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THEMA:   Acht Frauen wagen einen Neuanfang

 7 Antwort(en).

Lisa1 begann die Diskussion am 25.05.03 (20:58) mit folgendem Beitrag:


Möglichkeiten :




Im Februar 1997 ist das Haus in München - Pasing, in der Nähe des Stadtparks bezugsfertig. Die 8 Frauen , die gemeinsam einziehen, fühlen sich - nach jahrelangem Ringen und Kämpfen - endlich am Ziel: Zusammen in einer Hausgemeinschaft leben, im Alter selbständig sein, aber nicht allein. -Sie alle - geboren zwischen 1920 und 1938 - hatten schon ein durch Heirat, Kinderkriegen und Berufstätigkeit erfülltes Leben hinter sich, als der Entschluß in ihnen reifte, noch einmal etwas Neues zu wagen. Mit dem Einzug wagen die Frauen einen Umbruch - einen totaler Neuanfang.26 Jahre haben sie im Durchschnitt in ihrer Wohnung verbracht, der größte Teil von ihnen mit Familie und Kindern. Jetzt gilt es, Abschied nehmen, von vielem was einem ein halbes Leben lang vertraut und lieb gewesen ist: Das Umfeld, die Nachbarn, geliebte Gegenstände, lang gehegte Gewohnheiten. Das neue Zuhause ist für die meisten der Frauen kleiner als die alte Wohnung. Räume, die mit Erinnerungen verbunden sind (z.B. an die Kinder) müssen geräumt werden, Gegenstände und Möbel verschenkt, eingelagert, oder auf den Sperrmüll gebracht werden. Dies bedeutet Abschied nehmen von vergangenen Lebensphasen, aber auch mutige Konfrontation mit dem eigenen Altwerden. In der neuen Bleibe müssen die Frauen sich mit den Räumlichkeiten arrangieren. Aber nur wenige nützen den Umzug, um sich ganz neu einzurichten. Mit Einfallsreichtum und Geschick gelingt es den meisten, einige besonders geliebte Stücke in ihr neues Heim zu integrieren. Versteht sich, daß die Frauen sich dabei gegenseitig helfen, für diese oft nicht einfache Aufgabe eine jeweils zufriedenstellende Lösung zu finden.Die Idee zu dieser Hausgemeinschaft war fast 10 Jahre vorher bei Veranstaltungen von FRAU IM BERUF im evangelisch-lutherischen Dekanatsbezirk entstanden. Hier hatten sich die Frauen - damals alle noch berufstätig, - kennen gelernt und sich gemeinsam Gedanken über ihr Leben im Alter gemacht. 1986 war die Gruppe dann offiziell gegründet worden.Um die Finanzierung zu erleichtern war das Projekt im Juli 1988 als Modellprojekt 'Nachbarschaftlich leben für Frauen im Alter' deklariert worden. Von der Gründung der Gruppe bis zum Einzug in Pasing war ein weiter Weg zu beschreiten, ein Marsch durch die Institutionen auf der Suche nach einem geeigneten Träger, gepflastert mit ebensoviel Enttäuschungen wie Hoffnungen. Schwierigkeiten galt es zu überwinden, Rückschläge hinzunehmen, bis nach 7 Jahren endlich die Finanzierung gesichert ist. Während dieser Zeit treffen die Frauen sich regelmäßig monatlich in den Räumen von ‚Frau im Beruf'. Hier beraten sie über den Stand des Projektes, klären ihre Bedingungen ab und stärken sich gegenseitig den Rücken. - In Gerlinde Fischer, der leitenden Sozialpädagogin bei Frau im Beruf findet die Gruppe eine beherzte und mutige Streiterin für die Sache. Frau Fischer begleitet das Projekt von Anfang an. Sie stellt Kontakte zu verschiedenen Institutionen her, von denen die Frauen sich Unterstützung erhoffen und organisiert die Öffentlichkeitsarbeit.


Lisa1 antwortete am 25.05.03 (21:03):

Teil 2 :




Sie vermittelt aber auch zwischen den Gruppenmitgliedern, macht ihnen Mut und hilft Niederlagen aufzufangen. Ebenso unterstützt sie die Frauen bei Verhandlungen. Nach zähem Ringen und etlichen Rückschlägen mit potentiellen Geldgebern bzw. Bauherren kommt im Jahre 1993 endlich der Durchbruch: Ein Antrag bei der Evangelischen Landesynode für das Modellprojekt wird positiv entschieden. Die Finanzierung ist gesichert. Das evangelische Landeskirchenamt wird ein Haus in Pasing bauen, in dem neben den 8 Wohnugen für die Frauengruppe weitere 7 Wohnungen für Familien vorgesehen sind. Damit beginnt die Realisierung in greifbare Nähe zu rücken. Im folgenden wird das Haus in Rücksprache mit der Wohngruppe und dem Landeskirchenamt geplant. Es stehen zwei Wohnungstypen unterschiedlicher Größe zur Auswahl. Ihre eigenen, sowie die Gemeinschaftsräume können die Frauen nach ihren Bedürfnissen mitgestalten. Auch ein gemeinsamer Garten wird geplant. Inzwischen wohnen die Frauen schon einige Jahre zusammen. Jede von ihnen hat eine abgschlossene Wohnung, kann tun und lassen , was sie will und weiß dennoch Verbündete unter dem gleichen Dach : zu geselligem Miteinander, und zu gegenseitiger nachbarschaftlicher Hilfe.Die Frauen haben etwas geschafft, wozu viele ältere Menschen nicht mehr in der Lage sind. Sie, die viele Jahre lang für andere gesorgt und gelebt haben, entwickelten zusammen die soziale Kraft noch einmal etwas ganz Neues zu wagen, ihr Leben noch einmal neu zu planen zu gestalten. Im Alter frei zu sein und dennoch nicht allein. Dabei haben sie -neben allem Anderen - etwas geleistet, was vielen - nicht nur älteren - Menschen besonders schwer fällt: Los zu lassen!


Quelle: Aufbruch in ein gemeinsames Altern, Neue Wohnformen im Alter am Beispiel des Modellprojektes "Nachbarschaftlich leben für Frauen im Alter" (Die Dokumentation ist erhältlich bei FRAU IM BERUF)


Anna antwortete am 25.05.03 (23:48):

Hallo Lisa,
dieser Bericht ist so erfrischend :-)

Ich finde es bewundernswert, wenn ältere Menschen ihre Zukunft in die eigene Hand nehmen und planen.
Es zeigt, zu wieviel Menschen fähig sind, wenn sie gemeinsam etwas tun, auch im Alter.

Solche Projekte sollte es mehr geben!

Grüssli von Anna


pilli antwortete am 26.05.03 (00:58):

nicht alle projekte werden leider so gut und professionell begleitet wie in diesem geschilderten beispiel.

wenn ich nur an die vielen privaten initiativen denke, die von geldgierigen hyänen mit im schnelldurchlauf erworbenen kenntnissen gestartet werden, wird mir übel.

mit windeseile werden die bankkonten von interessierten menschen geleert und viele sind diesem elend bis zum lebensende hilflos ausgesetzt.

es ist für mich nicht zu verstehen, warum aufgeklärte menschen, die mit gutem verstand bisher ihr leben eingerichtet haben, diesen seelenfängern auf den leim gehen.

gerade gestern hörte ich von einer lady (75) sie habe im letzten jahr über eine bekannte von der möglichkeit erfahren, im "sonnigen süden" sich in eine "wohngruppe" einzukaufen. geleitet würde dieses haus von einer ehemaligen altenpflegerin und ihrem sohn.

erst als ihre tochter über den örtlichen spanischen pfarrer erkundigungen über dieses haus eingeholt hat, habe sie erkannt, wie nahe sie diesem unheil gewesen ist. sie erzählte mir gestern auf meine nachfrage, was sie so vertrauensseelig gemacht habe, daß alleine die schilderung dieser bekannten anlass gab, darüber nachzudenken.

tja, der möglichkeiten gibt es viele an das geld anderer leute zu kommen; ich staune immer wieder, wie leicht das eigentlich ist...

:-)


Bruno antwortete am 29.05.03 (21:03):

Das Projekt ist wirklich erfrischend. Es gibt viele solcher Projekte in der Republik. Etwas Mut gehört schon dazu.Sie sind auch gut vernetzt und kriegen auch Hilfe und Beratung, ohne den Geldhaien in die Hände zu fallen. Ich bin selbst Inititator enes Wohnprojektes, die "Wahlfamilie e.V."
Wer darüber mehr wissen will:
Forum für gemeinschaftliches Wohnen im alter, Hannover
hier ist der link.

Internet-Tipp: https://www.fgwa.de/


pilli antwortete am 30.05.03 (10:29):

in einer programm-information des HR vom 15.10.02 werden einige projekte vorgestellt, die m.e. eine gute alternative zum "gemeinsamen wohnen mit alt und jung" und den damit verbundenen vorteilen für alle altersgruppen.

- kontakte ermöglichen und pflegen

- sinnvolle aufgaben innerhalb einer gemeinschaft erfüllen

- eventuell notwendig werdende pflegerische hilfe orgnisieren und vor allem auch überwachen.

- "familiensinn" spüren, wenn auch auf eine andere, neue art

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entnommen: https://www.hr-online.de/fs/servicewohnen/archiv/021015.html

. Karmelkloster Bonn
Im ehemaligen Karmelkloster in Bonn-Beuel (Ortsteil Pützchen) sind durch geschickten Umbau Eigentumswohnungen in verschiedenen Größen entstanden. In diesem Jahr werden auf dem ehemaligen Klostergelände außerdem Reihenhäuser für Familien und Stadtwohnungen - zum Kaufen oder Mieten - für alle Altersstufen angebaut. Die Anlage liegt im 6.000 Quadratmeter großen Klostergarten und wird von der Gemeinschaft selbst verwaltet. Im Mai 2002 öffnete das Klostercafé seine Pforte für Bewohner und Nachbarschaft.

2. Hofhaus Mettmann
Durch einen Finanzierungsmix kann der Bauherr der Wohnanlage "Hofhaus Mettmann" Wohnraum für jeden Geldbeutel und für alle Lebenslagen bieten. Neben frei finanzierten Miet- und Eigentumswohnungen gibt es auch Sozialwohnungen für Singles, Paare und Familien.

3. Generationenhaus Köln
Der Verein "Generationenhaus Köln" lebt in einer Siedlungsgemeinschaft in Köln-Ossendorf. Die Sozialwohnungen sind durchweg preiswert.

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vom beispiel des "Generationenhaus Köln" habe ich zum beispiel durch deine anregung, lieber Bruno :-) erst jetzt erfahren und werde jetzt zu den seiten surfen um die angegebenen beratungsstellen kennenzulernen.
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entnommen aus o.a. link:
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Köln:
Generationenhaus / Köln e.V.
Peter-Michel-Str. 124
50827 Köln
Internet: www.generationenhaus-koeln.de

Modellprogramm "Selbstbestimmt Wohnen im Alter":
Kuratorium Deutsche Altershilfe
An der Pauluskirche 3
50677 Köln
Internet: www.kda.de
E-Mail: publicrelations@kda.de

Literatur: Astrid Osterland
Nicht allein und nicht ins Heim
Alternative: Alten WG
Jungfermann, 2000
ISBN 3-87387-449-0
Preis: 12,50 Euro

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vielleicht sind noch weitere "begleitende" initiativen bekannt?


schorsch antwortete am 31.05.03 (18:05):

Wetten, dass diese Wohngemeinschaft zu bröckeln beginnt, sobald sich ein Attraktives männliches Wesen in ihre Nähe wagt? (;--))))

PS. Nicht ich - ich bin ausgelastet!


Bruno antwortete am 31.05.03 (20:54):

Das mit dem Bröckeln ist nicht wahrscheinlich.
Sollte wirklich jemand auftauchen, kann er einfach da mit wohnen.Wenn er das nicht will, ist ja nicht viel dran.
Zu Zweit oder was auch immer.
jedenfalls ist das bei uns so.
das gibt dann bewegung.
Bruno