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THEMA:   "Möchten Sie lieber mit Bewusstsein sterben oder ...

 14 Antwort(en).

Angelika begann die Diskussion am 22.01.03 (22:06) mit folgendem Beitrag:

von einem herabfallenden Ziegelstein überrascht werden?

Schriftsteller Max Frisch: Ein Fragebogen zu Sterben und Tod
1. Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr?
2. Was tun Sie dagegen?
3. Haben Sie keine Angst vor dem Tod (weil Sie materialistisch denken, weil Sie nicht materialistisch denken), aber Angst vor dem Sterben?
4. Möchten Sie unsterblich sein?
5. Haben Sie schon einmal gemeint, dass Sie sterben, und was ist Ihnen dabei eingefallen:
a. was Sie hinterlassen?
b. die Weltlage?
c. eine Landschaft?
d. dass alles eitel war?
e. was ohne Sie nie zu Stande kommen wird?
f. die Unordnung in den Schubladen?
6. Wovor haben Sie mehr Angst: Dass Sie auf dem Totenbett jemand beschimpfen könnten, der es nicht verdient, oder dass Sie allen verzeihen, die es nicht verdienen?
7. Wenn wieder ein Bekannter gestorben ist: Überrascht es Sie, wie selbstverständlich es Ihnen ist, dass die andern sterben? Und wenn nicht: Haben Sie dann das Gefühl, dass er Ihnen etwas voraushat, oder fühlen Sie sich überlegen?
8. Möchten Sie wissen, wie Sterben ist?
9. Wenn Sie sich unter bestimmten Umständen schon einmal den Tod gewünscht haben und wenn es nicht dazu gekommen ist: Finden Sie, dass Sie sich geirrt haben, d. h. schätzen Sie infolgedessen die Umstände anders ein?
10. Wem gönnen Sie manchmal Ihren eignen Tod?
11. Wenn Sie gerade keine Angst haben vor dem Sterben: Weil Ihnen dieses Leben gerade lästig ist oder weil Sie gerade den Augenblick geniessen?
12. Was stört Sie an Begräbnissen?
13. Wenn Sie jemand bemitleidet oder gehasst haben und zur Kenntnis nehmen, dass er verstorben ist: Was machen Sie mit Ihrem bisherigen Hass auf seine Person beziehungsweise mit Ihrem Mitleid?
14. Haben Sie Freunde unter den Toten?
15. Wenn Sie einen toten Menschen sehen: Haben Sie den Eindruck, dass Sie diesen Menschen gekannt haben?
16. Haben Sie schon Tote geküsst?
17. Wenn Sie nicht allgemein an Tod denken, sondern an Ihren persönlichen Tod: Sind Sie jeweils erschüttert, d.h. tun Sie sich selbst leid oder denken Sie an Personen, die Ihnen nach Ihrem Hinschied leidtun?
18. Möchten Sie lieber mit Bewusstsein sterben oder überrascht werden von einem fallenden Ziegel, von einem Herzschlag, von einer Explosion usw.?
19. Wissen Sie, wo Sie begraben sein möchten?
20. Wenn der Atem aussetzt und der Arzt es bestätigt: Sind Sie sicher, dass man in diesem Augenblick keine Träume mehr hat?
21. Welche Qualen ziehen Sie dem Tod vor?
22. Wenn Sie an ein Reich der Toten (Hades) glauben: Beruhigt Sie die Vorstellung, dass wir uns alle wiedersehen auf Ewigkeit, oder haben Sie deshalb Angst vor dem Tod?
23. Können Sie sich ein leichtes Sterben denken?
24. Wenn Sie jemanden lieben: Warum möchten Sie nicht der überlebende Teil sein, sondern das Leid dem andern überlassen?
25. Wieso weinen die Sterbenden nie?

Anmerkung: Die Antworten sollte jeder nur sich selbst geben und nicht veröffentlichen. Schon das Beschäftigen mit den 25 Fragen bringt einem selbst Gedanken und gedankengänge in manch neuen Blickwinkel.

Euch allen wünscht gute Gedanken

Angelika


Hermann Penker antwortete am 23.01.03 (13:47):

Ich möchte in der Lage sein, voll bewusst den Übergang auf die andere Seite des Lebens mit zu erleben. Natürlich ist mir etwas bange beim Gedanken, dass eine schwere Erkrankung als Todesursache auch mit großen Schmerzen verbunden sein kann. Als Beispiel ist mir ein einfacher Mann vor Augen, der nach einem schweren Arbeitsleben (Maurer) an vielleicht durch sein Zigarettenrauchen verursachtem Krebs zu Tode kam. Im vollen Bewusstsein der Todesnähe machte er zuerst seine Rechnung mit Gott, dann ließ er der Reihe nach seine Verwandten und Freunde holen, um sich zu verabschieden. Auch Menschen, zu denen seine Beziehung nicht die beste war, lud er zu sich und sprach sich mit ihnen aus. Nachdem er sich vom letzten verabschiedet hatte, bat er seine Frau, noch einen Kaffee zu zu bereiten. Nachdem er etwas getrunken hatte, fasste er seine Frau an der Hand und verschied ganz ruhig. Ein so sanfter Tod war meiner Meinung nach nur möglich, weil er die Summe seines Lebens gezogen hatte, weil nichts in seinem Leben unabgeschlossen blieb.
MfG Hermann


Barbara antwortete am 23.01.03 (15:23):

Lieber Hermann,

das hört sich ideal an.....
Mein Vater starb ebenfalls bei vollem Bewusstsein ohne Schmerzen....an Magenkrebs. Da er bis zu seinem Tode keine Schmerzen hatte, konnte er den Zerfall seines Körpers sechs Monate lang verfolgen. Er starb mit 58 Jahren, zeigte mir die Metastasen in den Blutbahnen seiner Hände.....Sein Magen war voller Krebs, kein Löffel Nahrung konnte mehr aufgenommen werden......Er hatte ein sehr starkes Herz.....musste warten, bis er verhungert und verdurstet war....

Ich habe mich oft gefragt, ob Schmerzen nicht gnädiger gewesen wären.....Dann hätte er wenigstens Mittel bekommen, die ihm das Bewusstsein genommen hätten....


Felix antwortete am 24.01.03 (00:16):

Ein Sterben in Würde, wie Hermann es geschildert hat, ist auch mein Wunsch. Vielleicht aber auch ein schneller Übergang ... wie ich ihn auch schon gesehen habe ... friedlich einschlafen ... und nicht mehr erwachen.
Vor dem Tod habe ich keine Angst ... aber vor einem unwürdigen Sterben!


Marianne antwortete am 27.01.03 (20:22):

Ich lese gerade ( mal wieder) "Malte Laurids Brigge" von Rilke.Da ist auch viel von der Würde und Unwürde des Todes zu lesen.Rilke spricht davon, dass jeder seinen eigenen Tod hat.
Über meinen habe ich noch nicht nachgedacht.


Johanna antwortete am 27.01.03 (20:36):

Als mein Mann in meinem Beisein seinen Hausarzt fragte, ob er noch eine Chance hätte (Krebs), kam von diesem Arzt keine Antwort. Dies war für mich das Schwerste, auf die Frage meines Mannes später eine ehrliche Antwort zu geben. Aber letztendlich nahm ich ihm nicht jede Chance auf Hoffnung, sondern gab ihm Gelegenheit Bilanz zu ziehen - mit sich und seinem Leben "ins Reine zu kommen". Mein Mann verstarb sehr friedlich und ruhig in meinen Armen (er war zu Hause) und wenn ich es mir aussuchen dürfte, dann würde ich mir genau so ein Sterben für mich selbst wünschen - friedlich, in Würde.


Angelika antwortete am 28.01.03 (10:27):

Es wird so oft von der "Würde" gesprochen und manchmal frage ich mich, um wessen Würde es da geht? Willen wir "würdevoll" sterben, damit es würdevoll für unsere Hinterbliebenen ist? Will man als Hinterbliebener, dass alles "würdevoll" abläuft, was von dem Tod des Menschen sichtbar wird? Keiner konnte es uns sagen aber ich wage zu behaupten, dass Sterbende sich alles andere als würdevoll fühlen - und wenn sie dann da liegen, der Unterkiefer nach unten geklappt, die Muskeln entspannt und alles noch einmal unter sich lassend und entleerend - die wenigen Toten, die zu Hause sterben, die wenigen, die noch einmal gewaschen werden, bevor sie in den Sarg kommen, die Gespräche und ihre Inhalte des Hilfspersonals beim Bestatter, die den Toten das letze mal berühren ...würdevoll? Aber die Beerdigung, die ist dann wieder würdevoll ...


mechtild antwortete am 29.01.03 (22:17):

So wie man gelebt hat wird man auch sterben. „Würde“ was ist das? Ich denke es ist für jeden anders. Wenn man bewusst lebt, wird man sein Sterben vorbereiten und die Angehörigen wissen, was sie tun müssen und dann wird würdevoll. Ich wünsche für mich, aber auch für die Angehörigen nicht lange leiden zu müssen. Wenn das Leben schön war, fällt es auch nicht schwer zu gehen. Der Ziegelstein ist für den der stirbt sicher schöner als wenn es so lange dauert. Die Angehörigen sind am Anfang etwas geschockt, aber dann sicher auch ganz froh.


Marianne antwortete am 01.02.03 (14:23):

Rilke schreibt im Malte Laurids Brigge in poetischer Form natürlich vieles in derselben Richtung , in die auch Johanna und Mechthild argumentieren.
Er stellt den Tod seiner beiden Großväter einander gegenüber und erkennt im Tod des Großvaters Brigge, der einen schrecklichen Tod starb, an dem die ganze Familie teilnahm, weil er sich nicht zum Tode bereit machen konnte und tagelang von einem Raum in den anderen getragen werden wollte, aber nie ins Bett. Dieses Aufbäumen entsprach aber seinen Leben. Diesen Tod nennt Rilke "eigenen Tod".
Großvater Brigges Tod dauerte auch lange, aber alles passierte im Dunkel. Niemand durfte ins Zimmer, alles war geängstigt.
Na ja, ich weiche ab.
Jedenfalls wünsche ich mir einen Tod in Würde, das heißt für mich, dass ich so sterben darf wie ich gelebt habe, im Kreise mir lieber Menschen.


Nuxel antwortete am 01.02.03 (14:54):

Liebe Angelika
Du hast--leider--so recht!

Ich will NICHT "würdevoll" gestorben werden!
Wenn denn meine "Endzeit" erreicht ist,möchte ich ganz einfach sterben können und dürfen!!!!!!!!!
Wir sind :endlich
also,sollten wir das ----würdevoll-----schaffen!

Einfach nur:ICH


Marianne antwortete am 01.02.03 (17:19):

@ Nuxel

Du willst also nicht würdevoll " gestorben" werden, sondern ebenfalls im Rilkeschen Sinne Deinen eigenen Tod haben, Sehe ich das richtig - und dann wollen wir beide dasselbe. Eine andere Frage ist es, ob unser Wollen bei unserem Ende auch respektiert werden wird und auch kann -
Altersdemenz, Alzheimer u.s.w.

Wir wisssen leider oder zum Glück nicht Ort und Stunde, wir wissen nur, dass.....


Medea. antwortete am 01.02.03 (19:16):

Ich erinnere mich schmerzhaft an den Tod einer Bekannten, die n i c h t sterben wollte und konnte. Sie hatte Darm- und Magenkrebs im fortgeschrittenen Stadium, es war hoffnungslos und dennoch wollte sie nichts als leben.
Niemand war in der Lage, hier so etwas wie Trost zu geben, den sie besuchenden Pfarrer wies sie schreiend aus der Tür.
Mich hat dieses qualvolle Sterben lange Zeit verfolgt.


Simaja antwortete am 28.02.03 (11:04):

ich schreibe meine antworten unter die jeweilige frage ACHTUNG: MAXIMALE TEXTLAENGE VON 500 WORTEN UEBERSCHRITTEN! GEHEN SIE ZUM KÜRZEN ZURÜCK


Medea. antwortete am 28.02.03 (17:23):

@ Simaja:

ich verstehe nicht ....
W a s willst du mit obigem aussagen???


Nuxel antwortete am 01.03.03 (15:11):

Hallo,Medea

Du nix verstehn?
ich auch nich;-))
Nanunana
und Maxima
und blablabla

Simaja=Katharina......
na,da isch doch alles klar;-))

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aber jetzt ohne Jux,
denn das passt ja wohl absolut nicht zum Thema!Ich entschuldige mich auch,ehrlich!
und eigentlich ist mir absolut nicht fröhlich zu Mute!


Was Du,liebe Medea, vom Miterleben des nicht-sterben-wollens Deiner Bekannten mitteilst,und dass es Dich lange
Zeit nicht losliess,kann ich sehr gut nachempfinden!
Ich habe auch oft erstaunt erlebt,dass Patienten,die man eine lange Zeit begleitet hat,einerseits ganz genau wussten,wie es um sie stand,andererseits aber sich so verhielten,als beträfe dieses Kranksein und Gehenmüssen nicht sie selber.Sie standen irgendwie neben sich.
Auch in Pflege-oder Behandlungsintervallen wird eine Beziehung aufgebaut und man ist irgendwie mit eingebunden.
Dem Himmel Dank,dass wir zur Zeit meiner Berufstätigkeit noch genügend Zeit für die Patienten hatten!
Ich glaube,unter den heutigen Bedingungen könnte ich in diesem Beruf nicht arbeiten!
davon ist überzeugt
Nuxel