitschaft" verstanden wird.

ich behaupte mal keck:

nicht die kinder, neee....diejenigen, die für sie verantwortlich sind sollten eine schule besuchen...:-)


Karl antwortete am 28.06.03 (09:13):

Wie von Felix schon angesprochen (wie ich ein Biologe) ist Agressionsverhalten sehr vielschichtig zu sehen. Wie ihr alle wisst haben wir seit einer Woche den kleinen Ludwig Hundt zuhause. Nichts ist ihm lieber, als Scheinangriffe auf uns zu starten und Handtücher tot zu schütteln. Seine Milchzähne zwacken teilweise ganz schön und doch lieben auch wir das und wissen aus Erfahrung, dass er mit den echten Zähnen später viel vorsichtiger spielen wird.

Ohne Agressionsverhalten wären wir tot. Wir brauchen das Adrenalin, das uns im Leben vorwärts treibt. Es kommt darauf an, das Agressionsverhalten in die richtigen Bahnen zu lenken. Wir können es auch abreagieren, ohne jemanden tot zu schlagen, z.B. im Sport, aber auch indem wir uns intellektuelle Ziele setzen und unsere Energie darauf bündeln.

Kleine Kinder sind teilweise wie kleine Hunde. Nichts macht ihnen mehr Spass als sich spielerisch mit ihrem Papa zu balgen. Ich erinnere mich sehr gern an die Juchzer, die mein Sohn ausstieß, wenn er lange Anlauf holend versuchte, mich (auf dem Boden knieend) umzuwerfen. Für ihn war das ein Fest. Auch mir gab das emotionale Befriedigung.

Kampf als Spiel bedeutet nicht, dass die Kinder später aggressive Erwachsene werden oder die Hundewelpen aggressive Kampfhunde. Eher glaube ich das Gegenteil. Kinder mit (!) denen gespielt wird, auch raufend, haben eine größere Chance ausgeglichene Erwachsene zu werden als solche, die allein, [womöglich vor dem Fernseher] gelassen werden oder denen von Beginn an jede spielerische Ausdruckform von Aggression abdressiert wird.

Ich halte also nicht das Schwert und das Schild für fragwürdig, sondern würde meine Beurteilung davon abhängig machen, ob die Eltern mit dem Kind spielen oder glauben durch den Kauf der Utensilien ihren Job getan zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Simba antwortete am 28.06.03 (09:31):

Als ich ein Kind war, liefen wir mit Gewehren aus Holz geschnitzt, durch die Gegend und schossen uns gegenseitig "tot". Später bekam ich einen "Kapselpracker" ich weiss nicht wie man den bei euch nennt - es war eine Art Revolver, der herrlichen Krach machte. Ich denke eine Phase der Agression macht jedes Kind durch und sollte es auch - aber irgendwann lernt es dann bei Raufereien, dass daraus bitterer Ernst werden kann. Vielleicht haben die Kinder heutzutag viel zuwenig Gelegenheit zu irgendwelchen Verfolgungsjagden und Räuber und Gendarmspielen? Wenn man sich nur virtuell austoben kann und dabei "getötet" wird tut es ja nicht weh - man fängt einfach das Spiel von vorne an. Ich denke TV und und Video Gewaltspiele dehnen die Phase der Agressionen künstlich hinaus. Es ist auch so dass die Kinder in den Städten sich (fast)nirgends austoben können, die Spielplätze sind weit weg von den Wohnungen entfernt, damit bloss keine Nachbarn gestört werden. Die Zeiten sind heute nicht sehr kinderfreundlich - kein Wunder, dass es immer weniger gibt von ihnen....


Barbara antwortete am 28.06.03 (09:53):

Nach meinem Kenntnisstand hat die Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung nicht allgemein zugenommen sondern lediglich die unter Jugendlichen.... meistens gegenüber anderer Jugendlicher. Als besonders gewaltbereit wird hierbei die Gruppe der aus Osteuropa zugewanderten Jugendlichen genannt.

Zur Entstehung von Gewalt nennt der Psychologe Pieper folgende Gründe:

>>Gewalt ist ein Zeichen von Unsicherheit. Jugendliche, die zu massiver Gewalt neigen, fühlen sich eigentlich unterlegen in der Gesellschaft. Im Ausüben von Gewalt erleben sie eine Stärke. Häufig entwickelt sich auch eine gruppenspezifische Dynamik. Nehmen wir mal rechtsradikale Gruppen, die wirklich stark aussehen. Einzelne Jugendliche aus solchen Gruppen erweisen sich meist als emotionale Zwerge, die haben ernorme Selbstwertprobleme und müssen sich äußerlich groß machen.<<

Wenn unsere Gesellschaft eine Gruppe von Jugendlichen ausgrenzt, sie z.B. in der Schule aufgrund vorhandener Sprachschwierigkeiten auf die letzten Plätze verweist und ihnen dadurch die Zuversicht auf ein erfülltes Berufsleben und eine positive Zukunft nimmt, müssen wir uns nicht über die negativen Folgen wundern. Unsere Gesellschaft müsste weit mehr für die Integration gefährdeter Jugendlicher ausgeben. Gerade in Zeiten knapper Kassen wird jedoch als erstes auf diesem Gebiet gespart... mit fatalen Auswirkungen für die Zukunft. Hätten diese Jugendlichen z.B. in Ganztagsschulen die Möglichkeit, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, an interessanten Projekten teilzunehmen, ein Musikinstrument zu erlernen, in der Big-Band der Schule mitzuwirken... die Schule in Sportwettkämpfen zu vertreten u.v.m. fühlten sie sich integriert und müssten sich nicht durch Gewalttaten hervorheben.
Den Politikern ist diese Kausalität bekannt. Ihre Antwort: zu teuer :-(

Das Plastikschwert in der Hand eines Zweieinhalbjährigen sehe ich nicht als Gefahr an. Wir haben z.B. als Kinder die Grimms Märchen geliebt. Das Lieblingsmärchen meines Bruders war: Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen. Darin kommen Folter und grauenhafte Quälereien vor.... Keiner von uns ist gewalttätig geworden.... Wichtig für Kinder ist, dass immer das Gute siegt... ob im Märchen oder im Western...


Chris antwortete am 28.06.03 (09:53):

Die Tatsache, dass der Junge ein Schwert besass hat mich sicher nicht erschreckt,
wenn er zuhause im Hof mit seinem Bruder gespielt hätte, dann wäre dieses
Verhalten für mich durchaus normal gewesen. Was mich erschreckt hat, war
der Blick des Jungen, ....... sein Verhalten in einem Einkaufsladen....... wer wagt
es gegen mich anzutreten zum Kampf...... ... ich hatte ja versucht, den Jungen
anzusprechen, aber das Kind hat mich nichtmal wahrgenommen

Ich möchte Karls Hinweis aufgreifen, dass Kinder zu lange allein vor dem
TV-Gerät gelassen werden und dann sicher nicht immer verarbeiten können, was
da in einer Scheinwelt geschieht.

In den Kindergärten und in der Familie wird der Grundstein für ein junges Leben
gelegt, leider wird dazu heute viel zu sehr die Verantwortung anderen übertragen,
die Schule soll die Erziehung übernehmen, die doch schon im Kleinkindalter
beginnen sollte.

Mit der Diskussion hier, werde ich sicher keinen Einfluss auf die Familie haben,
aber da die Kinder in meiner Nähe wohnen, werde ich sicher noch mehr
Gelegenheit haben, mit eigenen Augen die Entwicklung zu beobachten.


chris


Ruth antwortete am 28.06.03 (10:40):

Ich weiß nicht, ob, allgemein gesehen, die Gewaltbereitschaft im Vergleich zu früher zugenommen hat; sie ist auf jeden Fall "offizieller" geworden.
Was ich aber konstatiere ist eine massive Abnahme von Mitempfinden, Mitleid und der Bereitschaft, einzugreifen oder zu helfen. Es gehört für mich in den Rahmen von Brutalität, wenn Passanten bei einem Unfall oder Verbrechen (wie die kürzlich gewordene öffentliche Vergewaltigung eines jungen Mädchens) wegschauen bzw. schnell das Weite suchen.

Ganz bestimmt sind es auch nicht Filme oder Literatur allein, die die Schwelle der Anteilnahme herabsenken. Hier bewirken die Kriegs- und Terrornachrichten sowie auch die Berichte von Satansmessen Wesentliches.

Schon zum persönlichen Schutz lässt man Meldungen über Katastrophen, Massenmorde und Seuchen, sofern sie sich nur möglichst weit weg abspielen, nicht mehr allzu nah an sich heran. Die sich stellende Frage "was könnte ich da wohl dagegen tun?" bleibt verständlicherweise unbeantwortet, verhilft m.M. nach aber auch dazu, Gewalt in welcher Form auch immer, verstärkt als alltäglich bzw. unabänderlich zu akzeptieren.


schorsch antwortete am 28.06.03 (17:02):

Ich denke, es ist ein Unterschied, ob ein Kind z.B. immer einen Räuber oder einen Mafiaboss spielen will, oder ob er seine Rolle im Leben als Ritter ohne Furcht und adel sieht und diese Rolle spielerisch übt....


pilli antwortete am 29.06.03 (02:22):

hab mal gestöbert :-) im netz.

das wort "agressionsbereitschaft" gab den anlass.

ich fand folgenden hinweis:
-----------
"Kommunikation mit Hilfe von chemischen Botenstoffen spielt in der Natur, sowohl in der Fauna als auch in der Flora, eine grosse Rolle.
Durch chemische Signale können sexuelle Stimmungen, wie auch Agressionsbereitschaft und Dominanz, ohne direkten Kontakt mit anderen Ýndividuen vermittelt werden."
---------------

könnte das vielleicht am gegebenen beispiel von Chris auch eine rolle gespielt haben?

können so kleine kinder überhaupt schon dieses "sich nicht riechen können" wahrnehmen?


WANDA antwortete am 29.06.03 (08:02):

Ich möchte etwas abweichen. Auf unserer langen Flucht im Winter aus dem Osten passierte es, dass mein Bruder und mein Vetter auf aufgeblähten Tierkadavern herumhopsten und sich dann freuten, wenn die Luft hinten rauswich !

Völlig verroht werdet Ihr denken. Nein, beides sind sehr liebe Menschen und friedfertig auch.
Ich sammelte mit Vorliebe Granatsplitter und bin ein absoluter Pazifist. Über alles andere ist schon gesprochen worden und zum Menschwerden gehört eben vieles.


jako antwortete am 29.06.03 (10:23):

Mit Gewalt bin ich im Laufe meines Lebens mehr als genug in Berührung gekommen, sei es nun direkt oder im näheren Umfeld.
Selber stamme ich aus einem Hause, wo körperliche Gewalt nie angewandt wurde, Wortgewalt dafür umsomehr. Da wo wir wohnten, gab es kaum andere Kinder, sodass ich mehr oder weniger als Einzelgängerin aufwuchs, was bedeutete, dass ich in der Gesellschaft keine Gelegenheit hatte, mich schon als Kind mit diesem Problem auseinanderzusetzen und daraus zu lernen.

Ganz anders sah es dann in meiner eigenen Familie aus. Meine zwei Söhne sind in drei verschiedenen Städten groß geworden und, da sie frei erzogen wurden, suchten sie sich ihre Spielkameraden selber aus, und entschieden auch immer selber, wen sie um sich haben wollten und wen nicht. Da wir an zwei Wohnorten keinen eigenen Garten besaßen, lebten sie praktisch auf der Straße und haben dort ihre Erfahrungen gesammelt. Aber eins wussten sie immer: dass ihr eigenes Zuhause gewaltfrei war (ein paar wenige Ausrutscher ausgenommen), dass sie geliebt wurden und dass ihre Freunde immer willkommen waren. Natürlich hatte ich hin und wieder meine Bedenken, was die verschiedenen kleinen und später nicht mehr ganz so kleinen Besucher betraf, aber die behielt ich für mich. Meine Kinder sollten lernen, in jeder Hinsicht selber Verantwortung zu übernehmen. Es gab sogar Zeiten, da sie mit kleinen Mafiosikindern verkehrten, aber das haben sie mir immer erzählt und nachhause haben sie sie nie gebracht. Ich denke, dass sie da eine gesunde Hemmschwelle aufgebaut hatten. Denn diese Kinder waren alle mit Messern bewaffnet.
Als die Kinder noch klein waren, habe ich sehr viel mit ihnen gespielt bis sie dann genügend Spielkameraden hatten. Dann hab ich mich immer rausgehalten. Natürlich ging es oft hoch her, aber das gehört ja wohl zum Kräftemessen dazu. Und dass es nicht zu wahren Gewaltakten ausartete, dafür sorgten sie schon selber.

Heute als alter Mensch sehe ich für mich keine große Möglichkeit mehr, unsere Gesellschaft vor Gewalt zu schützen, aber müsste ich noch einmal Kinder großziehen, würde ich dafür sorgen, dass sie häusliche Geborgenheit erhalten und sie so respektieren, wie ich mir wünsche, dass auch sie ihre Mitmenschen respektieren lernen.


Chris antwortete am 29.06.03 (14:10):

Danke für alle Beiträge bisher!

Nun möchte ich aber auch mal was hören,
von Leuten, die sich beruflich oder fachlich damit
beschäftigen.

Ist es wirklich so, dass diese Aggressionsbereitschaft
in uns allen vorhanden ist?

Durch was kann sie verstärkt oder durch was kann sie
gemindert werden?

Wir alle sind doch von der Zunahme der Gewalt betroffen,
sei es in der Familie, der Schule oder im öffentlichen Leben.


Ich freue mich auf weitere Beiträge von euch!

Chris


Barbara antwortete am 29.06.03 (14:52):

Chris, Du schreibst:

>>Die Tatsache, dass der Junge ein Schwert besass hat mich sicher nicht erschreckt, wenn er zuhause im Hof mit seinem Bruder gespielt hätte, dann wäre dieses Verhalten für mich durchaus normal gewesen. Was mich erschreckt hat, war der Blick des Jungen, ....... sein Verhalten in einem Einkaufsladen....... wer wagt es gegen mich anzutreten zum Kampf...... ... ich hatte ja versucht, den Jungen anzusprechen, aber das Kind hat mich nichtmal wahrgenommen<<

Dieser Blick eines Jungen von 2 1/2 Jahren hat Dich erschreckt? Oje.... könnte evtl. auch das Trotzalter und nicht die durch Fernsehkonsum und Kindergartenbesuch erlangte Aggressivität Ursache des drohenden Blickes gewesen sein?

Ich bezweifel, dass ein 2 1/2jähriger überhaupt schon den Sinn eines Fernsehfilmes erfassen kann... auch Gewaltszenen... und dass dieses Kind bisher einen Kindergarten besucht hat, geschweige denn dort Hass und Gewalt erfahren hat.

Außerdem bezweifel ich, dass die Gewaltbereitschaft allgemein zugenommen hat. Ich wuchs in einer sehr aggressiven Gegend in Hamburg auf... Meine Kinder sind im ländlichen Speckgürtel Hamburgs aufgewachsen... Ein Riesenunterschied... Aus eigener Erfahrung müsste ich also sagen, dass die Aggressivität unter Jugendlichen früher weitaus höher war als heute. Ich begegne hier kaum aggressivem Verhalten. An meinen halbwüchsigen Söhnen habe ich erleben können, dass sich ältere Leute ihnen gegenüber oft aggressiv verhielten, vielleicht aus der Angst heraus, die ihnen durch die Medien suggeriert wird.

Wie ich oben bereits ausgeführt habe, gibt es durchaus Problemgruppen. Um diese müsste sich vor allem der Staat kümmern und ihnen den Zugang zu unserer Gesellschaft ermöglichen. Das geht nicht durch eine Streichung von Deutschkursen für Kinder ausländischer Herkunft....

Persönlich konnte ich mich für ein paar dieser Kinder einsetzen und ihnen dadurch zu einer positiven Schullaufbahn und einem gelungenen Start ins Berufsleben verhelfen. Diese Möglichkeit hat jedoch nicht jeder von uns.

Vielleicht sollte man wirklich einmal hier fragen, wer bereits persönlich von Jugendlichen ausgeübte Gewalt erfahren hat, dabei meine ich nicht die Bedrohung durch einen Zweieinhalbjährigen mittels eines Plastikschwertes...


Chris antwortete am 29.06.03 (15:11):

@Barbara,

Sicher besucht das Kind noch gar keinen Kindergarten, da die Kinder hier in
Bayern 3 J. alt sein müssen, bevor sie aufgenommen werden.

Ich befürchte aber, dass das Kind zuviel TV guckt, das ganze Verhalten
war nicht kindlich.

Und kann es nicht auch sein, dass die Gewaltbereitschaft durch ungeeignetes
gucken von TV-Filmen übelster Machart verstärkt wird?


Chris


pilli antwortete am 29.06.03 (16:32):

nun,

"gewalt" in der form wie Chris sie schildert, ist für mich kein sachverhalt, der mich auch nur im geringsten an den begriff "gewalt" erinnert.

es zeigt mir aber, daß mein kecker tipp, nicht die kinder sondern die erwachsenen sollten auf der schulbank sitzen, dringend erforderlich ist.

wir tun tatsächlich nicht genug; nur nicht in dem hier geschilderten sinne.

kinder und enkelkinder haben sicher viele von uns und trotz fehlender "fachlicher" ausbildung ist es mir, wenn das erlaubt ist, zu sagen :-)zu blöde, jetzt darüber nachzudenken, wie ich so ein smartes lebhaftes kerlchen in die sparte: "gewalt androhener rohling" einordnen soll.

"datt jibt et doch nicht, watt et so alles gibt :-))))"

----------------
@ Barbara

nun ich kenne und liebe Hamburg und auch Köln ist ja kein dorf. ich bin auch nicht nur im hellen sonnenlicht sondern auch gerne mal dann "op jöck" (unterwegs), wenn biedere bürger seelig und ahnungslos schlafen. :-)

wenn mal zwei hähnchen draussen vor der türe der disco das gestylte haar mittels einiger zugegeben kurzer und heftiger schläge verunstalten, tja dann geht es meiner meinung nach
entweder um ne hübsche tussi oder um das "fuschen" beim zocken. also mache ich nen bogen um die zwei und überlege vielleicht noch: tja, "hatt sich nicht viel verändert".
auch der "tanz auf der tenne" endete doch früher nicht bevor wenigstens (!) eine zünftige klopperei stattfand :-)

oder habe ich zuviele heimatfilme "nicht" gesehen, weil mein darm dann immer reagiert?

:-)

p.s.

@ Chris

falls du dem sonnyboy nochmal begegnest, achte doch mal bitte darauf, ob er teile das folgenden lied singt:

"Dem Morgenrot entgegen,
ihr Kampfgenossen all!
Bald siegt ihr allerwegen,
bald weicht der Feinde Wall!
Mit Macht heran und haltet Schritt!
Arbeiterjugend? Will sie mit?
Wir sind die junge Garde
des Proletariats!

2. Wir haben selbst erfahren
der Arbeit Frongewalt
in düstren Kinderjahren
und wurden früh schon alt.
Sie hat an unserm Fuß geklirrt,
die Kette, die nur schwerer wird.
Wach auf, du junge Garde
des Proletariats!"

falls ja, dann mail mich bitte sooofort an, vielleicht gibt Hannes Wader ein konzert in eurer nähe und die eltern üben schon mal die songtexte mit den kindern :-)


Barbara antwortete am 29.06.03 (17:14):

Stichwort: die Eltern gehören auf die Schulbank

Diese Marktlücke ist bereits erkannt. Gestern las ich im Hamburger Abendblatt von "Step"-Kursen für überforderte Eltern.
"Step" kommt, wer hätte das gedacht, aus Amerika und steht für "Systematic Training for Effective Parenting"

In dem Artikel heißt es u.a.:
>> Die Idee: Eltern und Kinder sind gleichwertige Menschen und sollen respektvoll miteinander umgehen. Um das zu erreichen, müssen Eltern lernen, aktiv zuzuhören, ihre Kinder zu ermutigen und ihnen sinnvolle Grenzen zu setzen....

Ein Beispiel:
Der Tag war für Susanne Aicher einfach nur heftig gewesen. ... Die drei Kleinen hatten sich nur gestritten, ihr Spielzeug lag komplett im Wohnzimmer verstreut, in der Küche herrschte Chaos. Die 33 Jahre alte Mutter konnte nicht mehr reagieren - Susanne Aicher war nur noch sprachlos.

"In dieser Nacht lag ich stundenlang wach und beschloss: So geht es nicht weiter. Ich muss was gegen meine Hilflosigkeit tun." Am nächsten Tag meldete sie sich beim Elterntrainingskurs "Step" an.<<

Wenn mich das im Wohnzimmer herumliegende Spielzeug meiner drei Kinder nachts vom Schlafen abgehalten hätte, ich hätte meine Nächte wohl ausschließlich schlaflos verbracht :-) Auch dass ich meinen Kindern zuhören und auf ihre Gedanken eingehen muss, wusste ich ohne "Step". Aber vielleicht ist heute wirklich alles anders....

https://www.abendblatt.de/daten/2003/06/28/180903.html

Internet-Tipp: https://www.abendblatt.de/daten/2003/06/28/180903.html


juttam antwortete am 01.07.03 (03:43):

Sehr alter hessischer Spruch:

Was is dass dann fuer a Kirmes?????
10 Uhr unn noch kein Blut gesehen!!!

Der Spruch ist uebrigens weeeeesentlich aelter
als der Fernseh Apparat!

:))


Felix antwortete am 03.07.03 (01:15):

Heute habe ich zu diesem Thema einen eindrücklichen Beitrag im NDR gesehen.
Es ging um die Gewaltakte in Frankreich nach der Befreiung von den Deutschen am Ende des 2. Weltkrieges.
Was für entsetzliches Leid hat man vorallem den Frauen angetan, die es mit deutschen Besatzern zu tun gehabt hatten. Auch harmlose Dienstleistungen als Putzfrauen, Hausmädchen, Köchinnen etc. wurden grausam vergolten. Man scherte ihnen die Haare oder rasierte sie kahl, trieb sie durch die Strassen, wo sie mit Kuhdung und Germüse beworfen wurden. Einige wurden auch kurzerhand erschossen.
Sind sich die Deutschen bewusst, dass sie zu dieser Zeit selbstverschuldet zu Unmenschen stilisiert wurden, die dermassen verhasst waren, dass ein einigermassen freundschaftliches Verhältnis mit ihnen als Todesurteil gelten konnte.
Die Zeugen jener Zeit leben zum Teil noch ... ihr Zeugnis ist erschütternd!
Solchen Hass und solche Gewalt finden wir leider auch heute ... sei es im nahen Osten oder sonst in aktuellen Konfliktherden.


pilli antwortete am 03.07.03 (08:16):

thema war die "kampfsituation zwischen Chris und einem kleinen buben von 2 einhalb jahren...

nur das sollte meines erachtens versucht werden als "agressionsverhalten" zu erklären.


Felix antwortete am 03.07.03 (16:07):

Was soll diese unnötige schulmeisterliche Bemerkung .... Es geht um Hass und Gewalt und wie man allenfalls mit diesen Regungen umzugehen lernen kann.
Das Beispiel von Chris geht eher ins Thema spielerische Nachahmung aggressiver Verhaltensmuster. Das gehört eher zum Imponiergehabe und nicht zum Aggressionverhalten.
Spiel- oder Kommentkampf bleibt dieses Verhalten soweit keine Schädigung des Gegenübers beabsichtigt ist.
Und damit es klar gesagt ist ... nicht dieses kindliche Verhalten bereitet mir Sorgen ... sondern die Gefühlsverrohung, die man in unserer Konsumgesellschaft häufig feststellen kann. Das sich für beobachtbare Gewalt nicht verantwortlich fühlen ... und deshalb gleichgültig geschehen lassen ...

Den ständig erhobenen Zeigefinger an deiner virtuellen Hand kannst du leider selber nicht erkennen! &:>)))


Gudrun antwortete am 03.07.03 (17:35):

THEMA: Tun wir genug gegen die Verherrlichung von Hass und Gewalt??

das war das Thema.
..........
pilli antwortete am 03.07.03 (08:16):

thema war die "kampfsituation zwischen Chris und einem kleinen buben von 2 einhalb jahren...
nur das sollte meines erachtens versucht werden als "agressionsverhalten" zu erklären.
.........
hier irrt Pilli
denn es wurde keine Kampfsituation ZWISCHEN Chris und dem Buben geschildert,sondern eine zufällige Beobachtung.

Zu der allgemein gestellten Frage ist es schwer,die richtige Antwort oder Lösungen zu finden.

Felix
ich denke,dass auch spielerische Nachahmung nicht immer nur Imponiergehabe ist.
Zu leicht wird aus Spiel Ernst-und wer nicht frühzeitig angelernt wird,seine Aggressionen zu zügeln,kann es als Erwachsener umso weniger.

Natürlich sollen keine Feiglinge oder Duckmäuser aufwachsen!
Aber Chris Frage: tun wir genug,um... möchte ich mit Nein beantworten.
ein Patentrezept habe ich nicht,aber,ich denke,es ist nicht gut,dass in Film und Fernsehen rohe Gewalt,Mord und Totschlag oder andere Verbrechen als Selbstverständlichkeiten gezeigt werden.


Felix antwortete am 03.07.03 (18:06):

Zum Begriff Aggression:

Walter Angst, ein Ethologe von Basel, hat 1980 im Springer-Verlag über dieses Thema publiziert:
"Aggression bei Affen und Menschen"

Als Studienkollegen diskutierten wir im Vorfeld dieser Arbeit eingehend über diesen uneinheitlich verwendeten Begriff. Wir hatten aus psychologischer, ethologischer und forensischer Literatur ca. 80 Definitionen zusammengetragen!

Wir einigten uns schliesslich auf folgende, die auch am Anfang seiner Arbeit steht:

Als Aggression im engeren Sinne lässt sich ein Verhalten bezeichnen, das darauf gerichtet ist, einem Sozialpartner oder sich selbst in seiner Integrität nachteilig zu beeinflussen.

Es geht also hier nur um Verhaltensweisen, die sozial relevant sind. Also Gewaltanwendung beim Beutefang gehört nicht dazu.
Als Sozialpartner können auch Haustiere oder Gegenstände als Partnerersatz dienen.
Gedachte ... nur in der Fantasie oder Vorstellung gemachte Handlungen oder Absichten ... wären kein Verhalten im engeren Sinne ... verbale Äusserungen aber schon!
Kampfspiele wären demnach noch kein Aggressionsverhalten ... können aber durchaus zu solchen entarten. (z.B. beim Foulen)

Andere Autoren brauchen den Begriff viel breiter ... sozusagen als Synonym für "Sich im Leben behaupten, durchsetzen" oder "Initiative ergreifen".

In der Rechtssprechung gelten auch sehr unterschiedliche Auffassungen. Gilt z.B. passiver Widerstand oder eine Sitzblockade bereits als Aggression oder Gewaltanwendung?
Hier konnte man in letzter Zeit auch Änderungen im Strafgesetz feststellen. Es gibt auch fliessende Übergänge zwischen Imponiergehabe - Drohgebärde und eigentlicher Aggression.

Ist überhaupt noch etwas klar? Ja, so ist es oft mit Begriffen, die zwar viele verwenden .... aber wenige hinterfragen!


pilli antwortete am 03.07.03 (18:32):

mir schon :-)

deine antwort und auch der Beitrag von Karl zeigten bereits sehr früh den weg zum verständnis...

aber...:-)


Tessy antwortete am 04.07.03 (11:06):

Vor kurzem durchstreifte ich das Internet nach Beiträgen zu diesem Thema und zwar aus aktuellem Anlaß. Ich fand viel Wissenschaftliches, auch Statistiken gibt es.
Aber ist es nicht auch verständlich sind an Fakten zu orientieren?
Beispiel:

Meine Tochter besuchte das Gymnasium und fuhr dorthin mit dem Schulbus.
Da gab es die üblichen Streitereien zwischen Jungen und Mädchen - der Inhalt der Schultaschen wurde ausgekippt, Rempeleien gab es - bis der Busfahrer ein Machtwort sprach.

Jetzt, 25 Jahre später, fährt meine Enkelin den gleichen Weg zur Schule, es gibt wieder Streitereien, aber diese enden mit Rippenprellungen, Hämatomen, ausgerissenen Haarbüscheln.
Und der Busfahrer wagt es nicht sich einzumischen......

Es handelt sich nicht um Ausländerkinder!, alle kommen aus den sogenannten besseren Familien.

Nachdenken ist doch angesagt.


Felix antwortete am 04.07.03 (17:29):

Die Sozialisierung ist ein Lernprozess, der im Säuglingsalter beginnt und nie aufhört. Leider weisen viele Menschen Lerndefizite auf ... aus irgend einer der prägenden Entwicklungsphasen. Es sind Lücken, die man nachträglich kaum mehr bereinigen kann.
Aggressionsbereitschaft hängt auch mit fehlender Frustrationstoleranz zusammen. Wer nicht gelernt hat, auf sofortige Befriedigung seiner Bedürfnisse verzichten zu können ... ist eher bereit mit Gewalt nachzuhelfen.
Kleinkinder in der Trotzphase zeigen sehr früh ... wer sich .... mit welchen Mitteln ... durchsetzen kann!
Die Non-frustrated-Generation, die antiautoritäre Erziehung und andere Irrlehren haben ihre tiefen Spuren hinterlassen!


Chris antwortete am 04.07.03 (20:28):

@ Felix,

wo aber können junge Eltern heute lernen, wie man Kinder
richtig erziehen kann, wobei ich das Wort erziehen eigentlich
gar nicht mag.

Also junge Mutter habe ich sicher vieles gemacht, ohne groß
darüber nachzudenken, ob das richtig ist. Heute frag ich mich, war das alles richtig, war ich vielleicht zu streng?
Hätte ich weniger konsequent sein sollen?

Ich denke Kinder schauen sich vieles von anderen ab ......
egal wo das nun ist, im Kindergarten, in der Schule, am Fernseher...... usw.

Ich würde jungen Eltern wünschen, dass sie in der Richtung
mehr Hilfe bekommen.

Chris
war alles richtig?

Sicher werden auch die jungen Mütter heute, geprägt vom Elternhaus, Schule, Beruf und Umwelt....... aber reicht das
aus, um einem Kind den richtigen Weg zu zeigen .....


schorsch antwortete am 05.07.03 (08:18):

Wir könnten von den Tieren noch viel lernen. Sie lehren ihren Nachwuchs das Überleben. Und dieses Überleben-Lernen besteht zur Haupsache in der Anpassung an das Rudel. Der heutige Mensch aber setzt voraus, dass sich das Rudel ihm anzupassen hätte....


Angelika antwortete am 05.07.03 (16:57):

Die Erziehung zur Aggressionsfreiheit führt leider auch heute noch zu oft über die Unterdrückung und Gewalt - dass sich da bei Kindern etwas aufstaut, bleibt leider nicht aus. (Beispiel: Der eigene Sohn schlägt das Nachbarkind und wird mit Hausarrest und Liebesentzug, oft mit einer Ohrfeige, frei nach "das muss auch mal sein" bestraft). Kinder brauchen aber die Gelegenheit, Aggressionen auszuleben um sich zu befreien und um sich zu entwickeln. Auch die Kinder von Hippies, die friedlich auf Gomera leben, wollen Räuber und Gendarm spielen und prügeln sich zum Entsetzen ihrer Eltern auch schon mal.

Alles in allem bin ich aber der Meinung, dass die Welt nioch nie so gegen Gewalt war wie heute und es auch nicht mehr Gewalt gibt als "früher". Denken wir nur daran, dass die Bibel über Jahrtausende zur Gewalt und Züchtigung aufrief und auch heute noch genügend Menschen als Legitimation dient, die eigenen Kinder zu schlagen oder anderen mit Gewalt zu begegnen:zb "Wer die Rute spart, hasst seinen Sohn, wer ihn liebt, nimmt ihn früh in Zucht",
"Mein Sohn, verachte nicht die Zucht des Herrn, widersetz dich nicht, wenn er dich zurechtweist" oder "Wen der Herr liebt, den züchtigt er, wie ein Vater seinen Sohn, den er gern hat". Und im Buch Jesus Sirach gar: "Hast du Söhne, nimm sie in Zucht" oder im Hebräerbrief: "Haltet aus, wenn ihr gezüchtigt werdet. Gott behandelt euch wie Söhne". Jetzt soll aber keiner kommen und sagen, dass das ja alles im Alten Testament steht ... bitte sehr: die katholische Kirche hält sich heute noch an diese Sprüche - Gewaltverherrlichung findet also wie hier im chritl. Glauben (auch in anderen) seine Legitimation.

Heute kommen Lehrer oder Eltern vor Gericht und werden bestraft, wenn sie Kinder körperlich züchtigen - zum Glück. Aber vor noch nicht einmal 50Jahren war das noch legitim und "gehörte dazu". Und wie kurz erst ist die Zeit, in der Frauen ihre Ehemänner wegen Vergewaltigung in der Ehe anzeigen können? Vor noch wenigen Jahren gehörte Gewalt in der Ehe quasi zu den ehelichen Pflichten.

Auch die Kriege haben heute eine andere "Qualität" von Gewalt - wobei diese sicher nicht besser ist als vor 500 jahren aber ich frage mich, ob heute noch solches Gemetzel mit zehntausenden von Toten in wenigen Stunden möglich wäre, wo Mann gegen Mann kämpfte - mit Pfeil und Bogen, Äxten und Schwertern. Erst vor kurzem lief im ZDF eine sehr interessante Reportage unter dem Titel "Wenn tote Krieger sprechen könnten" - es geht um die Untersuchung von Skeletten aus einem Massengrab aus der Mitte des 15.Jah. Die unvorstellbaren Grausamkeiten, mit denen diese Männer vor 500 Jahren niedergemetzelt und gefoltert wurden, haben selbst forensische Forscher über alle Massen schockiert. Der Bericht kann unter dem u.a. gegebenen Link nachgelesen werden.

Alles in allem glaube ich, dass wir nur mehr von gewalt erfahren, weil die modernen Meiden die Nachrichten und Bilder von Gewalt und Grausamkeit heute in Sekunden bis in den letzten Winkel der Zivilisation tragen - mehr ist aber wohl nicht und ich glaube, dass das Entsetzen und das gefühl für Ungerechtigkeit grösser ist als je zuvor.

Internet-Tipp: https://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/16/0,1872,2044048,00.html


Angelika antwortete am 05.07.03 (16:58):

sorry in der ersten Zeite sollte es heissen "Aggressionslosigkeit" und nicht "Aggressionsfreiheit"


schorsch antwortete am 05.07.03 (17:38):

Im Namen der Bibel hat auch mein Vater meine Mutter geschlagen......